Chefinfo Magazin 7-22

WIRTSCHAFT FOTOS: SWIETELSKY FOTOS: SWIETELSKY, TCS TUNNELING CONSTRUCTION SERVICE GMBH 7/2022 | CHEFINFO | 25 24 | CHEFINFO | 7/2022 WIRTSCHAFT Das „Licht am Ende des Tunnels“ war wohl eine der „Un-Phrasen“ der vergangenen Jahre. Für die heimische Tunnelbau-Branche ist es aber ihr „Way of Life“, und dafür werden sie rund um den Globus geachtet, denn sie zählen zu den Besten. Der Grund für diese „Weltmachtstellung“ hat drei Buchstaben: „NÖT“. Die „Neue Österreichische Tunnelbauweise (NÖT)“ wurde in den 1950ern erfunden und ist bis heute das global am meisten verwendete Verfahren. Die NÖT setzt auf sofortiges Sichern des Ausbruchsbereichs mittels Spritzbeton. Das Gebirge wird so selbst zum mittragenden Element und damit zum Teil des Bauwerks. „Die NÖT wurde immer wieder verfeinert und verbessert, doch ihre Grundprinzipien werden auch heute noch nahezu unverändert angewendet“, erzählt Wolfgang Pacher, Geschäftsführer der Swietelsky Tunnelbau GmbH & Co KG. Für ihn gibt es einen weiteren Grund für die Vormachtstellung österreichischer Baukunst: „Aufgrund unserer Topografie mussten wir immer schon ­ Carl Ritter von Ghega war einer der Pioniere am Semmering. Der Basistunnel wird 2030 fertig. Kein Weg ist ihnen zu steinig TUNNELBAU. Österreichische Tunnelbau-Unternehmen, Hersteller von Spezialmaschinen und nicht zuletzt österreichische Mineure gehören zu den Besten der Welt. CHEFINFO bringt tiefe Einblicke in eine meistens verborgene Branche. TEXT: Jürgen Philipp erfinderisch sein, um von A nach B zu gelangen. Wir haben in Österreich stark wechselhafte Gebirge. Es kann sein, dass die Gegebenheiten bei einer Parallelröhre andere sind als beim daneben verlaufenden Tunnel. Trotz genauer Berechnungen gibt es immer gewisse Unwägbarkeiten, die im Zustand des Gebirges liegen.“ Mineur ist kein Lehrberuf Im Zentrum stehen die Mineure, die – man glaubt es kaum – keine Facharbeiter sind, weil es keinen Lehrberuf gibt. „Das widerspricht sich für mich“, erzählt Peter Reicher, Eigentümer und Geschäftsführer von TCS in Kirchberg bei Mattighofen. „Man ist ein angelernter Arbeiter, der Maschinen bedient, die in die Millionen gehen.“ Und wo es um Leistung geht: „Der beste Vordermann ist nur so gut wie sein Versorger als Hintermann.“ Reicher stellt Personal für Tunnelbaustellen bereit. Rund 300 Spezialisten schickt er zu Projekten in Österreich, Deutschland und der Schweiz. „Viele von ihnen haben bei uns neu angefangen und wurden von unserem Stammpersonal eingelernt.“ Dabei kann er einen speziellen Geist entdecken: „Das zieht sich von der Chefetage bis zum Hilfsarbeiter: Wer einmal im Tunnelbau arbeitet, der bleibt auch dabei. Das ist eine gewisse Philosophie.“ Das bestätigt auch Pacher: „Der wichtigste Part ist das Handwerk und das ist einer der ganz großen Benefits in Österreich. Wir beschäftigen Arbeiter aus den verschiedensten Branchen und Sparten. Sie müssen bereit sein, unter Tage zu arbeiten und mobil sein, weil die Bauprojekte ja einige Jahre dauern.“ Es ist ein eher traditionalistischer, maskulin vorherrschender Menschenschlag. „Die Arbeit ist sehr physisch und daher männlich dominiert. Vor 25 Jahren durfte noch keine Frau in den Tunnel, außer die Tunnelpatin als Stellvertreterin der heiligen Barbara, Schutzpatronin der Bergleute.“ Mittlerweile sind wir aber im 21. Jahrhundert angekommen und die Zahl der Frauen steigt, vor allem im Engineering. Man kann sagen, die Mannschaft am Feld ist männlich, die Coaches und Betreuer werden aber erfreulicherweise immer weiblicher. Nutzungsdauer bis zu 200 Jahre Und es braucht Menschen, die mit viel Hightech das Verhalten des Berges baubegleitend und bereits im Vorfeld messen müssen. „Mit Einsatz modernster Technologien werden kurzfristige Prognosemodelle entwickelt, um das Verhalten des Berges zu verstehen und möglichst gute Voraussagen treffen zu können.“ Probebohrungen geben ebenso Aufschlüsse wie Messpunkte im Spritzbeton. Die Erfahrung der Arbeiter, etwa wie sich das Ô Peter Reicher Inhaber TCS Das zieht sich von der Chef- etage bis zum Hilfsarbeiter. Wer einmal im Tunnelbau arbeitet, der bleibt auch dabei.

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