Chefinfo Magazin 1-23

ANPFIFF D A S M A G A Z I N D E R F Ü H R U N G S K R Ä F T E F E B R U A R 2 0 2 3 DORIS SCHULZ MARTIN GESSL BERND ALBER FEBRUAR 2023/ 33. JG. / NR. 1/ 2,50 EURO, ÖSTERREICHISCHE POST AG, GZ 02Z031559 M, ZIELGRUPPEN-ZEITUNGSVERLAGS GMBH, ZAMENHOFSTRASSE 9, 4020 LINZ WALT DISNEY WIE SICH DIE MAUS NEU ERFINDET MUSIKHÄUSER DER KAMPF GEGEN DIE ONLINE-KONKURRENZ BANKER. Heinrich Schaller über Geld, Macht und Sportsonsoring. CATERING WIE SICH DIE BRANCHE VERÄNDERT NETZWERKEN WIE FRAUEN NACH OBEN KOMMEN VERERBEN WIE MAN FEHLER VERMEIDET Heinrich Schaller Generaldirektor RLB OÖ, in der neuen Raiffeisen Arena AUKTIONEN WARUM 2022 EIN JAHR DER REKORDE WAR

Cyrus Rahmat Tel.: 0732 650350-22 | Mobil: 0664 1006505 | E-Mail: cyra@cyra.at Cyra Immobilien GmbH| Berggasse 23 b | A-4040 Linz | www.cyra.at Neuson Real GmbH Zollamtstraße 7 |A-4020 Linz | Tel. 0732 673500 office@neuson-real.com www.neuson-real.com B E R A T U N G | V E R M I T T L U N G | P R O J E K T E N T W I C K L U N G IHRE NEUE IMMOBILIE 2023 Verkauf eines Top-Logistikstandorts neben Autobahn A1 (Abfahrt Oberwang) Hallenbau bis 30 Meter Höhe zulässig. Es sind bereits einige Logistikfirmen vor Ort. Adresse: 4882 Oberwang, Gewerbestraße Größe Grundstück: 16.000 m² + 3.000 m² Modernes Gewerbeobjekt und effiziente Bestandshallen in Neufelden zu vermieten Neubau-Gewerbeobjekt mit Halle über 2 Ebenen. Hallenfläche: 4.833 m², Büro: 226 m², 20 Pkw-Stellplätze, Beschickung ebenerdig und über innen liegende Rampe Bestandshallenflächen: 14.400 m², und Büro: 300 m², Beschickung ebenerdig und über innen liegende Rampe, Mietkonditionen auf Anfrage Ein Campus für innovative Unternehmen Lage: Linz Zentrum vis-à-vis Wifi OÖ, MIETERWÜNSCHE können berücksichtigt werden! Freie Raumplanung • Individuell gestaltbare Büroflächen ab 400 m² vom klassischen Einzelbüro bis hin zum Großraumbüro • High-End-Ausstattung: Klima, Doppelböden, Akustikdecken, hochwertige Böden/Beleuchtung, Befeuchtungsanlage, uvm. • Innovative Gebäude-/Haustechnik: Fernwärme und Fernkälte (betriebskostenschonend), modernste Raum- und Steuerungstechnik, High-Speed-Datenleitung • Benefits für alle am Campus: Konferenzzentrum, Restaurant, Nahversorger, Kindergarten und Hotel • Tiefgarage: gesamt 1.040 Stellplätze, E-Ladestationen (optional) OBJEKT 4 P R O V I S I O N S F R E I F Ü R M I E T E R OBJEKT 3 OBJEKT 2 Moderne Gewerbeimmobilie in Ennser Toplage zu vermieten Adresse: Dr.-Theodor-Körner-Straße 4, 4470 Enns Größe Halle: 1.865 m², Höhe: 8,50 Meter Größe Büro: 560 m², 35–50 Pkw-Stellplätze Mietbeginn: 1. März 2023, Mietdauer: 7–10 Jahre HWB: 74 kWh/m²a Mietkonditionen: auf Anfrage Gesamt ca. 8.000 m² Nutzfläche Letzte freie Bürofläche: ca. 1.600 m² teilbar, Bezug Ende 2023, Miete auf Anfrage, HWB: 86 kWh/m²a, fGEE: 1,23 Gesamte Nutzfläche: ca. 13.500 m² BAUTEIL 1 Das TECHBASE LINZ bietet heute schon die Büroqualität der Zukunft! OBJEKT 1 Schwerlasthalle in Top-Gewerbegebiet von Linz zu vermieten Adresse: Wahringerstraße 34, 4030 Linz Größe: 4.170 m², Höhe: 20 Meter, 2 Deckenkräne mit 70/35 Tonnen und 32/12 Tonnen 2 Seitenkräne mit 5 Tonnen Traglast Freilager: 3.120 m² mit 32-Tonnen-Kran Kleinteilelager, Sozialräume, Büroflächen, Parkplätze Mietkonditionen: auf Anfrage OBJEKT 5 Moderne Büroflächen mit Lagerhalle am Franzosenhausweg zu vermieten Büro: 1.835 m² – teilbar ab 750 m². Halle: 556 m². Parkplätze: 48 Mietkonditionen: auf Anfrage Gesamt: ca. 7.380 m², freie Bürofläche: ca. 5.860 m² teilbar (ab 2024), Miete: auf Anfrage, HWB: 18 kWh/m²a, fGEE: 0,73 Bürofläche: ca. 5.740 m² teilbar (ab 2024), Stand-alone-Objekt, Miete auf Anfrage, HWB: 18 kWh/m²a, fGEE: 0,73 BAUTEIL 3 BAUTEIL 4 TECHBASE LINZ TECHBASE LINZ TECHBASE LINZ TECHBASE LINZ VERMIETET BAUTEIL 2

1/2023 | CHEFINFO | 5 4 | CHEFINFO | 1/2023 FOTOS: SHANGHAI DAILY / AP / PICTUREDESK.COM, IPOPBA, CREATIVAIMAGES /ISTOCK/GETTY IMAGES, WWW.STARMAYR.COM, ©LIONS GATE / EVERETT COLLECTION / PICTUREDESK.COM FOTOS: HERMANN WAKOLBINGER, MERCEDES-BENZ, DMYTRO NAUMOV / EVGENY555 / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS, HERITAGE AUCTIONS, THE RIKSMUSEUM Wer den Takt vorgibt Einige Musikfachhändler stemmen sich gegen die übermächtige Onlinekonkurrenz. Grüner Wasserstoff statt Gas Landesrat Markus Achleitner über die Transformation bei der Energieversorgung. Achterbahn am Arbeitsmarkt Iris Schmidt, ab Mai neue Chefin des AMS OÖ, verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz. 32 38 42 Wirtschaft Die Maus im Börsenfieber Die Walt Disney Company wird 100 Jahre und muss sich wieder neu erfinden. Wenn Nachfolger fehlen Warum Beteiligungsfonds für Familienbetriebe wichtiger werden. 56 60 Soziale Fähigkeiten im Trend Wissen ist heute nichts Exklusives mehr, sagt Rhetoriktrainer Jürgen Eisserer. Mehr Frauen an die Spitze Frauen müssen sichtbar und bekannt werden, Quote und Leistung reichen nicht mehr. Kampf um Studenten Studierende sind mobiler geworden. Ein Problem für immer mehr Hochschulen. 66 70 74 Will haben Warum 2022 ein Rekord- Auktionsjahr war und welche Exponate gefragt waren. 88 32 56 74 Inhalt Finanzen Bildung Lifestyle Klaus Schobesberger Chefredakteur Der Vollkasko-Staat k.schobesberger@chefinfo.at Im Jahr drei der Krise haben wir uns daran gewöhnt, dass die Regierung uns vor dem Schlimmsten bewahrt. Das steigert die Erwartungshaltung der Bürger, der Staat könne sie dank Teuerungszuschuss oder Mietpreisdeckel aus jeder Notlage befreien. Finanzminister Magnus Brunner hat bereits vorsichtig anklingen lassen, dass der Staat nicht jede Unwucht des Lebens abfedern könne. Der Vollkasko-Staat ist ein Irrweg und gleichzeitig eine Illusion. Denn je größer das Rundum-Sorglos-Paket wird, um den Wohlstand zu erhalten, desto mehr Steuergeld muss fließen, und zwar in beide Richtungen. Die Eigenverantwortung von Unternehmen und Bürgern gehöre gestärkt, sagt RLB-OÖChef Heinrich Schaller im Interview. Die Bürokratie überwuchert alles. Dass Österreich in Gefahr steht, von einem zügellosen Kapitalismus übernommen zu werden, ist höchstens Stoff für schweißnasse Albträume fantasierender Genossen. Mit der Realität hat das nichts zu tun. Viel Gewinn beim Lesen dieser Ausgabe wünscht Ihnen Editorial IMPRESSUM: Eigentümer und Medieninhaber: Zielgruppen-Zeitungsverlags GmbH. Redaktionsanschrift: Zamenhofstraße 9, 4020 Linz, Tel.: +43 (0)50 6964-0, E-Mail: redaktion@chefinfo.at. Herausgeber: Peter Lengauer. Geschäftsführung: Mag. Johanna Lengauer, Hans Huber. Chefredaktion: Klaus Schobesberger. Redaktion: Jürgen Philipp Bakk. Komm. MBA,. Verlagsverkaufsleitung: Christian Schüttengruber. Anzeigen: Mirijam Mayer, Isolde Kainz, Roswitha Lang, Romana Gerard. Artdirector: Thomas Bruckmüller. Artdirector-Stv.: Cindy Mair. Grafik: Julia Pargfrieder, Julian Kastenhuber, Malina Lahner, Rebecca Falmbigl. Bildbearbeitung: Andrea Laban, Frank Garzarolli. Korrektur: Mag. Dorrit Korger. Druck: Radin print d.o.o., Sveta Nedelja, Kroatien. Abo-Hotline: Tel.: 0506964-4091. E-Mail: abo@chefinfo.at. Internet: www.chefinfo.at. Gültig ist die Preisliste 2023. Im Sinne einer leichteren Lesbarkeit werden geschlechtsspezifische Bezeichnungen überwiegend in männlicher Form verwendet. Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz: Eigentümer, Medieninhaber und Herausgeber: Zielgruppen-Zeitungsverlags GmbH. Unternehmensgegenstand: Herausgabe eines Monatsmagazins. Sitz: Zamenhofstraße 9, 4020 Linz. Geschäftsführer: Mag. Johanna Lengauer, Hans Huber. Gesellschafter: Christian Lengauer (100 %). Grundlegende Richtung: Unabhängig. Die Zielgruppen-Zeitungsverlags GmbH ist auch Medieninhaberin des Lifestyle- & Society-Magazinsmoments. moments ● CHEFINFO ● WEEKEND MAGAZIN ● Corporate Publishing CHEFINFO IST EIN PRODUKT IM 70 88 Doris Schulz Medienfrau Mein letzter Wille geschehe Niemals wurde mehr Vermögen vererbt. Welche Fehler Erblasser vermeiden sollen. 16 Coverstory Ball & Banker Heinrich Schaller über Geld, Macht und Fußball. Interview 26

