Chefinfo Magazin 1-23

FOTOS: APA PICTURE DESK / EVEMILLA / E+ / GETTY IMAGES 20 | CHEFINFO | 1/2023 1/2023 | CHEFINFO | 21 FOTO: BERND ALBER / MARKUS MOERWALD INTERVIEW. Der Notar Bernd Alber erklärt, wie man die größten Fehler und damit späteren Streit vermeidet, wer aller erbberechtigt sein kann und welche Rolle ein Notar als Mediator hat. CHEFINFO: Es gibt keine Notariatspflicht bei Testamenten. Warum sollte man trotzdem einen Notar aufsuchen, um erbrechtliche Fragen zu klären? Bernd Alber: Der Notar führt im Auftrag des Gerichts als Gerichtskommissär das außerstreitige Verlassenschaftsverfahren durch. Jährlich fallen in Österreich etwa 86.000 Verlassenschaftsverfahren an, wobei es nur in ca. 130 Fällen zu einer Klärung des Erbrechts durch einen Richter kommt. Der Notar ist daher nicht nur ausgebildeter Spezialist im Erbrecht, sondern weiß auch, wie Streit später vermieden werden kann. Ist etwa bei einer Übergabe eines Hauses oder eines Unternehmens geplant, dass ein Kind diese Vermögensteile erhält und das andere Kind ausbezahlt wird, kann der Notar die entsprechenden Pflichtteilsverzichte beurkunden, die als Notariatsakt zu errichten sind. In welchen Fällen kommt es im Verlassenschaftsverfahren am häufigsten zu Streitereien? Alber: Wenn es kein Testament gibt oder bei handschriftlichen Testamenten. Ein selbst geschriebenes und eigenhändig unterzeichnetes Testament ist grundsätzlich ein formgültiges Testament. Idealerweise ist auch noch das Datum angeführt. Leider gibt es jedoch oft Probleme bei der richtigen Ausformulierung. Es wird oft nur niedergeschrieben, wer etwa das Haus erbt, aber nicht was mit dem Rest passiert. Was sind die größten Fehler? Alber: Kein Testament zu hinterlassen ist der größte Fehler, ebenso dass es keine Erbeinsetzungen gibt. Ein weiterer häufiger Fehler besteht beim Ehegattentestament: Oft schreibt etwa der Ehegatte ein Testament für sich und seine Frau und beide unterschreiben. Das gilt aber nur als sein Testament, für die Gattin wäre das ein fremdhändiges Testament. Hier müssten drei (fähige) Zeugen mit einem eigenhändigen Zeugenzusatz und Namen mitunterfertigen, es muss eine eigenhändige Erklärung des Testators angebracht sein, dass die Urkunde seinen letzten Willen enthält. Viele Leute denken auch nicht darüber nach, was passiert, wenn der Partner, die Partnerin vor ihnen stirbt oder beide gleichzeitig, etwa durch einen Autounfall. In diesem Fall sollte man einen Ersatzerben bestimmen. Ab welchem Alter sollte man sich um ein Testament kümmern? Alber: Meinen jungen Klienten, die sich ihr erstes Grundstück oder eine Eigentumswohnung zulegen, rate ich, ein Testament zu machen. Da ist genügend Bewusstsein da, weil viele nicht verheiratet sind und Lebensgefährten untereinander grundsätzlich nicht erbberechtigt sind und somit sämtliche Blutsverwandte vor dem Lebensgefährten erben. Es kommen auch immer mehr Patchworkfamilien. Kinder, egal ob aus erster oder zweiter Beziehung, egal ob unehelich oder ehelich, sind immer gleichgestellt. Ein Sonderfall ist es, Unternehmen zu vererben. Was gilt es hier besonders zu beachten? Alber: Es sollten im besten Falle alle an einem Tisch sitzen und die Lage ausdiskutieren. Hier kann der Notar als unparteiischer Parteienvertreter alle Interessen gleich vertreten und als Mediator unterstützen. Bei Kapitalgesellschaften, etwa einer GmbH, oder bei Personengesellschaften kann man vieles im Gesellschaftsvertrag regeln. Der Notar überprüft und errichtet in Abstimmung