Chefinfo Magazin 2-23

THINK BIG D A S M A G A Z I N D E R F Ü H R U N G S K R Ä F T E M Ä R Z 2 0 2 3 ELKE AIGNER PETER GERHOFER ERICH FROMMWALD MÄRZ 2023/ 33. JG. / NR. 2/ 2,50 EURO, ÖSTERREICHISCHE POST AG, GZ 02Z031559 M, ZIELGRUPPEN-ZEITUNGSVERLAGS GMBH, ZAMENHOFSTRASSE 9, 4020 LINZ INTERNET DIE ZUKUNFT DESWWW USA. Warum Amerika immer noch das Land der (fast) unbegrenzten Möglichkeiten ist. GROSSHANDEL SPORTMARKE AUS LINZ STARTET GLOBAL DURCH MENSCHENRECHTE MANAGERIN MIT SOZIALEM GEWISSEN INDUSTRIE ZEMENT AUF NEUEN WEGEN Franz Ratzenberger Geschäftsführer Colop, Wels GMBH-RECHT WANN HAFTEN GESCHÄFTSFÜHRER? Christoph Skopek Geschäftsführer Colop, Wels EXKLUSIV HANS DIETER PÖTSCH IM INTERVIEW

Cyrus Rahmat Tel.: 0732 650350-22 | Mobil: 0664 1006505 | E-Mail: cyra@cyra.at Cyra Immobilien GmbH| Berggasse 23 b | A-4040 Linz | www.cyra.at Neuson Real GmbH Zollamtstraße 7 |A-4020 Linz | Tel. 0732 673500 office@neuson-real.com www.neuson-real.com B E R A T U N G | V E R M I T T L U N G | P R O J E K T E N T W I C K L U N G IHRE NEUE IMMOBILIE 2023 Verkauf eines Top-Logistikstandorts neben Autobahn A1 (Abfahrt Oberwang) Hallenbau bis 30 Meter Höhe zulässig. Es sind bereits einige Logistikfirmen vor Ort. Adresse: 4882 Oberwang, Gewerbestraße Größe Grundstück: 16.000 m² + 3.000 m² Modernes Gewerbeobjekt und effiziente Bestandshallen in Neufelden zu vermieten Neubau-Gewerbeobjekt mit Halle über 2 Ebenen. Hallenfläche: 4.833 m², Büro: 226 m², 20 Pkw-Stellplätze, Beschickung ebenerdig und über innen liegende Rampe Bestandshallenflächen: 14.400 m², und Büro: 300 m², Beschickung ebenerdig und über innen liegende Rampe, Mietkonditionen auf Anfrage OBJEKT 4 P R O V I S I O N S F R E I F Ü R M I E T E R OBJEKT 3 OBJEKT 2 Moderne Gewerbeimmobilie in Ennser Toplage zu vermieten Adresse: Dr.-Theodor-Körner-Straße 4, 4470 Enns Größe Halle: 1.865 m², Höhe: 8,50 Meter Größe Büro: 560 m², 35–50 Pkw-Stellplätze Mietbeginn: 1. März 2023, Mietdauer: 7–10 Jahre HWB: 74 kWh/m²a Mietkonditionen: auf Anfrage OBJEKT 1 Schwerlasthalle in Top-Gewerbegebiet von Linz zu vermieten Adresse: Wahringerstraße 34, 4030 Linz Größe: 4.170 m², Höhe: 20 Meter, 2 Deckenkräne mit 70/35 Tonnen und 32/12 Tonnen 2 Seitenkräne mit 5 Tonnen Traglast Freilager: 3.120 m² mit 32-Tonnen-Kran Kleinteilelager, Sozialräume, Büroflächen, Parkplätze Mietkonditionen: auf Anfrage OBJEKT 5 Moderne Büroflächen mit Lagerhalle am Franzosenhausweg zu vermieten Büro: 1.835 m² – teilbar ab 750 m². Halle: 556 m². Parkplätze: 48 Mietkonditionen: auf Anfrage Ein Campus für innovative Unternehmen Bauteil 1 Lage: Linz Zentrum, vis-à-vis Wifi OÖ Letzte freie Bürofläche: ca. 1.600 m² (teilbar) Bezug 4. Q. 2023, klimatisiert, High-End-Ausstattung, Tiefgarage, MIETERWÜNSCHE werden berücksichtigt! Benefits: Konferenzzentrum, Restaurant, Nahversorger, Kinderbetreuung, Hotel, Anbindung an Straßenbahn, Bus und Autobahn Miete auf Anfrage, HWB: 86 kWh/m²a, fGEE: 1,23 Ein Campus für innovative Unternehmen Bauteil 4 Lage: Linz Zentrum, vis-à-vis Wifi OÖ Bürofläche: ca. 5.740 m² (teilbar) Bezug 3. Q. 2024, klimatisiert, High-End-Ausstattung, Tiefgarage, MIETERWÜNSCHE werden berücksichtigt! Benefits: Konferenzzentrum, Restaurant, Nahversorger, Kinderbetreuung, Hotel, Anbindung an Straßenbahn, Bus und Autobahn Miete auf Anfrage, HWB: 20 kWh/m²a, fGEE:0,81 Ein Campus für innovative Unternehmen Bauteil 3 Lage: Linz Zentrum, vis-à-vis Wifi OÖ Bürofläche: ca. 5.860 m² (teilbar) Bezug 3. Q. 2024, klimatisiert, High-End-Ausstattung, Tiefgarage, MIETERWÜNSCHE werden berücksichtigt! Benefits: Konferenzzentrum, Restaurant, Nahversorger, Kinderbetreuung, Hotel, Anbindung an Straßenbahn, Bus und Autobahn Miete auf Anfrage, HWB: 18 kWh/m²a, fGEE: 0,73 Attraktive Bürofläche Linz Stadt Lage: 4020 Linz, Raimundstraße Mietfläche: ca. 900 m², Ausstattung: Klima, Qualitätsböden, Lift, Parkplätze, etc. Großraum- oder Einzelbüros – Innenausbau nach Wunsch! Bus und Straßenbahn fußläufig erreichbar Miete: auf Anfrage HWB: 88 kWh/m²a, fGEE 0,93 TECHBASE LINZ TECHBASE LINZ TECHBASE LINZ OBJEKT 1 OBJEKT 2 OBJEKT 3 OBJEKT 4

ERLEBNISъ & GENUSSWELT DER TOP AUSFLUGSTIPP IM MÜHLVIERTEL T auchen Sie ein in die Welt des Whiskys und buchen Sie eine unvergessliche Führung in der Whiskydestillerie von Peter Affenzeller im idyllischen Alberndorf in der Riedmark. Vor Ort erfahren Sie alles über den gesamten Herstellungsprozess vom Getreidefeld bis zum fertig abgefüllten Genuss. Die Destillerie bietet einen umfangreichen Einblick von der Produktion bis hin zum Fasslager, welcher mit allen fünf Sinnen wahrhaft erlebt werden kann. Zum Abschluss der Führung genießen Sie eine Verkostung ausgewählter Spirituosen aus dem Hause Affenzeller. www.peter-affenzeller.at A U F I H R E N B E S U C H F R E U T S I C H

