Chefinfo Magazin 8-23

DAS MAGAZIN DER FÜHRUNGSKRÄFTE WOLFGANG HATTMANNSDORFER THOMAS RODRIGO BERANEK CHRISTOPH NEUBACHER Aufstieg in die Männerwelt KULTURWANDEL Wie Frauen die Spitzen der Banken erobern OKTOBER 2023 ABRECHNUNG Ex-Conti-Vorstand Thomas Sattelberger über Deutschland SINNSTIFTER GUTES TUN MIT STIFTUNGSGELDERN KLIMAKRISE Chancen und Gefahren des Co2-Speicherns Isabella Lehner Vorständin Oberbank AG OKTOBER 2023/33. JG./NR. 8/2,50 EURO, ÖSTERREICHISCHE POST AG, GZ 02Z031559 M, ZIELGRUPPEN-ZEITUNGSVERLAGS GMBH, ZAMENHOFSTRASSE 9, 4020 LINZ DIGITALISIERUNG LEBENSZYKLUS VON DATEN BEGLEITEN DEMOGRAFIE PFLEGEKRÄFTE DRINGEND GESUCHT INDUSTRIE MITTELSTAND ZIEHT SICH WARM AN

Cyrus Rahmat Tel.: 0732 650350-22 | Mobil: 0664 1006505 | E-Mail: cyra@cyra.at Cyra Immobilien GmbH | Berggasse 23 b | A-4040 Linz | www.cyra.at Neuson Real GmbH Zollamtstraße 7 | A-4020 Linz | Tel. 0732 673500 office@neuson-real.com www.neuson-real.com BERATUNG | VERMITTLUNG | PROJEKTENTWICKLUNG IHRE NEUE IMMOBILIE 2023 PROVISIONSFREI FÜR MIETER Gewerbeobjekt mit 3 Wohnungen und Schwimmbiotop in St. Martin im Mühlkreis zu verkaufen Adresse: Anzing 48, 4113 St Martin im Mühlkreis Halle, Büro, 3 Wohnungen im Obergeschoß, voll unterkellert inkl. Sauna und Wellnessbereich, 20 Parkplätze Hallenfläche: 320 m², Büro: 197 m², 3 Wohnungen: 60 m² + 73 m² + 137 m², Keller: 184 m² Kaufpreis: Auf Anfrage Modernes Gewerbeobjekt und effiziente Bestandshallen in Neufelden zu vermieten Neubau-Gewerbeobjekt mit Halle über 2 Ebenen. Hallenfläche: 4.833 m², Büro: 226 m², 20 Pkw-Stellplätze, Beschickung ebenerdig und über innen liegende Rampe Bestandshallenflächen: 14.400 m², und Büro: 300 m², Beschickung ebenerdig und über innen liegende Rampe, Mietkonditionen auf Anfrage OBJEKT 2 Helle attraktive Büroflächen nach Generalsanierung zu vermieten Adresse: Wahringerstraße, 4030 Linz Größe: 20 m²–2.000 m² Parkplätze: im Innenhof Ausstattung: neue Böden, Trennwände nach Wunsch, Klimaanlage OBJEKT 1 Schwerlasthalle in Top-Gewerbegebiet von Linz zu vermieten Adresse: Wahringerstraße 34, 4030 Linz Größe: 4.170 m², Höhe: 20 Meter, 2 Deckenkräne mit 70/35 Tonnen und 32/12 Tonnen 2 Seitenkräne mit 5 Tonnen Traglast Freilager: 3.120 m² mit 32-Tonnen-Kran Kleinteilelager, Sozialräume, Büroflächen, Parkplätze Mietkonditionen: auf Anfrage Neubauhallenflächen können mieterspezifisch errichtet werden. Größen: 1.500–7.000 m² pro Halle, Höhe: bis 30 Meter Kirchschlag, Neubauprojekt über der Nebelgrenze: Wohnungen für Eigennutzer und Anleger zu verkaufen Größen: 46 m², 64 m², 70 m², 85 m², 92 m² und Penthouse mit 103 m² Alle Wohnungen mit 2 Tiefgaragenplätzen, Terrassen und 3 haben einen Eigengarten. Wunderschöne Aussichtslage und sehr sonnig. Kaufpreise auf Anfrage OBJEKT 5 OBJEKT 3 OBJEKT 4 OBJEKT 3 Attraktive Bürofläche Thalheim b. Wels Lage: Ägydiplatz 3, 4600 Thalheim; Büro: ca. 78 m² (4 Räume + Nebenflächen); Ausstattung: Klima, Qualitätsböden, Lift, Parkplätze etc.; Miete: auf Anfrage; HWB: 46 kWh/m²a, fGEE 0,93 Büroflächen im TECHBASE LINZ – Ein Campus für innovative Unternehmen Lage: Linz Zentrum vis-à-vis Wifi OÖ; Bürofläche: ab 330 m² – je 4.400 m²; Bezug: Ende 2024; MIETERWÜNSCHE können noch berücksichtigt werden! Benefits: Konferenzzentrum, Restaurant, Nahversorger, Kinderbetreuung, Hotel, direkte Anbindung an Straßenbahn, Bus und Autobahn; Miete: auf Anfrage; HWB: 16 kWh/m²a, fGEE: 0,78 Neuwertige Bürofläche Linz Zentrum Lage: Linz, Hafenstraße 35 Mietfläche: ca. 681 m²; Bezug: Ende 2024; hochwertige Ausstattung, Klima, Lift, Parkplätze, gute Verkehrsanbindung – Autobahn, Bus; Miete: auf Anfrage HWB: 23 kWh/m²a, fGEE: 0,61 OBJEKT 2 High Quality – Büroflächen im Techbase Linz Lage: 4020 Linz, Wolfgang-Pauli-Straße 2; Bürofläche: ab 135 m² – 1.635 m²; individuelle Raumaufteilung möglich, Qualitätsausstattung, Klima, Parkplätze, Konferenzzentrum, Nahversorger uvm.; Miete: auf Anfrage; HWB: 86 kWh/m²a, fGEE 1,23 OBJEKT 1 OBJEKT 4 © CHILISCHARF © NICOLE VIKTORIK

8/2023 | CHEFINFO | 5 4 | CHEFINFO | 8/2023 Klaus Schobesberger Chefredakteur Demografische Bombe k.schobesberger@chefinfo.at Historischer Tiefststand in Italien. Gemeint ist nicht der Wasserpegel in der Lagunenstadt Venedig, sondern die Geburtenstatistik. Unseren südlichen Nachbarn gehen die Babys aus. Dass Bevölkerungen schrumpfen und vergreisen, kannten wir bisher nur von Japan, wo jeder zehnte Bürger bereits über 80 ist. Die demografische Bombe tickt aber in allen Industrienationen. Sie gefährdet das Wirtschaftswachstum, da Alte weniger konsumieren und die Jungen am Arbeitsmarkt fehlen. Am dramatischsten sieht man die Auswirkung im Bereich der Altenbetreuung und Altenpflege. Rund 1.300 Betten können in oberösterreichischen Pflegeheimen nicht genutzt werden, weil das Personal fehlt. Mit der Alterung der Gesellschaft steigt die Zahl der zu Pflegenden in Oberösterreich bis 2040 um 45 Prozent an. Lösungen für dieses Dilemma sind nicht in Sicht. Wir haben dem Thema einige Geschichten in diesem Magazin gewidmet. Viel Gewinn beim Lesen dieser Ausgabe wünscht Ihnen Editorial IMPRESSUM: Eigentümer und Medieninhaber: Zielgruppen-Zeitungsverlags GmbH. Redaktionsanschrift: Zamenhofstraße 9, 4020 Linz, Tel.: +43 (0)50 6964-0, E-Mail: redaktion@chefinfo.at. Herausgeber: Peter Lengauer. Geschäftsführung: Mag. Johanna Lengauer, Hans Huber. Chefredaktion: Klaus Schobesberger. Redaktion: Jürgen Philipp Bakk. Komm. MBA, Michael Schwarz BA. Verlagsverkaufsleitung: Christian Schüttengruber. Anzeigen: Mirijam Mayer, Isolde Kainz, Roswitha Lang, Romana Gerard. Artdirector: Thomas Bruckmüller. Artdirector-Stv.: Julia Pargfrieder. Grafik: Vanessa Modandell, Malina Lahner, Rebecca Falmbigl. Bildbearbeitung: Andrea Laban, Frank Garzarolli. Korrektur: Mag. Dorrit Korger. Druck: Radin print d.o.o., Sveta Nedelja, Kroatien. Abo-Hotline: Tel.: 0506964-4091. E-Mail: abo@chefinfo.at. Internet: www.chefinfo.at. Gültig ist die Preisliste 2023. Im Sinne einer leichteren Lesbarkeit werden geschlechtsspezifische Bezeichnungen überwiegend in männlicher Form verwendet. moments ● CHEFINFO ● WEEKEND MAGAZIN ● Corporate Publishing CHEFINFO IST EIN PRODUKT IM SOS Mittelstand Der industrielle Mittelstand ist derzeit mehrfach unter Druck. Unternehmer berichten, wie sie damit umgehen. „Krisen sind heilsam“ Der ehemalige Telekom-Manager Thomas Sattelberger über Work-Life-Balance und deutsche Leistungskultur. Schicksalsfrage Demografie Wolfgang Hattmannsdorfer über Pflegekräftemangel, qualifizierte Zuwanderung und Geburtenrate. 