6 | CHEFINFO | 1/2023 1/2023 | CHEFINFO | 7 DER GENERAL. Akkurater Haarschnitt, perfekt gestylt, klare Haltung. Der frühere NATO-General Petr Pavel hat die Präsidentenwahl in Tschechien gewonnen und dem Populismus eine Absage erteilt. Die Hetzer von links und rechts haben damit erstmals ausgedient. Die Menschen wollten offenkundig ein Zeichen setzen. Sie hatten wohl genug vom ewigen Gepolter in der Prager Burg. FOTO: MICHAL CIZEK / AFP / PICTUREDESK.COM Foto des Monats

1/2023 | CHEFINFO | 9 8 | CHEFINFO | 1/2023 FOTOS: MS.FOTO.GROUP LINZ FOTOS: VOESTALPINE, APA PICTUREDESK Radar USA will von den Besten lernen Duale Ausbildung. Auch in den USA herrscht Fachkräftemangel. Ein duales Ausbildungssystem ist dort unbekannt. Arbeitskräfte werden angelernt. Das will der neue US-Arbeitsminister Marty Walsh nun ändern und von den Besten lernen. Österreich gehört in diesem Sektor eindeutig zur Weltspitze. Deshalb besuchte Walsh das voestalpine Ausbildungszentrum, in dem aktuell rund 400 Lehrlinge in der Berufsausbildung stehen. Walsh will die Zusammenarbeit nun intensivieren. Bernard Arnault (73) Frank„reichster“ 2021 stand er an siebter Stelle des Forbes-Rankings, aktuell ist er Nummer eins. Er hat sein Vermögen auf 193 Milliarden verdoppelt. Mark Zuckerberg (38) Metaoptimal Erstmals seit 2015 rutscht Meta-CEO Zuckerberg aus den Top Ten. Der Hype um das Metaverse ebbte rasch ab. Gautam Adani (60) Der hat „Kohle“ Vor zwei Jahren nicht einmal in den Top 50, katapultiert sich der Inder (Logistik, Kohle) auf Platz drei des Forbes-Rankings. Larry Page (49) AnAlphabetisierung Alphabet-Gründer Larry Page muss ebenfalls die Top Ten verlassen. Die aktuelle Kündigungswelle macht sich bemerkbar. TOP DOWN Altes Geld Junge Absteiger Alexander Van der Bellen Bundespräsident „Glaubt man den aktuellen Umfragen, so scheint es fast, als hätten wir alles, außer die Hoffnung.“ Dahin gesagt Woran arbeiten Sie gerade? Clemens Strobl, KommunikationsUrgestein, gründete vor einem Jahr gemeinsam mit Juniorpartner Lukas Binder das hybride Agenturmodell stroblbinder. Bereits in den ersten zwölf Monaten konnten neue Etats und Werbepreise (u. A.: Red Dot, CCA) an Land gezogen werden. Zudem wurde im Linzer Hafenviertel der neue Open-Space im Kunsthaus eröffnet. Er bietet Platz für das 15-köpfige Kernteam der Agentur, die Kunden wie HOFER Reisen, Intersport Österreich oder Resch&Frisch betreut. Mit Testimonial Felix Neureuther wird aktuell an einer Kampagne für den Neukunden Niederösterreich Werbung gearbeitet. Mit dem Bayern soll das Donauland perfekt in Szene gesetzt werden. ZAHL Quelle: BBC Online digitalisierte Meldungen der Parlamentskorrespondenz sind von 1997 bis heute online abrufbar. Best of 29.070 Nachgefragt Ist Optimismus böse? Der CHEFINFO-Gastkommentar über „vorgestrigen“ Optimismus Darf man überhaupt noch optimistisch sein? Ist es noch angebracht, Zuversicht zu versprühen, oder muss man sich dem allgemeinen Frust beugen? Vor Kurzem ist mir Folgendes passiert: In einer Gesprächsrunde, der Großteil davon Unternehmer, wurde die aktuelle Lage diskutiert. Fazit: Es ist alles nur so heiß, wie es gekocht wird. Im Gegenteil: Die Auftragsbücher sind voll und die Energiekrise hat für mehr Bewusstsein gesorgt und neue Sparpotenziale gehoben. Sogar die Inflation sei verkraftbar und bremst weniger als der Personalmangel. Da wendete sich ungefragt ein unbekannter Mann zu uns und las uns die Leviten. Wie könnten wir so einen Blödsinn verzapfen, alles geht den Bach runter, wir hätten keine Ahnung, und überhaupt sei Optimismus so was von vorgestern. Da passt es ins Bild, als vor Kurzem ein Artikel auf ORF Online nach wenigen Stunden wieder von den Top-News „zurückgereiht“ wurde und dann überhaupt verschwand. Ein Artikel, der die aktualisierte Prognose des IWF zur Weltwirtschaft zum Inhalt hatte. Zusammenfassung: Die Weltwirtschaft erholt sich schneller als befürchtet, vor allem China kommt zurück ans Spielfeld, und das soll schon bald die knirschenden Lieferketten ölen. Aber jetzt bitte nicht überschwänglich werden: Optimismus ist ja scheinbar so was von vorgestern. Ihr Anonymus Anonymus Sie lag bisher im Verborgenen. Über eine versteckte Treppe gelangt man zur versteckten Dachterrasse des Parlaments. Der traumhafte Panoramablick war bisher nur Insidern gegönnt und steht nun für alle offen. Da stand wohl Berlin Pate, nun hat auch das Wiener Parlament eine Glaskuppel samt Besuchergalerie. Sie soll Transparenz vermitteln, doch nicht immer. Etwa bei geheimen Abstimmungen kann sie verdunkelt werden. Die legendäre, euphemistisch „Milchbar“ genannte Parlamentskantine hat viel gesehen, aber wohl selten Milchtrinker. Der Zutritt in das neue 800 m2 große Café ist seit Neuestem auch Normalos gestattet. DACHTERRASSE Neues Parlament GLASKUPPEL KANTINE

