Chefinfo Magazin 7-22

D A S M A G A Z I N D E R F Ü H R U N G S K R Ä F T E SEPTEMBER 2022 STARTUP WIE EINE IDEE DIE KOSMETIK- WELT EROBERT MARGOT HELM FINANZWISSEN SO WERDEN SCHULEN FIT FÜR MORGEN GEORG HANS NEUWEG DRESSCODE WARUM STIL IMMER GEFRAGT IST KLAUS HAUER SEPTEMBER 2022 / 32. JG. / NR. 7/ 2,50 EURO, ÖSTERREICHISCHE POST AG, GZ 02Z031559 M, ZIELGRUPPEN-ZEITUNGSVERLAGS GMBH, ZAMENHOFSTRASSE 9, 4020 LINZ WERBE-ZUKUNFT Wie künstliche Intelligenz die Marketing-Welt verändern wird UN-RUHESTAND CHRISTOPH LEITL ÜBER RUSSLAND, KRISE & ANSTAND WER WILL NOCH CHEF WERDEN FÜHRUNGSLOS. Qualifizierten Nachwuchs zu finden wird immer schwieriger. Selbstverwirklichung ist vielen wichtiger als Karriere. BUSINESS-YOGA TRAINING FÜR DEN GEIST

Cyrus Rahmat Tel.: 0732 650350-22 | Mobil: 0664 1006505 | E-Mail: cyra@cyra.at Cyra Immobilien GmbH | Berggasse 23 b | A-4040 Linz | www.cyra.at Neuson Real GmbH Zollamtstraße 7 | A-4020 Linz | Tel. 0732 673500 office@neuson-real.com www.neuson-real.com B E R A T U N G | V E R M I T T L U N G | P R O J E K T E N T W I C K L U N G IHRE NEUE IMMOBILIE 2022 Neubau Gewerbe-/Logistikhalle zu vermieten Adresse: Rehbergerstraße, Ried im Traunkreis Größe: 6.500 m² Halle oder 2 x 3.250 m², Höhe: 12 Meter Büro nach Bedarf. Bezug: 2024 Mietkonditionen: auf Anfrage Moderne Lagerflächen in St. Pölten auf 3 Ebenen zu vermieten Adresse: Karl-Pfeffer-Gasse 4, 3100 St. Pölten Lagerfläche: 11.441 m² Büro. Nebenflächen: 622 m² Lagerkapazität: ca. 19.000 – 22.000 Paletten. Sofort verfügbar! Mietkonditionen: auf Anfrage OBJEKT 4 P R O V I S I O N S F R E I F Ü R M I E T E R OBJEKT 3 OBJEKT 2 Moderne Gewerbeimmobilie in Ennser Toplage zu vermieten Adresse: Dr. Theodor Körner Straße 4, 4470 Enns Größe Halle: 1.865 m², Höhe: 8,50 Meter Größe Büro: 560 m², 35 – 50 Pkw-Stellplätze Mietbeginn: 1. März 2023, Mietdauer: 7 – 10 Jahre HWB: 74 kWh/m²a Mietkonditionen: auf Anfrage OBJEKT 3 Attraktive Bürofläche Linz Stadt Lage: Raimundstraße, 4020 Linz Mietfläche: ca. 900 m². Ausstattung: Klima, Qualitätsböden, Lift, Parkplätze etc. Großraum- oder Einzelbüros – Innenausbau nach Wunsch! Bus u. Straßenbahn fußläufig erreichbar Miete: auf Anfrage. HWB: 88 kWh/m²a, fGEE 0,93 Ein Campus für innovative Unternehmen Lage: Linz Zentrum vis-à-visWIFI OÖ. Büro BT 2: ab 400 – 2.400 m² noch möglich Fertigstellung: 4. Q. 2023. MIETERWÜNSCHE können noch berücksichtigt werden! Benefits: Konferenzzentrum, Restaurant, Nahversorger, Kinderbetreuung, Hotel Direkte Anbindung an Straßenbahn, Bus u. Autobahn Miete: auf Anfrage. HWB: 18 kWh/m²a, fGEE: 0,73 OBJEKT 1 TECHBASE LINZ OBJEKT 1 Neubauprojekt in Traum-Aussichtslage mit 16 Eigentumswohnungen und 32 Tiefgaragenplätzen in Kirchschlag bei Linz Adresse: Kirchschlag 17, 4202 Kirchschlag bei Linz Wohnungen in den Größen 47 m², 65 m², 76 m², 87 m², 92 m² und 2 Dachterrassenwohnungen mit 105 m² und 115 m² Die Wohnungen im Erdgeschoß haben Eigengärten. Niedrigenergiebauweise: Klasse A++. Hochwertige Ausstattung Fertigstellung: Q1/2024. HWB: 37 kWh/m²a Kaufpreis: auf Anfrage Gewerbepark Franzosenhausweg Linz Attraktive Bürofläche Lage: Franzosenhausweg, Linz Schnelle Autobahnanbindung. Öffis: Bus Mietfläche: ca. 316 m² – Großraum- und Einzelbüros Klima auf Wunsch, ausreichend Parkplätze Miete: auf Anfrage. HWB: 74,2 kWh/m²a OBJEKT 4 Gewerbepark Franzosenhausweg Linz Moderne Bürofläche Linz Süd Lage: Franzosenhausweg, Linz. Mietfläche: ca. 350 m² Hochwertige Ausstattung, Klima, Lift, ausreichend Parkplätze Gute Anbindung an das öffentl. Verkehrsnetz Miete: auf Anfrage. HWB: 123 kWh/m²a, fGEE: 2,58 OBJEKT 2 OBJEKT 5 Moderne Gewerbe-Liegenschaft nach Neubau zu vermieten (Q1/2 2023) Adresse: 4061 Pasching Größe Halle: 5.600 m², 8,5 Meter hoch UKB, 7 Tonnen Bodenbelastbarkeit, 5 Rampen und 5 ebenerdige Tore Mietkonditionen: auf Anfrage

7/2022 | CHEFINFO | 5 4 | CHEFINFO | 7/2022 Klaus Schobesberger Chefredakteur Gute Chefs als Mangelware k.schobesberger@chefinfo.at In Gesprächen mit Unternehmen wird immer häufiger deutlich, dass sie nicht nur ein Arbeitskräftemangel plagt, sondern auch qualifizierte Manager an allen Ecken und Enden fehlen. Manche Führungspositionen können monatelang nicht besetzt werden. Das betrifft nicht nur die obersten Etagen, sondern auch mittleres Management und die Nachfolge bei Familienunternehmen. Was ist los? Will niemand mehr beweisen, dass er oder sie zum Leadership taugt? Gerade in einer Zeit, in der sich die Babyboomer in die Pension zu verabschieden beginnen, füllt die geburtenschwächere junge Generation nicht die vielen Lücken in Unternehmen, öffentlichen Organisationen und politischen Parteien. Die Jungen haben andere Lebenskonzepte, sie wollen zwar Verantwortung übernehmen, tun sich aber schwer, in eine Führungsrolle zu schlüpfen. Wir sind in unserer Titelgeschichte der Sache auf den Grund gegangen und haben die Erkenntnisse für Sie niedergeschrieben. Viel Gewinn beim Lesen dieser Ausgabe wünscht Ihnen Editorial IMPRESSUM: Eigentümer und Medieninhaber: Zielgruppen-Zeitungsverlags GmbH. Redaktionsanschrift: Zamenhofstraße 9, 4020 Linz, Tel.: +43 (0)50 6964-0, E-Mail: redaktion@chefinfo.at. Herausgeber: Peter Lengauer. Geschäftsführung: Mag. Johanna Lengauer, Hans Huber. Chefredaktion: Klaus Schobesberger. Redaktion: Jürgen Philipp Bakk. Komm. MBA, Jessica Hirthe, Verena Schwarzinger. Verlagsverkaufsleitung: Christian Schüttengruber. Anzeigen: Mirijam Mayer, Isolde Kainz, Roswitha Lang, Romana Gerard, Gerold Rachlinger. Artdirector: Thomas Bruckmüller. Artdirector-Stv.: Cindy Mair. Grafik: Julia Pargfrieder, Julian Kastenhuber, Simone Eigruber, Rebecca Falmbigl. Bildbearbeitung: Andrea Laban, Frank Garzarolli. Korrektur: Mag. Christina Nikiema-Spiegl. Druck: Radin print d.o.o., Sveta Nedelja, Kroatien. Abo-Hotline: Tel.: 0506964-4091. E-Mail: abo@chefinfo.at. Internet: www.chefinfo.at. Gültig ist die Preisliste 2022. Im Sinne einer leichteren Lesbarkeit werden geschlechtsspezifische Bezeichnungen überwiegend in männlicher Form verwendet. moments ● CHEFINFO ● WEEKEND MAGAZIN ● Corporate Publishing CHEFINFO IST EIN PRODUKT IM Kein Weg ist ihnen zu steinig Österreichische Tunnelbauunternehmen und Mineure gehören zu den Besten der Welt. Vergesst den Anstand nicht! Christoph Leitl im Unruhestand: Im Interview spricht er über Anstand in der Politik. Kalt gewaxt Ein Linzer Startup katapultierte sich mit Kaltwachsstreifen für Augenbrauen an die Weltspitze. Kreative Intelligenz KI Marketer Michael Katzlberger ist überzeugt: KI wird auch die Marketing-Welt verändern. 