26 32 46 Wirtschaft Sinnstifter Was steckt hinter gemeinnützigen Stiftungen und welchen Impact haben sie? Wie man Immobilien vererbt Warum sich Hausbesitzer schon früh Gedanken über ihren Nachlass machen sollten. 56 68 Alkohol und Psychopharmaka Suchtpräventionsexperte Herbert Baumgartner über Drogenkonsum in Unternehmen. Konjunktur-Seismograf Wie Personaldienstleister auf geänderte Rahmenbedingungen reagieren. 74 78 26 56 74 Inhalt Finanzen Management Zeitenwende bei Banken Immer mehr Frauen erobern die Vorstands-Etagen 14 Coverstory 84 88 92 Tote Technologie Wasserstoff? Kann österreichische Technologie Europas Autoindustrie zu altem Glanz verhelfen? Land am Strome Wie grün ist der 900 Pkw und Lkw umfassende Fuhrpark des Landes Oberösterreich. Vom Erdboden verschluckt Was ist CO₂-Speicherung, welche Bedenken gibt es und wird sie die Energiewende ermöglichen? Mobilität Umwelt 92 84 32 FOTOS: ISMAGILOV, THISSATAN, PEOPLEIMAGES, SOLARSEVEN / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS / WOLFGANG MARIA WEBER COVERFOTOS: SABINE KNEIDINGER PHOTOGRAPHY, ANTONIO BAYER PHOTOGRAPHY, CHRISTINA VERENA KIRSCH, REISSWOLF, MARIA KRATZERT FOTOS: DOMINIC BERCHTOLD, AVL LIST GMBH / PHOTORAIDZ, ISTOCK, GETTY IMAGES PLUS / HERMANN WAKOLBINGER

8/2023 | CHEFINFO | 7 6 | CHEFINFO | 8/2023 Radar Gestrandet in Phuket Keine Lust auf Front. Mehr als 790.000 russische Staatsangehörige kamen in der ersten Hälfte dieses Jahres nach Thailand, zeigen Zahlen der Tourismusbehörde. Ein Anstieg von 1.000 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Phuket, Thailands größte Urlaubsinsel, erlebt einen Ansturm an Langzeittouristen. Russen, in Europa nicht mehr willkommen, ziehen das Strandleben dem Kampf in der Ukraine vor. Im Juli reiste Außenminister Lawrow an, um ein Konsulat zu eröffnen. Notfalls sollen die „Gestrandeten“ per Auslieferung zurück nach Russland. Amsterdam 12 min 50 s Nicht ganz 13 Minuten benötigt man in der holländischen Metropole im Schnitt für zehn Kilometer. Vorbildliche Verkehrsplanung. London 36 min 20 s Kriechgang: In der britischen Millionenstadt verlieren Autofahrer rund 156 Stunden ihres Lebens pro Jahr durch Verkehrsstaus. Oslo 15 min 10 s Die norwegische Hauptstadt ist bekannt für ihre Verkehrswende. Nur E-Autos sollen in die Stadt fahren dürfen. Gutes Öffi-Netz. Mailand 27 min 30 s Gefühlt wird im Morgenverkehr in keiner anderen Stadt mehr gehupt. Wer hier rechtzeitig zur Arbeit will, sollte nicht das Auto nehmen. TOP DOWN In diesen Städten kommt man schnell voran. In diesen Städten herrscht Stau-Chaos. Paul Lendvai, 94 Publizist und Moderator Ich habe das Glück, in Österreich zu leben – auch wenn man sich manchmal ärgern muss. Dahin gesagt Woran arbeiten Sie gerade? Georg Resch, Eigentümer von Resch & Frisch, sieht seine Tiefkühlprodukte als einen Beitrag gegen Food Waste. Rund 157.000 Tonnen Lebensmittel landen jährlich in Österreich im Müll, ein Drittel davon sind Brot und Backwaren. Wer zu Hause nur das bäckt, was täglich benötigt wird, hat am Ende auch weniger zu entsorgen. Tiefkühlbackware für den täglichen Bedarf ist die Erfolgsidee des Unternehmens. Eine Idee, die laut Resch geeignet ist, Food Waste zu vermeiden. Eine aktuelle Kampagne im Herbst macht genau das zum Thema. Seit 2020 kooperiert man auch mit der App „Too Good To Go“. Konsumenten erhalten damit Waren von 23 Resch & Frisch-Filialen zu einem Drittel des Originalpreises. FOTOS: KENDALL WARNER / AP / PICTUREDESK.COM, KARL-FRIEDRICH HOHL, ANDRESR / E+ / GETTY IMAGES ZAHL Quelle: WKO Prozent der in Österreich tätigen Unternehmen haben keine Beschäftigten. Die Zahl der rund 360.000 EPUs ist zuletzt um 3,1 Prozent angestiegen. Den größten Anteil machen die Personenbetreuer aus. Best of 60 Nachgefragt Viel heiße Luft Der CHEFINFO-Gastkommentar über immer mehr irre Anglizismen im Arbeitsalltag. „Willkommen in unserem Meeting, wir werden heute brainstormen, welche Action Points wir in den Workload aufnehmen und wo wir noch deep-diven müssen. Ich sehe hier Challenges in manchen Work Packages, da sollten wir nochmals ein Re-Think machen. Die Deadline ist fix, common sense ist, dass wir die Timeline halten, die Officers werden hier die Engineers unterstützen. Am Ende des Tages werden wir ein neues Product Management und ein Matching im Change Management haben.