10 | CHEFINFO | 1/2023 FOTOS: SAMMLUNG RAUCH / INTERFOTO / PICTUREDESK.COM Anders gedacht von Klaus Schobesberger Chefredakteur Dem Zitatforscher Gerald Krieghofer ist es zu verdanken, Hunderte ins kollektive Bewusstsein übergegangene Weisheiten als Fake zu entlarven. Dazu zählt auch der Ausspruch, der dem Kaiser Wilhelm II. lange nach seinem Ableben untergeschoben wurde: „Das Auto ist eine vorübergehende Erscheinung. Ich glaube an das Pferd.“ Auch wenn das Zitat falsch ist, so ist es dennoch äußerst treffend. Es zeigt wunderbar auf, wie sinnlos es ist, sich gegen technische Entwicklungen zu stellen, deren Zeit gekommen ist. Gibt es eine bessere Symbolfigur für ein rückwärtsgewandtes Denken als den immer grimmig durch sein Monokel blickenden und Pickelhauben tragenden letzten deutschen Kaiser? Ob Aluhut oder Pickelhaube: Die Wissenschafts- und Fortschrittsskepsis ist nicht auszurotten. Dabei leben wir mehr als hundert Jahre nach Kaiser Wilhelm wieder in ähnlich revolutionären Zeiten. Jeder von uns kennt wahrscheinlich ein „Eisenbahn-Erlebnis“, also jenen Moment, als die Insassen einer Kutsche das erste Mal eine Dampflok erblickten. Controller statt Skalpell Das Vorrecht unserer Generation sind „Eisenbahn-Erlebnisse“ ohne Ende – und das direkt vor der Haustüre oder genauer: in der Tiefgarage. Derzeit werden im großen Stil Ladeboxen für E-Autos in Wohnanlagen montiert. Es ist klar, wohin die Reise geht, auch wenn einem immer noch Zeitgenossen mit imaginären Pickelhauben über den Weg laufen, die behaupten: „Das Elektroauto ist eine vorübergehende Erscheinung. Ich glaube an den Verbrenner.“ Quasi vor der Haustür findet eine Umwälzung im Bereich der Medizin statt: Im medSPACE, einem hochauflösenden Multifunktionsraum im neuen Lehrgebäude der Medizinischen Fakultät der JKU, führt der Professor seine Studenten per X-Box-Controller durch 3D-Modelle menschlicher Körper – mit anschließender Liveschaltung in den OP-Raum. Künstliche Intelligenz Apropos Controller: 20 Prozent der Ausstellungsfläche auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas werden von Autoherstellern genutzt. Die Transformation des Autos zum „software defined vehicle“ ist nicht mehr aufzuhalten. Honda und Sony planen, 2026 gemeinsam ein Auto auf den Markt zu bringen, bei dem Spielen ein Merkmal der Differenzierung sein wird. Der gegenwärtig brutalste „Eisenbahn-Moment“ ist das plötzliche Auftauchen der KI-Software ChatGPT. Wir blicken dabei etwas hilflos aus dem Fenster, während der Kutscher mit der Peitsche knallt und fragen: „Künstliche Intelligenz ist nur eine vorübergehende Erscheinung, oder?“ n FORTSCHRIT. Noch vor 40 Jahren wäre dieser Artikel mithilfe von Bleisatz gedruckt worden. Von Pickelhauben, Aluhüten und vorübergehenden Erscheinungen MUSTERTEILE ABVERKAUF FA. TEXSPO, 1. OG Industriezeile 36/1 4020 LINZ ÖFFNUNGSZEITEN Freitag von 09:00 - 18:00 Uhr Samstag von 10:00 - 17:00 Uhr www.gts-sports.com gts.sports_austria GTS.by.TEXSPO Kaiser Wilhelm II.

1/2023 | CHEFINFO | 13 FOTOS: GORODENKOFF/ISTOCK/GETTY IMAGES PLUS, IBM, MAP PAMMINGER, BRAUEREI ZWETTL Wirtschaft Von IBM zu Siemens Patricia Neumann, 51, wird neue CEO der Siemens Österreich AG. Die ExGeschäftsführerin von IBM Österreich und Expertin für Digitalisierung tritt ihre neue Funktion am 1. Mai 2023 an. Neu im Vertriebsteam Daniel Leeb, 23, verstärkt das Vertriebsteam der auf industrielle Teilereinigung spezialisierten MAP Pamminger. Leeb ist als Gebietsleiter für Zentral-, Ost- und Südösterreich tätig. Lage dramatisch Der Arbeitskräftemangel bleibt das dominierende Thema für 2023, sagte Stefan Pierer, Präsident der Industriellenvereinigung Oberösterreich. Arbeit müsse attraktiver werden, das gilt sowohl bei Überstunden als auch für Pensionisten. In den kommenden zwölf Jahren werden rund 540.000 Jobs unbesetzt bleiben. Das betrifft alle Wirtschafts- und Dienstleistungsbereiche. Es brauche einen nationalen Schulterschluss für Lösungen am Arbeitsmarkt. „Der Durst ist zurück“ Karl Schwarz. Die Waldviertler Brauerei Zwettl hat mit 216.800 Hektoliter Ausstoß Vorkrisen-Niveau wieder übertroffen. Auch der Gastronomieumsatz stieg um mehr als 50 Prozent. „Der Durst ist zurück“, sagt Karl Schwarz, der die Brauerei in fünfter Generation führt. Prozent der Bau-Unternehmen in OÖ rechnen mit sinkenden Auftragseingängen in den nächsten zwölf Monaten, hat die Wirtschaftskammer OÖ erhoben. 61 Vollmöblierte Büroflächen in Linzer Innenstadtlage zu vermieten! ZAMENHOFSTRASSE 9, 4020 LINZ Zahlen & Fakten NUTZFLÄCHE: ab ca. 52,59m2 bis 283,59m2 ETAGE: EG HEIZUNG: Fernwärme BEZIEHBAR AB: sofort BEFRISTUNG: 1 bis 3 Jahre HWB: 73 kWh/m2a Mag. Reinhard Reichenberger reichenbergernextimmobilien.at +43 664 401 98 87 PAUSCHALMIETE inkl. Betriebskosten, Heizung, Strom & Mobiliar: ab € 900,00 bis € 3.500,00 zzgl. 20% USt KAUTION: 3 Bruttomonatsmieten PROVISION: 3 Bruttomonatsmieten zzgl. 20% USt ANSPRECHPARTNER