24 30 34 40 Wirtschaft Note 5 bei Finanzbildung Bildungsforscher Georg Hans Neuweg ist besorgt über das Finanzwissen der Schüler. Porsche an die Börse VW verkauft Anteile des Sportwagenherstellers – einer der größten Börsengänge Europas. Werden Immobilien unleistbar? Ein Eigenheim rückt für viele wegen der neuen Eigenkapitalquote in weite Ferne. 48 53 54 72 60 64 68 Yoga in der Mittagspause Entspannen in der Arbeit: Viele Unternehmen setzen auf Business Yoga für ihre Mitarbeiter. Aus der HTL in den Job Fokus MINT-Fächer: Die angehenden Ingenieure werden bereits in der Schulzeit heiß umworben. Bildung beginnt mit Neugierde Unternehmen aller Branchen setzen auf interne Weiterbildung ihrer Fach- und Führungskräfte. Der Messe-Branche geht’s gut Die Buchungslage hat sich nach der Pandemie erholt. Jetzt drohen allerdings Preiserhöhungen. 24 54 Inhalt Finanzen Bildung 64 72 Wer will heute noch Chef werden? Selbstverwirklichung statt Chefsessel, Familie statt Hamsterrad – die Nachwuchsgeneration stellt die Karriere nicht mehr über alles. 14 Coverstory Gesundheit 60 FOTOS: KOYA79 / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS, SWIETELSKY, PEXELS, JACOBLUND / MICHAEL BURRELL / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS, FIZKES/ISTOCK/GETTY IMAGES PLUS, DREHWERK, ATOMPRODUCTIONS Lifestyle 82 Dress for Success Der erste Eindruck zählt – im Privaten wie im Business. Stilsichere Tipps für den erfolgreichen Auftritt. COVERFOTOS: KOYA79 / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS, JKU, ROBERT ALEXANDER HERBST, DREHWERK OG, ATOMPRODUCTIONS

FOTOS: SKF ÖSTERREICH, EUROPEAN PARLIAMENT FROM EU, UK GOVERNMENT, SANDRO HALANK, WIKIMEDIA COMMONS, MICHAEL VADON, HELMUT FOHRINGER / APA / PICTUREDESK.COM FOTOS: SPORT 2000 ÖSTERREICH, IBM, MICROSOFT, TWITTER 7/2022 | CHEFINFO | 7 6 | CHEFINFO | 7/2022 Radar 100 Jahre SKF Österreich mit rauschendem Fest Robert Zeillinger, Vorstand der SKF Österreich, begrüßte Wirtschafts-Landesrat Markus Achleitner, BMW-Steyr-Chef Alexander Susanek, Steyrs Bürgermeister Markus Vogl, Stadträtin Evelyn Kattnigg, FH-OÖProfessor Heimo Losbichler, die Steyrer Tourismus-Chefin Eva Pötzl, Ennstal-Classic-Organisator Gerhard Nell und weitere 3.500 Besucher zum „Tag der offenen Tür“. Sie alle erlebten hautnah die Produktion, lernten SKF als attraktiven Arbeitgeber kennen und tauschten sich aus. Christine Lagarde (66) Zinsschrittmacherin Spät, aber doch: Die EZB-Präsidentin hebt die Leitzinsen erstmals in der Geschichte der Notenbank um 0,75 Prozent an. Robert Habeck (53) Wirtschaftsschwurbler „Bäcker sollen wegen hoher Energiepreise vorübergehend schließen“: Deutschem Minister fehlt Bodenhaftung zur Realwirtschaft. Mary Elizabeth „Liz“ Truss (47) Hoffnungsträgerin Sie tritt die Nachfolge von Boris Johnson als englische Premierministerin an. Zollen wir ihr Vorschusslorbeeren. Steve Bannon (68) Trump-Flüsterer Der Vertraute und Günstling Donald Trumps wurde erneut angeklagt: 15 Millionen US-Dollar an Spenden wurden gewaschen und veruntreut. TOP DOWN Die weibliche Intuition Das männliche Ego Gerhard Roiss, EX-CEO OMV im Untersuchungsausschuss „Die OMV hat keine Krisenversorgungsstrategie bei Gas, was wir jetzt schmerzlich spüren.“ Dahingesagt Woran arbeiten Sie gerade? Holger Schwarting prognostiziert mit SPORT 2000 Wachstum im In- und Ausland. Die Händler profitieren von den Trends Gesundheit und Sport, erfahren aber Kaufverluste durch Lieferengpässe und die globalen Geschehnisse. Dennoch rechnet SPORT 2000 Österreich inklusive Tschechien und der Slowakei mit einem Umsatzplus von neun Prozent, das einem Umsatz von 700 Millionen Euro entspricht. Die Ausrichtung des Sporthändlers geht klar in Richtung Digitalisierung, Omnichannel, Spezialisierung und Beratung. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, wurde eine eigene Sportgeräte-Lehre ins Leben gerufen. Auch rund um E-Mobilität sieht man große Chancen. ZAHL Quelle: Nationales Statistikamt Ankara Prozent. Die Inflationsrate in der Türkei steigt weiter. Die schwache Lira, Lieferprobleme und Energie- teuerungen sind starke Treiber. Best of … 80 Nachgefragt Mit Kresse zum Sieg Der CHEFINFO-Gastkommentar zur bevorstehenden Bundespräsidentenwahl. Ein Möchtegern-Volksanwalt, ein militanter Impfgegner, ein punkrockender Bierpartei-Arzt, ein Stronach-Günstling, ein Politik-­ Blogger und ein Schuh-Rebell – es ist eine wahrlich bunte und schräge Gesellschaft, die mit dem amtierenden Bundespräsidenten um den Einzug in die Hofburg buhlt. Mit sieben Kandidaten ist die Liste so lang wie nie zuvor – Respekt in Zeiten von Politikverdrossenheit. Wer will sich den Job eines Politikers noch antun in Zeiten der unsozialen Medien, in denen an jeder Ecke der Pranger wartet, wenn man zum falschen Zeitpunkt lacht? Dann offenbar doch lieber das Amt des Bundespräsidenten, der zwar viel abnicken, aber für die Entscheidungen der Minister oder des Kanzlers nicht den Kopf hinhalten muss. Immerhin das höchste Amt im Staat. König der Alpenrepublik wollen sie alle werden. Das kann doch nicht so schwer sein. Das hätte sich sogar Richard Lugner zugetraut. Stress kommt nur auf, wenn die Minister reihenweise ihren Job hinschmeißen und ständig neue angelobt werden müssen. Quotenfrau. Schade, dass sich dieses Mal gar keine Frau demVolk zur Wahl stellt. So hätte man die Wahlbeteiligung, die ohnehin zu wünschen übrig lassen wird, vielleicht ein wenig heben können. Denn welchen der Selbstdarsteller soll frau wählen? Vielleicht konnten ja die VdB-Kressesamen überzeugen. Ihr Anonymus Anonymus Arvind Krishna (60) CEO von IBM Das US-Tech-Unternehmen mit Sitz in New York erwirtschaftete 2021 einen Umsatz von mehr als 57 Milliarden US-Dollar. Krishna leitet seit 2020 die Geschäfte und 280.000 Mitarbeiter. Satya Nadella (55) CEO von Microsoft Der internationale Hard- und Softwareentwickler erlangte im Vorjahr 168 Milliarden US-Dollar und beschäftigt 182.000 Mitarbeiter. Nadella übernahm 2014 die Nachfolge von Steve Ballmer. Parag Agrawal (38) CEO von Twitter Das Nachrichtenportal in San Francisco beschäftigt 7.500 Angestellte und erreichte 2021 fünf Milliarden US-Dollar Umsatz. Der Microblogging-Dienst wird seit 2021 von Agrawal geführt. SOFTWARE Inder, die die Wirtschaftswelt regieren TECHNOLOGIE KOMMUNIKATION

