Chefinfo Magazin 2-23

2/2023 | CHEFINFO | 51 50 | CHEFINFO | 2/2023 Schmied: Mit gezählten 260 Verarbeitungsschritten für eine Brille verfügen wir über eine Wertschöpfungstiefe im eigenen Haus, die den Unterschied zu anderen eben auch ausmacht. Natürlich sind Lohn- und Energiepreise eine Herausforderung im internationalen Wettbewerb. Aber wir automatisieren, weil dieThemenfelder immer komplexer werden. Ich gehöre zu jenen Menschen, die davon überzeugt sind, dass Automatisierung in unserer Volkswirtschaft keine Arbeitsplätze gekostet hat, sie hat sie nur verlagert. Das führt zu höherer Wertschöpfung und größerer Produktivität. Machen 260 Arbeitsschritte wirklich den großen Unterschied aus? Schmied: Zum Glück spürt der Kunde den Unterschied. Bereits mein Großvater hat das Unternehmen auf perfekte Verarbeitungsqualität getrimmt. Am Ende tragen Sie als Brillenträger viele Stunden am Tag ein Produkt im Intimbereich Gesicht, dementsprechend wichtig ist der Tragekomfort. Ihr Großvater Arnold Schmied hat Prominente und Hollywoodstars für die Marke gewonnen. Heute nennt man das Influencer-Marketing. War er damit seiner Zeit voraus? Schmied: Wir sind immer sehr stolz, darauf hinzuweisen, dass dies keine klassischen Product Placements waren. All diese Berühmtheiten haben sich ihre Brillen selbst ausgesucht, das macht es auch viel authentischer. Wir haben uns immer ikonischer Produkte bedient, um auf die Marke und um auf uns aufmerksam zu machen. Das gilt für die Futura-­ Kollektion, die 1973 auf den Markt kam und ein Welterfolg wurde, oder die Titan Minimal Art, die vor 20 Jahren eine Revolution in der gesamten Brillenbranche war und immer noch ist. Mit über 60 Raumfahrtmissionen ist sie eines der bekanntesten ikonischen Produkte in unserem Segment. Lassen sich solche Designerfolge wiederholen? Schmied: Mit über 3.000 Designideen im Jahr schaffen es die besten 100 bis 300 in die Kollektion. Aber um in unserem Selbstverständnis als Marke und Unternehmen innovativ zu sein, sind wir laufend auf der Suche nach Neuigkeiten, die zu uns passen. Im Fertigungsbereich zählt etwa der 3D-Druck mit nachhaltigenMaterialien dazu. Auch die Tatsache, dass wir mit unserer Linsenproduktion Vision Sensation Fassung und Glas aus einer Hand anbieten, ist am Markt noch nicht überall angekommen. Wir waren damit die Ersten und es gibt bereits einige Nachahmer in der Branche. Im Sportbrillenbereich wird das gut angenommen, im Glasbereich noch nicht so erfolgreich, wie wir gerne wären. Aber steter Tropfen höhlt den Stein. Nichts ist bekanntlich so mächtig wie eine gute Idee, deren Zeit gekommen ist. Ist die Datenbrille für Virtual-RealityAnwendungen, wie es Facebook vorschwebt, das nächste große Ding in der Brillenbranche? Schmied: Bei Virtual Reality sehen wir noch nicht so den großen Kundennutzen, den es aber braucht, damit eine Invention zur Innovation wird. Aber wir werden die erste elektrifizierte Brille bringen für unsere Sportmarke evyl eye. Sie ist mit einem Elektrosensor ausgerüstet, der dafür sorgt, dass die Scheibe bei sich ändernden Lichtverhältnissen abdunkelt. Das ist ein starkes Innovations- und Zukunftsthema. FOTO: WAKOLBINGER FOTOS: SILHOUETTE WIRTSCHAFT WELTMARKE. Beim Brillenhersteller Silhouette ist mit Michael Schmied die dritte Generation am Ruder. Er versucht mit alten Werten und neuem Denken, das Unternehmen in die Zukunft zu führen. INTERVIEW: Klaus Schobesberger CHEFINFO: Silhouette ist einer der wenigen rein europäischen Brillenhersteller und die einzige Brillenmarke von Rang, die in Österreich produziert. Ist das für den Käufer relevant? Michael Schmied: Viele Konsumenten reagieren darauf zu Recht immer sensibler. Dabei geht es nicht nur um Qualität, sondern auch umUmweltstandards und die Bedingungen, unter denen produziert wird. Die sind in Asien, wo das Gros unserer Mitbewerber produziert, schlicht andere als bei uns. „Made in Austria“ ist daher einWert, den wir weltweit stärker betonen in unserer LogoKommunikation. Denn man darf nicht vergessen: Österreich hat mit seiner Brillenindustrie einen gewissen Ruf und eine Geschichte. Das könnte man ja noch stärker verankern. Wie soll das gehen? Schmied: Das ist eine meiner spinnerten jungen Visionen. Warum sollen „Österreich“ und „Brille“ nicht zu einem Synonym für Qualität werden wie die Schweizer Uhr? Am Standort Österreich kann man sich nur über Qualität differenzieren. Im Billigwettbewerb zieht man immer den Kürzeren. Deshalb suchen wir ständig die Innovation, den nächsten Qualitätssprung. Das treibt einen an, täglich weiterzumachen. In China wird produziert, weil die Produktionskosten deutlich niedriger sind. Ist verstärkte Automatisierung bei uns die Antwort? Die Schweizer Uhr der Brillenbranche Ô 300 Designs von 3.000 Vorschlägen schaffen es jährlich in die Kollektion. Michael Schmied CEO Silhouette International Wir können uns nur über Qualität differenzieren. Im Billigwettbewerb zieht man immer den Kürzeren. Trotz Automatisierung ist viel Handarbeit bei der Produktion einer Brille notwendig. WIRTSCHAFT

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