2/2023 | CHEFINFO | 7 6 | CHEFINFO | 2/2023 FOTOS: MLENNY / E+ / GETTY IMAGES, GREBESHKOVMAXIM / VECTOR / KAMISOKA / ANTONIOSOLANO / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS, ERNST KAINERSDORFER, NATALI_MIS / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS, ULLI ENGLEDER COVERFOTOS: HERMANN WAKOLBINGER (2 x), ULLI ENGLEDER, KERSTIN SCHIEFER, MAKSYM KAPLIUK/ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS FOTOS: MUSEUM LIAUNIG, ONEPLUS Exklusivinterview Gespräch mit Hans Dieter Pötsch, VW-Aufsichtsrats-Chef und DHK-Präsident. Vorsprung durch Landtechnik Warum in der Agrartechnikbranche ein Umsatzrekord den nächsten jagt. Weltmarke geht neue Wege Wie Michael Schmied den Brillenhersteller Silhouette in die Zukunft führen will. 36 44 50 Wirtschaft Wann Geschäftsführer haften Rund um die Geschäftsführerhaftung ranken sich viele Mythen und Mysterien. Gute Zeit für Sparer Raiffeisen Wels zieht Bilanz und gibt Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr. 60 64 Science-Fiction für Manager Warum Science-Fiction Unternehmen wichtige Inspiration für die Zukunft geben kann. Soziales Gewissen Die neue Geschäftsführerin von SOS Menschenrechte im Interview über ihre Arbeit. 68 72 36 60 68 Inhalt Finanzen Management Klaus Schobesberger Chefredakteur Industrie im Wandel k.schobesberger@chefinfo.at Die Schlacht um die Deutungshoheit über die Zukunft der Verbrenner und EFuels ist nur ein Nebenschauplatz einer gigantischen Transformation des Industriestandorts. Das wird im Exklusivinterview mit dem gebürtigen Linzer Hans Dieter Pötsch deutlich. Der VWAufsichtsratsvorsitzende und Präsident der Deutschen Handelskammer lässt keine Zweifel offen, dass die Reise im kommenden Jahrzehnt von der Elektromobilität bestimmt sein wird. Ob Bundeskanzler Karl Nehammer sich gegen ein Verbrennerverbot ausspricht und für EFuels Stellung bezieht, wird den zweitgrößten Automobilhersteller kaum daran hindern, den eingeschlagenen Weg, ab 2028 nur noch EFahrzeuge zu produzieren, weiterzugehen. Auch unsere Coverstory über die USA und die Verlockungen ihrer riesigen Marktwirtschaft gibt interessante Einblicke, wie sich die Gewichte in der Weltwirtschaft derzeit verschieben. Wir hoffen, es ist Interessantes für Sie dabei! Viel Gewinn beim Lesen dieser Ausgabe wünscht Ihnen Editorial IMPRESSUM: Eigentümer und Medieninhaber: Zielgruppen-Zeitungsverlags GmbH. Redaktionsanschrift: Zamenhofstraße 9, 4020 Linz, Tel.: +43 (0)50 6964-0, E-Mail: redaktion@chefinfo.at. Herausgeber: Peter Lengauer. Geschäftsführung: Mag. Johanna Lengauer, Hans Huber. Chefredaktion: Klaus Schobesberger. Redaktion: Jürgen Philipp Bakk. Komm. MBA, Nicole Dirnberger. Verlagsverkaufsleitung: Christian Schüttengruber. Anzeigen: Mirijam Mayer, Isolde Kainz, Roswitha Lang, Romana Gerard. Artdirector: Thomas Bruckmüller. Artdirector-Stv.: Cindy Mair. Grafik: Julia Pargfrieder, Julian Kastenhuber, Malina Lahner, Rebecca Falmbigl. Bildbearbeitung: Andrea Laban, Frank Garzarolli. Korrektur: Mag. Dorrit Korger. Druck: Radin print d.o.o., Sveta Nedelja, Kroatien. Abo-Hotline: Tel.: 0506964-4091. E-Mail: abo@chefinfo.at. Internet: www.chefinfo.at. Gültig ist die Preisliste 2023. Im Sinne einer leichteren Lesbarkeit werden geschlechtsspezifische Bezeichnungen überwiegend in männlicher Form verwendet. moments ● CHEFINFO ● WEEKEND MAGAZIN ● Corporate Publishing CHEFINFO IST EIN PRODUKT IM The Sound of Business Warum gerade jetzt die USA für österreichische Unternehmen interessant sind. 18 Coverstory 76 85 90 Die Zukunft des Internets Vor 30 Jahren wurde die kommerzielle und private Nutzung des Internets freigegeben. Im Osten viel Neues Der Mobile World Congress 2023 in Barcelona gab Einblicke in die Zukunft unserer Smartphones. Boom der Privatmuseen Manche Objekte und deren Sammlungen spielen in der internationalen Oberliga mit. IT & more Lifestyle 90 85 B l Elke Aigner SOS Menschenrechte 72

2/2023 | CHEFINFO | 9 8 | CHEFINFO | 2/2023 Abwarten. Was wie ein Lifestylefoto eines gelangweilten Jugendlichen wirkt, der mit Blumen in der Hand auf seine Freundin wartet, ist Kriegsalltag im 21. Jahrhundert mitten in Europa. Zu sehen sind Menschen in der ukrainischen Hauptstadt Kiew, die während eines russischen Luftangriffs am 9. März in einer U-Bahn-Station Schutz suchen. FOTO: REUTERS/ALINA YARYSH TPX IMAGES OF THE DAY Foto des Monats

2/2023 | CHEFINFO | 11 10 | CHEFINFO | 2/2023 FOTOS: HOFMANN PERSONAL, DAVID LEVENE / EYEVINE / TOLGA AKMEN / MLADEN ANTONOV / AFP / PICTUREDESK.COM, PHOTOART23D, ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS FOTOS: WAKOLBINGER, WKO/KATHARINA SCHIFFL / OTS / APA PICTUREDES.COM, VANREEEL / ALEXSL / IGOR ILNITCKII / REP0RTER / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS Radar Modernste Sortieranlage für Leichtverpackungen Kunststoffrecycling. Anfang März kam es zum Spatenstich zur Errichtung der modernsten Sortieranlage Europas im Ennshafen. Gigantische 100.000 Tonnen Leichtverpackungen und damit 50 % des gesamten Bedarfs Österreichs sollen ab Anfang 2024 für die Wiederverarbeitung hochqualitativ aufbereitet werden. Dahinter steht eine Partnerschaft aus ARA, Bernegger und Der Grüne Punkt. Mit der Anlage wird bis 2025 die Recyclingquote in Österreich von bisher 25 % verdoppelt. Republik Moldau Nachbarschaftshilfe Das Bevölkerungswachstum von 13,75 % von 2021 auf 2022 geht auf die 500.000 ukrainischen Kriegsflüchtlinge zurück. Ukraine Flucht Sie flüchteten vor dem Krieg in ihrem Heimatland: 18,35 % der rund 44 Millionen Ukrainer verließen ihre Heimat und sind damit traurige Nr. 1. Polen Rückkehrer Polen wuchs um 8,14 %. Zum einen wegen geflüchteter ukrainischer Staatsbürger, zum anderen wegen Rückkehrern aus UK. Libanon BrainDrain Der krisengeschüttelte Libanon verlor zwischen 2021 und 2022 2,34 % seiner Einwohner. Vor allem gut Ausgebildete verlassen das Land. TOP DOWN Bevölkerungswachstum Bevölkerungsrückgang Yuval Harari Historiker „Das eigentliche Problem der Roboter ist nicht ihre künstliche Intelligenz, sondern vielmehr die natürliche Dummheit und Grausamkeit ihrer menschlichen Herren.“ Dahin gesagt Woran arbeiten Sie gerade? Helmut Herzog, Geschäftsführer von Hofmann Personal Österreich, bereitet sich vom Bewerber auf einen Vertriebsmarkt vor und will neue Kunden gewinnen. 2022 brachte für Hofmann Personal Österreich mit Sitz in St. Florian einen Rekordumsatz von 252 Millionen Euro und zählt damit zu den Branchengrößen. Doch der Markt dreht sich von einem Bewerber zu einem Vertriebsmarkt: „Diesen Wechsel gibt es in unserer Branche laufend, je nach Konjunktur. Da braucht man teilweise neue Ansätze und Ideen im Team“, so Herzog. Aktuell wird sowohl an neuen Marketingaktivitäten als auch am Ausbau der Nachhaltigkeitsstrategie gearbeitet. ZAHL Quelle: BBC Online Strafmandate für zu schnelles Fahren gab es 2022 in OÖ, nur NÖ war mit 1,2 Mio. „Tickets“ „schneller“. Worst of 960.000 Nachgefragt Links-Rechts-Schwäche Der CHEFINFO-Gastkommentar über fehlende politische Orientierung. Ich habe eine angeborene LinksRechtsSchwäche, wie 20 Prozent der Österreicher auch. Das ist zwar manchmal peinlich, aber nichts Schlimmes. Doch diese LinksRechtsSchwäche breitet sich massiv in der Politik aus. Beim letzten Bundespräsidentenwahlkampf wurde das besonders deutlich. Keiner wollte links oder rechts sein, obwohl die ideologische Ausrichtung deutlich war. Haben die politischen Begrifflichkeiten links und rechts ausgesorgt? In der französischen Konstituante von 1789 saßen sozialliberaldemokratische Kräfte links vom Podium aus, die konservativreaktionären rechts. Das ist in fast allen Parlamenten der Welt bis heute so. In Österreich wirbelte Jörg Haider diese Zuordnung durcheinander. Aus der FPÖ wurde eine ArbeiterPartei. Die einst linksorientierte Arbeiterbewegung wählte plötzlich rechts. In Deutschland wurde die links verortete grüne Friedenspartei zum Treiber für Waffenlieferungen, agiert also rechts. Stand die Linke einst für Freiheit, die sie gegenüber Kirche und Adel erstritt, steht sie heute für viele Verbote – „CancelCulture“. Die Rechte nutzt das geschickt aus und diskreditiert Klimakleber und Genderaktivisten sogar als „Terroristen“. Was jetzt? Ein bisschen Orientierung und ideologische Profilschärfung wäre durchaus hilfreich, egal ob mit oder ohne LinksRechtsSchwäche. Ihr Anonymus Anonymus Der Wert britischer Exporte sollte laut ExPremierminister Boris Johnson bis 2030 eine Billion Pfund betragen. Tatsächlich werden Prognosen zufolge die Exporte von 739 Mrd. Pfund (2022) auf 707 Mrd. Pfund (2023) sinken. Etwa acht Millionen Touristen besuchten 2022 Großbritannien, ein Wert wie 2019. Anstatt wie versprochen günstiger Urlaub in UK machen zu können, stiegen die Preise rasant. Dazu wanderten 25 % aller EU-Arbeitskräfte im Tourismus ab. Seit David Cameron das Brexit-Votum verkündete, folgten ihm vier weitere PMs nach (May, Johnson, Truss, Sunak). Seit dem Tod der Queen wird in einigen Commonwealth-Staaten wie Australien über einen Austritt diskutiert. EXPORTE Brexit TOURISMUS POLITISCHE STABILITÄT