FOTOS: JULIAN STRATENSCHULTE / DPA / PICTUREDESK.COM 8 | CHEFINFO | 7/2022 Anders gedacht von Klaus Schobesberger Chefredakteur Bäcker sollten aufgrund exorbitant gestiegener Strom- und Gaspreise ihren Laden vorübergehend dichtmachen. Niemand müsse deshalb in Insolvenz gehen. Diese Aussage des deutschen Wirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne) sorgte für Empörung im Bäckerhandwerk. „Brot essen wird nicht im Februar nachgeholt“, sagte ein wütender Branchenvertreter der „Bild“-Zeitung. Und es stimmt: Bäckereien sind keine Tourismusbetriebe, die ihr Geld in der Hochsaison verdienen, um die monatlich anfallenden Fixkosten zu bedienen. Sie sind auch keine Startups, die aufgrund ihrer „Wachstumsstory“ jahrelange Anlaufverluste in Kauf nehmen können. Diese Betriebe haben keine Investmentbanker als Investoren an ihrer Seite, sondern arbeiten ohne Sicherheitsnetz. Sie können auch nicht wie die ebenso schwer getroffene Industrie Produktionskapazitäten anpassen oder Werke an Billigstandorte verlagern. Wenn Habeck sagt, diese Betriebe sollen temporär schließen, hat er wenig Ahnung von der realen Wirtschaftswelt. Nerven liegen blank Es geht aber nicht nur um die Bäcker. Wenn Europas beispiellose Energiekrise sich durch Wohlstandszonen zu fressen beginnt, die Existenz von Menschen und Unternehmen gefährdet und sich zu einer ausgewachsenen politischen und wirtschaftlichen Krise entwickelt, dann sollte ein Wirtschaftsminister seine Worte mit Bedacht wählen. Denn nach monatelangen Zwangsschließungen in der Pandemie droht mit dem Energieschock neues Ungemach. Nicht nur bei energieintensiven Betrieben liegen die Nerven blank, auch Stromkonzerne wie die Wien Energie schlittern an den Rand der Zahlungsunfähigkeit und konnten nur durch staatliche Hilfen gerettet werden. Regierungen handeln Was also tun? Die österreichische Bundesregierung antwortet mit einer Strompreisbremse für die Bevölkerung und einem Energiekostenzuschuss für Unternehmen. Ausmaß und Intensität der Krise rechtfertigen eine breite und großzügige Unterstützung. Kurzarbeit und staatliche Kreditlinien für Großbetriebe könnten wieder ins Haus stehen. 450 Milliarden Euro kostet Europa inklusive Großbritannien der Energieschock für den kommenden Winter, um Menschen vor dem Frieren und Betriebe vor der Pleite zu bewahren. Gestritten wird nicht nur darüber, wie das alles bezahlt werden soll – Stichwort „Übergewinne“ – sondern auch, ob es zudem einen neuen Preismechanismus am Strommarkt braucht. Der Übergang zu einem sauberen Energiesystem ist richtig, aber äußerst schmerzhaft. n KRISENMODUS. Der Übergang zu einem sauberen Energiesystem ist richtig, aber äußerst schmerzhaft. Der Bäcker, kleinere Brötchen und die Wucht des Energieschocks Überlassen Sie nichts dem Zufall. Sondern der Zuverlässigkeit. Die Zürcher Kantonalbank Österreich vereint Schweizer Bankexpertise mit persönlicher Beratungsqualität. Überzeugen Sie sich.

FOTOS: PÖTTINGER, HYPO OÖ, HASLINGER / NAGELE, BANNER 7/2022 | CHEFINFO | 11 Wirtschaft Werbeprofi bei HYPO OÖ Rainer Kargel (50) ist ab sofort neuer Leiter des Marketing- und Kommunikationsbereichs der HYPO Oberösterreich. Für seine Kreationen wurde er bereits mehrfach ausgezeichnet. Neuer Rechtsexperte Kaleb Kitzmüller (29) verstärkt als Rechtsanwalt das Team der Kanzlei Haslinger /Nagele. Seine Spezialgebiete: Transaktionen im Energie- und Umweltbereich sowie Immobilien. Pöttinger boomt Den mit Abstand höchsten Umsatz-Zuwachs seiner 150-jährigen Geschichte konnte das Familienunternehmen Pöttinger im abgelaufenen Geschäftsjahr einfahren: Der Umsatz des Unternehmens mit Sitz in Grieskirchen stieg um 25 Prozent auf 506 Millionen Euro, was einer Zunahme von 101 Mio. Euro entspricht. Auch die hohe Exportquote von 91 Prozent freut die Geschäftsführer (v. l.) Wolfgang Moser, Gregor Dietachmayr, Jörg Lechner, Herbert Wagner und Markus Baldinger. Duracell „made by Banner“ Andreas Bawart. Seit fast zehn Jahren produziert und vermarktet Banner Duracell Auto- und Nutzfahrzeugbatterien. Und wird es auch weiterhin: Andreas Bawart, kaufmännischer Geschäftsführer der Banner Gruppe, verkündete kürzlich die Verlängerung der Lizenzvereinbarung. n TECH2B. Rekord-Förderzusage für Startup-Inkubator: Fast 4 Mio. Euro werden tech2b vom Bund für die kommenden fünf Jahre für die Unterstützungsarbeit für Oberösterreichs Startup-Szene zur Verfügung gestellt, teilte Wirtschafts-Landesrat Markus Achleitner mit. Dass ein Whiskyproduzent aus dem oberösterreichischen Mühlviertel auch edlen Rum produziert, ist nicht alltäglich. Wir machen das. Für den RuMonkey wird feinstes Zuckerrohr aus karibischer Herkunft in echter Handarbeit und in höchster Vollendung schonend destilliert. Ein siebenjähriger Reifungsprozess in vorbelegten Whiskyfässern verleiht ihm über die Jahre seine fein strukturierte Komplexität. Das Ergebnis ist ein subtiler Mix aus exotischen Früchten, begleitet von süßer Vanille und dunkel ge- röstetem Holz. Ein Spiel der Aromen, das auch Experten begeistert. Entspanntes Karibik-Feeling trifft auf traditionelle heimische Brennkunst. KARIBIK-FEELING TRIFFT AUF MÜHLVIERTLER BRENNKUNST www.peter-affenzeller.at

FOTOS: EMPORIA, DAVID KATOULY / CITYFOTO, HERMANN WAKOLBINGER, MILESTONES IN COMMUNICATION FOTOS: BANGERL, HM-WERBUNG, TOP-OPTIK, BIOHORT, TEUFELBERGER 7/2022 | CHEFINFO | 13 12 | CHEFINFO | 7/2022 Innovation für Radfahrer aus dem Hause Biohort Biohort mit Sitz in Neufelden ist bei der Produktion von Gerätehäusern, Boxen und Pflanzbeeten aus Metall Marktführer in Europa. Das Unternehmen präsentierte jetzt eine Innovation: den BikeLift. Er ermöglicht es, unterschiedlichste Fahrräder ohne jeglichen Kraftaufwand vertikal die Wand hinaufzuziehen und so zu verstauen. Branchen Technik, die beim Helfen hilft Österreichs SOS-Kinderdörfer sparen jetzt pro Jahr 25 Millionen Liter Wasser, eine Million kWh Energie und 220.000 Euro Betriebskosten. Im Rahmen einer Spendenaktion wurden sie mit dem Ecoturbino Wasser- und Energiesparsystem ausgestattet. Karin Meier-Martetschläger (r.) und Ulrike Rabmer-Koller, Geschäftsführerin der Rabmer Gruppe, übergaben diese an den SOS-Kinderdorf-Leiter Gerhard Pohl. emporia Telecom will mit seinen Senioren-Smartphones und -Tablets die nordischen Länder Finnland, Schweden und Norwegen erobern. Kürzlich war der offizielle Start in Helsinki. Mit dem Netzbetreiber Elisa, der europaweit mit Vodafone kooperiert, ist von Anfang an ein starker Partner mit an Bord, freuen sich Emporia-CEO Eveline Pupeter und Country-Manager Heikki Tarvainen. MANAGEMENT & ERFOLG redaktion@chefinfo.at Fokus auf