1/2023 | CHEFINFO | 15 14 | CHEFINFO | 1/2023 FOTOS: FOTO FISCHERLEHNER, HOLTER, RAIFFEISENBANK WELS, SCHOELLERBANK FOTOS: WKOOE, WIENER STÄDTISCHE, WKOOE, XH4D/E+/ISTOCK/GETTY IMAGES, ENERGIE AG/ROBERT MAYBACH Raiffeisenbank Wels: „Frida“ hält Filiale am Leben Entgegen dem Trend Bankstellen zu schließen, setzt die Raiffeisenbank Wels mit der innovativen Beratungsbox „Frida“ auf eine digitale Regionalbank mit Rundum-Service. Von allgemeinen Auskünften zum Konto bis hin zu Überweisungen, werden sämtliche Anliegen online erledigt, sagt Vorstandvorsitzender Dir. Günter Stadlberger. Branchen Oö. Industrie bei Forschung Spitze Oberösterreichs Industrie ist bei F&E im internationalen Spitzenfeld. „Dies zeigen Zahlen der FFG- und HorizonEurope-Programme“, so Martin Bergsmann, Technologiesprecher der Sparte Industrie WKOÖ. Die Forschungsquote 2022 in Österreich liegt mit 3,26 Prozent bereits zum neunten Mal in Folge über dem EU-Zielwert von 3 Prozent. Die Wiener Städtische setzt im Recruiting auf Gamification. In der Jobworld erfahren Interessierte alles rund um den Job im Versicherungsvertrieb, das Unternehmen sowie die Karriereperspektiven. Im zugehörigen Jobgame kann man sich gleich selbst als Versicherungsberater ausprobieren und online bewerben. Die Jobworld ist auf der Recruitingplattform guterjob.at eingebettet und komplettiert die Candidate Journey. MANAGEMENT & ERFOLG redaktion@chefinfo.at Andere Firma, derselbe Chef Seit 1. Februar 2023 leitet Karin Strobl die Abteilung Konzernkommunikation & Marketing in der Energie AG. Zuvor war die gebürtige Salzburgerin und langjährige Journalistin in derselben Funktion der Salzburg AG tätig. Ihr alter Chef ist auch der neue: Leonhard Schitter wechselte Anfang des Jahres als CEO von der Salzburg AG zur Energie AG. Positive Lehrlingsbilanz „Oberösterreich ist unangefochten das Lehrlingsbundesland Nummer eins“, sagt WKOÖ-Präsidentin Doris Hummer. 7.121 Jugendliche sind 2022 ins erste Lehrjahr gestartet (+6,8 Prozent). Wermutstropfen: Die offenen Lehrstellen übertreffen die Zahl der Bewerber fast um das Vierfache. Mitarbeitersuche mit neuer „interaktiver Jobworld“ Wie wird das Börsenjahr? Reges Interesse beim Finanzmarkt-Bankett 2023 der Schoellerbank Linz. „Ich glaube nicht, dass wir ein negatives Börsenjahr erleben werden. In den letzten hundert Jahren hat es das erst achtmal gegeben“, sagt Direktor Helmut Nuspl. Die zwölf Mitarbeiter der Schoellerbank Linz betreuen ein verwaltetes Vermögen in der Höhe von rund einer Milliarde Euro. Im Bild Helmut Siegler, CEO Schoellerbank, Ulrich Stepski-Doliwa, Christian Fegg, Vorstandsmitglied der Schoellerbank Invest, Gabriele Khuen-Stepski, Hubert und Dagmar Achleitner und Helmut Nuspl. GEWERBE & DIENSTLEISTUNG redaktion@chefinfo.at Linzerin ausgezeichnet Brunhilde Schram, Geschäftsführerin zweier Beratungsunternehmen, setzt sich als Präsidentin des CSR Dialogforum Nachhaltigkeitscoach dafür ein, das bestehende Wirtschaftssystem weiterzuentwickeln und menschenwürdig zu gestalten. Für ihre ökosozialen Projekte wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Zuletzt erhielt sie im Dezember in Neu-Delhi das Doktorat honoris causa. Holter feiert Jubiläum Die vor 150 Jahren gegründete Fritz Holter GmbH ist heute mit 890 Mitarbeitern, 24 Standorten, 5.000 Installateur-Partnerbetrieben und 600 Lieferanten einer der größten Sanitär- und Heizungsgroßhändler des Landes. Im Bild die Holter-Geschäftsführung mit Jasmin Holter-Hofer, Markus Steinbrecher, Bernhard Karlsberger und Michael Holter. n MOTEL ONE. Die Hotelgruppe wird 2023 an alle Mitarbeiter eine Inflationsausgleichsprämie von bis zu 3.000 Euro auszahlen. Dies bedeutet zusätzliche Aufwendungen von rund 8,5 Millionen Euro. In Österreich betreibt Motel One neun Hotels, vier in Wien, zwei in Salzburg und jeweils eins in Linz, Graz und Innsbruck. n PLASSER & THEURER. Der Weltmarktführer für Gleisbaumaschinen feiert sein 70-jähriges Bestehen. Bisher wurden 17.000 Maschinen in 110 Länder exportiert. 2.000 Mitarbeiter beschäftigt Plasser in Österreich, den Großteil im Stammwerk in Linz. Die Ausbauten des Bahnnetzes kommen der Firma zugute. nAVIVA. Europas erstes Hotel für Singles erreichte 2022 einem Umsatz von 5,3 Mio. Euro (+ 16 Prozent) – das erfolgreichste Jahr in der 15-jährigen Unternehmensgeschichte. Trotz Coronaeinschränkungen lag die Jahresauslastung bei 82 Prozent. Aviva beschäftigt mittlerweile 86 Mitarbeiter, davon 14 Lehrlinge. nDOPPLER. Die Welser Mineralölhandelsgruppe hat das Kärntner Unternehmen Scharnagl (30 Mio. Euro Umsatz) übernommen. Dank des Logistikparks des Kärntner Unternehmens sollen im Jahr 2023 vermehrt Diesel- und Benzinprodukte aus dem nördlichen Italien nach Österreich transportiert werden.

COVERSTORY 1/2023 | CHEFINFO | 17 COVERSTORY FOTO: ©LIONS GATE / EVERETT COLLECTION / PICTUREDESK.COM 16 | CHEFINFO | 1/2023 Mein letzter WILLE geschehe ERBEN UND VERERBEN. Die viel zitierten „Boomer“ gehen in Pension. Die nachfolgenden Generationen stehen daher vor einem „Erbenhaufen“ von rund 14 Milliarden Euro. Was muss man beim (Ver)Erben beachten? Kann man alles der Katz vermachen, und was hat das mit „Last Christmas“ zu tun? TEXT: Jürgen Philipp

Erben wird sofort mit Streitigkeiten und Zerwürfnissen konnotiert. In Österreich laufen diese Verfahren aber meist sehr harmonisch ab. er Film „Knives Out“, der 2019 erschien und auf einem Drehbuch basiert, das Agatha Christie geschrieben haben könnte, handelt von Erbschleicherei in der Familie. Ein von einer unbekannten Person bezahlter Privatermittler, dargestellt von Daniel Craig, glaubt nicht an einen Selbstmord und entwirrt das Rätsel um die „liebe Familie“ samt anderer Figuren, die alle auf das Erbe des (erfolg)reichen fiktiven Krimiautors Harlan Thrombey schielen. Auch wenn es nie offiziell bestätigt wurde, soll Drehbuchautor und Produzent Rian Johnson die Idee zum Film auf dem kuriosen Erbfall der Madame Liliane Bettencourt basieren. Die Tochter von L’Oréal-Gründer Eugène Schueller begann mit 15 Jahren als Verpackerin und Lageristin bei L’Oréal. 1957 starb ihr Vater und vererbte ihr ein (noch) kleines Vermögen. Aus diesem sollte ein großes werden. L’Oréal ist heute einer der größten internationalen Kosmetikkonzerne und Liliane war bei ihrem Tod 2017 die reichste Frau der Welt. Ihr letzter Wille hinterließ einige Fragezeichen. Mehrere Hundert Millionen Euro vermachte sie der Forschung, ihre Kunstsammlung dem Staat, rund zehn Millionen FOTOS: JACQUES BRINON / AP / PICTUREDESK.COM, GLOBALP, ILYA BURDUN / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS 1/2023 | CHEFINFO | 19 18 | CHEFINFO | 1/2023 Alles für die Katz? Karl Lagerfeld vererbte seiner Katze Choupette einen Teil seines 500MillionenFrankenVermögens, noch besser geht es Kater Tomasso, der von der wohlhabenden italienischen Witwe Maria Assunta gefunden und aufgezogen wurde. Als Maria starb, wurde Tomasso Alleinerbe und darf nun über seine eigenen Ländereien in Kalabrien stolzieren. KURIOSES Angeblich soll der Fall der ehemaligen L’Oréal-Inhaberin Liliane Bettencourt Vorlage für den Blockbuster „Knives Out“ mit Daniel Craig in der Hauptrolle gewesen sein. 14 Milliarden beträgt der Gesamtwert des vererbten Vermögens in Österreich 2021. sollte ihr Krankenpfleger erben. Tochter Françoise Bettencourt-Meyers zweifelte an der Zurechnungsfähigkeit ihrer Mutter und das schon neun Jahre vor ihrem Tod. 2008 setzte Liliane nämlich den Fotografen und langjährigen Freund François-Marie Banier als Alleinerben ein (die Aktien an L’Oréal hatte sie vorher schon an Françoise übergeben). Ihre Tochter verklagte Banier und unterstellte ihm Erbschleicherei – und sie bekam recht. Der Fotograf wurde wegen „Ausnutzung von Schwäche“ zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt, später wurde eine Bewährungsstrafe daraus. Ab diesem Zeitpunkt versuchte Françoise ihre Mutter für unzurechnungsfähig zu erklären. Doch wie stellt man das fest? Notar Bernd Alber erklärt: „Man muss testierfähig sein. Der Begriff ist eine ein wenig abgeschwächte Variante der Geschäftsfähigkeit. Wenn Zweifel bestehen und zum Zeitpunkt des Testaments kein ärztliches Gutachten vorliegt, muss das in einem Prozess im Nachhinein geklärt werden, das passiert mit Zeugenaussagen, ärztlichen Briefen oder Befunden.“ 2017 starb Liliane und Françoise folgte ihr als reichste Frau der Welt nach. Mit einem Vermögen von rund 75 Milliarden Euro liegt sie vor ihren Kolleginnen deutlich in Pole Position. Ihr männlicher Konterpart und Landsmann Bernard Arnault (LVMH – Louis Vuitton, Moet, Hennessy) hat allerdings fast 120 Milliarden mehr an Vermögen. Frank„reich“ gibt bei den Superreichen jedenfalls den Ton an. Erbschleicherei im Vormarsch? Doch ist Erbschleicherei nur etwas für fiktionale Stoffe bzw. bei Superreichen ein Thema? Keinesfalls, wie Prof. Volker Thieler im Manager Magazin erklärt. Thieler bekämpft mit seiner Stiftung skrupellose Abzocker, die vor allem ältere Menschen im Visier haben. Thieler berichtet von steigenden Beschwerden: „Es lohnt sich ja auch. In Deutschland werden nach Schätzungen rund 250 bis 400 Milliarden Euro pro Jahr vererbt.“ Die Methode fasst er dabei mit den „drei A“ zusammen: „Also erst Anschleichen, dann Abschotten und am Schluss Abzocken.“ Erbberechtigte sollten diese Warnzeichen verstehen, vor allem, wenn der Kontakt immer mehr abreißt und sich die ältere Person immer mehr isoliert. Etwa wenn „Sie die Telefongespräche mit einer Ihnen vertrauten Person nicht mehr so führen können, wie gewohnt. Wenn die Telefonate plötzlich abgehackt, kurz und knapp sind, dann können Sie davon ausgehen, der Erbschleicher steht hinter Ihrem Angehörigen und kontrolliert alles.“ Ô ca. COVERSTORY COVERSTORY

