Chefinfo Magazin 7-22

COVERSTORY FOTO: MARHARYTA MARKO / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS FOTOS: EY, NISERIN / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS 7/2022 | CHEFINFO | 17 16 | CHEFINFO | 7/2022 COVERSTORY hefsein ist ein 24/7-Job. Erreichbar rund um die Uhr, immer eine Antwort auf alle Fragen parat – ganz egal, ob es neun Uhr morgens oder ein Uhr in der Nacht ist. Ehrgeizig, extrovertiert, souverän, über alle Maßen selbstbewusst und schon auch autoritär, eine Respektsperson mit Durchsetzungsvermögen, strategischem Denken und Charisma. Dieses Bild von Führungskräften und Bossen herrscht in der Gesellschaft vor. Ein immer laufendes und dauerlächelndes Duracell-Häschen zu sein, mit einem Mega-Gehalt, aber keine Zeit, um es auszugeben. Darauf haben immer weniger Bock – vor allem die Nachwuchsgeneration nicht. In Zeiten der leer gefischten Personalteiche, in denen um jede Arbeitskraft, um jedes Talent gekämpft wird, wird auch die Suche nach den Alphamännern und -frauen immer schwieriger bis unmöglich. Gleichzeitig gehen ausgerechnet die „Duracell-Bosse“ der Babyboomer-Generation in Rente. Doch die Karriereträume jener, die nachrücken sollen, beinhalten eher Kreativität und Gestaltungsfreiraum statt Hamsterrad, Selbstverwirklichung statt Mega-Gehalt und Zeit für die Familie statt Schufterei. Große Transformation der Arbeitseinstellung „Es hat eine große Transformation der Arbeitseinstellung stattgefunden“, stellt Erich Lehner, Partner und Geschäftsführer von Ernst & Young Österreich sowie Managing Partner von EY Linz, fest. „Die Jungen ticken einfach anders.“ Dass sie keinen Führungswillen zeigen, würde er so nicht unterschreiben, „aber die Tendenz, in der ersten Reihe zu stehen, nimmt ab“. Das beobachtet auch Bertram Klinger, Geschäftsführer der Linzer Recruiting-Agentur Trescon: „Führung C HAMSTERRAD ADE versus Verantwortung – das ist nicht dasselbe. Die Jungen wollen sehr wohl Verantwortung übernehmen, aber nicht zwingend eine Führungsrolle.“ Gründe dafür gibt es laut Lehner und Klinger mehrere: An erster Stelle steht das geflügelte Wort „Work-Life-Balance“, das viele Unternehmer nicht mehr hören können, aber hören müssen, wenn sie nicht bald ohne Führungskräfte dastehen wollen. Führungskräfte wollen keine 60-Stunden-Woche Mit Geld allein lassen sich viele nicht mehr in die Chefetage locken. Headhunter Klinger: „Ich habe nicht selten Kandidaten, die 100.000 Euro plus verdienen und sagen: Ich will zwei Tage Homeoffice proWoche und möchte nur 40 und nicht 60 Stunden pro Woche arbeiten. Auch bei diesem Gehaltslevel kommen diese Work-Life-Balance-Anforderungen immer häufiger. Auch Führungskräfte sagen heute ganz klar: Ich mache nicht mehr alles nur der Karriere wegen.“ Doch damit würden viele Eigentümer oder Entscheidungsträger in Konzernen noch nicht umgehen können. Klinger: „Bei den Mitarbeitern hat man das mittlerweile akzeptiert, bei Führungskräften verlangt man jedoch noch immer einen Übereinsatz.“ Rund 418.000 Führungskräfte gibt es in Österreich laut Sora Institut. Für ein Drittel der Manager sind Überstunden keine Ausnahme, so das Ergebnis des Führungskräfte Monitors: 33 Prozent machen laut eigenen Angaben häufig Überstunden. Der Anteil steigt mit der Anzahl der Mitarbeiter. Damit nicht genug: Ein Drittel berichtet zudem von Zeitdruck, wechselnden Arbeitsabläufen, technischen und organisatorischen Veränderungen, seelisch belastender Arbeit und Unterbrechungen der Freizeit. Teilzeitmanager vor allem für Frauen interessant In den Unternehmen sei laut Erich Lehner ein Umdenken zwingend notwendig, sonst könne man die Jungen nicht halten. „Das hat umwälzende Auswirkungen auf die gesamte Arbeitswelt, Abläufe, Strukturen und Unternehmenskulturen.“ Auch bei EY habe man die Arbeitszeitmodelle angepasst, Workation und Sabbatical sowie Dienstfahrräder eingeführt. Die 4-Tage-Woche werde gerade diskutiert – und auch das Konzept „Teilzeitmanager“: „Wir müssen weg davon, dass eine Führungsposition nur Vollzeit möglich ist.“ Damit Erich Lehner Partner und Geschäftsführer von Ernst & Young Österreich Wir müssen weg davon, dass eine Führungsposition nur Vollzeit möglich ist – dann werden diese auch für mehr Frauen interessant. Ô 33 Prozent der Führungskräfte machen häufig Überstunden. Wie führe ich, ohne anzuschaffen? Leadership will gelernt sein. Heutzutage wollen Führungskräfte keine 60-StundenWoche und nächtlichen Anrufe mehr.

RkJQdWJsaXNoZXIy NzkxMTUy