digitale Kommunikation Die PR-Agentur Milestones in Communication verstärkt ihren Fokus auf die digitale Kommunikation und ernennt Michael Lenz, seit vier Jahren als Consultant in der Agentur, zum „Senior Digital Consultant“. Lenz (30) gründete 2016 die E-ScooterSharing-Plattform „goUrban“. Transporter online buchen bellaflora setzt auf eine Kooperation mit dem digitalen Transporter-SharingStartup 123-Transporter. „Unsere Kunden können einfach einen günstigen Transporter direkt vor der Haustür ihrer Filiale mieten“, so bellaflora Geschäftsführer Franz Koll. emporia erobert Digitalisierungshochburg Bewerbungsgespräch in 40 Metern Höhe Außergewöhnliches Recruiting-Event am Ars Electronica Festival in Linz: Das Unternehmen Teufelberger lud am JKU-Campus Jobsuchende zum gegenseitigen Kennenlernen in einer Baumkrone in 40 Metern Höhe ein. Persönlichkeit und Begegnung auf Augenhöhe statt perfekter Lebensläufe: „Wir möchten im Recruiting mutig neue Wege gehen, vor allem auch Quereinsteigern Chancen geben und statt zu jammern einfach kreative Lösungen finden“, so Christian Nörpel, Head of Global Human Resources. GEWERBE & DIENSTLEISTUNG redaktion@chefinfo.at 30 Jahre Durchblick im Mühlviertel Seit 30 Jahren sorgt TOP-OPTIK für den richtigen Durchblick im Mühlviertel. Als das Unternehmen von Erwin und Maria Weglehner sowie Gerald Kaiblinger gegründet wurde, waren sie die ersten Optiker im Mühlviertel, die Brillen offen und nicht in Schubladen präsentierten. Geschäftsführerin Maria Weglehner: „Bei uns gab und gibt es immer schon hochwertige Marken und teure Gläser, aber auch schöne Brillen um wenig Geld.“ Erweiterung zum 25. Geburtstag Der Fertiggaragen-Spezialist Bangerl mit Sitz in Schlüßlberg hat seinen Hauptstandort aufgrund der starken Nachfrage kräftig erweitert. Vor 25 Jahren startete der gebürtige Grieskirchner Johann Bangerl als Ein-Mann-Betrieb mit dem Exklusivvertrieb von Beton-Fertiggaragen in Österreich. Heute beschäftigt er 21 Mitarbeiter an drei Standorten. n SCCH. Mit der strategischen Neuausrichtung des Software Competence Centers Hagenberg SCCH zu einem „Competence Center for Integrated Software- and AI-Systems“ (INTEGRATE) erweitert das SCCH auch sein Management-Board: Bernhard Freudenthaler stieg zum COO auf. n WIFI. Der 3D-Druck gilt als zukunftsträchtige Technologie und wird in Industrie, Medizin und Forschung sowie im Baugewerbe bereits erfolgreich eingesetzt. Das WIFI der Wirtschaftskammer Oberösterreich bietet daher ab Herbst eine kompakte einsemestrige und berufsbegleitende Ausbildung an. n IKEA. Nach Dornbirn und St. Pölten wird mit dem Linzer Standort im Einkaufszentrum Passage das bereits dritte IKEA Planungsstudio in Österreich eröffnet. Das Planungsstudio ist ein Konzept, das sich wesentlich vom klassischen IKEA Einrichtungshaus unterscheidet. n REFURBED. Das Erfolgsmodell des Wiener Scale-­ ups refurbed wird auch für B2B ausgerollt. Heißt: Unternehmen, die Laptops oder Smartphones günstiger und nachhaltiger einkaufen wollen, haben durch das Refurbishen – also das professionelle Generalüberholen – ab jetzt die Möglichkeit dazu.

FOTO: KOYA79 / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS 14 | CHEFINFO | 7/2022 COVERSTORY LEERE CHEFSESSEL. Steuern wir in eine führungslose Zukunft? Haben die jungen Menschen schlichtweg keinen Bock mehr, Verantwortung zu übernehmen? Fakt ist, mit einem exorbitanten Gehalt allein lockt man nur noch wenige in eine Führungsposition. Auch Chefs legen heutzutage Wert auf ein Leben abseits ihres Einsatzes für die Firma. Doch das muss in den Unternehmen erst noch ankommen. TEXT: Jessica Hirthe, Klaus Schobesberger WERWILL HEUTE NOCH CHEFWERDEN? COVERSTORY 7/2022 | CHEFINFO | 15

COVERSTORY FOTO: MARHARYTA MARKO / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS FOTOS: EY, NISERIN / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS 7/2022 | CHEFINFO | 17 16 | CHEFINFO | 7/2022 COVERSTORY hefsein ist ein 24/7-Job. Erreichbar rund um die Uhr, immer eine Antwort auf alle Fragen parat – ganz egal, ob es neun Uhr morgens oder ein Uhr in der Nacht ist. Ehrgeizig, extrovertiert, souverän, über alle Maßen selbstbewusst und schon auch autoritär, eine Respektsperson mit Durchsetzungsvermögen, strategischem Denken und Charisma. Dieses Bild von Führungskräften und Bossen herrscht in der Gesellschaft vor. Ein immer laufendes und dauerlächelndes Duracell-Häschen zu sein, mit einem Mega-Gehalt, aber keine Zeit, um es auszugeben. Darauf haben immer weniger Bock – vor allem die Nachwuchsgeneration nicht. In Zeiten der leer gefischten Personalteiche, in denen um jede Arbeitskraft, um jedes Talent gekämpft wird, wird auch die Suche nach den Alphamännern und -frauen immer schwieriger bis unmöglich. Gleichzeitig gehen ausgerechnet die „Duracell-Bosse“ der Babyboomer-Generation in Rente. Doch die Karriereträume jener, die nachrücken sollen, beinhalten eher Kreativität und Gestaltungsfreiraum statt Hamsterrad, Selbstverwirklichung statt Mega-Gehalt und Zeit für die Familie statt Schufterei. Große Transformation der Arbeitseinstellung „Es hat eine große Transformation der Arbeitseinstellung stattgefunden“, stellt Erich Lehner, Partner und Geschäftsführer von Ernst & Young Österreich sowie Managing Partner von EY Linz, fest. „Die Jungen ticken einfach anders.“ Dass sie keinen Führungswillen zeigen, würde er so nicht unterschreiben, „aber die Tendenz, in der ersten Reihe zu stehen, nimmt ab“. Das beobachtet auch Bertram Klinger, Geschäftsführer der Linzer Recruiting-Agentur Trescon: „Führung C HAMSTERRAD ADE versus Verantwortung – das ist nicht dasselbe. Die Jungen wollen sehr wohl Verantwortung übernehmen, aber nicht zwingend eine Führungsrolle.“ Gründe dafür gibt es laut Lehner und Klinger mehrere: An erster Stelle steht das geflügelte Wort „Work-Life-Balance“, das viele Unternehmer nicht mehr hören können, aber hören müssen, wenn sie nicht bald ohne Führungskräfte dastehen wollen. Führungskräfte wollen keine 60-Stunden-Woche Mit Geld allein lassen sich viele nicht mehr in die Chefetage locken. Headhunter Klinger: „Ich habe nicht selten Kandidaten, die 100.000 Euro plus verdienen und sagen: Ich will zwei Tage Homeoffice proWoche und möchte nur 40 und nicht 60 Stunden pro Woche arbeiten. Auch bei diesem Gehaltslevel kommen diese Work-Life-Balance-Anforderungen immer häufiger. Auch Führungskräfte sagen heute ganz klar: Ich mache nicht mehr alles nur der Karriere wegen.