Chefinfo Magazin 1-23

FOTOS: MANFRED RICHTER, CREATIVAIMAGES / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS BILDUNG BILDUNG Bruno Buchberger und Sepp Hochreiter sind mit ihren Forschungen an der Weltspitze, beide sind wissenschaftliche Leuchttürme mit Strahl- und Anziehungskraft und beide kennen den Wissenschaftsbetrieb aus erster Hand. Bruno Buchberger stand vor mehr als drei Jahrzehnten vor den Trümmern eines alten Schlosses in Hagenberg, am 22. Juni 1993 durchschnitt er dann ein Band. Die FH Hagenberg wurde damit eröffnet. Hagenberg ist nach wie vor eine Erfolgsgeschichte sondergleichen und wurde von Anbeginn international angedacht. Allein am SCCH arbeiten Forscher aus 17 Nationen. Buchberger als „Vater“ und genau genommen auch „Mutter“ der FH sorgte nicht nur für gutes Personal, sondern kämpfte auch um Studierende. Er suchte dabei weltweit, war in Vietnam oder sogar in Gaza, um IT-Talente nach Österreich zu locken. Neustart bei IDSA? Das „Institute of Digital Sciences Austria (IDSA)“, früher flapsig „Digitaluni“ genannt, nimmt diesen Kampf ebenso an. Das Basiskonzept dazu stammt von Bruno Buchberger selbst. 2023 sollte, so bei der Vorstellung der IDSA im Jahr 2020 verlautbart, der Betrieb im Testlauf beginnen, doch es hakt an allen Enden, sodass mittlerweile ein Neustart gefordert wird. Zum einen fehlen die „absoluten Kapazunder auf ihren technologischen Forschungsgebieten“, wie sie IWS-OÖ-Chef Christoph Leitl fordert, zum anderen passende Studenten. „Arme“ KI-Spitzenforschung Doch wie lockt man diese nach Linz? Leitl will „eine weltweit anerkannte SpitzenUniversität … die einzigartig und auch unverwechselbar ist.“ Für Sepp Hochreiter wurden dazu bereits im Vorfeld Chancen vertan, wie er in einem Interviewmit dem Standard meinte: „In der KI-Strategie in Österreich haben wir genau sieben Millionen Euro österreichweit! Die Niederlande haben 2,1 Milliarden Euro dafür aufgesetzt, Deutschland fünf Milliarden. Fünf Milliarden und sieben Sag mir, wo die Studis sind… KAMPF UM STUDIERENDE. Studierende sind mobiler geworden. Das stellt immer mehr Universitäten und Fachhochschulen vor Herausforderungen. Wie gelingt es, mit den großen Namen der Szene mitzuhalten? TEXT: Jürgen Philipp 74 | CHEFINFO | 1/2023 Millionen – das ist halt schon ein Unterschied, dabei waren wir vorne dabei.“ An diesem „vorne dabei“ war Hochreiter federführend beteiligt. Etwa mit Entwicklungen, „die Apples Siri nach vorne gebracht haben oder in Alexa stecken“. Große Unternehmen wüssten genau, welches Potenzial schon bisher aus Linz kam. Hochreiter findet es allerdings schade, dass dieses Potenzial nicht von der lokalenWirtschaft aufgegriffen wurde. Gerade beim Zusammenspiel aus Wirtschaft und Forschung hätte Linz ein Ass im Ärmel und das könnte den Standort für Studenten aus aller Welt attraktiv machen. Für Bruno Buchberger soll wieder vermehrt an den Grundlagen geforscht werden. Aktuelles Beispiel: ChatGPT. Entwickler Open AI LP, die gewinnorientierte Tochter der Non-Profit-Organisation Open AI, sammelte dafür eine Milliarde US-Dollar an Spenden ein und entwickelte ChatGPT auf Basis von Grundlagenforschung. Fehlt es also „nur“ an Geld? Aufholjagd bei der Hochschulqualität Für IWS-Geschäftsführer Gottfried Kneifel ist die Standortqualität entscheidend. Kneifel zitiert den BAKHochschulqualitätsindex, in dem Oberösterreich hinterherhinkt. „Angesichts des demografischen Wandels gewinnt die Standortattraktivität für Talente zur Sicherung der künftig benötigten Fachkräfte an Bedeutung. Die Zukunftsfähigkeit der Wirtschaftsstruktur, wie sie im BAK-Competitiveness-Index zusammengefasst ist, ist als mäßig einzustufen und rangiert im unteren Mittelfeld der Vergleichsregionen.“ Das unterstreicht auch eine Studie des Forschungsinstituts QS. London ist danach die attraktivste Studentenstadt vor München bzw. ex aequo Seoul. Wien liegt an fünfter Stelle. Bei internationalen Studenten ist Zürich am beliebtesten. Ben Sowter, QS Senior VP, weiß warum: „Die Antworten von Studenten, die in London studiert haben, auf unsere Umfragen machen deutlich, dass die Stadt hervorragende kulturelle, wirtschaftliche und bildungsbezogene Möglichkeiten bietet. Mit zwei der zehn besten Universitäten der Welt in der Stadt bleibt sie ein weltweit führendes Bildungszentrum.“ Allerdings, so schränkt Sowter ein: „Besorgniserregend ist, dass die Städte nach QS-Maßstäben für Studenten immer weniger erschwinglich sind: Knapp 90 Prozent der Städte sind in unserem Erschwinglichkeitsmaßstab zurückgefallen.“ Österreich für High- Potentials zu „unfreundlich“? Ist das eine Chance für Städte, die nicht so im Mittelpunkt stehen? Die Lebenserhaltungskosten, die von Expats erhoben werden, liegen für zwei Personen mit mittlerem Konsum und ohne Wohnkosten in Wien im Schnitt bei 1.282 Euro, in Linz bei 1.407 pro Monat. Dazu beklagen Expats und ausländische Studierende in Österreich die Unfreundlichkeit der Menschen. Österreich wird als das zweitunfreundlichste Land der Welt wahrgenommen, nur Kuwait liegt hinter der Alpenrepublik. Es wird ein latenter Rassismus beklagt, der es Studierenden nicht leicht mache, und es fehle abseits von Wien an internationalen Schulen und Kindergärten. Als freundlichste 1/2023 | CHEFINFO | 75 Die Universität Zürich bietet ihren besten Masterstudenten 10.000 Franken pro Semester. Ô

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