“ Kommt Ihnen das bekannt vor? Dieser nicht ganz ernst gemeinte Posting-Beitrag ist längst Realsatire in unseren Büros und auf „Business-Plattformen“ wie LinkedIn, wo 90 Prozent heiße Luft gelabert wird. Mein Approach ist, dass endlich Tacheles geredet wird und der Employer-Branding-Schmus in den HR-(Ejtsch-Ar)-Abteilungen pronto abgestellt wird. Dazu müssen wir uns comitten, auch wenn for sure einige Stakeholder im Team drohen, silent zu quitten. Anglizismen sollen im Business-Talk endlich ein No-Go sein. Wir werden zero gechillter, wenn wir bei der Kickoff-Veranstaltung ein cooles Shooting haben oder täglich voten, gendern, supporten oder empowern. Klingt es für manche cringe, wenn ich behaupte, dass die Work-LifeBalance-Dudes einfach nur klassische Obezahrer sind? LOL sagt Ihr Anonymus Anonymus Ingo Penn Hobby-Schafzüchter Der Diplom-Ingenieur und Schafzüchter aus Schleswig-Holstein (D) lehnt 1,5 Mio. Euro für seine drei Hektar Land ab, die der Batteriehersteller Northvolt für sein neues Werk benötigt. Oliver Anthony Protest-Sänger Sein Hit „Rich Men North of Richmond“ stürmte in den USA die Charts und wurde auf YouTube millionenfach aufgerufen. Nach eigenen Angaben schlug er einen Millionenvertrag einer Plattenfirma aus. Grigori Perelman Mathe-Genie Perelman hat das Jahrhundert-Rätsel des Franzosen Henri Poincaré (1854–1912) gelöst und wurde vom US Clay-Institut mit einem Preisgeld von 1 Mio. Dollar ausgezeichnet. Er sagte Nein. LANDVERKAUF Haltung bewahren, statt Millionen kassieren PLATTENDEAL PREISGELD FOTOS: THOMAS RAMSTORFER / FIRST LOOK / PICTUREDESK.COM, MLADEN ANTONOV / AFP / PICTUREDESK.COM, LECHATNOIR / E+ / GETTY IMAGESM FRANCKREPORTER, LEOPATRIZI, DALIU / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS

8 | CHEFINFO | 8/2023 FOTOS: HERMANN WAKOLBINGER / DICKCRAFT / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS Anders gedacht von Klaus Schobesberger Chefredakteur Es sind oft die kleinen Meldungen, die aufhorchen lassen. Vor Kurzem besuchte Jamie Dimon, der legendäre Chef von J.P.Morgan, Berlin und lobte die Deutschen über den Klee für ihre Innovationskraft sowie für die tolle Startup-Kultur der deutschen Metropole. Wann hat man so etwas zuletzt in einem Land gehört, das sich in einer Art Selbstzerfleischungsmodus befindet und wo seit Monaten alles schlechtgeredet wird? Freilich war der Banker nicht extra für diese Aufmunterung nach Berlin gekommen. Er hat die deutschen Privatkunden im Visier und will die Kundenservice-Schwäche der deutschen Bankinstitute für eigenes Wachstum nutzen. Das muss man den amerikanischen Wirtschaftsgrößen lassen: Sie sind freundlich, aber schnörkellos und kommen schnell ins Tun. Sie können Krise. Die knallharte „Bidenomics“-Industriepolitik macht die USA viel erfolgreicher als die Europäer. Mit dem größten Subventionsprogramm seit Jahrzehnten lockt der amerikanische Präsident die Industrie zurück ins Land. Österreich ist nicht „normal“ In Österreich ist die Lage bekanntlich hoffnungslos, aber nicht ernst. Da reisen Andreas Mölzer und der ehemalige außenpolitischen Sprecher der FPÖ, Johannes Hübner, nach Kabul, um mit den Taliban zu verhandeln. Warum, weiß niemand, auch nicht die FPÖ. Da verteidigt der Präsident, nicht der Bundespräsident, sondern jener des Kleingartenverbands, im ORF die undurchsichtigen Grundstückdeals eines SPÖ-Bezirksvorstehers. Und schließlich schaffte es Kanzler Karl Nehammer mit der Aussage in einem heimlich aufgenommenen Videoclip einer Veranstaltung, dass arme Kinder Burger bei McDonald’s essen sollen, für Schlagzeilen. An Unterhaltungspotenzial fehlt es also auch in Zeiten mit hoher Inflation, steigender Arbeitslosigkeit und konjunktureller Abkühlung nicht. Leidensdruck ante portas Interessant war das Gespräch in dieser Ausgabe mit Thomas Sattelberger, dem ehemaligen Vorstands-Manager bei Conti und Telekom. Der für die FDP tätige Politiker ist nicht der Meinung anderer, dass nur der Teufelskreis destruktiver Kritik gestoppt werden müsse und dann alles gut werde. Für Sattelberger ist der Leidensdruck in Deutschland noch nicht groß genug, damit es zu einem Umdenken und einer Handlungsbereitschaft für Reformen kommt. „Krisen sind heilsam, das ist meine tiefe Erfahrung aus der Wirtschaft“, sagt er. Oder wie es Max Frisch formulierte: „Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihm nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.“ n LAGEBERICHT. Wie unterschiedlich Amerikaner, Deutsche und Österreicher mit Krisen umgehen. Krise ist ein produktiver Zustand. Machen wir auch etwas daraus? Projekte einfach, sicher und digital abwickeln. by Projektübersicht Leistungsrückmeldung Chat-Austausch Raumstruktur Personaleinsatzplanung Planverortung Mandantensynchronisation Dokumentation Zeiterfassung Checklisten Funktionen im Überblick Nähere Infos unter www.digithebutler.at oder QR-Code scannen: Daimlerstraße 3 4310 Mauthausen digu digital unlimited GmbH oˆce@digu.at +43 664 833 89 35 www.digu.at

8/2023 | CHEFINFO | 11 FOTOS: KPMG, AUVA, STEINBACHER DÄMMSTOFFE, RYANKING999 / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS Wirtschaft Steuer-Spezialist Bernhard Mechtler. Nach einem Jahrzehnt unter Michael Schlenk wird fortan Mechtler Vorsitzender der Geschäftsleitung bei KPMG sein. Er war bereits Partner im Unternehmen. Gesundheits-Gelehrte Maria Lesterl übernimmt die Leitung der AUVA-Landesstelle Linz. Lesterl hat viel Erfahrung mit dem Gesundheitswesen: Unter anderem war sie Verwaltungsdirektorin im UKH Linz. Kurzarbeit versus Arbeitslosigkeit Die Arbeitslosenquote ist in Oberösterreich vergleichsweise niedrig, aber dennoch um 0,4 Prozent höher als im Vorjahr. Gegenüber der Industriellenvereinigung NÖ erteilte Bundeskanzler Karl Nehammer der Kurzarbeit im August noch eine Absage. Jetzt kommt doch eine Nachfolgeregelung zum Pandemiemodell, um Arbeitslosigkeit zu reduzieren. Minister Martin Kocher prophezeit der Kurzarbeit eine kleine Renaissance. Dämmstoffmarkt schrumpft Roland Hebbel. Für den Vorstand der GDI 2050 ist die schlechte Lage der Bauwirtschaft besorgniserregend. 6 Prozent weniger Dämmstoff wurden letztes Jahr verkauft, dabei würden Sanierungen nicht nur die Branche, sondern auch den Green Deal voranbringen. n GU(U)TER VEREIN. Vor 25 Jahren klagte Urfahr-Umgebung über den Kaufkraftabschwung. Von der WKO wurde daher die Guute Initiative ins Leben gerufen. Heute zählt UrfahrUmgebung mehr als doppelt so viele Betriebe und wesentlich mehr Menschen sind im Bezirk beschäftigt.