12 | CHEFINFO | 2/2023 FOTOS: KATHY WILLENS / AP / PICTUREDESK.COM Anders gedacht von Klaus Schobesberger Chefredakteur Im ScienceFictionKlassiker „Terminator“ gibt es eine aus heutiger Sicht völlig irreale Szene. Auf der Suche nach Sarah Connor marschiert der aus dem Jahr 2029 gesendete Hightechroboter in eine Telefonzelle und schlägt ein Telefonbuch auf, um die Wohnadresse des Zielobjekts mit seinen Laseraugen zu scannen. Vor 40 Jahren war eine Welt ohne Telefonbuch unvorstellbar, aber eine selbst denkende Killermaschine, die aus der nicht allzu fernen Zukunft eine Zeitreise ins Jahr 1984 unternimmt, offenbar schon. Es fällt uns schwer abzuschätzen, welche Auswirkungen neue Technologien haben werden. Diese Irritation ist gerade sehr gut im Umgang mit dem KIChatbot ChatGPT beobachtbar. Kritiker, die nicht selten aus der Journalistenzunft kommen, sehen die oft simpel gestrickten textlichen Ergüsse dieser technischen Plaudertasche auf dem Phrasenniveau eines Politikerinterviews in der ZIB 2. „Wenn eine neue Technologie aufkommt, neigen wir dazu, ihren kurzfristigen Einfluss zu über und ihren langfristigen Einfluss zu unterschätzen, mit der Künstlichen Intelligenz machen wir das gerade genauso“, sagt der USÖkonom Andrew McAfee. Keine Frage: ChatGPT ist eine disruptive Innovation, nur vergleichbar mit der Erfindung des Mikrochips oder des Computers. Erfahrung nicht unentbehrlich Welche menschlichen Fähigkeiten neue Technik ersetzen wird und welche Jobs obsolet werden, ist eine Frage, die uns ebenfalls seit Jahrzehnten verfolgt. Aber oft schneiden wir uns durch simple Rationalisierungsmaßnahmen ins eigene Fleisch. Der britische Werbefachmann und Verhaltensökonom Rory Sutherland nennt dieses Phänomen „Doorman Fallacy“, was man mit „TürsteherDenkfehler“ übersetzen kann. Der Trugschluss besteht darin, die Aufgabe des Portiers in einem Fünfsternehotel nur mit dem Öffnen und Schließen der Tür zu definieren. Man stellt fest, dass diese Funktion durch einen automatischen Türöffnungsmechanismus ersetzt werden kann. Das Hotel feuert mithilfe von Beratern den Portier und installiert eine automatische Schiebetür. Ein halbes Jahr später stellt die Hotelleitung fest, dass der Türsteher eine ganze Reihe von Aufgaben erfüllt hat, die ignoriert wurden: Dazu zählen etwa Anerkennung, Status, Sicherheit, Informationsaustausch mit anderen Portieren über potenzielle zwielichtige Gäste. Spätestens dann, wenn die Auslastung des Hotels auf 50 Prozent sinkt, wird klar, dass am falschen Platz gespart wurde und Technik menschliche Erfahrung nicht ersetzen kann. Wir feuern die falschen Leute und versuchen andererseits Jobs zu schützen, die nicht zu retten sind. n KI-REVOLUTION. Es fällt uns schwer, den Einfluss neuer Technologien richtig einzuschätzen. Warum ein Hotelportier nicht durch Technik zu ersetzen ist STARENT Truck & Trailer GmbH | Bruck 49 | A-4722 Peuerbach Tel.: +43 7276 930 00 | Mobil: +43 676 840 710 600 | E-Mail: starent@starent-lkw.com

2/2023 | CHEFINFO | 15 FOTOS: MONIKA ROBAK, HARTLAUER, PWC ÖSTERREICH, CNH INDUSTRIAL Wirtschaft JUNGE WELLE 1 Bernd Wiesinger steigt zum Equity-Partner bei Haslinger / Nagele Rechtsanwälte auf. Der 34-Jährige bestätigt den Weg zur Förderung junger Führungskräfte. JUNGE WELLE 2 Robert Hartlauer eröffnet in Steyr ein topmodernes Ausbildungszentrum für Optik und Hörgeräte. Fachkräfte sollen selbst ausgebildet werden. Jubiläum CNH Industrial, der globale TechSpezialist für Landwirtschaft und Bau und Mutterkonzern von Steyr Traktoren mit Sitz in St. Valentin, gibt die Übernahme des amerikanischen Unternehmens Augmenta bekannt. Es hat Sprühgeräte mit intelligenten Funktionen sowie die weltweit erste Kamera und KI basierte EchtzeitHardwareplattform entwickelt. Pflanzenschutzmaßnahmen vor und nach der Ernte können so präzise gesteuert und reguliert werden. Aufholbedarf Nicole Prieller. Beim PwC Women in Work Index fällt Österreich um zwei Plätze auf Platz 26 von 33 OECD-Ländern zurück. „Es liegt an Führungskräften, eine Kultur voranzutreiben, die für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter integrativ und gerecht ist“, so Nicole Prieller (PwC). n(FR)AUFSICHTSRAT. Aufsichtsräte werden weiblicher, rund 100 Frauen im Topmanagement stehen als Aufsichtsrätinnen zur Verfügung. Sabine Pelzmann und Doris Schulz leiten Lehrgänge, um Frauen auf diese Aufgaben gezielt vorzubereiten. Ein Portrait ist nicht nur ein Portrait, ein Portrait sollte die Geschichte erzählen. +43 699 1 4330233 • Fabrikstraße 16, 4020 Linz • hw@hermann-wakolbinger.at • www.hermann-wakolbinger.at #businessportraits #unternehmensfeature