FOTOS: APA PICTURE DESK / EVEMILLA / E+ / GETTY IMAGES 20 | CHEFINFO | 1/2023 1/2023 | CHEFINFO | 21 FOTO: BERND ALBER / MARKUS MOERWALD INTERVIEW. Der Notar Bernd Alber erklärt, wie man die größten Fehler und damit späteren Streit vermeidet, wer aller erbberechtigt sein kann und welche Rolle ein Notar als Mediator hat. CHEFINFO: Es gibt keine Notariatspflicht bei Testamenten. Warum sollte man trotzdem einen Notar aufsuchen, um erbrechtliche Fragen zu klären? Bernd Alber: Der Notar führt im Auftrag des Gerichts als Gerichtskommissär das außerstreitige Verlassenschaftsverfahren durch. Jährlich fallen in Österreich etwa 86.000 Verlassenschaftsverfahren an, wobei es nur in ca. 130 Fällen zu einer Klärung des Erbrechts durch einen Richter kommt. Der Notar ist daher nicht nur ausgebildeter Spezialist im Erbrecht, sondern weiß auch, wie Streit später vermieden werden kann. Ist etwa bei einer Übergabe eines Hauses oder eines Unternehmens geplant, dass ein Kind diese Vermögensteile erhält und das andere Kind ausbezahlt wird, kann der Notar die entsprechenden Pflichtteilsverzichte beurkunden, die als Notariatsakt zu errichten sind. In welchen Fällen kommt es im Verlassenschaftsverfahren am häufigsten zu Streitereien? Alber: Wenn es kein Testament gibt oder bei handschriftlichen Testamenten. Ein selbst geschriebenes und eigenhändig unterzeichnetes Testament ist grundsätzlich ein formgültiges Testament. Idealerweise ist auch noch das Datum angeführt. Leider gibt es jedoch oft Probleme bei der richtigen Ausformulierung. Es wird oft nur niedergeschrieben, wer etwa das Haus erbt, aber nicht was mit dem Rest passiert. Was sind die größten Fehler? Alber: Kein Testament zu hinterlassen ist der größte Fehler, ebenso dass es keine Erbeinsetzungen gibt. Ein weiterer häufiger Fehler besteht beim Ehegattentestament: Oft schreibt etwa der Ehegatte ein Testament für sich und seine Frau und beide unterschreiben. Das gilt aber nur als sein Testament, für die Gattin wäre das ein fremdhändiges Testament. Hier müssten drei (fähige) Zeugen mit einem eigenhändigen Zeugenzusatz und Namen mitunterfertigen, es muss eine eigenhändige Erklärung des Testators angebracht sein, dass die Urkunde seinen letzten Willen enthält. Viele Leute denken auch nicht darüber nach, was passiert, wenn der Partner, die Partnerin vor ihnen stirbt oder beide gleichzeitig, etwa durch einen Autounfall. In diesem Fall sollte man einen Ersatzerben bestimmen. Ab welchem Alter sollte man sich um ein Testament kümmern? Alber: Meinen jungen Klienten, die sich ihr erstes Grundstück oder eine Eigentumswohnung zulegen, rate ich, ein Testament zu machen. Da ist genügend Bewusstsein da, weil viele nicht verheiratet sind und Lebensgefährten untereinander grundsätzlich nicht erbberechtigt sind und somit sämtliche Blutsverwandte vor dem Lebensgefährten erben. Es kommen auch immer mehr Patchworkfamilien. Kinder, egal ob aus erster oder zweiter Beziehung, egal ob unehelich oder ehelich, sind immer gleichgestellt. Ein Sonderfall ist es, Unternehmen zu vererben. Was gilt es hier besonders zu beachten? Alber: Es sollten im besten Falle alle an einem Tisch sitzen und die Lage ausdiskutieren. Hier kann der Notar als unparteiischer Parteienvertreter alle Interessen gleich vertreten und als Mediator unterstützen. Bei Kapitalgesellschaften, etwa einer GmbH, oder bei Personengesellschaften kann man vieles im Gesellschaftsvertrag regeln. Der Notar überprüft und errichtet in Abstimmung die Gesellschaftsverträge und Testamente. Anteile und Vermögen können zu Lebzeiten auch in Stiftungen eingebracht werden. Hier kann festgelegt werden, wer die Begünstigten sind und was sie aus der Stiftung ausbezahlt bekommen. Ganz allgemein ist es entscheidend, eine lebzeitige Unternehmensnachfolge erbrechtlich fertigzudenken. NOTARE sind immer neutral Notare wie Bernd Alber helfen bereits bei der Testamentserstellung, also im Vorfeld, spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Jährlich fallen in Österreich etwa 86.000 Verlassenschaftsverfahren an, wobei es nur in ca. 130 Fällen zu einer Klärung des Erbrechts durch einen Richter kommt. Bernd Alber Notar Langjährige familiäre Konflikte können aufbrechen Erbschleicherei, Streit um die Verlassenschaft, Klagen zur Zurechnungsfähigkeit: Warum kann erben so mühsam sein? Testamentsvollstrecker erleben im Streitfall fast immer dasselbe. Es brechen (familiäre) Konflikte auf, die jahrzehntelang unter der Decke brodeln, zudem geht es immer um Erwartungen und schließlich ist der letzte Wille des Erblassers eben nicht immer vorhersehbar. So wird nicht selten an Vereine oder Organisationen vererbt. Doch selbst Testamentsvollstrecker können zum Stein des Anstoßes für Streitereien werden, wie der Fall des deutschen Großunternehmers Heinz Hermann Thiele (KnorrBremse, Vossloh, Lufthansa) beweist. Thiele hinterließ ein Erbe von 17 Milliarden Euro. Dem Testamentsvollstrecker Robin Brühmüller, langjähriger Steuerberater von Thiele, stehen laut deutschem Notarverein 1,5 Prozent der Erbsumme, also in diesem Fall 255 Millionen Euro, zu. Witwe Nadia Thiele fand diese Summe unangemessen und klagte auf Entlassung des Testamentsvollstreckers. Die Beschwerde gegen Brühmüller wurde vom Nachlassgericht München jedoch abgewiesen. Pflichtteil bleibt Pflichtteil, es sei denn … Selbst wenn der Erblasser an Caritas, Feuerwehr oder Fußballverein vererben will, es bleibt immer noch der Pflichtteil. „Der Pflichtteil ist das, was dem Kind und Ehegatten bzw. eingetragenen Partner mindestens zustehen muss. Es gilt: 50 Prozent der gesetzlichen Erbquote. Der Pflichtteil ist grundsätzlich als reiner Geldanspruch vorgesehen“, so Alber. Will man den Ehe- oder eingetragenen Partner oder die Kinder enterben, bzw. deren Pflichtteil reduzieren, braucht es dazu triftige Gründe: „Etwa, wenn ich 20 Jahre unverschuldet zu meinem Kind keinen Kontakt habe. Diese Gründe sollen jedenfalls im Testament angeführt werden. Die Gründe beweisen muss der Pflichtteilsschuldner, das ist üblicherweise der Erbe.“ Schließlich gibt es noch die Erbunfähigkeit bzw. Erbunwürdigkeit. „Etwa wenn jemand gegenüber dem Erblasser eine strafrechtliche Handlung ausübt, sprich, wenn der Sohn den Vater ermordet, ist er erbunwürdig.“ Weitere Gründe sind das 86.000 Verlassenschaftsverfahren gibt es jährlich in Österreich. Ein allerletztes „Ällerbätsch“ Von Heinrich Heine wird folgende Geschichte erzählt. Er hat sein gesamtes Vermögen seiner Frau vererbt. Allerdings stellte er eine Bedingung: Seine Gattin, Augustine Crescence Mirat, müsse dafür noch einmal heiraten. Heines Begründung: „… dass es wenigstens einen Mann gibt, der meinen Tod bedauert.“ KURIOSES Der deutsche Industrielle Heinz Hermann Thiele (Knorr-Bremse AG) hinterließ 17 Milliarden Euro. Seinem langjährigen Steuerberater und Testamentsvollstrecker stand daher ein Honorar von 255 Millionen Euro zu. Ô COVERSTORY COVERSTORY