8/2023 | CHEFINFO | 13 12 | CHEFINFO | 8/2023 Marketing Leader Thomas Saliger Internet World Austria, Marketing Club Österreich und willhaben zeichneten die besten Marketingprofis aus. Thomas Saliger, Marketingleiter der XXXLutzGruppe wurde für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Unter ihm wurde Lutz zu XXXLutz und die Kampagne mit „Familie Putz“ ersonnen. Mariusz Jan Demner hielt eine Laudatio auf Saliger. Branchen Versicherungs-Doppeljubiläum Gleich zwei Anlässe gab es im Schloss Neupernstein zu feiern. Kremstal Insurance wurde vor 35 Jahren gegründet und die Familie Weichselbaumer versichert bereits seit 75 Jahren. Bei der Veranstaltung konnten über 16.000 Euro für ein Schulprojekt in Nepal, gegründet von Christian Weichselbaumer und vorgestellt von Hari Pokhrel, gesammelt werden. Unter dem Titel „Be part of the future“ lud der Anlagenbauer und europäische Marktführer für industrielle Holzpelletierung Knoblinger kürzlich ein, um Einblicke in die Zukunft des Unternehmens zu geben. Die Geschäftsführung, bestehend aus Alfred Knoblinger, Jürgen Zuser und Erich Knoblinger, bestätigt, dass auch in Zukunft Diversifikation eine Rolle spielen wird. MANAGEMENT & ERFOLG redaktion@chefinfo.at Siemens eröffnet Trainingszentrum Am 13. September wurde das neue Ausbildungszentrum von Siemens in Linz eröffnet. Patricia Neumann, CEO von Siemens Österreich, betonte die Wichtigkeit einer zukunftsorientierten Ausbildung für den Erfolg des Unternehmens. Mitarbeiterrekord bei Fill Fill Maschinenbau aus Gurten stellte im September 26 neue Lehrlinge ein. Damit knackte der Innviertler Betrieb die 1.000er-Marke. Unter anderem die Ausbildungs- und Karrieremöglichkeiten machen Fill zu einem attraktiven Arbeitgeber. Knoblinger blickt in die Zukunft Bergschlössel öffnet seine Pforten Feierlich wurde das Bergschlössel am Froschberg in einem gemeinsamen Festakt von Bürgermeister Klaus Luger an Manuela und Martin Siebermair übergeben. Die Eröffnungsfeier bot die Gelegenheit, die Revitalisierungsarbeiten der letzten Monate Revue passieren zu lassen. Das historische Gebäude soll fortan als zentraler Treffpunkt dienen und Möglichkeiten zur Weiterbildung und Gesundheitsförderung bieten. Gleichzeitig ist es der neue Unternehmenssitz der Winzergenossenschaft DieWein. redaktion@chefinfo.at Liwest verschenkt Klimatickets Der Klimabündnis-Betrieb Liwest übernimmt für seine Mitarbeiter die Kosten für das Klimaticket. Stefan Glintreiter, Geschäftsführer Liwest, betont die Verantwortung, die das Unternehmen im Kampf gegen den Klimawandel trägt. Mehr als ein Viertel der Mitarbeiter nutzt bereits das Angebot. Eine davon ist Julia Kreutner, Mitarbeiterin Software Engineering & Operation. Der neue Hafenpark Am 22. September übergab die Linz AG den neuen Hafenpark an die Bevölkerung. Auf der Dachfläche der neuen Tiefkühl- und Pharmahalle befindet sich eine neue 3.600 Quadratmeter große Freizeitfläche sowie ein 28 Meter hoher Aussichtsturm. Der Park ist Teil des 116-Millionen-Euro-Projekts, welches Logistik und Dienstleistung im Hafen als Schwerpunkt hat. FOTOS: ERIC KRÜGL, LINZ AG, ELISABETH KESSLER/MOMENTUM WIEN, LIWEST KABELMEDIEN FOTOS: CHRISTOPH WEIERMAIR FOTOGRAFIE, FILL MASCHINENBAU, LOTHAR PROKOP, SIEMENS n HOTELLERIE. Eine Studie der CBRE Group zeigt, dass sich der Tourismus in Österreich gut erholt hat und sich dem Vor-Pandemie-Niveau annähert. Die Nächtigungen stiegen in den ersten sieben Monaten um 16, in Wien sogar um 43 Prozent. Seit Jahresbeginn wurden rund 100 Mio. Euro in Hotels investiert. n LEBENSMITTEL. Eine neue Studie der RollAMA ergab, dass die Einkaufsmengen der heimischen Haushalte in der ersten Hälfte des Jahres gegenüber dem Vorjahr um 3,5 Prozent sanken. Jedoch wurde vermehrt zu Tiefkühlprodukten gegriffen. So wurden Fertiggerichte um 13 Prozent häufiger gekauft. n EASYPARK. Immer mehr Menschen kaufen ihre Parkscheine über Apps. Bis 2024 soll Easypark österreichweit das bisherige System „Handyparken“ ablösen. Der europäische Marktführer war bereits bisher in einigen österreichischen Städten verfügbar. Bis Ende des Jahres sollen es 120 Gemeinden werden. n ERRATUM. In der September-Ausgabe der CHEFINFO wurde behauptet, dass dem Medizinstudium der SFU Wien die Zulassung entzogen wurde. Tatsächlich betraf dies nur den Masterstudiengang Humanmedizin. Die Entziehung der Akkreditierung wurde außerdem im Juli durch das BVerwG aufgehoben. GEWERBE & DIENSTLEISTUNGEN

COVERSTORY FOTO: ISMAGILOV / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS 14 | CHEFINFO | 8/2023 8/2023 | CHEFINFO | 15 BANKEN. Auch wenn die Zahlen in den Vorstandsetagen noch bescheiden ausfallen: Gefühlt ist die Zeitenwende da. Viele Geldinstitute fördern den Kulturwandel bewusst und holen Frauen in die Leitungsgremien. CHEFINFO geht der Entwicklung auf den Grund und holt einige neue Top-Managerinnen vor den Vorhang. TEXT: Klaus Schobesberger Frauen in FührungsPosition COVERSTORY

CHEFINFO: Immer mehr Frauen erobern Vorstandsebenen, Sie sind das beste Beispiel dafür. Wie nehmen Sie die Entwicklung wahr? Sigrid Burkowski: Es hat sich in den letzten Jahren einiges getan und in vielen Branchen ist eindeutig ein Nachholeffekt zu bemerken – auch bei den Banken. Mittlerweile werden Frauen in Führungspositionen sichtbarer und immer mehr Unternehmen setzen sich dahingehend konkrete Ziele. Was mir wichtig ist: Ich habe weder meine Karriere dem Familienleben noch die Familie meiner Karriere geopfert, sondern immer versucht, beides in einem ausgewogenen Verhältnis zu halten. Als meine Kinder kleiner waren, habe ich Teilzeit gearbeitet, und ich war dann sehr froh, dass ich mich dann wieder Vollzeit in verantwortungsvollen Stellen weiterentwickeln konnte. Wo hakt’s heute noch? Burkowski: Frauen sind oft zögerlicher, wenn es darum geht, sich etwas zuzutrauen. Plakativ gesprochen: Wenn zehn Kriterien für einen Job zu erfüllen sind und eine Frau kommt nur auf acht, dann denkt sie: Das kann ich nicht. Wenn ein Mann vier Kriterien erfüllt, sagt er: Vier kann ich gut und die anderen sechs lerne ich. Das ist in Wahrheit ein besserer Zugang. Frauen neigen stärker zum Perfektionismus und zur Kontrolle, wenn sie meinen, zu Hause müsse immer alles perfekt in Ordnung sein. Oft geht es auch nur darum, sich als junge Mutter zu entscheiden, ein paar Stunden mehr zu arbeiten. Da hat uns Corona mit dem Homeoffice für die Arbeitswelt eines der wenigen guten Dinge beschert. Man