2/2023 | CHEFINFO | 17 16 | CHEFINFO | 2/2023 FOTOS: MIC, EFKO/ANTJE WOLM, EFKO, TRITSCHELER, VKB-BANK, FRAUENNETZWERK FOTOS: BANKHAUS SPÄNGLER, LINZ AG. ENERGIE AG, HÜTTHALER Versorgungssicherheit für Strom und Wärme Bürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzender der LINZ AG Klaus Luger sowie LINZ-AG-Generaldirektor Erich Haider sprechen Mitte Februar von einer aktuell entspannten Versorgungslage. Auch für die Heizsaison 2022/23 hat die LINZ AG bereits früh mit Vorkehrungen gestartet. Sowohl die Erdgasspeicher als auch das Biomasse- bzw. Holzlager sind nach wie vor sehr gut gefüllt. Branchen Urlaubsfeeling beim Software- Unternehmen MIC Die MICGeschäftsleitung mit CCO Rainer Roll, CEO Alfred Hiebl, CFO Ursula Schöneborn-Siligan und COO Stefan Derntl ermöglicht Mitarbeitern flexibleres Arbeiten durch Workation. Das Modell kombiniert Arbeit (work) mit Urlaub (vacation). Tritscheler lädt zum exklusiven Kundenevent und präsentiert sein innovatives Lamellendach und einen neuen, hochwertigen Stoffpavillon. Passend dazu spricht Meteorologe Andreas Jäger über die Wettersituation der kommenden Jahre. Verkaufsleiter Alois Traunwieser, Mitarbeiterin Christine Schneglberger und Tritscheler-Geschäftsführer Vinzenz Stocker setzen im Sommer 2023 vermehrt auf „Outdoorliving“. MANAGEMENT & ERFOLG redaktion@chefinfo.at VKBBank mit neuer Regionaldirektorin Astrid Steinkogler kehrt nach vier Jahren zur VKBBank zurück. Als Regionaldirektorin für das Privatkundengeschäft im Salzkammergut ist sie damit für 30 Privatkundenbetreuer in fünf VKBFilialen in Gmunden, Vorchdorf, Vöcklabruck und am Attersee verantwortlich. 20 Jahre Crossmentoring Das oberösterreichische Crossmentoring Programm startete am 7. März zum 20. Mal. Ziel: Frauen und ihre Karriere durch externe Mentor:innen zu begleiten. Leiterin Doris Schulz (2. v. l.) freut sich über das große Interesse am Programm und darüber, dass jährlich Mentees als Mentorinnen zurückkehren. Expertenforum am Stadlerhof in Wilhering Zwei Milliarden Euro bis 2030 Die Energie AG will bis zum Jahr 2030 zwei Milliarden Euro investieren: eine Milliarde Euro für erneuerbare Energie und eine weitere Milliarde für den Netzausbau, sagte der neue Vorstandschef Leonhard Schitter (Mitte, im Bild mit Vorständen Andreas Kolar und Stefan Stallinger). Es gehe dabei um „Versorgungssicherheit, Unabhängigkeit und Nachhaltigkeit“. Das vergangene Jahr habe mit dramatischen Auswirkungen vor Augen geführt, wie angreifbar die Energieversorgung in Europa und „wie abhängig Europa von russischem Gas ist“, sagt Schitter. GEWERBE& DIENSTLEISTUNGEN redaktion@chefinfo.at Investorenfrühstück im Bankhaus Spängler Johann Penzenstadler, Regionalleitung OÖ, Bankhaus Spängler lädt Philipp Gebhardt, Director Investor Relations AT&S, zum Talk. Das Bankhaus ist seit mehr als 20 Jahren mit einem Standort am Linzer Hauptplatz vertreten. „Seither hat sich hier das verwaltete Vermögen von 120 Millionen auf 1,2 Milliarden Euro verzehnfacht“, betont Vorstandssprecher Werner Zenz. Hütthaler erweitert Standort Der Vorreiter in Sachen Tierwohl reagiert auf die verstärkte Produktnachfrage und den Kundenwunsch nach mehr Transparenz und Regionalität. Mit der neuen Zerlegung 4.0 verfügt Hütthaler nun über das leistungsfähigste geschlossene Produktionssystem Österreichs. n WACHSTUM. Österreichs Wirtschaft ist im Jahr 2022 um 5 Prozent gewachsen. Trotz multipler Krisen – Ukraine-Krieg, hohe Inflation und Coronapandemie – habe es nun sieben Quartale in Folge positive Wachstumsraten gegeben, sagte Statistik-AustriaGeneraldirektor Tobias Thomas. nZUWANDERUNG. Ein Mittel gegen den Arbeitskräftemangel ist die Rot-Weiß-Rot-Karte für eine gesteuerte Zuwanderung aus Staaten außerhalb der EU, heuer wurden im Jänner und Februar 1.131 dieser Karten ausgestellt. Im selben Zeitraum des Jahres 2022 waren es 764. nWOHNEN. Fast jeder Zweite empfindet die Wohnkosten als belastend, rund ein Fünftel als sehr belastend, ergab eine Integral-Umfrage unter rund 1.000 Österreichern und Österreicherinnen. Besonders stark trifft es Personen, die zur Miete wohnen. Unter ihnen fühlen sich 60 Prozent durch die Mietkosten belastet. n RUSSLAND. Russland hat im vergangenen Jahr dank hoher Ölpreise einen Handelsüberschuss von 332,4 Mrd. Dollar (rund 312 Mrd. Euro) erzielt. Das Exportvolumen sei um 19,9 Prozent auf 591,5 Mrd. Dollar gestiegen, der Import im gleichen Zeitraum um 11,7 Prozent auf 259,1 Mrd. Dollar geschrumpft.

The Sound of Business 18 | CHEFINFO | 2/2023 FOTOS: XXXXXXXX COVERSTORY TEXT: Jürgen Philipp USA. Österreich wird in den USA immer noch mit dem 1959 gedrehten Streifen: „The Sound of Music“ konnotiert – klein und liebenswürdig. Doch wirtschaftlich sind wir dort echte Giganten. Warum wir ausgerechnet mit den USA den höchsten Handelsüberschuss haben und warum gerade jetzt die USA „The Place to be“ ist? Eine Story mit vielen Überraschungen, die Ihnen das eine oder andere Mal ein „WTF!“ entlocken wird. FOTOS: MLENNY / E+ / GETTY IMAGES, GREBESHKOVMAXIM / VECTOR / KAMISOKA / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS

20 | CHEFINFO | 2/2023 FOTOS: WKO FOTOS: BARDOCZPETER/RAFAEL ABDRAKHMANOV/GREBESHKOVMAXIM/ ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS, MATT ROURKE / AP / PICTUREDESK.COM COVERSTORY Falco, Österreichs erfolgreichster musikalischer USExport, sang 1985 in seinem Song „Amerika“: „Wenn der Mr. Smith eine Glatze hat, verkaufen wir ihm einen Kamm.“ Etwas übertrieben, aber mit wahrem Kern. Mit keinem anderen Land der Welt erzielt Österreich einen höheren Handelsbilanzüberschuss. 2021 blieb ein positiver Saldo von rund 5,4 Milliarden Euro. Mit anderen Worten: Wir exportieren weit mehr, als wir importieren. Und das obwohl wir NikeSneakers tragen, iPhones besitzen, auf den Weber Grill schwören, mit Gibson oder FenderGitarren jammen oder gar Tesla oder Harley fahren. Mit Ausnahme der letzten beiden wird das meiste andere im Ausland produziert. Und selbst in einem Tesla steckt Knowhow von deutschen, dänischen, österreichischen, japanischen und chinesischen Ingenieuren. Das soll sich nun ändern, denn Joe Biden hat das Motto: „Bring production back to US“ ausgerufen. Der Demokrat führt damit das Credo seines Vorgängers Donald Trump „Make America Great Again“ wirtschaftlich fort. Mit anderen Worten: Der Import in die USA wird erschwert, die Wertschöpfung soll im eigenen Land erzeugt werden. In der EU wird das mit Unbehagen gesehen. Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habek spricht sogar von einem „kalten Wirtschaftskrieg“, denn der amerikanische Staat flutet das Land mit Milliardensubventionen und droht mit hohen Zöllen. USAEU: Best „Frenemys“ Dazu kommt ein USKonkurrenzmodell zum EU Green Deal. Auch hier greift Joe Biden tief in die Tasche. Bis zu 120.000 Windkraftanlagen und 2.000 Batteriefabriken sollen für die Green Transition errichtet werden. Das USEUVerhältnis wird daher gerne als „Frenemy“ bezeichnet. Die EU steht unter Zugzwang, noch dazu wo die USA mit bis zu fünffach niedrigeren Energiepreisen locken. Für den Wirtschaftsdelegierten in New York, Peter Hasslacher, ist das übertrieben: „Ich habe noch nie einen WKO USA. Der Wirtschaftsdelegierte Peter Hasslacher über rotweißrote Exportschlager, warum die USA in der Produktion fast ein Entwicklungsland sind und wie österreichische Firmen punkten können. CHEFINFO: Welche Rolle spielen österreichische Unternehmen in den USA? Peter Hasslacher: Österreich war 2021 und 2022 bezogen auf das Wachstum unter den Top drei Investoren in den USA. Das ist kein kurzfristiger Run, sondern schon ein längerer Entwicklungsweg. Derzeit wird diese Entwicklung durch die aktuellen politischen Weichenstellungen verstärkt. Etwa mit dem Infrastrukturpaket, dem Inflation Reduction Act (IRA), dem Chips and Science Act und vielem mehr. Gleichzeitig wird damit die Produktion vor Ort relevanter. Österreichisches Knowhow ist da gefragt. In der Produktionsbranche sind die USA, etwas übertrieben gesagt, fast so etwas wie ein Entwicklungsland. Die USA haben in allen entwickelten Märkten Defizite. Ein durchschnittliches USProdukt wird regional konsumiert, aber kaum exportiert. Objektiv muss man feststellen, dass die USA in der Produktion keine Weltmeister sind und nur bedingt kompetitiv. Diese Probleme gibt es schon seit Jahrzehnten. Produktion wurde ausgelagert und es wurden keine Arbeiter ausgebildet. Was sind die größten rotweißroten Exportschlager? Hasslacher: Dort, wo wir die klassischen österreichischen Stärken ausspielen, etwa bei Maschinen, im Anlagenbau, bei Lagersystemen, überall da punktet Österreich. Wir sind vor allem im klassischen B2BGeschäft tätig. Wir können mit Knowhow und Technologie punkten. So absurd das klingt, wir glauben immer, die USA wären das Land der Technologie. Doch die Maschinenparks sind veraltet, und obwohl die USA die Heimat von Amazon sind, ist die Lagertechnik bei Weitem nicht so fortgeschritten. Was sind die häufigsten Fehler österreichischer Unternehmen bei einem Markteintritt in den USA? Hasslacher: Österreichische Unternehmen glauben oft, sie gehen in das „land of the free“, doch das ist nicht so, das war vielleicht vor 100 Jahren so. Der Markt ist fragmentiert und reguliert. Es gibt 50 Bundesstaaten mit unterschiedlichen Gesetzgebungen und sogar eigenen Steuergesetzen. Das ist nicht unwesentlich: Steuerlich wird zwar weniger geprüft, aber wenn man ein Steuervergehen begeht, weil man schlecht informiert war, hat das erheblich gravierendere Konsequenzen als in Österreich. Auch eine Firmengründung ist nicht immer einfach. Es braucht auch hier gute Vorbereitung. Dazu ist wichtig, zu wissen, wie man sich auf den Markt zubewegt. Die Dimensionen und die Kosten sind anders. Wir sagen daher immer: Think big or go home. Um nicht zu viel Geld zu verbrennen – Immobilien oder Personal kosten in den USA deutlich mehr –, muss man top vorbereitet sein. Ein drittes Thema ist die Verfügbarkeit von Personal. Qualität kostet mehr, dazu ist die Loyalität überaus gering. Und schließlich wird das Interkulturelle unterschätzt. Amerikaner ticken sehr anders, als wir glauben. Und das Interkulturelle ist selbst innerhalb der USA ein Thema. „Think big or go home“ Peter Hasslacher, Wirtschaftsdelegierter USA, kann auf den größten Handelsbilanzüberschuss verweisen, denn der wird mit US-Exporten erwirtschaftet. NEW YORK Objektiv muss man feststellen, dass die USA in der Produktion keine Weltmeister sind und nur bedingt kompetitiv. Präsident Joe Biden setzt den Weg seines Vorgängers fort. Statt „MAGA“ heißt es jetzt: „Bring production back to US.“ Dazu fließen Hunderte Steuermilliarden. 217,3 Prozent stiegen die Exporte in die USA seit dem Jahr 2000. Um Ô

22 | CHEFINFO | 2/2023 FOTOS: STIWA FOTOS: BARDOCZPETER/RAFAEL ABDRAKHMANOV/GREBESHKOVMAXIM/ ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS, STIWA COVERSTORY Aufschrei gehört, wenn Produktionen in China eröffnet werden. Heimische Firmen wollen diese nun auch in die USA bringen und das wird als großes Problem dargestellt. Da misst man vielleicht mit ungleichen Maß.“ Noch dazu wo Hasslacher zu bedenken gibt, dass die USA Europa als Player nicht sehr ernst nehmen. „Das beginnt bei der Wirtschaft, geht über das Geopolitische bis zur Sicherheitspolitik. Das große Match lautet USA gegen China.“ Auch Josef Brandmayr, CEO von STIWA Advanced Products, sieht das pragmatisch: „Die geopolitischen Schwierigkeiten der letzten drei Jahre haben eine völlig neue Art der Globalisierung hervorgebracht. Die neue Globalisierung bedeutet: Global denken, lokal produzieren. Das ist vor allem in den USA ein wesentlicher Punkt.“ Go West Dieser Protektionismus – bei öffentlichen Aufträgen muss 80 Prozent der Wertschöpfung in den USA passieren – löst seit einiger Zeit eine wahre „Go West“Welle österreichischer Unternehmen aus. Kein Wunder, denn „die Staaten sind für die heimischen Unternehmen der drittwichtigste Zielmarkt und der wichtigste außerhalb der Europäischen Union“, schildert Michael Zettel, Präsident der Amerikanischen Handelskammer in Österreich (AmCham) und Country Managing Director von Accenture Österreich. Österreich exportiert Waren im Wert von 11,1 Milliarden Euro in die USA. Das sind 6,7 Prozent der Gesamtexporte. „Der Handel ist robust, resilient und krisenresistent.“ Mit einem Wort: „Die USA sind ein besonders verlässlicher Handelspartner.“ Accenture hat dazu eine Studie erstellt, die klar macht, welche rotweißroten Güter begehrt sind. „Der Anteil von Hochtechnologiegütern am Gesamtwarenhandel beträgt zwischen 65 und 70 Prozent“, schildert Philipp Krabb, Research Lead Accenture Österreich. Produkte der chemischen und pharmazeutischen Industrie, Teile für Luftfahrt, CHEFINFO: Sie sind schon länger am USMarkt aktiv. Nun bauen Sie intensiv aus. Warum jetzt und was haben Sie vor? Josef Brandmayr: Wenn nicht jetzt, wann dann? Entweder man geht jetzt in die USA oder vielleicht für sehr lange Zeit nicht mehr. Wir sind aktuell in Fort Mill, an der Nordspitze von South Carolina, eingemietet. Jetzt haben wir in Rock Hill ein 100.000 m2 großes Grundstück für die eigene Produktion gekauft. Bis Sommer 2023 soll die erste Bauetappe starten. Im September 2024 wollen wir erste Maschinen im eigenen Gebäude produzieren können. Wie finden Sie dafür Fachkräfte? Brandmayr: Es gibt zwar de facto Vollbeschäftigung, nichtsdestotrotz finden wir Mitarbeiter, weil wir ihnen eine Perspektive bieten können. Wir haben einen jungen Mitarbeiter aus den USA angestellt und haben ihn dann drei Monate nach Österreich zur fachlichen Qualifizierung, aber auch zur Integration in unser Teamnetzwerk geschickt. Er hat eine gewisse emotionale Bindung an das Unternehmen aufgebaut. Diese Bindung gibt es in den USA kaum. Es gibt kein Sozialsystem wie bei uns. Das heißt, dass Unternehmen Verantwortung für ihre Mitarbeiter übernehmen. Deshalb bieten wir Versicherungslösungen mit geringem Selbstbehalt. Wir wollen keine Mitarbeiter, die, wenn sie zum Arzt müssen, ein Problem bekommen. Wie qualifizieren Sie diese Mitarbeiter, um die hohen Unternehmensstandards zu erfüllen? Brandmayr: Wir brauchen gleich qualifiziertes Personal wie in Österreich. In Österreich betreiben wir intensive Lehrlingsausbildung, in China haben wir mit dieser 2018 begonnen und in den USA wollen wir damit ab 2024 starten. Das ist in den USA ein absoluter Kulturbruch. Wie wird man als europäisches Unternehmen am USMarkt empfangen? Gibt es da Vorbehalte? Brandmayr: Es ist wichtig, dass man denMehrwert des Unternehmens darstellt. Bringt man diesen, erhält man viel Hilfestellung. Und man muss Netzwerke, wie etwa die German American Chambers of Commerce, nutzen. Diese Netzwerke helfen enorm bei der Lösung von Schwierigkeiten. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Dos and Don’ts im USBusinessleben? Brandmayr: Einer der großen Fehler, der in den USA – imGegensatz zu China – gemacht wird, ist, dass man glaubt, es sei nicht viel anders als in Europa. Man denkt: Die sind wie wir. Das ist trügerisch. Sie denken anders, sie ticken anders und sie entscheiden anders. Wenn wir eine Anfrage bekommen und der Kollege ist krank, sprich das Angebot geht eine Woche später raus, ist man aus dem Spiel. Wenn es nicht jetzt sofort passiert, passiert es nie. Amerikaner sind sehr schnell in ihren Entscheidungen und in der Umsetzung. Es darf auch keine Halbherzigkeiten geben. Wenn man sich in den USA engagiert, dann voll und ganz, denn am Ende laufen die Kosten, und die sind höher als bei uns. Das PreisLeistungsVerhältnis bei Mitarbeitern ist um einiges schlechter als in Österreich. Wenn man sich in den USA engagiert, dann voll und ganz, denn am Ende laufen die Kosten, und die sind höher als bei uns“, sagt Josef Brandmayr, CEO STIWA Advanced Products. ROCK HILL Entweder man geht jetzt in die USA oder vielleicht für sehr lange Zeit nicht mehr. STIWA. Der Automatisierungsspezialist STIWA baut seine Produktionskapazitäten in den USA massiv aus. Josef Brandmayr, CEO STIWA Advanced Products, erklärt warum. „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ STIWA Advanced Products setzt unter anderem auf Zerspanungstechnologie. Mit österreichischer Hochtechnologie begleitet man Kunden vom Engineering bis zum fertigen Produkt. Noch ist STIWA in South Carolina eingemietet. 2024 soll der eigene Standort samt Lehrlingsausbildung („ein Kulturbruch“) eröffnet werden. Ô Die Staaten sind für die heimischen Unternehmen der drittwichtigste Zielmarkt und der wichtigste außerhalb der Europäischen Union. Michael Zettel Präsident AmCham Austria

