Chefinfo Magazin 1-23

Vor rund 25 Jahren fiel der „Falke“ vom Himmel. Österreichs größter Popstar Falco starb in der Dominikanischen Republik. Seitdem gelang es keinem heimischen Künstler mehr, in den USA zur Nummer eins der US-Charts zu werden. Dabei ist Österreich ein Land, in dem viel musiziert wird. Bei der Dichte an Musikschulen ist man weltweit im Spitzenfeld. Und doch blieb von Falcos Höhenflug bis heute nichts im Musikinstrumentenhandel so, wie es war. Eine Antwort auf diesen Wandel finden wir im oberfränkischen Treppendorf. Ein Ort, in dem es rund viermal so viele Kühe gibt als die 204 Einwohner. Und doch ist Treppendorf für viele Musizierende rund um den Globus der Nabel der Welt. Es ist der Sitz des Musikhauses Thomann, dem größten Online-Versandhändler für Musikinstrumente weltweit. Mittlerweile sind die Franken beinahe ein Monopolist, der selbst Amazon und Co ärmlich aussehen lässt. Vom Wandermusiker zum Monopolisten Gründer Hans Thomann Senior hing 1954 seine Trompete an den Nagel, mit der er vorher als Wandermusiker unterwegs war, und begann, selbst InsFOTOS: FRETELLO, OKTAV, TONESTRO FOTOS: MUSIKHAUS DANNER WIRTSCHAFT WIRTSCHAFT Karl und Angelika Danner führen das gleichnamige Musikhaus in Linz. Mit Fachwissen und eigener Werkstatt schlagen sie die Online-Konkurrenz. FACHHANDEL. Karl Danner betreibt seit 1989 sein Musikgeschäft in Linz. Was sind seine Rezepte, um dem Online-Druck und Dis- countern standzuhalten, und was kann nur der Fachhandel? CHEFINFO: In Deutschland hat sich die Branche in den letzten 15 Jahren fast halbiert. Was muss man tun, um erfolgreich am Markt bestehen zu können? Karl Danner: Uns gibt es seit 1989 und wir zählen damit schon zu den Alteingesessenen. Ich denke, die Zahlen von Deutschland gelten auch für Österreich. Wir haben versucht die Tradition hochzuhalten und haben etwa die Mitarbeiter der Notenabteilung von Pirngruber übernommen. Für den Notenverkauf braucht es sehr spezielles Wissen und Erfahrung. Dieses Wissen wäre sonst verloren gewesen. Pirngruber gab es rund 200 Jahre. Wir schaffen das mit dementsprechendem Einsatz. Wir sind sehr aktiv und sogar auf Instrumentenmessen in Schanghai oder Anaheim, in der Nähe von Los Angeles, präsent. Wir sind eben sehr umtriebig. Und dann haben wir unsere eigene Fachwerkstätte. Das eine fördert das andere. Unsere Kunden, die bei uns kaufen, lassen ihre Instrumente auch bei uns servicieren und reparieren. Das ist Handwerk auf höchstem Niveau. Wir haben aktuell sieben Leute in der Werkstatt. Unser Knowhow ist mittlerweile weltweit gefragt. Es gibt schließlich auch einen ideellen Wert. Eine Geige, mit der die Oma schon gespielt hat, will man überarbeiten lassen. Während der Pandemie hatte man das Gefühl, dass immer mehr Leute anfangen, ein Instrument zu lernen. War das ein Trend? Danner: Das war ein eher kurzfristiger Trend. Gesamt betrachtet, muss man aber sagen, dass die Freude größer ist als die Sorge. Aber es gibt natürlich einen Schwund an Nachwuchsmusikern. Von Leuten, die miteinander musiziert haben, in Kapellen, Bands oder Ensembles, haben viele nicht zurückgefunden. Ein paar Instrumente eignen sich dazu auch nicht. Trompete online zu lernen ist eher schwer. Das Problem ist, dass uns durch diesen Nachwuchsschwund eine ganze Generation fehlen kann. Man kann man beim Discounter ein E-Gitarrenset mit Verstärker um 100 Euro erwerben. Wie kann man als Fachhändler da mithalten? Danner: Weil gleichzeitig auch immer mehr hochwertigere Instrumente gekauft werden. Da sind wir bei der Nachhaltigkeit. Billiges Zeug wird weggeschmissen. Unsere Kunden kaufen hochwertiges Equipment, weil sie es länger haben wollen, vielleicht sogar lebenslang und darüber hinaus. Als ich 14 war, hatten wir eine Band. Wir haben uns eine gebrauchte Les Paul Recording um 16.900 Schilling gekauft. Wenn das meine Kinder getan hätten, hätte ich sie für verrückt erklärt. Wir haben aber zu sechst zusammengezahlt. Der Onlinehandel scheint in Ihrer Branche besonders dominierend zu sein. Wie geht man damit um? Danner: Der Onlinehandel ist zweifelsohne die größte Konkurrenz, vor allem Thomann. Das muss man neidlos anerkennen, was die daraus gemacht haben. Es ist natürlich eine Gefahr da, dass ein durch seine Größe Quasi-Monopolist machen kann, was er will. Doch wir sind der musikalische Nahversorger. Wir stehen für unsere Kunden immer Gewehr bei Fuß, egal ob für das Brucknerorchester oder für eine Band, etwa wenn kurz vor einemAuftritt etwas kaputtgeht. Das kann das Internet nicht. Es fehlt das Zwischenmenschliche imOnlinehandel. Jeder unserer Verkäufer ist der persönliche Berater des Kunden und immer für ihn da. „Unser Know-how ist weltweit gefragt“ 34 | CHEFINFO | 1/2023 Die App zum Gitarrelernen: fretello ist mittlerweile weltweit im Einsatz. David Kitzmüller und Tony Luong sind das Amazon der Klaviernoten. Die tonestro-Gründer lassen jeden zum Freund der Blasmusik werden. Karl Danner Musikhaus Danner Das Problem ist, dass uns durch diesen Nachwuchsschwund eine ganze Generation fehlen kann. Ô Wir geben den Takt vor Startups. Oberösterreich ist bei Musik-Startups weltweit vorne dabei. Die drei heißesten Aktien im Kurzporträt. FRETELLO: Die Gitarrenlern-App hat Deals mit Apple, Yamaha und OnlineGiganten Thomann abgeschlossen und ist mittlerweile global verfügbar. Der Algorithmus analysiert das Spiel und agiert wie ein digitaler Musiklehrer. 2022 wurden nochmals drei Millionen Euro Risikokapital an Land gezogen. OKTAV: Noten für diverse Klavierstücke zu bekommen ist kein leichtes Unterfangen. Unzählige Verlage, Urheberrechte und Ähnliches erschweren den Zugang. Oktav aus Linz ist zum Amazon für digitale Noten geworden und ist der weltweit führende Klaviernotenservice. TONESTRO: Freunde der Blasmusik! Hier gibt’s die perfekte App zum Erlernen von Blech- und Holzblasinstrumenten. Vom Horn bis zur Tuba, von der Blockflöte zur Klarinette ermöglicht tonestro, ähnlich wie fretello, das Erlernen der Instrumente ohne Musikschule. 1/2023 | CHEFINFO | 35 Marcel Illetschko Musiker und Musiklehrer Es gab Anfang 2020 eine regelrechte Explosion an Musik- interessierten. Menschen, die bisher keine Zeit dazu hatten, ein Instrument zu lernen.

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