ist heute ein bisschen flexibler und muss nicht täglich lange Anfahrtszeiten ins Unternehmen auf sich nehmen. Dennoch ist es skandalös, wie weit Österreich von einer ganztägigen Kinderbetreuung und einem modernen Schulsystem wie in anderen Ländern weg ist. Meine Schwiegertochter und mein Sohn stehen mit zwei kleinen Kindern zum Teil vor denselben Problemen wie mein Mann und ich vor drei Jahrzehnten. Gesellschaftspolitisch ist da sehr, sehr wenig passiert. Wie viel ist einem als Führungskraft mitgegeben und was kann man sich im Job aneignen? Burkowski: Ich hatte eine Großmutter, die Unternehmerin war, und eine Mutter, die ein Unternehmen geleitet hat. Es war zu Hause nie so, dass die Erwerbsarbeit den Männern vorbehalten war. Wenn eine Arbeit für mich Sinn macht, dann mache ich sie gerne. Genauso wie ich mich meinen Kindern mit Freude gewidmet habe, packe ich beim Job an. Eine gewisse positive Herangehensweise ist einem vielleicht angeboren, aber man kann sich schon gewisse Dinge aneignen. Etwa, nach einem Rückschlag nicht aufzugeben, sondern zu sagen: Jetzt will ich’s erst recht wissen. Führen Frauen anders als Männer? Burkowski: Gute Führung ist in meiner Wahrnehmung geschlechtsunabhängig. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass man spürt, was Mitarbeiter brauchen, damit sie gut arbeiten können, und Rahmenbedingungen dafür schafft. Mitarbeiter brauchen klare Vorgaben und man muss sie fair behandeln. Was Mitarbeiter genauso wenig wie Kinder ertragen, ist Ungerechtigkeit. Frauen sind in der Führung vielleicht ein bisschen weniger eitel als Männer, wo bisweilen das eigene Ego und die Position im Vordergrund stehen. Aber ich glaube auch nicht daran, dass Frauen die besseren Menschen sind. An sich sinnvolle Diskussionen sind teils zu ideologisch geprägt. KARRIERE. Sigrid Burkowski zog am 1. Juli in den Vorstand der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich ein. Die zweifache Mutter ist seit 27 Jahren in der Bank tätig und verantwortet die Bereiche Governance, Compliance, Recht und Nachhaltigkeit. s ist inzwischen unübersehbar: In die Vorstandsetagen heimischer Banken kommt Bewegung. Das Sesselrücken ist nicht nur dem anstehenden Generationswechsel geschuldet, sondern auch einem Kulturwandel in den Geldinstituten selbst: Mehr und mehr Frauen übernehmen Vorstandsmandate von ihren männlichen Vorgängern. Der wohl beachtenswerteste Wechsel in der Führungsriege einer heimischen Bank ging im Mai dieses Jahres über die Bühne, als die erst 36-jährige Isabella Lehner dem Oberbank-Urgestein Josef Weißl nach seinem altersbedingten Ausscheiden in seiner Vorstandsfunktion folgte. Dass so etwas nicht auf Zuruf passiert, schon gar nicht in einer börsennotierten Bank, liegt auf der Hand. Vor fast fünf Jahren lancierte die Oberbank das „Gender Balance Project“ und hat sich damit selbst eine verpflichtende Frauenquote auferlegt. Das Ziel: Im Jahr 2030 will das Geldhaus 40 Prozent weibliche Führungskräfte beschäftigen. Mit aktuell 27 Prozent liege man derzeit gut auf Kurs, um dieses Ziel zu erreichen. Kein Zufall ist auch, dass die Wahl des Aufsichtsrats auf Lehner fiel. Die Oberösterreicherin legte nach ihrem Studium der Wirtschaftswissenschaften eine Blitzkarriere hin. In nur zwölf Jahren schaffte sie es von der Praktikantin in den Vorstand – ein doch ziemlich einmaliger Vorgang für österreichische Verhältnisse. Im Interview mit CHEFINFO erklärt die NeoVorständin, welche Eigenschaften ihr dabei geholfen haben: Eine ordentliche Portion Hartnäckigkeit und eine Fachexpertise, die sie sich über die Jahre vor allem im Digitalbereich angeeignet hat (siehe Seite 22). Mutige, neue Wege gefragt Eine gewisse Beharrlichkeit ist auch Silvia Richter auf ihrem Weg in lichte Höhen der Finanzbranche nicht abzusprechen. Die 53-jährige Bankerin rückte Mitte des Jahres als erste Frau in den Vorstand der Zürcher Kantonalbank Österreich auf – eine 100-prozentige Tochter der Zürcher Kantonalbank mit Sitz in Zürich. Die gebürtige Wienerin ist seit 2015 Teil des Bankhauses und baute das Private Banking in der Bundeshauptstadt erfolgreich auf. Ihre ungewöhnliche Karriere hat bereits mit 17 Jahren in der Hotellerie begonnen, erzählte sie der „Presse“. Dort habe sie den respektvollen Umgang mit Kunden von der Pike auf gelernt. Ihr COVERSTORY 16 | CHEFINFO | 8/2023 8/2023 | CHEFINFO | 17 FOTO: HELMUT FOHRINGER / APA / PICTUREDESK.COM Ô FOTO: HERMANN WAKOLBINGER Frauen sind oft zögerlicher, wenn es darum geht, sich etwas zuzutrauen. Sigrid Burkowski Vorstand Raiffeisenlandesbank OÖ Es ist skandalös, wie weit Österreich von einer ganz- tägigen Kinderbetreuung und einem modernen Schulsystem in anderen Ländern weg ist. Sigrid Burkowski Vorstand Raiffeisenlandesbank OÖ „Gute Führung ist geschlechtsunabhängig“

Wunsch nach Selbstständigkeit, Ungebundenheit und neuen Herausforderungen führte sie mit 24 Jahren als Assistentin zur US-Investmentbank Merrill Lynch, wo sie sich ihre ersten Sporen in der Bankenwelt verdient hat. Die größte Hürde damals für sie: als Frau in dieser Männerwelt der Finanzdienstleister überhaupt ernst genommen zu werden. Abgebracht hat sie das von ihrem Weg nicht, im Gegenteil – es war ein Ansporn. Die nächsten Stationen waren die deutsche Privatbank Sal. Oppenheim und Bank Hottinger, wo sie mit 36 Jahren in den Vorstand eingezogen ist. Richter sieht sich als „Leitwölfin“, die das Tempo vorgibt – das gilt auch in ihrer neuen Funktion als oberste Private Bankerin der Zürcher Kantonalbank, wo der langfristige Vermögenszuwachs der Kunden im Vordergrund steht. Frauenkarrieren: Alles, was Recht ist Aus Rückschlägen lernen und nicht aufgeben, ist auch das Motto von Sigrid Burkowski, die wie Silvia Richter Anfang Juli mit Vorstands-Agenden betraut wurde – und zwar in der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich. Burkowskis Metier ist nicht das Private Banking, sondern das Recht. Die ausgewiesene Expertin in den Bereichen Compliance und Geldwäschebekämpfung ist ein gutes Beispiel dafür, wie Frauen mit Fachwissen und Beharrlichkeit in ihrer Karriere punkten können. In kaum einem anderen Bereich – mit Ausnahme der IT und Digitalisierung – hat es derart große Veränderungen im Bankgeschäft gegeben. Als Burkowski 1996 in der RLB OÖ startete, brachte der europäische Regulator gerade das erste Wertpapieraufsichtsgesetz heraus. Heute füllen die Regularien und Verordnungen ein ganzes Zimmer. Nach der Jahrtausendwende