24 | CHEFINFO | 2/2023 FOTOS: WACKER NEUSON FOTOS: BARDOCZPETER/RAFAEL ABDRAKHMANOV/GREBESHKOVMAXIM/ ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS, WACKER NEUSON WERK COVERSTORY Raumfahrt oder Kfz, Maschinen sowie optische und elektronische Geräte stehen am Einkaufszettel von USFirmen, die in Österreich shoppen gehen, ganz oben. Und sie gehen seit den 2000erJahren immer mehr und mehr shoppen. Seit dem Jahr 2000 stiegen die Exporte in die USA um 217,3 Prozent. Die bekannteste mit Österreich verknüpfte Marke ist übrigens nicht Red Bull (mit 43 Prozent Marktanteil Nummer eins bei Energydrinks in den USA) oder Swarovski, sondern Glock. Die Pistolen aus Ferlach gehören zur Standardausrüstung der USPolice und des FBI. In den waffenverrückten USA ist eine Glock bekannter als die uramerikanische Marke Colt. Upper Austria: Upper Class in Business Es sind auffallend viele oberösterreichische Unternehmen, die in den USA tätig sind, wie STIWA, AGRU, Teufelberger, voestalpine, Lenzing, Ebner, MIBA und viele mehr, die in den USA Standorte betreiben. Für Silhouette oder KTM zählen die USA zu den wichtigsten außereuropäischen Märkten überhaupt. Viele weitere Unternehmen wollen folgen. Hasslacher sieht das an ausverkauften „Bootcamps“, welche die Außenhandelsstelle in New York für österreichische Firmen bietet, die in die USA gehen und sich vorbereiten wollen, denn Vorbereitung ist alles. Der Markteintritt birgt einige Tücken und Spezifika. Ganz oben auf der Liste: die Personalsuche. „Die Arbeitslosenquote liegt bei 3,4 Prozent – die niedrigste seit 1956. Es fehlt nicht nur an Quantität, sondern auch an Qualität.“ Doch genau da sieht Hasslacher eine Chance. „Österreichische Firmen, die Automatisierungslösungen bieten, haben da großes Potenzial. Gerade wenn es um effiziente Prozesse geht oder Softwarelösungen in Spezialbereichen, sind wir extrem stark.“ Auch in der GreenTechBranche kann Österreich mitspielen. „Der Nachholbedarf ist enorm. Das beginnt bei Trivialem. Allein in unserem Büro zieht es bei den Fenstern rein, es gibt keine Isolierungen, und es wird elektrisch geheizt.“ „Out of the box“ Es gibt also viel zu tun für unsere Topbetriebe, viele Chancen, aber auch einige „Fallen“. Für Gert Reichetseder, CEO von Wacker Neuson USA, ist das Land nach wie vor eines der unbegrenzten Möglichkeiten. Die politische Weichenstellung der letzten Jahre ist für ihn nur logisch: „Die USA können nicht nur von Marketing und Engineering leben. Außer im Militärsektor, vor allem bei Flugzeugen, gibt es keinen großen Industriemotor. Von der kalifornischen TechIndustrie allein kann man nicht zehren.“ Der WackerNeusonStandort in Milwaukee zog erst kürzlich einen großen Deal mit dem USMaschinenhersteller John Deere an Land. „Ich habe denDeal in kleinen Teams auf Augenhöhe verhandelt, obwohl John Deere doch deutlich größer ist. In diesen Verhandlungen herrschte ein pragmatischer WACKER NEUSON. Für Gert Reichetseder, CEO von Wacker Neuson USA, sind die Staaten ein Land der unbegrenzten Möglichkeiten, das eigene Gesetze hat, wie „Work smarter not harder“. CHEFINFO: Die USA gelten als sehr unternehmensfreundlich. Wie nehmen Sie das wahr? Gert Reichetseder: Es ist das Land der Unternehmer. Die Bürokratie ist im Vergleich zu uns deutlich geringer. Jeder kann ein Unternehmen gründen. Es gibt kein gebundenes Gewerbe und keine Formerfordernisse, etwa, dass man Kapital einschießen muss. Die Dynamik ist enorm. Das ist wie Tag und Nacht und hat viel Positives, aber natürlich auch Schattenseiten. Für Unternehmer sind die USA aber nach wie vor das Land der Seligen. Es herrscht ein anderes Mindset. Wenn jemand scheitert, ist das kein Makel bzw. umgekehrt: Hat man Erfolg, gibt es keinen Neider. Man darf Erfolg haben und ihn auch zeigen. Nicht zuletzt deshalb gibt es in Europa deutlich weniger Unternehmensgründungen und auch weniger Kapital. In den USA probiert man viel mehr. In Österreich schaut man erst einmal, dann macht man einen Plan, einen Businessplan und so weiter. In den USA geht es um Geschwindigkeit. Natürlich birgt das ein Risiko. Doch ohne Risiko kann man kein Geschäft machen. Wie würden Sie die USMitarbeiter charakterisieren? Reichetseder: Sie leben nach dem Motto: „Work smarter not harder“. USAmerikaner sind nicht so sehr auf Sicherheit ausgerichtet. Man nutzt Kredite und lebt auf Pump. Das ist nicht unbedingt schlecht, weil sie mehr im Jetzt und nicht im Morgen leben. Das merkt man überall: Häuser sind nicht für zehn Generationen gebaut wie in Österreich. Ich will das nicht bewerten, die Kultur ist einfach anders. Was sollte man beim Business in den USA beachten? Reichetseder: Man soll nicht glauben, dass die eigene Denke die richtige ist, das ist typisch europäisch. Man denkt, Amerikaner seien dumm, weil sie schlechte Häuser bauen und schlechte Autos fahren, aber das ist nicht wahr. Man muss auf die Leute zugehen. Sobald Amerikaner sehen, dass ihnen jemand das Leben erklärt, funktioniert die Beziehung nicht mehr. In USUnternehmen gibt es auch keine Kollegialorgane. Es gibt einen CEO, der allein gibt die Richtung vor. Es ist alles auf einen ausgelegt. Es gilt das „HighlanderPrinzip“: Es kann nur einen geben. Viele europäische Unternehmen wollen in den USA eine Art europäische Unternehmenskultur etablieren, etwa bei der Lehrlingsausbildung. Kann das gut gehen? Reichetseder: Das kann funktionieren. Auch wir bilden hier Lehrlinge aus. Es geht, aber es muss in das System reinpassen. Benefits sind wichtig, aber die bieten ohnehin viele an, etwa eine Krankenversicherung oder einen Pensionszuschuss. Ob man damit größere Loyalität bekommt, wage ich zu bezweifeln. Nur wenn alles zusammenpasst, bleiben die Mitarbeiter dem Unternehmen treu. Man kann sich keine Loyalität kaufen. In den USA gibt es Vollbeschäftigung und die bringt Fluktuation mit sich. „Das ist wie Tag und Nacht“ Für Gert Reichetseder, CEO Wacker Neuson America Corporation, sind die USA nach wie vor das Land der Unternehmer. Will man erfolgreich sein, braucht es Geschwindigkeit und den richtigen Mindset. MENOMONEE FALLS Sobald Amerikaner sehen, dass ihnen jemand das Leben erklärt, funktioniert die Beziehung nicht mehr. Es braucht Augenhöhe. Schon 1957 wagte sich Wacker Neuson über „den großen Teich“. Heute hat die Wacker Neuson Corporation ihren Sitz auf einem 66 Hektar großen Gelände in Wisconsin. Wenn ich will, kann ich in den USA morgen Friseur werden. Ich brauche kein gebundenes Gewerbe. Der Markt entscheidet. Gert Reichetseder CEO Wacker Neuson USA Baumaschinen sind für das US-Infrastrukturpaket gefragt. Selbst Gigant John Deere verlässt sich auf Produktionsexpertise von Wacker Neuson. Ô