“ Doch damit würden viele Eigentümer oder Entscheidungsträger in Konzernen noch nicht umgehen können. Klinger: „Bei den Mitarbeitern hat man das mittlerweile akzeptiert, bei Führungskräften verlangt man jedoch noch immer einen Übereinsatz.“ Rund 418.000 Führungskräfte gibt es in Österreich laut Sora Institut. Für ein Drittel der Manager sind Überstunden keine Ausnahme, so das Ergebnis des Führungskräfte Monitors: 33 Prozent machen laut eigenen Angaben häufig Überstunden. Der Anteil steigt mit der Anzahl der Mitarbeiter. Damit nicht genug: Ein Drittel berichtet zudem von Zeitdruck, wechselnden Arbeitsabläufen, technischen und organisatorischen Veränderungen, seelisch belastender Arbeit und Unterbrechungen der Freizeit. Teilzeitmanager vor allem für Frauen interessant In den Unternehmen sei laut Erich Lehner ein Umdenken zwingend notwendig, sonst könne man die Jungen nicht halten. „Das hat umwälzende Auswirkungen auf die gesamte Arbeitswelt, Abläufe, Strukturen und Unternehmenskulturen.“ Auch bei EY habe man die Arbeitszeitmodelle angepasst, Workation und Sabbatical sowie Dienstfahrräder eingeführt. Die 4-Tage-Woche werde gerade diskutiert – und auch das Konzept „Teilzeitmanager“: „Wir müssen weg davon, dass eine Führungsposition nur Vollzeit möglich ist.“ Damit Erich Lehner Partner und Geschäftsführer von Ernst & Young Österreich Wir müssen weg davon, dass eine Führungsposition nur Vollzeit möglich ist – dann werden diese auch für mehr Frauen interessant. Ô 33 Prozent der Führungskräfte machen häufig Überstunden. Wie führe ich, ohne anzuschaffen? Leadership will gelernt sein. Heutzutage wollen Führungskräfte keine 60-StundenWoche und nächtlichen Anrufe mehr.

COVERSTORY FOTOS: TRESCON, LIGHTFIELDSTUDIOS / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS FOTO: FOTO WILKE 7/2022 | CHEFINFO | 19 18 | CHEFINFO | 7/2022 COVERSTORY NACHGEFRAGT. Die Führungs- und Unternehmenskulturen müssen sich ändern und den Ansprüchen der Jungen angepasst werden, fordert Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier im CHEFINFO-Interview. CHEFINFO: Es herrscht akuter Fachkräfte- und auch Führungskräftemangel. Junge Bewerber wollen oft nur 30 Stunden pro Woche arbeiten – vor zehn Jahren arbeiteten selbst Praktikanten freiwillig unbezahlt 50 Stunden und mehr. Wie kam es zu dem Change? Bernhard Heinzlmaier: Die Arbeit ist nicht mehr die zentrale Sinnquelle des Lebens. Wir leben zwar in einer arbeitszentrierten Gesellschaft, in der sie nach wie vor quantitativ im Mittelpunkt steht, aber qualitativ gibt es eine Vielzahl von anderen Lebensfeldern, die von Relevanz sind. Man möchte nicht mehr sein ganzes Leben der Arbeit opfern. Die Familie soll nicht nur ein Nebenbei-Ereignis sein, sondern ist ins Zentrum des Lebens gerückt. Sie wurde auch für die Männer aufgewertet. Wollen die jungen Leute von heute zudem immer weniger Verantwortung übernehmen? Heinzlmaier: Sie wollen Verantwortung übernehmen, aber nicht immer. Es gibt zwei Pole, zwischen denen die jungen Leute hin- und herschwanken: Individualismus und Gemeinschaftlichkeit. Von Verantwortung übernehmen kippt es schnell zu „Jetzt geht es mal um mich“. Es wird stark auf die Umweltbedingungen reagiert. Jetzt haben wir die Tendenz, wieder mehr gemeinschaftsorientiert zu sein, weil das in Krisen immer so ist. Wenn sich diese wieder lösen und das Leben wieder einfacher wird, wird es wieder individualistischer. Das Leben einer Führungskraft kann sich auf jeden Fall nicht mehr so abspielen, wie das noch vor 30 Jahren war. Es muss Grenzen haben: Jetzt bin ich mal nicht mehr in der Rolle des Chefs. Die Zeiten, als man rund um die Uhr die Führungskräfte auch um drei Uhr morgens zu Fragen des Geschäftslebens anrufen konnte, sind definitiv vorbei. Die Führungskultur muss man in den Unternehmen neu denken. Ist das schon angekommen in den Unternehmen? Heinzlmaier: Nein, überhaupt nicht. Ich höre bei vielen Diskussionen zu diesem Thema: Ich kann das Wort „WorkLife-Balance“ nicht mehr hören. Das ist auch ein Generationen-Problem. Es wird über kurz oder lang notwendig sein, dass sich die Unternehmenskulturen ändern und sich vor allem den Ansprüchen der höher Gebildeten anpassen. Interessanterweise sind es gerade die Leute aus dem oberen Gesellschaftsdrittel, die sehr viel Wert darauf legen: Familie, ein Leben, das nicht rund um die Arbeit gebaut ist und mehrere Sinnquellen hat. Was müssen Unternehmen also jungen Menschen bieten, damit sie dort arbeiten und auch führen wollen? Heinzlmaier: Unsere letzten Studien haben gezeigt: Ein sicherer Job ist den Leuten vor allem in unsicheren Zeiten sehr wichtig, weil sie Ankerpunkte suchen, um ihre Position stabilisieren zu können. Materielle Fragen rücken auch sehr stark in den Vordergrund gerade in Zeiten der Krise. Und es geht um den respektablen Umgang mit ihrem Leben außerhalb der Arbeit. Vor allem für die höher Gebildeten stellt sich immer wieder die Sinnfrage: Sie wollen etwas machen, was ihren Werten entspricht. Ist die 4-Tage-Woche die Zukunft? Heinzlmaier: Die 4-Tage-Woche ist oft eine Mogelpackung. Ich stehe ihr sehr skeptisch gegenüber, weil wir ohnehin die Tendenz zur Arbeitszeitverdichtung haben: Es muss in kürzerer Zeit immer mehr erledigt werden. Es gibt kaum Leerlauf mehr – Zeiten, in denen sich die Menschen erholen können. Die berühmte gemeinsame 10-Uhr-Kaffeepause gibt es ja gar nicht mehr. Wenn man jetzt die Arbeit auf vier Tage konzentriert, dann stehen die Leute unter einem immensen, gesundheitsschädlichen Druck, denn das Volumen wird ja nicht weniger. Wenn es dann auch noch mit einer Einkommenseinbuße Hand in Hand geht in Zeiten, in denen die Leute jeden Euro brauchen, ist es noch viel weniger eine gute Idee. Junge wollen Verantwotung – aber nicht immer Bernhard Heinzlmaier Vorsitzender des Instituts für Jugendkulturforschung Wien Die Arbeit ist nicht mehr die zentrale Sinnquelle des Lebens. Die Familie ist ins Zentrum gerückt. würden diese natürlich auch für Frauen mit Kindern interessant – ein Potenzial, das bisher nicht ausgeschöpft wird. In den vergangenen fünf Jahren waren laut Gender Leadership Gap 48 Prozent aller Beschäftigten in Österreich Frauen, aber nur 35 Prozent der Führungskräfte. Dieser Wert hat sich in den vergangenen zehn Jahren nicht verändert. Und dieses Ungleichgewicht zieht sich – abgesehen vomUnterrichtswesen – durch alle Branchen. Die typischen Führungskräfte und Manager sind nach wie vor männlich, über 50, haben mindestens Matura und keinen Migrationshintergrund. Diese Gruppe