flatterten die ersten Geldwäscheregelungen ins Haus. Banken übernehmen staatliche Aufgaben, die mit ihrem Kerngeschäft nichts mehr zu tun haben. „Wir nehmen viele öffentliche Leistungen inzwischen umsonst wahr“, sagt Burkowski. Banken sitzen an den Konten, kennen die Zahlungsströme, screenen Kunden nach auffälligen Geldbewegungen. Im Zuge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine mussten Banken innerhalb kürzester Zeit elf Sanktionspakete der EU umsetzen. Ein neuer Themenbereich ist die Nachhaltigkeit. Getrieben durch den Green Deal der EU erhalten Banken als Intermediäre eine besondere Rolle in dieser Transformation. Etwa im Bereich der Finanzierungen vor dem Hintergrund der Klimakrise. „Wir müssen künftig bei unseren Krediten sehr viel stärker mögliche Naturkatastrophen berücksichtigen als bisher“, sagt Burkowski. Mit ihrem Aufstieg wurde der Frauenanteil im Vorstand der RLB OÖ verdoppelt. „Es hat sich in den letzten Jahren einiges getan und in vielen Branchen ist eindeutig ein Nachholeffekt zu bemerken – auch bei den Banken“, sagt Burkowski im Interview. „Keine berauschende Entwicklung“ Ein genauerer Blick auf die Zahlen zeigt, dass es in Österreich noch ein weiter Weg zu einer halbwegs ausgeglichenen Balance von Frauen und Männern in Top-Positionen der Finanzbranche ist. „Bei Bank-Vorstandspositionen geht es in Österreich nur langsam voran“, sagt VKBVorständin Maria Steiner. Obwohl insgesamt bei den Belegschaften zwischen den Geschlechtern Ausgewogenheit in den heimischen Bankinstituten herrscht, gibt es bei Führungsfunktionen Aufholbedarf. Laut einer internen Befragung des österreichischen Bankenverbands stieg die Zahl der weiblichen Vorstände von 6 Prozent im Jahr 2010 auf 14 Prozent im Jahr 2022. „Das ist keine berauschende Entwicklung. Andere Länder schneiden deutlich besser ab, allen voran Norwegen, wo die Hälfte 18 | CHEFINFO | 8/2023 COVERSTORY 50 Prozent beträgt der Frauenanteil in den Vorständen der Banken in Norwegen. Sich für eine Top-Position zu entscheiden war immer schon eine Herausforderung, das gilt für Männer und Frauen. Michaela Keplinger-Mitterlehner Gen.-Dir.-Stv. RLB OÖ FOTO: WERNER HARRER Ô CHEFINFO: Frau Steiner, Sie sind seit mehr als zwei Jahren im Vorstand der VKB und in Österreich immer noch eher die Ausnahme als die Regel. Warum ist das so? Maria Steiner: Bei Bank-Vorstandspositionen geht es in Österreich nur langsam voran. Laut einer aktuellen Umfrage vom Bankenverband waren im Jahr 2010 6 Prozent der Vorstände von Aktienbanken weiblich, 2022 waren es 14 Prozent. Das ist keine berauschende Entwicklung. Andere Länder schneiden deutlich besser ab, allen voran Norwegen, wo die Hälfte aller Bankvorstände weiblich ist. Auch in den osteuropäischen Ländern ist das Verhältnis deutlich ausgeglichener. In den Niederlanden beträgt die Frauenquote an der Spitze 40 Prozent, in Großbritannien 36 Prozent, Irland 34 Prozent und Schweden 35 Prozent Es geht auch anders, wie man sieht. Ist das ein gesamtösterreichisches Spezifikum? Steiner: Die Finanzbranche ist auch nur ein Spiegelbild der Gesellschaft. Es ist daher nicht nur eine Frage der Unternehmenskultur – neben anderen Faktoren spielen auch Fragen des vorherrschenden Frauenbilds sowie der Vereinbarkeit von Familie und Beruf in einem Land eine Rolle. Andere Länder sind hier deutlich fortschrittlicher. Dass jene Länder, in denen Ganztagesschulen und der rasche Wiedereinstieg ins Berufsleben selbstverständlich sind, auch höhere Frauenquoten in Spitzenpositionen aufweisen als Länder, wo das nicht der Fall ist, ist wenig überraschend. Österreich liegt bei der flächendeckenden Kinderbetreuung im europäischen Vergleich weit hinten. Für eine Mutter sind diese strukturellen Gegebenheiten wichtig, um möglichst schnell in den Job zurückzukehren. Sind Arbeitgeber im Banken- und Finanzbereich generell attraktiv für Frauen, die beruflich weiterkommen wollen? Steiner: Bei allgemeinen Führungspositionen sieht es besser aus, auch weil proaktiv Initiativen gesetzt werden. Bei der VKB sind 325 Frauen und 223 Männer beschäftigt, im Privatkundenvertrieb verzeichnen wir auf Teamleiter-Ebene einen Führungskräfteanteil bei Frauen von über 50 Prozent. Wir fördern solche Entwicklungen, beispielsweise durch gelebte und aktive Netzwerke sowie Programme und Initiativen. Wir haben eine Kooperation mit einer Krabbelstube in Linz, in der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der VKB ihre Kleinsten anmelden können. Die VKB bietet zahlreiche Arbeitszeitmodelle und eine großzügige Homeoffice-Regelung an. Daran soll es nicht scheitern, um Talente zu gewinnen und den Aufstieg zu fördern – wir tun, was wir können. Dennoch sehen wir, dass Kolleginnen oft interessante Jobangebote ablehnen und in Teilzeit bleiben wollen. Ein jahrelanger Karriereknick, der oft nur sehr schwer aufzuholen ist. Welche Rezepte oder Vorbilder für die Karriere können Sie nennen? Steiner: Generalisierende Aussagen sind schwierig. Jeder muss selbst seinen eigenen Weg finden und gehen. Aber Vorbilder sind wichtig. Es gibt eine Reihe von Kolleginnen in Österreich, die ich nennen könnte. Außerhalb Österreichs finde ich die Biografie von Ana Botin, der Aufsichtsratsvorsitzenden der spanischen Banco Santander, beeindruckend. Sie kommt aus der Gründerfamilie, hat die Expansion der Bank vorangetrieben und zählt heute zu den einflussreichsten Managerinnen Europas. CHANCEN. Maria Steiner ist seit 2021 Risiko- vorständin bei der VKB. Die erfahrene Bankerin sieht die Politik und Unternehmen in puncto Gender Diversity in Österreich gefordert. 8/2023 | CHEFINFO | 19 FOTO: VKB / ERIC KRÜGL Bei Vorstandspositionen hinkt Österreich hinterher und dieser Rückstand verkleinert sich nur langsam. Maria Steiner VKB-Vorstandsdirektorin Skandinavier sind fortschrittlicher