26 | CHEFINFO | 2/2023 FOTOS: OBERBANK/PETER RIGAUD, STEPHAN NATSCHLAEGER FOTOS: DARREN415/BARDOCZPETER/RAFAEL ABDRAKHMANOV/GREBESHKOVMAXIM/ ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS COVERSTORY Ansatz: Es geht um Geschwindigkeit, um Business und nicht um kleinkariertes Denken.“ Solche Deals sind viel leichter abzuschließen als hierzulande, wenn man interessant ist, egal wie groß der potenzielle Kunde auch ist. Das bestätigt auch Brandmayr: „Man bekommt Termine einfacher als in Österreich. OutoftheboxDenken wird belohnt. Hat man einen Fürsprecher vor allem in großen Unternehmen, dann kommt man schnell rein, selbst als NonameFirma.“ Dem pflichtet Reichetseder bei, seine Erklärung für diese Attitüde: „Wenn ich will, kann ich in den USA morgen Friseur werden. Ich brauche kein gebundenes Gewerbe, und wenn ich Kunden finde, die mich bezahlen, kann ich überleben. Der Markt entscheidet. In den USA entstand so vieles aus dem Nichts. Die ganzen Ubers, Airbnbs und Co., das sind alles Ideen, wie man Leute miteinander vernetzt. Das gibt es auch in Asien. Europäer hingegen sind da viel zu konservativ.“ „You only live once“ Vor zu konservativem oder gar überheblichem Denken warnt auch Brandmayr: „Man muss akzeptieren, dass man nicht der einzig Gescheite auf der Welt ist. Amerikaner merken sehr schnell, was dahintersteckt.“ Die kulturellen Unterschiede sind also enorm. Albert VoglBader, der sein Startup an das USUnternehmen RideAmigos verkauft hat, konkretisiert: „Wir sind direkter. In den USA wird vieles schöngeredet. Es gibt oft gute Miene zum bösen Spiel. In den Staaten sind alle happy, bei uns ist alles ein wenig trockener, aber vielleicht auch ehrlicher.“ Und Josef Brandmayr ergänzt: „My best friend, heißt in den USA gar nichts.“ So auch bei den Mitarbeitern. Mögen sie ihren Arbeitgeber heute noch „awesome“ finden, kann das morgen schon ganz anders aussehen. Linda TuttleWeidinger kennt das genau. Sie ist in New Jersey aufgewachsen. Die Lektorin an der JKU ist Vice President der AustrioAmerican Society Upper Austria und kennt ihre Landsleute daher genau: „Es gilt die Devise: You only live once.“ Nach wie vor schlägt der Pioniergeist durch, die Beweglichkeit undMobilität. Wir sehen auch in Österreich wachsende Spannungen am Arbeitsmarkt, aber in den USA sind diese noch AAS OÖ. Josef Weißl, President der AustroAmerican Society OÖ, und VicePresident Linda Tuttle Weidinger über „the place to be“, Spaltung und Rechtssicherheit in den USA. CHEFINFO: Europäische Industrie und Technologie sind in den USA gefragt. Unterschätzen wir uns? Josef Weißl: In der New Economy sind die USA nach wie vor „the place to be“. In der Old Economy spielt Europa in einer ganz anderen Liga. Europäische Unternehmen, welche klassische Industrien in den USA etablieren wollen, müssen bedenken, dass in den USA vieles ganz anders funktioniert. In Europa gibt es ein sehr fortgeschrittenes Technologieverständnis. Man kann das nicht 1:1 in den USA umsetzen. Es gibt eine Aussage eines Industriellen, der in etwa meinte: „Die Amerikaner sehen nur so aus wie wir, aber wir Europäer sind den Asiaten ähnlicher als den Amerikanern.“ Es gibt wesentlich weniger Fachpersonal, die Prozesse müssen standardisierter werden und es gibt auch viel mehr Beweglichkeit und Mobilität bei den Mitarbeitern. Es gilt also eine völlig andere Kultur. Wie sieht es bei den kulturellen Unterschieden im Alltag aus? Was müssen Expats beachten? Linda Tuttle-Weidinger: Man sollte sich auf jeden Fall schlau machen, wie die Gesetzeslage in jedem einzelnen Bundesstaat aussieht. Nehmen wir etwa die Waffengesetze: In 21 Bundesstaaten darf man ab 21 Jahren eine Waffe kaufen und offen tragen. Und diese Waffe darf sogar mit einer Patrone geladen sein. In den USA kommen auf 100 Einwohner 120 Waffen. Die „Lieblingswaffe“ der Amerikaner ist übrigens eine Glock 19. Was bedeutet diese Spaltung für die Rechtssicherheit von Unternehmen? Tuttle-Weidinger: Das Höchstgericht hat bereits Abtreibungen verboten, will jetzt die gleichgeschlechtliche Ehe abschaffen und es gibt schon Vorschläge der Republikaner, um das Prinzip „Ein Mensch – eine Stimme“ auszuhebeln, was imGegensatz zu den demokratischen Grundregeln steht. Die aktuellen Bemühungen zur CO2Reduktion könnten ebenso gekippt werden. Wir wissen also nicht, was das Oberste Gericht vorhat. Weißl: Das System hat sich für das Business nicht verändert. Business muss funktionieren und damit funktioniert auch das System. Die aktuellen höchstgerichtlichen Urteile haben aber gesellschaftliche Auswirkungen und die spielen natürlich auch in einem Unternehmen eine Rolle. Was bedeutet diese Spaltung für die Führungskräfte? Weißl: Egal welches Unternehmen man führt, es braucht immer ein Eingehen auf die Gegebenheiten und auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter. Wer glaubt, dass das so wie in Österreich funktioniert, wird Schiffbruch erleiden. USMitarbeiter haben zudem mehr Selbstbewusstsein. Das darf man nicht ignorieren. Der Umgang miteinander ist ein anderer. „Europa spielt in einer anderen Liga“ BLOOMSBURG In Europa gibt es ein sehr fortgeschrittenes Technologieverständnis. Man kann das nicht 1:1 in den USA umsetzen. Sie vertreten die US-Community in Oberösterreich: Linda Tuttle-Weidinger und Josef Weißl Ô Gerade das rechte Lager sieht alles, was aus Europa kommt, sehr kritisch und teilweise als kommunistisch. Linda Tuttle-Weidinger Vice President AAS OÖ Der Anteil von Hochtechnologiegütern am Gesamtwarenhandel beträgt zwischen 65 und 70 Prozent. Philipp Krabb Research Lead Accenture Österreich