FOTOS: JONATHAN NACKSTRAND / AFP / PICTUREDESK.COM, DEEPBLUE4YOU / E+ / GETTY IMAGES 22 | CHEFINFO | 1/2023 1/2023 | CHEFINFO | 23 FOTO: SUSANNE AIGNER / LUDWIG PULLIRSCH PHOTOGRAPHY INTERVIEW. Die Anwältin Susanne Aigner erklärt, was passiert, wenn kein Testament vorliegt, welche Rolle der Gesellschaftsvertrag bei der Vererbung von Unternehmen spielt und was es mit Pflichtteilen auf sich hat. CHEFINFO: Was sind aus Ihrer Sicht die größten Fehler beim Vererben? Susanne Aigner: Ein großer Fehler ist es, sich nicht mit dem eigenen Tod auseinanderzusetzen und alles auf die Nachkommen zukommen zu lassen. Dann könnte jemand erben, der nicht erben sollte, und es können sich Streitigkeiten auftun. Der zweite Fehler ist, dass ein Testament formpflichtig ist und ein Laie diese Formpflichten oft nicht kennt. Schreibt man sein Testament am Computer und unterschreibt es, ist es ungültig, denn es muss handschriftlich verfasst werden. Ein weiterer Fehler ist, wenn man das Testament nicht registrieren lässt. Wenn es registriert ist, weiß der Gerichtskommissär, dass es ein Testament gibt. Es kann daher nicht von jemandem entwendet werden, der nicht vom Erbe bedacht wurde. Was sind die häufigsten Gründe von Testamentsanfechtungen bzw. wer erbt, wenn es kein Testament gibt? Aigner: Ein hoher Prozentsatz geht auf Formfehler zurück. Sind die Formpflichten eines Testaments nicht eingehalten, wird es als nicht vorhanden angesehen. Gibt es kein Testament, gilt das gesetzliche Erbrecht. Klassischer Fall: Gibt es einen Ehepartner und zwei Kinder, dann wird gedrittelt. Mit einemTestament kann ich frei verfügen, wer erbt, allerdings ist das durch den Pflichtteil beschränkt. Pflichtteilberechtigt sind Nachkommen und Ehegatten, diese Personen kann ich grundsätzlich nicht gänzlich vom Erbe ausschließen. Der Pflichtteilsanspruch beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbrechts. Was passiert im Hintergrund, wenn jemand stirbt, bzw. wie läuft das Verfahren ab und warum kann es oft so lange dauern? Aigner: Nach dem Tod eines Menschen wird der Staat automatisch aktiv. Das Standesamt erstellt die Sterbeurkunde und verständigt das Bezirksgericht. Das wiederum bestellt einen Notar als Gerichtskommissär. Der muss viel prüfen, etwa welche Erben es gibt, wie hoch das Verlassenschaftsvermögen bzw. die Verlassens cha f t s s chu l - den sind. Es gibt hier viel zu recherchieren. Der Gerichtsk omm i s s ä r lädt dann die Erben zur Todesfallaufnahme. Er stellt die Erbberechtigten fest. Diese können das Erbe annehmen oder ausschlagen. Der Notar erstellt ein Protokoll und das Gericht erlässt einen Beschluss, den alle Erben bekommen. Welche Schwierigkeiten könnten sich beim Vererben eines Unternehmens ergeben? Aigner: Beim Übertragen von Unternehmen werden auch noch gesellschaftsrechtliche Regelungen schlagend. Auch wenn ich jemandem meine Anteile vererbe, kann es sein, dass dies aufgrund des Gesellschaftsvertrags nicht möglich ist. Wenn jetzt jemand seine Anteile an seine fünf Kinder vererbt, dann hätte ich statt eines Gesellschafters fünf. Deshalb sollte im Gesellschaftsvertrag bereits ein Aufgriffsrecht vorgesehen sein, damit die anderen Gesellschafter den Erben ihre Anteile abkaufen können. Daher sollte man schon bei einer Unternehmensgründung solche Dinge andenken, denn ein Gesellschaftsvertrag lässt sich nur einvernehmlich ändern. UNTERNEHMENSGRÜNDUNG Schon bei der das Erbe andenken Susanne Aigner Anwältin Ein großer Fehler ist es, sich nicht mit dem eigenen Tod und den sich daraus ergebenden rechtlichen Folgen auseinanderzusetzen. Anwältin Susanne Aigner rät, schon bei der Unternehmensgründung erbrechtliche Dinge anzudenken, da sich ein Gesellschaftsvertrag nur einvernehmlich ändern lässt. Zufügen schweren seelischen Leids oder verschwenderischer Lebensstil. „Dann kann ich diese Personen enterben und das Erbe geht auf dessen Kinder über.“ Ein weiterer Grund ist auch die Vereitelung des letzten Willens, sprich das Entwenden eines Testaments. „Ein Testament, das beim Notar aufgesetzt wurde, kann nicht gestohlen werden. Es wird im Safe hinterlegt und der Inhalt wird im zentralen Testamentsregister gespeichert. Auf das kann der Notar zugreifen, der die Verlassenschaft abwickelt. Es kann also nicht mehr verschwinden, das gilt genauso für Pflichtteilverzichte.“ Diese Pflichtteilverzichte, die notariatspflichtig sind, kommen beimVererben von Immobilien oder Unternehmen oft zum Einsatz. Eine Person erbt alles und verpflichtet sich dazu, die anderen Erben, die auf ihren Pflichtteil verzichtet haben, auszuzahlen. Damit bleibt etwa die Manövrierfähigkeit eines Unternehmens gewährleistet, gilt aber auch für Immobilien. In Deutschland werden 72 Prozent der ererbten Immobilien selbst bewohnt oder vermietet, nur 28 Prozent verkauft. Alfreds „nob(e)les“ Erbe wäre fast ungültig gewesen Doch es sind meist schnöde Dinge, die zu Erbstreitigkeiten führen. Hauptproblem: Es gibt kein Testament oder wenn es eines gibt, ist es unvollständig. Ein prominentes Beispiel dafür ist Alfred Nobel. Sein Nobelpreis ist sein Erbe an die Menschheit. Doch so genial Nobel auch war – er meldete 355 Patente an –, so schlampig war sein letzter Wille. Nobels Beispiel wurde von Dietrich Ostertun in der FAZ akribisch beleuchtet. Kurzfassung: Bertha von Suttner, die einige Zeit für Nobel arbeitete, animierte den Chemiker, einen Friedenspreis zu stiften. Nobel nahm diese Idee in sein Testament auf, das er 1895 mit anwesenden Zeugen verfasste. Ein Jahr später starb Nobel. Beinahe sein ganzes Vermögen soll in eine Stiftung fließen, die jährlich fünf Preise für den Nutzen der Menschheit vergeben sollte. 94 Prozent seines Nachlasses im Wert von 30 Millionen Kronen sollten in diese Stiftung gehen. Die Verwandten und Freunde des kinderlosen Nobels bekamen kaum etwas. Nobels Meinung dazu: Geerbter Reichtum mache faul. Doch sein Testament ließ einiges im Unklaren. Ist die Stiftungsgründung nach seinem Tod überhaupt rechtens? Wer sitzt in der Jury? Wie ist der Fonds gestaltet und dotiert? Was passiert mit dem Kapital und wer ist dafür überhaupt zuständig? Nobel hatte mehrere Wohnsitze, weshalb nicht einmal der Gerichtsstand geklärt war, etwa in welchem Land Erbschaftssteuern zu entrichten seien. Es kam zu einem heftigen Streit – die Nachkommen fochten das Testament an – den der schwedische König schließlich mit einem Vergleich beendete. Seit 1901 werden Nobelpreise vergeben. Nobles Erbe: Beinahe hätte es keine Nobelpreise gegeben. Alfred Nobels Testament hatte viele Formalfehler und wurde angefochten. Ô Erbe von A bis Z Der vermögende Portugiese Luis Carlos de Noronha Cabral de Camara wusste nach seinem Tod nicht, wer sein Vermögen erben sollte, und doch machte es 70 Lissabonner glücklich. Per Zufallsprinzip wurden 70 Menschen aus dem Telefonbuch der portugiesischen Hauptstadt als Erben erkoren. KURIOSES COVERSTORY COVERSTORY