aller Bankvorstände weiblich ist“, sagt Steiner. Ziel des Bankenverbands ist es, den Frauenanteil in den Bankvorständen auf zumindest 20 Prozent zu erhöhen. In Aufsichtsräten sitzen im Schnitt 30 Prozent Frauen, ein ähnlicher Wert wird für die Führungspositionen unterhalb der Vorstandsebene angegeben, die in Österreichs Banken in Frauenhand sind. Und die Quote wirkt doch Eine Stichproben-Untersuchung der Ratingagentur DBRS Morningstar bei 43 europäischen Banken zeigte, dass sich der Frauenanteil in den Aufsichtsräten im Jahr 2021 bei durchschnittlich 37 Prozent einpendelte. Auf Vorstandsebene liegt der Frauenanteil bei 26 Prozent. Das Länderranking führt wenig überraschend Norwegen mit einem Frauenanteil von 50 Prozent an. Auf den hinteren Rängen rangieren Spanien mit 14 Prozent und Deutschland mit 16 Prozent. Nur fünf der 43 Banken haben einen weiblichen CEO, darunter das norwegische Finanzdienstleistungsunternehmen DNB und die Bank of Ireland. Diese Zahlen decken sich in etwa mit einer Studie der Boston Consulting Group aus dem Jahr 2021, wonach der Frauenanteil in den Vorstandsgremien der 50 größten börsennotierten Banken in Europa bei 22 Prozent liegt. Interessantes Phänomen: Je mehr Frauen einen Vorstandsposten in europäischen börsennotierten Konzernen bekleiden, desto geringer ist die Chance für andere Frauen, berufen zu werden. Zwei Frauen schaffen es maximal in die Chefetage, danach ist meist Schluss. Das ist das Ergebnis einer Studie des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Die Autoren haben damit erstmals empirisch einen „Sättigungseffekt“ beim Thema Diversität in europäischen börsennotierten Konzernen nachgewiesen. Die Studie geht davon aus, dass es in Deutschland meist schon „nach einer Frau eine Art Sättigungseffekt gibt“. Das dürfte auch für Österreich zutreffen – zumindest gemessen an den aktuellen Zahlen: Von 188 Vorstandpositionen in heimischen Börsenunternehmen sind nur 17 weiblich besetzt (9 Prozent). Bei Aufsichtsräten herrscht in Österreich wie in Frankreich oder Italien hingegen eine verpflichtende Quote. Hier liegt der Frauenanteil ähnlich hoch wie im Bankenbereich – nämlich bei 29 Prozent. Vorbilder und Systemveränderer Die heimische Finanzbranche glänzt dafür mit Frauen, die Klischees brechen und das System verändert haben. Maria Schaumayer (1931– 2013) bezeichnete sich selbst als „Eisbrecherin“ für Frauen. Die Ökonomin war von 1990 bis 1995 Präsidentin der Oesterreichischen Nationalbank – in dieser Funktion war sie die erste Frau weltweit. Auch in der EZB sitzt mit Christine Lagarde die erste Frau an der Spitze. Als Pionierin in Oberösterreich gilt Michaela Keplinger-Mitterlehner, die seit 2007 im Vorstand der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich sitzt. Davor war die studierte Historikerin und Philosophin Landesdirektorin der Bank Austria für Oberösterreich und Salzburg. „Es war anfangs ungewöhnlich, dass ich in vielen Sitzungen die einzige Frau war, aber man gewöhnte sich auch an diese Rolle und dieses System“, sagt Keplinger-Mitterlehner. Geändert hat sich, dass Frauen heute in vielen Bereichen aktiv gesucht und in Gremien sichtbar gemacht werden. „Sich für eine Top-Position zu entscheiden war immer schon eine Herausforderung, das gilt für Männer und Frauen gleichermaßen.“ Die Managerin ist auch Spartenobfrau der Sparte Bank und Versicherung der Wirtschaftskammer OÖ: „Es ist paradox, dass sich das Präsidium aus drei Frauen und einem Mann zusammensetzt.“ Was auch in Ordnung sei, weil Frauen bei Bildungsabschlüssen im Hochschulbereich inzwischen Männer zahlenmäßig überholt haben. 20 | CHEFINFO | 8/2023 COVERSTORY Es gibt nicht viele Vorstände in der österreichischen Bank- und Finanzbranche mit einem Frauenanteil von 50 Prozent und mehr. Die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich mit Michaela Keplinger-Mitterlehner und Sigrid Burkowski ist ebenso eine Ausnahme wie die Linzer Partner Bank AG mit Sarvenas Enayati und Elham Ettehadieh. Die Privatbank feierte im Vorjahr ihr 30-jähriges Bestehen und bietet mit ihrer Two-WingsStiftung Workshops für Frauen an, um deren Finanzwissen zu erweitern. Einzige Vorstandsvorsitzende im Bankenbereich in Oberösterreich ist Stefanie Christina Huber, die Chefin der Sparkasse Oberösterreich. Den heimischen Sparkassensektor kann man durchaus als Vorreiter in dieser Beziehung bezeichnen. Gerda HolzingerBurgstaller steht seit dem 1. Jänner 2021 als CEO an der Spitze der Erste Bank. Auch zwei andere Finanzinstitute werden von Frauen geführt: die Klagenfurter BKS Bank (mit der Oberbank und der Bank für Tirol und Vorarlberg Teil der 3-Banken-Gruppe) von Herta Stockbauer und die Wüstenrot Group von Susanne-Riess-Hahn. Sie bewegen Milliarden In der internationalen Finanzwelt geben einige Frauen den Ton an. Etwa Citibank-Chefin Jane Fraser, die an der Spitze einer der großen Wall-Street-Banken steht, oder Abigail Johnson. Sie führt seit 2014 die Fondsgesellschaft Fidelity, die knapp 4,2 Billionen US-Dollar verwaltet. In Deutschland machte Christiana Riley von sich reden: Die 45-Jährige war zum Zeitpunkt ihrer Berufung in den Vorstand der Deutschen Bank das jüngste Vorstandsmitglied seit Alfred Herrhausen, der 1970 mit 40 in den Vorstand des Frankfurter Bankhauses einzog. Laut der deutschen Financial Times ist Ana Botín nicht nur die einflussreichste Persönlichkeit der europäischen Finanzwirtschaft, sondern als Aufsichtsratsvorsitzende der Banco Santander auch die mächtigste Managerin Europas. Ihr Weg war von ihrer Familie fast vorgezeichnet: Sie ist die Tochter von Emilio Botín, der frühere Präsident der in Santander beheimateten Bank. Ihre Mutter zählt zu den populärsten Pianistinnen Spaniens. Ana Botín ist Absolventin der Harvard Business School, arbeitete sieben Jahre bei JPMorgan als Managerin und gilt als entscheidungsstark und fleißig. Am Börsenparkett sind zwei Frauen erwähnenswert: zum einen Sharon Bowles. Die studierte Physikerin und Patentanwältin ist im Vorstand der London Stock Exchange (LSE), die zu den zehn größten Handelsplätzen der Welt zählt. Die wohl schillerndste Fondsmanagerin ist Cathie Wood. Die US-amerikanische Ökonomin hat sich mit ihrer 2014 gegründeten Investmentfirma ARK Invest auf Technologieunternehmen spezialisiert. SESSELRÜCKEN. Immer mehr Frauen geben nach und nach in der Banken- und Finanzbranche den Ton an. Eine Auswahl nationaler und internationaler Managerinnen, die mit Zahlen und Charme agieren. Starke Frauen in der Finanzwelt FOTOS: WAKOLBINGER, PARTNERBANK, BRENDAN MCDERMID / REUTERS / PICTUREDESK.COM, VIOLETA SANTOS MOURA / REUTERS / PICTUREDESK.COM 14 Prozent der Vorstände in österreichischen Banken sind weiblich. Ô FOTO: ZÜRCHER KANTONALBANK Stefanie Christina Huber, Vorstandvorsitzende der Sparkasse Oberösterreich Zwei Frauen im Vorstand der Partnerbank: Sarvenas Enayati und Elham Ettehadieh Cathie Wood, Gründerin der US-Investmentfirma ARK Invest Ana Botín, Aufsichtsratsvor- sitzende der Banco Santander Silvia Richter rückte im Juli in den Vorstand der Zürcher Kantonalbank Österreich auf.