28 | CHEFINFO | 2/2023 FOTOS: CARPLOYEE FOTOS: DUNCAN_ANDISON/BARDOCZPETER/RAFAEL ABDRAKHMANOV/GREBESHKOVMAXIM/ ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS COVERSTORY stärker ausgeprägt.“ Gerade Millennials stellen sich vermehrt Fragen wie: Warum soll ich mich an eine Firma binden, wenn ich die Möglichkeit habe, online zu arbeiten? In den USA herrscht viel mehr das Gefühl von: Ich schaffe es! „Duck and cover“ Doch Linda TuttleWeidinger sieht die USA auch gesellschaftlich kaum mit Österreich vergleichbar. Gerade wenn heimische Unternehmen Mitarbeiter entsenden, müssen diese auf die speziellen Gegebenheiten vorbereitet werden. Die tiefe soziale Spaltung des Landes hat Gräben hinterlassen, gegen die der Grand Canyon winzig aussieht. Linda TuttleWeidinger drückt deshalb auf die Euphoriebremse: „Gerade das rechte Lager sieht alles, was aus Europa kommt, sehr kritisch und teilweise als kommunistisch. Ich war in den 1980erJahren als Deutschlehrerin in Pennsylvania tätig. Wenn ich an der öffentlichen Schule in Bloomsberg geblieben wäre, hätte ich im Klassenzimmer in einer versperrten Schublade meines Schreibtischs eine Handwaffe gehabt und hätte an regelmäßigen Schießübungen teilnehmen müssen. Heutzutage müssen die Schülerinnen und Schüler an ,duck and cover‘Übungen teilnehmen, die eine Schießerei im Haus simulieren. Das ist in Österreich unvorstellbar.“ Sie rät daher Unternehmen als auch Expats, genau zu recherchieren, wie die Gesetzeslage im jeweiligen Bundesstaat aussieht, denn die USA mögen zwar „United“ im Namen haben, doch die 50 Bundesstaaten haben bei genauerem Blick zum Teil wenig gemeinsam. „Es ist ein gewaltiger Unterschied, etwa zwischen einem Senator Bernie Sanders, der immer gerne liberale europäische Länder wie Dänemark zum Vorbild nimmt, oder zu Florida, wo der Gouverneur Ron De Santis bis in die Schulen hineinregieren will. In den USA gibt es einen tiefen Graben zwischen Republikanern und Demokraten. Die Gesellschaft ist massiv gespalten und auch mit Rassismus verknüpft. Es geht aber nicht nur mehr um Republikaner gegen Demokraten, sondern um Gut gegen Böse.“ Und Europäer werden, so die Lektorin, nicht unbedingt immer als die Guten gesehen. Start – up – now! Doch wie ist es, wenn USFirmen in Österreich tätig werden? Venture Capital Fonds aus den USA sind nach österreichischen Geldgebern der zweitgrößte Investor in der heimischen StartupSzene. Der Gründer des Linzer MobilitätsStartup Carployee, Albert VoglBader, sieht eine Art „das Beste zweier Welten“. „Wir haben ein neues Produkt namens ,Pave Commute‘ entwickelt. Es ist eine in Österreich entstandene intelligente Lösung für Pendler und Berufsverkehr, die unnötig gefahrene Kilometer vermeidet. Es soll in Österreich wachsen. Der Heimmarkt ist klein und man kann etwas ausprobieren. Im Vergleich dazu: Allein die Westküste der USA hat über 50 Millionen Einwohner.“ Wenn das Produkt einschlägt, kann es schnell gehen. „Weil die USAmerikaner in kürzester Zeit Zugang zu Risikokapital haben.“ In diesem Sinne: Was auch immer Sie in den USA vorhaben, ob als Tourist oder vielleicht schon bald als Unternehmer, Vorbereitung ist das Maß aller Dinge. Falco brachte das in seinem Song „Amerika“ auf den Punkt, auch wenn er sie auf sich selbst gemünzt hat, passt diese Textzeile doch perfekt zu den USA: „Das Typische an mir, ich bin untypisch, ganz und gar.“ n STARTUP. Das Linzer Startup Carployee war auf der Suche nach einem Investor und fand das USUnternehmen RideAmigos. Gründer Albert VoglBader schildert, wie das ablief. CHEFINFO: Sie haben einen Exit geschafft, und zwar mit einem USUnternehmen. Wie lief dieser Prozess ab? Albert Vogl-Bader: Wir hatten eine Finanzierungsrunde mit einem Berliner Kapitalgeber geplant. Doch die wollten einen größeren Investor an Bord holen und haben den Outreach gestartet. Das USUnternehmen RideAmigos war das Erste, das sich gemeldet hat. Das ist kein Investor, sondern ein Unternehmen in einem ähnlichen Geschäftsumfeld wie wir, also in intelligenten Pendlerlösungen für bessere und smarte Mobilität. Die RideAmigos hatten sofort Interesse, aber nicht um zu investieren, sondern sie wollten die ganze Firma übernehmen. Was sind die Unterschiede von USInvestoren zu europäischen? Vogl-Bader: Wir haben uns auch nach europäischen Optionen umgesehen. Es gab einige aus Deutschland und Luxemburg, die Interesse hatten. Doch die gingen ganz anders an die Sache heran. Die Amerikaner haben geschaut, wie wir so drauf sind, was wir machen und welche Vision wir verfolgen. Die Europäer haben sich sofort nach einem M&ABerater umgeschaut. Die Amerikaner waren relativ locker und innerhalb von zwei Monaten war unser Deal vereinbart und erst dann ging es in den DueDiligenceProzess. Da wurden wir natürlich auf Herz und Nieren geprüft. Wie lief der Prozess atmosphärisch ab bzw. was war aus Ihrer Sicht „typisch amerikanisch“? Vogl-Bader: USFirmen haben einen enormen Drive. Als wir das erste Mal mit demCEO der RideAmigos gesprochen und uns ausgetauscht haben, war keine Rede davon, wie groß wir sind. Es ging nicht um irgendein Finanzkapitel, sondern nur darum, wie die beiden Unternehmen zusammenpassen könnten. Wenn Amerikaner etwas wollen, muss man schnell sein. Der erste Schritt passiert immer über die persönliche Ebene. Wir waren letztes Jahr einen Monat in der Firmenzentrale in Santa Monica, in der Nähe von Los Angeles. Da sind wir ein kleiner Fisch, aber ein Fisch, der gut zu ihrer Philosophie passt. Was schon spannend war, ist, dass unsere Käufer überall ihre Kontakte haben und quasi „Backgroundchecks“ machen, ohne dass man es mitbekommt. Wie sieht es mit der Qualität österreichischer ITFachleute aus? Sind wir konkurrenzfähig? Vogl-Bader: Die Qualität der Leute in Österreich ist sehr gut. Das war sicher mit ein Grund, warum man uns übernommen hat. Wir programmieren zu einem Preis, der machbar ist. In Santa Monica, demSitz von RideAmigos, gibt es unzählige ITUnternehmen, und die saugen den Markt ab. Ein SeniorEntwickler verdient in etwa 200.000 Dollar pro Jahr. Dafür zahlt man dort auch für ein kleines Zimmer 2.000 Dollar Miete. „US-Firmen haben einen enormen Drive“ Carployee-Gründer Albert Bader-Vogl lobt die offene und schnelle Art des neuen US-Inhabers. Europäische Investoren seien oft zu zögerlich. SANTA MONICA Die Qualität der Leute in Österreich ist sehr gut. Wir programmieren zu einem Preis, der machbar ist. In den Staaten sind alle happy, bei uns ist alles ein wenig trockener, aber vielleicht auch ehrlicher. Albert Vogl-Bader Gründer Carployee Venture Capital „liegt“ in den USA „auf der Straße“. Kein Wunder, wenn US-VCs die zweitgrößten Investoren in österreichische Startups sind. m t S A

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