Last Christmas? Nicht für die Erben Doch nicht nur Geld, Immobilien oder andere Besitztümer lassen sich vererben, auch Urheberrechte. Vielleicht schielte der Autor Nick Hornby 1998 heimlich in Richtung George Michael, Sänger der britischen Band Wham, als er „About a boy“ schrieb. Der Protagonist, im Film dargestellt von Hugh Grant, erbt die Tantiemen eines Weihnachtssongs, den sein Vater schrieb und lebt daher ohne finanzielle Sorgen. Als der kinderlose George Michael 2016 starb, erbten seine Patenkinder und Verwandten unter anderem auch die Tantiemen an seinen Songs. Songs, von denen einer besonders heraussticht: Das Weihnachtslied „Last Christmas“. Da Michael sowohl Komponist und Autor war „klingelingelingen“ die Kassen, sobald der Song im Radio, Fernsehen oder im Supermarkt läuft. Geschätzte 500 Millionen Mal wird das Stück Jahr für Jahr rund um den Erdball gespielt. Das bringt den Erben allein für diesen Song Einnahmen von rund neun Millionen Euro jährlich. Und zwar „alle Jahre wieder“ bis 2086, dann erst – 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers – geht der Song ins Allgemeingut über. Wer erbt meine Daten? Und schließlich poppte in den letzten Jahren ein komplett neues Thema auf: Das digitale Erbe. Wem gehören Daten oder Social-Media-Accounts im Falle des Ablebens? Ein noch immer umstrittenes Thema, gilt doch etwa ein Facebook-Konto als höchstpersönlicher Besitz. Doch nicht nur das: E-Mail-Konten, Mobilfunkverträge, Chatverläufe und vieles mehr bringen eine Unmenge an Daten mit sich. Die Abwicklung dieser komplexen Thematik wird in den USA von Spezialisten übernommen, auch in Deutschland kam mit „Pacem Digital“ der erste Dienstleister dieser Art auf den Markt. Streit vorprogrammiert: Brauchen wir eine Erbschaftssteuer? Auch die Politik ist in letzter Zeit vermehrt mit dem Thema Erben und Vererben beschäftigt. In Österreich gibt es seit 2007 keine solchen Steuern mehr. Der Verfassungsgerichtshof hob diese auf. Die Bewertung von Grundvermögen mit veralteten Einheitswerten sei verfassungswidrig. Die Steuer wurde nicht repariert, sondern abgeschafft, obwohl rund zwei Drittel aller EU-Staaten eine solche Steuer vorsehen. Modelle wie die Schaffung eines Freibetrags, indem kleinere Verlassenschaften steuerfrei bleiben, werden diskutiert. Unter anderem wird diese Diskussion auch von Erben riesiger Vermögen angefacht, etwa vonMarlene Engelhorn. Sie weist darauf hin, dass hauptsächlich Reiche an Reiche vererben. Nur einer von drei Haushalten in den unteren 90 Prozent der Bevölkerung würde erben. Dieses Erbe beträgt im Schnitt 120.000 Euro. Bei den oberen 10 Prozent erben drei von vier Haushalten im Schnitt bereits 830.000 Euro. Das reichste Prozent erhält sogar 3,4 Millionen Euro. Egal wer was und wie viel erbt, erben kann das Leben im Positiven und Negativen verändern und so manche Lebensplanung auf den Kopf stellen oder – wie es der Komiker Danny Kaye ausdrückte: „Mit Vegetariern muss man diskutieren, sobald sie eine Wurstfabrik geerbt haben.“ n FOTOS: GÜNTHER PICHLKOSTNER/FIRST LOOK/PICTUREDESK.COM, NEIL MUNNS / EPA / PICTUREDESK.COM 24 | CHEFINFO | 1/2023 1/2023 | CHEFINFO | 25 FOTO: SDSP / ANWALTSSOCIETÄT Gernot Sattlegger rät, bei der Erstellung eines Testaments juristische Beratung einzuholen, um Formfehler und damit die Nichtigkeit des Testaments zu vermeiden. INTERVIEW. Der Anwalt Gernot Sattlegger über Formfehler von Testamenten, Vererbung von Unternehmen und Gründe für oft jahrelang dauernde Prozesse aufgrund von Erbstreitigkeiten. CHEFINFO: Was sollte in einem Testament alles geregelt sein? Gernot Sattlegger: Im Testament muss eine Erbeinsetzung erfolgen, das heißt eine bestimmte Person ist zu einer bestimmten Quote – oder zum Alleinerben – als Rechtsnachfolger des Erblassers zu bestimmen. Ein Testament ist grundsätzlich schriftlich herzustellen und unterliegt – in den letzten Jahren durch die Judikatur und die Gesetzgebung verschärften – Formvorschriften. Will man einzelnen Personen bestimmte Vermögenswerte vererben, sogenannte „Vermächtnisse“ oder „Legate“, ist darauf zu achten, dass diese ausreichend klar bestimmbar sind. Gibt es Grundregeln, wie ein Testament aussehen sollte? Sattlegger: Man unterscheidet im Wesentlichen eine eigenhändige, handschriftliche und eine fremdhändig geschriebene, letztwillige Verfügung, wobei bei einem fremdhändigen Testament der Erblasser die sogenannte „Nuncupatio“, also die Erklärung, dass es sich um seinen letzten Willen handelt, selbst mit der Hand neben der Unterschrift niederschreiben muss. Bei mehrseitigen Testamenten muss nach der neuen Judikatur des Obersten Gerichtshofs „Urkundeneinheit bestehen“. Lose Blätter, auch wenn sie geheftet sind, sind in aller Regel formungültig. Sie sind demnach zu binden, zu kleben oder zu nähen. Wie sieht es aus, wenn man ein Unternehmen vererbt? Sattlegger: Beim Vererben eines Unternehmens ergeben sich zumeist Probleme der Bewertung. Wie alle anderen Vermögenswerte, die der Verstorbene zum Zeitpunkt seines Ablebens in seinem Eigentum hat, sind Unternehmen und Unternehmensbestandteile Teile der Aktiva der Verlassenschaft. Sie sind zum Todeszeitpunkt zum Verkehrswert zu bewerten, was in der Regel durch einen gerichtlich beeideten Sachverständigen erfolgt, wenn nicht im Gesellschaftsvertrag zulässige Abfindungsklauseln enthalten sind. Was passiert bei einem EinPersonenUnternehmen, wenn es vererbt wird? Sattlegger: Oftmals besteht bei einem solchen Unternehmen – so etwa bei einer Ein-Personen-GmbH oder einer eingetragenen Unternehmung – auch das faktische Problem, dass beim Ableben des Unternehmers für längere Zeit Stillstand in der Firma eintritt, da die Abwicklung eines Verlassenschaf t sverfahrens zumeist mehrere Monate in Anspruch nimmt. Rechtlich ist in dieser Zeit kein Vertreter des Verstorbenen vorhanden. Abhilfe kann man dadurch schaffen, dass einerseits im Unternehmen beispielsweise Prokuristen bestellt werden und andererseits auch dadurch, dass man als erbantrittsberechtigter Erbe die vorläufige Verwaltung der Verlassenschaft ausübt. Weiters dient es oftmals der Beschleunigung des Verfahrens, wenn man die Verlassenschaft – unterstützend durch einen selbst beauftragten Rechtsvertreter – auch auf schriftlichem Weg abwickeln lässt. Was wird in diesem Prozess geprüft bzw. was läuft bei den Gerichten ab? Sattlegger: Unklarheiten, wie beispielsweise bei mehreren Testamenten oder Streitigkeiten über deren Gültigkeit – etwa, weil behauptet wird, der Erblasser hätte aufgrund seines Gesundheits- und vor allem Geisteszustandes nicht mehr über sein Vermögen bestimmen können –, oder sonstige Unstimmigkeiten unter den Erben führen dazu, dass der Abschluss des Verlassenschaftsverfahrens lange dauert. Streitigkeiten, die dann vor den Gerichten stattfinden und beispielsweise mittels Klage eingeleitet werden, können auch Jahre dauern. ABWICKLUNG kann mehrere Monate dauern Gernot Sattlegger Anwalt, Partner SDSP Streitigkeiten, die vor den Gerichten stattfinden und beispielsweise mittels Klage eingeleitet werden, können auch Jahre dauern. Marlene Engelhorn könnte von ihrer Großmutter 2,45 Milliarden Dollar erben, und sie will 90 Prozent davon abgeben, denn: „Ich habe für mein Erbe keinen Tag gearbeitet. Besteuert mich endlich.“ Neun Millionen Euro verdienen die Erben von George Michael pro Jahr, allein durch die Tantiemen des Songs „Last Christmas“. COVERSTORY COVERSTORY