ist zwar nur mit einem Anteil von fünf Prozent in der Erwerbsbevölkerung vertreten, stellt aber 16 Prozent aller Führungskräfte. Dabei ist der Nutzen von Diversität längst bewiesen: Gibt es in den Führungsetagen mehr gemischte Teams, steigt die Wahrscheinlichkeit für überdurchschnittlich hohe Erträge. Dasselbe gilt übrigens für Migranten: Unternehmen mit diversen Belegschaften erzielen bis zu einem Drittel mehr Gewinn als solche, die völlig homogen sind. Manager mögen keine Kontrollfreak-Eigentümer Trotz Mehrarbeit und Übereinsatz sind die Führungskräfte laut dem Arbeitsklima Index zufriedener als Beschäftigte ohne Führungsaufgaben – und zwar nicht nur mit ihrer Bezahlung, sondern vor allem mit ihren Gestaltungsmöglichkeiten, ihrer sozialen Position, ihren Rechten, ihren Weiterbildungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten. Vor allem Gestaltungsfreiheit und Entwicklungsmöglichkeiten sind zwei Argumente, mit denen Headhunter Klinger Kandidaten zum Wechseln animieren kann: „Natürlich muss das Gehalt passen, aber Geld, Position und Aufstiegsmöglichkeiten sind nicht mehr das allein Entscheidende, sondern mindestens genauso die Soft Facts: Wie frei kann ich agieren? Welche Entwicklungsmöglichkeiten habe ich? Kann ich gestalten? Gibt es eine Vision des Eigentümers und klare Ziele?“ Manager könnten Kontrollfreaks als Eigentümer oder Aufsichtsrat gar nicht mehr leiden. „Vergessen wird oft, dass für Führungskräfte wie für alle Mitarbeiter Wertschätzung sehr wichtig ist.“ Derzeit wird Polen nach MINT-Kräften abgegrast Das beginne schon beim Erstkontakt: Auf eine Nachricht via LinkedIn reagieren gefragte Kandidaten längst oft nicht mehr – sie bekommen zu viele davon. Deswegen setzt Trescon im Recruiting auf Direktansprache und das Kontaktieren per Telefon. Das Unternehmen mit Sitz in Linz und Standorten in Wien, St. Pölten und Salzburg besetzt jährlich rund 200 Stellen. Außerdem ist die Personalberatung Teil eines weltweiten Headhunter-Netzwerks. Im gezielten Headhunting geht es um eine sehr viel gezieltere Vorgehensweise als beim Active Sourcing, bei dem hauptsächlich Recherche im Internet, TEILZEIT-CEO Ô Führung versus Verantwortung – das ist nicht dasselbe. Die Jungen wollen sehr wohl Verantwortung übernehmen, aber nicht zwingend eine Führungsrolle. Bertram Klinger Geschäftsführer Trescon

vor allem auf Business- und Jobplattformen betrieben werde. „Wir recherchieren interessante Zielfirmen und suchen dort gezielt nach den Führungskräften und Schlüsselpositionen. So finde ich auch Personen, die kein Online-Profil haben. Wir sehen uns den kompletten Markt an.“ Das klassische Headhunting werde wieder mehr, um die geeigneten Kandidaten auch abseits von Social Media zu finden. Trescon sucht zu 50 Prozent Führungskräfte, die andere Hälfte sind Schlüsselpositionen, also Fachkräfte mit besonderen Kompetenzen. Während die Nachfrage der Unternehmen im Führungskräftebereich seit Jahren konstant hoch sei, sei die nach Schlüsselkräften enorm gestiegen. Hauptsächlich „fische“ man im deutschsprachigen Raum, weil oft die Sprache das limitierende sei. „Wir hatten aber auch schon Besetzungen aus Brasilien oder Indonesien“, so Klinger. Derzeit sucht Trescon in Polen gezielt nach MINTKräften und will sie dafür interessieren, nach Österreich zu kommen. Zeit des autoritären Führungsstils ist vorbei Ein weiterer Punkt, warum auch immer mehr Respekt und teils auch Angst vor dem Sprung auf den Chefsessel herrscht: „Führen wird immer schwieriger. Man hat so viele unterschiedliche Themen und Ansprüche der Mitarbeiter“, weiß auch Klinger. „Das individuelle Führen braucht viel Zeit und Energie.“ In flachen Hierarchien ist die Zeit von autoritären Führungsstilen vorbei. Chefs schaffen also nicht mehr nur an, sondern sollen dafür sorgen, dass die Mitarbeiter die Ziele des Unternehmens verstehen, möglichst motiviert sind und effektiv zusammenarbeiten. Soziale Fähigkeiten sind da ein Muss bis hin zu psychologischen Führungsqualitäten. Wissenschaftler des Imperial College London, der Cornell University und der Harvard University haben für eine Forschungsarbeit Stellenausschreibungen analysiert: In den vergangenen zwei Jahrzehnten wird demnach immer mehr Gewicht auf soziale Fähigkeiten gelegt. Doch so ganz scheint das in österreichischen Unternehmen noch nicht angekommen zu sein. Laut einer Umfrage von Deloitte unter 150 Führungskräften halten zwei Drittel der Befragten beim Recruiting für Spitzenpositionen Führungswillen, breiten Blickwinkel und Entschlossenheit am relevantesten. „Es überrascht nicht, dass die Persönlichkeit der Bewerber eine so große Rolle spielt. Für Spitzenpositionen müssen klare Führungsqualitäten mitgebracht werden“, erklärte Gudrun Heidenreich-Pérez, Director bei Deloitte Österreich, zur Studie. „In einer sich wandelnden Wirtschaft sind Mut zu Innovation und eine gewisse Risikobereitschaft entscheidend für einen langfristigen Erfolg. Doch die heimischen Chefetagen setzen überwiegend auf Sicherheit und klassische Führung.“ Junge wünschen sich einen einfühlsamen Chef Einfühlsamkeit, kommunikative Kompetenz und überlegtes Handeln – das ist das, was sich die 16- bis 29-Jährigen laut einer Umfrage des Instituts für Jugendkulturforschung Wien von ihren Chefs wünschen. Die Zeiten von cholerischen Narzissten, die autoritär bis totalitär eine Abteilung oder Unternehmen führen, ganz egal, wie es den Mitarbeitern geht, sind definitiv vorbei – auch wenn es noch genug solche Exemplare gibt. Kognitive Fähigkeiten, operatives Geschick, Finanz- und Fachwissen – so weit, so gut. Doch beim Thema „Mitarbeiterführung“ fühlen sich viele nicht ausreichend ausgebildet. „Viele Unternehmen haben tolle Akademien und bereiten ihre Führungskräfte gut vor – viele machen es aber auch gar nicht“, bemängelt Klinger. Nicht selten würden Kandidaten sagen: Ich will diese Führungsposition, brauche aber eine entsprechende Zusatzausbildung. Unternehmen bilden ihre Führungskräfte selbst aus Viele Unternehmen setzen seit Langem darauf, ihre Führungskräfte von morgen selbst zu „ziehen“. Teil des Konzepts „Karriere mit Lehre“ bei Hofer ist, dass die Auszubildenden schon während der Lehrzeit erste Führungsaufgaben übernehmen. Besonders engagierte Lehrlinge werden dann in der Hofer Akademie FOTOS: DELOITTE, HOFER, BRIANAJACKSON / STOCK / GETTY IMAGES PLUS 20 | CHEFINFO | 7/2022 COVERSTORY Gudrun Heidenreich-Pérez Director bei Deloitte Österreich Bettina Hauser Leiterin HR-Abteilung