COVERSTORY FOTOS: WAKOLBINGER INTERVIEW. Isabella Lehner zog im Mai 2023 als erste Frau in den Vorstand der Oberbank ein. Im Interview erklärt die 36-jährige Oberösterreicherin, was sie antreibt und wo die Herausforderungen der Digitalisierung liegen. „Es braucht eine Portion Hartnäckigkeit“ KI ist derzeit in aller Munde. Wie sehr beschäftigt Sie das Thema? Lehner: KI wird stark unterstützend bei standardisierten Prozessen zum Einsatz kommen und unseren Arbeitsalltag erleichtern. Wichtig ist: Der Mensch wird trotz aller Automatisierung eine zentrale Bedeutung einnehmen. Bei Finanzierungsthemen möchte man als Bankkunde nicht von einer KI beraten werden, auch wenn im Hintergrund zum Beispiel automatisierte Kontoanlagen laufen. Die Pläne rund um den digitalen Euro der EZB werden gerade heftig diskutiert. Wie sehen Sie das? Lehner: Eine Frage geht in den meisten Diskussionen unter: Welchen Vorteil hat der Endnutzer vom digitalen Euro? Warum sollte er ihn bei seinen Einkäufen nutzen, wo wir doch einen funktionierenden Zahlungsverkehr haben. Das ist eine Frage, die bis jetzt noch unbeantwortet, aus meiner Sicht aber zentral ist. Denn die Entwicklung des digitalen Euro verschlingt viel Geld. Auch wenn Bargeld bei uns hoch im Kurs steht, ist kontaktloses Bezahlen im Aufwind, oder? Lehner: Vor allem seit Corona wird kontaktloses Bezahlen stärker genutzt. Ich habe mir unsere Statistik angesehen: Rund 15 Prozent der Kartenzahlungen passieren bereits mit Smartphone oder Smartwatch. Der Trend wird verstärkt in diese Richtung gehen. Führen Sie als Digitalverantwortliche noch Bargeld mit sich? Lehner: Bargeld habe ich nur für Notfälle bei mir. Aber das trage ich jetzt schon sehr lange mit mir herum. Ich zahle hauptsächlich mit dem Handy und kaum noch mit der Debitkarte. Wie halten Sie den Überblick über Ihre privaten Finanzen? Lehner: Ich habe die Oberbank-App mitentwickelt und nutze natürlich diese Plattform für meine Finanzen. Ich bin täglich mehrfach eingeloggt. Seit Kurzem wurde mit dem Finanzmanager eine neue Funktion hinzugefügt – ein tolles Werkzeug, mit dem man seine Einnahmen und Ausgaben gut im Blick behalten kann. Im Oktober folgt dann noch die Funktion Wertpapier-Order, mit der man über die App simpel Wertpapiere handeln kann. Welche Projekte stehen gerade an? Lehner: Es ist jetzt noch im Anfangsstadium, wird uns aber das nächste Jahr sehr stark beschäftigen: Wir planen, ein neues Business-Banking mit maßgeschneiderten Funktionen für unsere Firmenkunden rauszubringen. Und natürlich geht es auch darum, für unsere Privatkunden das Banking laufend weiter zu modernisieren und ansprechende Self-Services bereitzustellen. n CHEFINFO: Spitzenpositionen im Finanzbereich und „Macht“ werden gerne miteinander verbunden. Können Sie mit dem Begriff etwas anfangen? Isabella Lehner: Meine Position hat für mich weniger etwas mit Macht zu tun als vielmehr mit Verantwortung. Verantwortung dem Unternehmen gegenüber, den Mitarbeitern gegenüber, aber auch unseren Kunden und Aktionären gegenüber. Mich reizt es, etwas bewegen und gestalten zu können. Und wenn ich als Vorbild bewirken kann, dass Frauen auf ihrem Weg ermutigt werden, freut es mich umso mehr. Spannen Sie dafür schon Netzwerke? Lehner: Ich bin dabei – und merke, dass es gar nicht so einfach ist, weil es derzeit gar nicht so viele Frauen in Top-Positionen gibt. Der aktuelle Kulturwandel, in dem sich die Gesellschaft befindet, wird künftig hoffentlich für ein ausgeglicheneres Verhältnis der Geschlechter in den Führungsetagen in Österreich sorgen. Welche Eigenschaften haben Ihnen geholfen auf dem Weg dahin, wo Sie jetzt sind? Lehner: Ich bin gut organisiert und strukturiert, aber wenn ich darüber nachdenke, war ich auch sehr hartnäckig. Die letzten zwölf Jahre lag der Fokus sehr stark im Digitalisierungsbereich, und da braucht es doch eine gute Portion Hartnäckigkeit, damit man mit seinen Themen durchkommt und Projekte oder Produktentwicklungen vorantreibt. Schließlich zählt mit Sicherheit auch das Know-how, das ich mir über die Jahre aufgebaut habe. Nur wer Fachexpertise hat, wird auch ernst genommen. Wo liegen die Herausforderungen bei der Digitalisierung? Lehner: Die große Herausforderung sehe ich in der Schnelllebigkeit und in den vielen neuen Technologien. Das Wichtigste ist daher, Mitarbeiter bei dem Thema mitzunehmen. Sie sollen auch befähigt werden, Know-how aufzubauen, und verstehen, welcher Zweck mit der Digitalisierung verfolgt und welcher Mehrwert damit verbunden ist. Nur so können wir auch unsere Kunden ins Boot holen. Schließlich zählt auch das Knowhow. Nur wer Fachexpertise hat, wird auch ernst genommen. Isabella Lehner Vorständin Oberbank AG für Organisation, Digitalisierung und Nachhaltigkeit Bargeld habe ich nur für Notfälle bei mir. Ich zahle hauptsächlich mit dem Handy. Isabella Lehner Vorständin Oberbank AG für Organisation, Digitalisierung und Nachhaltigkeit FOTO: SABINE KNEIDINGER PHOTOGRAPHY Meine Position hat für mich weniger etwas mit Macht zu tun als vielmehr mit Verantwortung. Isabella Lehner Vorständin Oberbank AG für Organisation, Digitalisierung und Nachhaltigkeit Klaus Schobesberger im Gespräch mit Isabella Lehner

24 | CHEFINFO | 8/2023 WIRTSCHAFT Fritz Pesendorfer, Geschäftsführer von INOCON, könnte zufrieden sein. Zwei große Projekte in den USA sind gebucht, die Lieferketten funktionieren wieder, die Personalsituation entspannt sich langsam, und auch die Preise für Stahl sanken von 2.000 Euro während der Pandemie auf aktuell 800 Euro (vor der Pandemie: 460 Euro). Und dennoch gibt es zahlreiche Baustellen rund um die aktuelle Wirtschaftslage: „Wir haben zwei Geschäftsfelder. Erstens den Sondermaschinenbau und die Automatisierungstechnik und zweitens die Fördertechnik samt MUT Stockerau. In beiden Feldern hat die Konjunktur abgekühlt, vor allem beim Bau, viele Projekte haben sich mehr in Richtung Fördertechnik verschoben.“ Pesendorfer sieht Europa auf der Bremse stehen. „Die großen Player sind vorsichtiger, viele Projekte sind on hold. In den USA ist die Konjunktur weit besser.“ Deutschland bremst die EU-Konjunktur Oberbremser ist Deutschland. „Deutschland war immer schon unser wichtigster Markt. In der Autoindustrie, aber auch im Consumerbereich werden Produktneuheiten aufgeschoben. Dort wäre so vieles in die Infrastruktur zu investieren, aber es geht alles in die Rüstung oder in Soziales.“ Das ist auch für Joachim Haindl-Grutsch, Geschäftsführer der IV OÖ, einer der Hauptgründe für gedämpfte Stimmung bei den heimischen produzierenden KMU. „Deutschland ist nicht mehr das industrielle Zugpferd, sondern am Weg, der kranke Mann der EU zu werden. Wenn die letzte große Reform die Agenda 2010 aus dem Jahr 2003 von Herrn Schröder war, sagt das mehr als 1.000 Worte. In den 2010er-Jahren haben sie davon noch profitiert, doch Angela Merkl hat nicht viel gemacht.“ Dabei wäre einiges zu investieren. „Es gibt eine alte Infrastruktur und eine überbürokratisierte und eher schwerfällige Wirtschaft. Und dann ist man noch so unklug, dass man die eigenen Stärkefelder wie die Autoindustrie oder den Maschinenbau massiv unter Druck gesetzt hat.“ Im Gegensatz zu Europa sieht Haindl-Grutsch China und die USA am Drücker. „Sie holen wieder Industrie ins Land, und das wirkt. Europäische Firmen investieren daher stärker in den USA, sie ziehen Wertschöpfung an.“ INDUSTRIELLE KMU. Der industrielle Mittelstand ist derzeit mehrfach unter Druck. Unternehmer berichten, wo der Schuh drückt, wie sie mit der lahmenden deutschen Konjunktur umgehen, warum viele der Probleme hausgemacht sind und sie trotzdem an den Standort glauben. TEXT: Jürgen Philipp Mein Optimismus ist erstmals seit 2008 wieder ein wenig relativiert. Fritz Pesendorfer Geschäftsführer INOCON Fritz Pesendorfer konnte zwei große Aufträge in den USA buchen. Dort steht die Konjunktur am Gaspedal, während sich Europa einbremst. SOS Mittelstand Ô FOTOS: THISSATAN , ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS FOTOS: INOCON

RkJQdWJsaXNoZXIy NzkxMTU1