26 | CHEFINFO | 1/2023 SPIELMACHER. RLB-OÖ-„Kapitän“ Heinrich Schaller im Interview: Warum die neue Raiffeisen Arena wichtig ist für Oberösterreich und ob sich das Engagement als Namenssponsor rechnet. Wie man die wachsende Bürokratie in der Wirtschaft ausdribbelt. Wieso er ein Anhänger von Leistung und mehr Eigenverantwortung ist. Und wie mächtig er und Raiffeisen wirklich sind. TEXT: Klaus Schobesberger FOTO: HERMANN WAKOLBINGER HEFINFO: Herr Schaller, Bankmanager gelten gemeinhin als sehr diszipliniert, die Terminkalender sind voll. Sind Sie jemand, der trotzdem mit guten Vorsätzen ins neue Jahr gegangen ist? Heinrich Schaller: Gute Vorsätze mache ich mir offen gestanden selten. Ich bin bemüht, aus der aktuellen Situation immer das Beste zu machen. Jedenfalls dürfte der Sport mit dem Anpfiff des ersten Spiels in der Raiffeisen Arena heuer eine größere Rolle spielen. Was haben Sie sich vorgenommen? Schaller: Ich werde sicher öfter im Stadion sein, ich verstehe das aber nicht als Verpflichtung. Aber so viel kann man sagen: Es ist ein gelungener Bau, ein neuer Anziehungspunkt für Sportbegeisterte und eine gute Gelegenheit, Kunden mitzunehmen und zu treffen. Die Raiffeisen Arena wird auch eine zusätzliche Motivation sein, sich mit Sport intensiver auseinanderzusetzen. Der Vergleich zur Allianz Arena in München drängt sich auf: Wird das dem Fußball einen neuen Schub geben? Schaller: Wir dürfen uns jetzt nicht plötzlich deutsche Verhältnisse erwarten, aber dass die Begeisterung für den Fußball damit wieder zunimmt, glaube ich sehr wohl. Kann sich ein Engagement als Stadionsponsor rechnen? Schaller: Als Namenssponsor sind wir bei der Finanzierung dabei und haben mitgeholfen, den Stadionbau zu realisieren. Wir sind überzeugt, dass die Werbeleistung absolut in Ordnung ist. Schon die vielen Medienberichte im Vorfeld der Eröffnung haben ent- Ô

28 | CHEFINFO | 1/2023 1/2023 | CHEFINFO | 29 WIRTSCHAFT FOTOS: HERMANN WAKOLBINGER sprechende Marketingeffekte. Das ist aber nicht der einzige Grund unseres Engagements. Wir sind wirklich davon überzeugt, einen Sportimpuls in der Stadt und im Land zu setzen. Und wie man sieht, wird das offensichtlich auch mit dementsprechender Begeisterung aufgenommen. ImDonaupark entsteht für Blau-Weiß Linz ein weiterer Stadionneubau. Verträgt die Stadt zwei Ovale? Schaller: Das sollten andere als ich beurteilen. Die neuen Sportstätten sind nicht die einzigen Investitionen. Eine der stärksten Bauphasen endet jetzt. Ist der Traum vom Eigenheim für viele ausgeträumt? Schaller: Immobilienfinanzierungen im Privatkundenbereich sind bei uns um 63 Prozent eingebrochen. Viele Leute können sich das schlicht nicht mehr leisten. Das halte ich für sehr schlecht. Die Gründe liegen in der Inflation, den damit verbundenen Zinssteigerungen und teureren Krediten. Hinzu kommen regulatorische Maßnahmen für private Kreditnehmer, die meiner Meinung nach völlig übertrieben sind und der Bauwirtschaft extrem schaden. Strenge Bankenregeln und Regulatorik begleiten Sie als Chef dieser Bank von Anfang an. Ein Kampf gegen Windmühlen? Schaller: Eine Verschärfung der Regulatorik nach der Finanzkrise war notwendig, in der Zwischenzeit ist sie hypertroph. Es ist zu viel und verhindert Geschäfte. Betroffen sind nicht nur Banken, sondern alle Wirtschaftsbereiche. Wir müssen endlich wegkommen von dieser Überbürokratisierung und Überregulierung. Leider weiß ich nicht wie. Irgendeinen Weg sollten wir finden, denn früher oder später regulieren wir uns zu Tode. Ich würde es für sehr sinnvoll halten, Menschen und Unternehmen zu mehr Eigenverantwortung zu erziehen. Wir können nicht für alles den Staat verantwortlich machen. Der Staat hat es für uns die letzten drei Jahre gerichtet – da kann man doch nur sagen zum Glück, oder? Schaller: Ich bin nach wie vor überzeugt, dass die öffentlichen Förderungen während der Pandemie richtig waren. Die aktuelle Krise ist anders. Wir haben vergessen, dass die Wirtschaft Wellenbewegungen unterliegt. Auf Konjunkturaufschwünge folgen Konjunkturabschwächungen. Aufgrund externer Gegebenheiten sind wir mit einemmassiven Abschwung der Wirtschaft konfrontiert. Das sollten Unternehmen auch verkraften. Bei zusätzlichen externen Schocks wie der Energiekrise sind staatliche Hilfen wieder nötig. Die Reichen wurden in den letzten Jahrenreicher,derMittelstanddrohtzuzer- bröseln. Sehen Sie hier eine Gefahr? Schaller: Wenn man gesellschaftspolitisch interessiert ist, muss man auf dieses Thema aufpassen. Die Frage ist, wie ich dieser Entwicklung begegnen kann – allein durch Steuern sicher nicht. Eine einfache Methode wäre, als Unternehmen Löhne und Gehälter von Mitarbeitern deutlich anzuheben. Das wird wegen des sich weiter zuspitzenden Arbeitskräftemangels auch passieren. Andererseits müssen wir als Standort konkurrenzfähig bleiben. Hier die richtige Balance zu finden wird die Herausforderung der Zukunft sein. Ihr Haus war dafür bekannt, Mitarbeiter bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit zu führen. Kann man sich das in Zeiten des Mitarbeitermangels noch leisten? Schaller: Die Belastung der Mitarbeiter ist in vielen Bereichen nach wie vor sehr hoch. Es gibt Sektoren, wo wir uns schwertun, Leute zu finden. Insbesondere im Bereich der Regulatorik mit ihren laufenden Prüfungen, Auswertungen und neuen Anforderungen stehen die Leute gewaltig unter Druck. Work-Life-Balance ist für viele Bewerber ein großes Thema, für Sie auch? Schaller: Das sind Gegebenheiten, auf die man sich einstellen muss, keine Frage. Aber wir legen großen Wert darauf, bei Neueinstellungen festzuhalten: Bei uns zählt Leistung. Und ich glaube, das wird auch von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durchaus positiv gesehen. Manchenreicht eine30-Stunden-Woche. Schaller: Wenn das jemand haben will, dann soll es mir recht sein. Nur, wenn man in einem Beruf weiterkommen will, ist es notwendig, auch mehr Einsatz zu zeigen. Diejenigen, die diesen Einsatz bringen und mehr leisten, werden es wahrscheinlich in ihrem Fortkommen leichter haben. Hat sich die Einstellung zu Leistung und Karriere bei Berufseinsteigern geändert? Schaller: Den Eindruck haben wir schon. Man darf aber nicht übersehen, dass es nach wie vor viele Leute gibt, die gerne arbeiten und gerne viel arbeiten. Wie besetzen Sie Führungspositionen im eigenen Haus? Schaller: Wir schreiben die Stellen oft intern aus, und wenn wir sehen, dass sich nicht die richtigen Menschen bewerben, gehen wir auch nach außen. Eine gewisse Durchmischung bei Führungspositionen von außen halte ich immer für gut. Eine Zeitschrift wählte Sie zum bestvernetzten und damit wohl auch zum mächtigsten Manager in Oberösterreich. Ist das auch Ihre Selbsteinschätzung? Schaller: Der Mächtigste würde ich etwas anzweifeln. Man sollte dem auch nicht zu viel Bedeutung zumessen. Eines zeigt es aber: Wir sind im Firmenkundengeschäft als auch im Beteiligungsbereich sehr gut vernetzt. Das bringt Vorteile, weil wir in verschiedenen Branchen sehr schnell mitbekommen, wie die aktuelle wirtschaftliche Situation wirklich ist. Ein oberösterreichischer Landespolitiker soll einmal halb im Scherz gesagt haben: „Wenn ich aus demFenster blicke, sehe ich einen Kirchturm und die Raiffeisen Landesbank – und ich habe keine Zweifel, wo Gott wohnt.“ Schaller: Gott wohnt ganz sicher woanders. Dass wir mit Raiffeisen eine starke Organisation sind, wissen wir. Wir halten das aber auch für sehr positiv. Woraus ist die Raiffeisen-Gruppe denn entstanden? Sie ist entstanden aus dem genossenschaftlichen Gedanken „Hilfe zur Selbsthilfe“. Das heißt auch Weiterentwicklung in den Regionen. Diesem Grundsatz fühlen wir uns nach wie WIRTSCHAFT Heinrich Schaller Generaldirektor RLB OÖ Es ist neuer Anziehungspunkt für Sportbegeisterte und eine gute Gelegenheit, Kunden zu treffen. ZUR PERSON Heinrich Schaller (63) ist seit 1. April 2012 Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank OÖ. Davor war der promovierte Jurist sechs Jahre Vorstand der Wiener Börse. 2021 wurde sein Vorstandsmandat bis Ende 2025 verlängert. Der LASKFan bezeichnet die Raiffeisen Arena als zukunftsweisendes Projekt für den Sport- und den Wirtschaftsstandort Oberösterreich. Heinrich Schaller Generaldirektor RLB OÖ Wir legen großen Wert darauf, bei Neueinstellungen festzuhalten: Bei uns zählt Leistung. Ô

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