Hofer Für Spitzenpositionen müssen klare Führungsqualitäten mitgebracht werden. Allerdings wird das Augenmerk zu sehr auf traditionelle Führungseigen- schaften gelegt. Teil unseres Konzepts ‚Karriere mit Lehre‘ ist es, dass die Auszubildenden schon während der Lehrzeit erste Führungsaufgaben übernehmen. SINNSUCHE & FREIHEIT in der Entwicklung auch von Leadership Skills unterstützt, erklärt die Leiterin der HR-Abteilung Bettina Hauser. „Die BMW Group hat innovative und hochkomplexe Produktions- und Fertigungssysteme, daher legen wir in unserem Werk besonderen Fokus auf die Entwicklung und Förderung von Nachwuchstalenten aus den eigenen Reihen“, sagt Christopher Schuster, Leiter Aus- und Weiterbildung, HRMarketing und Recruiting BMW Group Werk Steyr. Spezielle Programme seien etabliert worden, mit denen man die Führungskräfte von morgen auf die Herausforderungen vorbereite. „Wir setzen schon lange erfolgreich auf die persönliche Entwicklung bestehender Talente.“ Auch das Global Leader Development Programm sei eine Konstante in der Personalbeschaffung. Hierzu betont Schuster: „Dabei ist es uns nicht nur wichtig, die geeignetsten Kandidaten zu finden, sondern auch, auf die individuellen Bedürfnisse der Bewerber einzugehen.“ Denn auch hier bemerkt man: Eine Karriere mit Führungsabsichten sei für „die jüngeren Altersgruppen tendenziell leicht rückläufig“ eine Perspektive. Deswegen sei es „wichtig, eine optimale Work-Life-Integration sowie flexible und gestaltbare Arbeitsbedingungen zu schaffen“. Wer keine Abteilungen hat, braucht keine Abteilungsleiter Auch bei Keba versucht man schon einige Zeit, auf den Trend zum Individualismus einzugehen. Die fixen Abteilungszugehörigkeiten und Hierarchien wurden abgeschafft, „trotzdem gibt es natürlich klare Verantwortlichkeiten“, so Unternehmenssprecherin Katarina Weissengruber. Es ist eine Art Baukastensystem, mit dem die Mitarbeiter ihren Job und ihre Zuständigkeiten ihren Talenten und Interessen entsprechend quasi zusammenbauen. „Genau diese Individualität und Freiheit suchen die Jungen“, ist sie überzeugt. Man baue Leute für Leadership auf, aber nicht in einem klassischen Traineeprogramm. Auf solche setzt man beim Luftfahrtunternehmen FACC sehr wohl und verzeichnet laut Unternehmensangaben eine nach wie vor „sehr gute“ Nachfrage. Keine Spur von Führungsmüdigkeit also? „Unsere Führungskräfte begeistern sich für das Thema ‚Luftfahrt‘ – und legen einen besonderen Stellenwert auf das Thema ‚Nachhaltigkeit‘. Dafür wollen gerade auch junge Führungskräfte gerne Verantwortung übernehmen.“ Hier zieht also offenbar die Arbeit als Sinnquelle. Unternehmen schaffen Active Sourcing nicht mehr Doch wo findet man die geeigneten Kandidaten für die Top-Jobs? Die genannten Unternehmen setzen 35 Prozent der Führungskräfte sind Frauen. COVERSTORY Ô

verstärkt auf Führungskräfte aus den eigenen Reihen. Weniger als die Hälfte der österreichischen Unternehmen hat laut Deloitte-Umfrage einen strategischen Nachfolgeplanungsprozess implementiert. Das erklärt, warum ein knappes Drittel vorwiegend extern besetzt, weitere 46 Prozent zumindest teilweise. Nur 22 Prozent finden ihre Führungspersonen regelmäßig intern. Die Suche nach Arbeit- und erst recht nach Führungskräften ist zeitintensiv und aufwendig und bindet viel Ressourcen der HR-Abteilungen. Kein Wunder, dass laut Deloitte 62 Prozent zumindest manchmal, immerhin 21 Prozent regelmäßig Unterstützung von externen HR-Experten und Headhuntern holen. „Die meisten schaffen es im Tagesgeschäft nicht mehr. Außerdem ist es schwer, Leute zu finden, die Active Sourcing überhaupt machen können und wollen“, sagt Headhunter Bertram Klinger. „Seit Corona haben wir 30 bis 40 Prozent mehr Anfragen.“ Übrigens ist Headhunting nicht nur einThema der freienWirtschaft, sondern auch der Verwaltung – auch in diesem Bereich ist Trescon bereits seit 20 Jahren aktiv, es macht sogar 15 bis 20 Prozent des Geschäfts aus. Eine zusätzliche Herausforderung, die es noch schwerer macht, für den öffentlichen Sektor Leute zu finden: die im Vergleich zu Industrieunternehmen schlechtere Bezahlung. Steigende Grundaggressivität in der Gesellschaft Getoppt von Rampenlicht und Shitstorm-Gefahr, ist Politiker zu sein der wohl undankbarste Job, den sich kaum noch jemand antun will. Dann wohl doch noch lieber Chef. „Politiker ist ein Knochenjob, vor dem ich hohen Respekt habe. In der Wirtschaft gibt es diese persönliche Ausgesetztheit im Zeitalter der unsozialen Medien, wie ich sie nenne, nicht in diesem Ausmaß“, sagt Thomas Hofer. Der Wiener Politikberater sieht in der steigenden Grundaggressivität in der Gesellschaft den Hauptgrund, warum der Führungsnachwuchs in den Parteien ausbleibt. Die ohnehin schon niedrigen Imagewerte des Politikers sind seit der Pandemie noch weiter gesunken. „Dabei braucht es gerade für diesen gesellschaftlich essenziellen und zentralen Beruf die fähigsten Menschen überhaupt, um die aktuellen Krisen halbwegs meistern zu können. Schließlich geht es um nichts weniger als den Zusammenhalt der Gesellschaft und die Zukunft der Demokratie. Dabei reden wir nicht nur von den Spitzenjobs in der Politik, sondern auch von den vielen kleinen politischen Ämtern auf Gemeindeebene, „die für die Systemstabilität enorm wichtig sind“, sagt Hofer. Wer tut sich den Job des Politikers noch an? So lassen sich für das Amt des Bürgermeisters immer schwerer Kandidaten finden – auch weil die Anforderungen heute viel höher sind als früher. Bürgermeister sollten etwas von Raumordnung verstehen, Finanzwissen mitbringen und in puncto Psychologie und Menschenführung halbwegs firm sein. Lokalpolitiker müssen einerseits auf soziale und persönliche Krisen der Bürger vorbereitet sein und andererseits damit rechnen, dass sie schnell zur Zielscheibe und für alles verantwortlich gemacht werden. Inzwischen werden an Politiker immer höhere moralische und ethische Standards angelegt. Für internationale Schlagzeilen sorgte zuletzt etwa die finnische Premierministerin Sanna Marin nach einem Video, in dem die 36-Jährige ausgelassen zu sehen war. Warum darf eine Politikerin nicht tanzen und Party feiern? „Politiker müssen heute ein supercleanes, fast steriles Leben führen. Ein Idealbild, das es so nicht gibt“, sagt Hofer. All diese Trends verstärken die Tendenz, dass weniger Menschen aus anderen Berufen in die Politik wechseln. Dabei sei das notwendiger denn je. Warum Parteipolitik für junge Leute unattraktiv ist Denn es ist ganz und gar nicht der Fall, dass sich die Generation Z, also ab der Jahrtausendwende Geborene, nicht für Politik interessieren würden. Das Gegenteil ist der Fall. Nicht nur zahlreiche Umfragen bestätigen den Trend zum politischen Engagement, sondern auch der Erfolg von Bewegungen wie „Fridays for Future“. Allerdings ist eine klassische Parteikarriere mit der damit verbundenen „Ochsentour“ für die meisten keine Option. „Mitreden darf man erst, wenn man die Hierarchie durchlaufen hat. Parteien schaffen also nicht genug Raum, damit sich Junge dort als selbstwirksam erleben“, sagt der Jugendforscher Simon Schnetzer. Florian Koppler, Landesgeschäftsführer der SPÖ Oberösterreich und selbst erst 35 Jahre alt, bestätigt das: „Junge Menschen haben kein Interesse daran, Plakate aufzustellen. Sie wollen etwas bewegen und sofort mit partizipieren.