die Gesellschaftsverträge und Testamente. Anteile und Vermögen können zu Lebzeiten auch in Stiftungen eingebracht werden. Hier kann festgelegt werden, wer die Begünstigten sind und was sie aus der Stiftung ausbezahlt bekommen. Ganz allgemein ist es entscheidend, eine lebzeitige Unternehmensnachfolge erbrechtlich fertigzudenken. NOTARE sind immer neutral Notare wie Bernd Alber helfen bereits bei der Testamentserstellung, also im Vorfeld, spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Jährlich fallen in Österreich etwa 86.000 Verlassenschaftsverfahren an, wobei es nur in ca. 130 Fällen zu einer Klärung des Erbrechts durch einen Richter kommt. Bernd Alber Notar Langjährige familiäre Konflikte können aufbrechen Erbschleicherei, Streit um die Verlassenschaft, Klagen zur Zurechnungsfähigkeit: Warum kann erben so mühsam sein? Testamentsvollstrecker erleben im Streitfall fast immer dasselbe. Es brechen (familiäre) Konflikte auf, die jahrzehntelang unter der Decke brodeln, zudem geht es immer um Erwartungen und schließlich ist der letzte Wille des Erblassers eben nicht immer vorhersehbar. So wird nicht selten an Vereine oder Organisationen vererbt. Doch selbst Testamentsvollstrecker können zum Stein des Anstoßes für Streitereien werden, wie der Fall des deutschen Großunternehmers Heinz Hermann Thiele (KnorrBremse, Vossloh, Lufthansa) beweist. Thiele hinterließ ein Erbe von 17 Milliarden Euro. Dem Testamentsvollstrecker Robin Brühmüller, langjähriger Steuerberater von Thiele, stehen laut deutschem Notarverein 1,5 Prozent der Erbsumme, also in diesem Fall 255 Millionen Euro, zu. Witwe Nadia Thiele fand diese Summe unangemessen und klagte auf Entlassung des Testamentsvollstreckers. Die Beschwerde gegen Brühmüller wurde vom Nachlassgericht München jedoch abgewiesen. Pflichtteil bleibt Pflichtteil, es sei denn … Selbst wenn der Erblasser an Caritas, Feuerwehr oder Fußballverein vererben will, es bleibt immer noch der Pflichtteil. „Der Pflichtteil ist das, was dem Kind und Ehegatten bzw. eingetragenen Partner mindestens zustehen muss. Es gilt: 50 Prozent der gesetzlichen Erbquote. Der Pflichtteil ist grundsätzlich als reiner Geldanspruch vorgesehen“, so Alber. Will man den Ehe- oder eingetragenen Partner oder die Kinder enterben, bzw. deren Pflichtteil reduzieren, braucht es dazu triftige Gründe: „Etwa, wenn ich 20 Jahre unverschuldet zu meinem Kind keinen Kontakt habe. Diese Gründe sollen jedenfalls im Testament angeführt werden. Die Gründe beweisen muss der Pflichtteilsschuldner, das ist üblicherweise der Erbe.“ Schließlich gibt es noch die Erbunfähigkeit bzw. Erbunwürdigkeit. „Etwa wenn jemand gegenüber dem Erblasser eine strafrechtliche Handlung ausübt, sprich, wenn der Sohn den Vater ermordet, ist er erbunwürdig.“ Weitere Gründe sind das 86.000 Verlassenschaftsverfahren gibt es jährlich in Österreich. Ein allerletztes „Ällerbätsch“ Von Heinrich Heine wird folgende Geschichte erzählt. Er hat sein gesamtes Vermögen seiner Frau vererbt. Allerdings stellte er eine Bedingung: Seine Gattin, Augustine Crescence Mirat, müsse dafür noch einmal heiraten. Heines Begründung: „… dass es wenigstens einen Mann gibt, der meinen Tod bedauert.“ KURIOSES Der deutsche Industrielle Heinz Hermann Thiele (Knorr-Bremse AG) hinterließ 17 Milliarden Euro. Seinem langjährigen Steuerberater und Testamentsvollstrecker stand daher ein Honorar von 255 Millionen Euro zu. Ô COVERSTORY COVERSTORY

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