“ Für Thomas Hofer ist dringender Handlungsbedarf gegeben: „Es gibt in keiner Partei so etwas wie eine Human-Relations-Abteilung. Es gibt kein Management, das sich um Talente kümmert. Parteien müssen beginnen, professionelles Recruiting einzuführen und zu institutionalisieren“. Erste Ansätze in diese Richtung sind bei jener Partei mit den größten Nachwuchssorgen sichtbar: Koppler arbeitet gerade an der Einführung eines neuen Personalentwicklungstools in der SPÖ OÖ, um junge Leute für die Gemeindepolitik zu gewinnen und für die Aufgaben vorzubereiten. n COVERSTORY FOTOS: BMW GROUP WERK STEYR, MARTIN BARRAUD / GETTY IMAGES FOTOS: HEIKKI SAUKKOMAA / LEHTIKUVA / PICTUREDESK.COM, FOTOKERSCHI.AT / APA / PICTUREDESK.COM, H & P PUBLIC AFFAIRS 22 | CHEFINFO | 7/2022 COVERSTORY Darf eine Politikerin nicht feiern? Die finnische Premierministerin Sanna Marin erntete für ein Video, das sie tanzend zeigte, einen Shitstorm. Es ist uns nicht nur wichtig, die geeignetsten Kandidaten zu finden, sondern auch, auf die individuellen Bedürfnisse der Bewerber einzugehen. Parteien müssen beginnen, professionelles Recruiting einzuführen und zu institutionalisieren. Christopher Schuster Leiter Aus- und Weiterbildung BMW Group Werk Steyr Thomas Hofer Politikberater und Autor SANFTE BOSSE Florian Koppler Landesgeschäftsführer SPÖ Junge Menschen haben kein Interesse daran, Plakate aufzustellen. Sie wollen keinen Leerlauf, sondern etwas bewegen und sofort mit partizipieren.

WIRTSCHAFT FOTOS: SWIETELSKY FOTOS: SWIETELSKY, TCS TUNNELING CONSTRUCTION SERVICE GMBH 7/2022 | CHEFINFO | 25 24 | CHEFINFO | 7/2022 WIRTSCHAFT Das „Licht am Ende des Tunnels“ war wohl eine der „Un-Phrasen“ der vergangenen Jahre. Für die heimische Tunnelbau-Branche ist es aber ihr „Way of Life“, und dafür werden sie rund um den Globus geachtet, denn sie zählen zu den Besten. Der Grund für diese „Weltmachtstellung“ hat drei Buchstaben: „NÖT“. Die „Neue Österreichische Tunnelbauweise (NÖT)“ wurde in den 1950ern erfunden und ist bis heute das global am meisten verwendete Verfahren. Die NÖT setzt auf sofortiges Sichern des Ausbruchsbereichs mittels Spritzbeton. Das Gebirge wird so selbst zum mittragenden Element und damit zum Teil des Bauwerks. „Die NÖT wurde immer wieder verfeinert und verbessert, doch ihre Grundprinzipien werden auch heute noch nahezu unverändert angewendet“, erzählt Wolfgang Pacher, Geschäftsführer der Swietelsky Tunnelbau GmbH & Co KG. Für ihn gibt es einen weiteren Grund für die Vormachtstellung österreichischer Baukunst: „Aufgrund unserer Topografie mussten wir immer schon ­ Carl Ritter von Ghega war einer der Pioniere am Semmering. Der Basistunnel wird 2030 fertig. Kein Weg ist ihnen zu steinig TUNNELBAU. Österreichische Tunnelbau-Unternehmen, Hersteller von Spezialmaschinen und nicht zuletzt österreichische Mineure gehören zu den Besten der Welt. CHEFINFO bringt tiefe Einblicke in eine meistens verborgene Branche. TEXT: Jürgen Philipp erfinderisch sein, um von A nach B zu gelangen. Wir haben in Österreich stark wechselhafte Gebirge. Es kann sein, dass die Gegebenheiten bei einer Parallelröhre andere sind als beim daneben verlaufenden Tunnel. Trotz genauer Berechnungen gibt es immer gewisse Unwägbarkeiten, die im Zustand des Gebirges liegen.“ Mineur ist kein Lehrberuf Im Zentrum stehen die Mineure, die – man glaubt es kaum – keine Facharbeiter sind, weil es keinen Lehrberuf gibt. „Das widerspricht sich für mich“, erzählt Peter Reicher, Eigentümer und Geschäftsführer von TCS in Kirchberg bei Mattighofen. „Man ist ein angelernter Arbeiter, der Maschinen bedient, die in die Millionen gehen.“ Und wo es um Leistung geht: „Der beste Vordermann ist nur so gut wie sein Versorger als Hintermann.“ Reicher stellt Personal für Tunnelbaustellen bereit. Rund 300 Spezialisten schickt er zu Projekten in Österreich, Deutschland und der Schweiz. „Viele von ihnen haben bei uns neu angefangen und wurden von unserem Stammpersonal eingelernt.“ Dabei kann er einen speziellen Geist entdecken: „Das zieht sich von der Chefetage bis zum Hilfsarbeiter: Wer einmal im Tunnelbau arbeitet, der bleibt auch dabei. Das ist eine gewisse Philosophie.“ Das bestätigt auch Pacher: „Der wichtigste Part ist das Handwerk und das ist einer der ganz großen Benefits in Österreich. Wir beschäftigen Arbeiter aus den verschiedensten Branchen und Sparten. Sie müssen bereit sein, unter Tage zu arbeiten und mobil sein, weil die Bauprojekte ja einige Jahre dauern.“ Es ist ein eher traditionalistischer, maskulin vorherrschender Menschenschlag. „Die Arbeit ist sehr physisch und daher männlich dominiert. Vor 25 Jahren durfte noch keine Frau in den Tunnel, außer die Tunnelpatin als Stellvertreterin der heiligen Barbara, Schutzpatronin der Bergleute.“ Mittlerweile sind wir aber im 21. Jahrhundert angekommen und die Zahl der Frauen steigt, vor allem im Engineering. Man kann sagen, die Mannschaft am Feld ist männlich, die Coaches und Betreuer werden aber erfreulicherweise immer weiblicher. Nutzungsdauer bis zu 200 Jahre Und es braucht Menschen, die mit viel Hightech das Verhalten des Berges baubegleitend und bereits im Vorfeld messen müssen. „Mit Einsatz modernster Technologien werden kurzfristige Prognosemodelle entwickelt, um das Verhalten des Berges zu verstehen und möglichst gute Voraussagen treffen zu können.“ Probebohrungen geben ebenso Aufschlüsse wie Messpunkte im Spritzbeton. Die Erfahrung der Arbeiter, etwa wie sich das Ô Peter Reicher Inhaber TCS Das zieht sich von der Chef- etage bis zum Hilfsarbeiter. Wer einmal im Tunnelbau arbeitet, der bleibt auch dabei.

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