Chefinfo Magazin 2-23

26 | CHEFINFO | 2/2023 FOTOS: OBERBANK/PETER RIGAUD, STEPHAN NATSCHLAEGER FOTOS: DARREN415/BARDOCZPETER/RAFAEL ABDRAKHMANOV/GREBESHKOVMAXIM/ ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS COVERSTORY Ansatz: Es geht um Geschwindigkeit, um Business und nicht um kleinkariertes Denken.“ Solche Deals sind viel leichter abzuschließen als hierzulande, wenn man interessant ist, egal wie groß der potenzielle Kunde auch ist. Das bestätigt auch Brandmayr: „Man bekommt Termine einfacher als in Österreich. OutoftheboxDenken wird belohnt. Hat man einen Fürsprecher vor allem in großen Unternehmen, dann kommt man schnell rein, selbst als NonameFirma.“ Dem pflichtet Reichetseder bei, seine Erklärung für diese Attitüde: „Wenn ich will, kann ich in den USA morgen Friseur werden. Ich brauche kein gebundenes Gewerbe, und wenn ich Kunden finde, die mich bezahlen, kann ich überleben. Der Markt entscheidet. In den USA entstand so vieles aus dem Nichts. Die ganzen Ubers, Airbnbs und Co., das sind alles Ideen, wie man Leute miteinander vernetzt. Das gibt es auch in Asien. Europäer hingegen sind da viel zu konservativ.“ „You only live once“ Vor zu konservativem oder gar überheblichem Denken warnt auch Brandmayr: „Man muss akzeptieren, dass man nicht der einzig Gescheite auf der Welt ist. Amerikaner merken sehr schnell, was dahintersteckt.“ Die kulturellen Unterschiede sind also enorm. Albert VoglBader, der sein Startup an das USUnternehmen RideAmigos verkauft hat, konkretisiert: „Wir sind direkter. In den USA wird vieles schöngeredet. Es gibt oft gute Miene zum bösen Spiel. In den Staaten sind alle happy, bei uns ist alles ein wenig trockener, aber vielleicht auch ehrlicher.“ Und Josef Brandmayr ergänzt: „My best friend, heißt in den USA gar nichts.“ So auch bei den Mitarbeitern. Mögen sie ihren Arbeitgeber heute noch „awesome“ finden, kann das morgen schon ganz anders aussehen. Linda TuttleWeidinger kennt das genau. Sie ist in New Jersey aufgewachsen. Die Lektorin an der JKU ist Vice President der AustrioAmerican Society Upper Austria und kennt ihre Landsleute daher genau: „Es gilt die Devise: You only live once.“ Nach wie vor schlägt der Pioniergeist durch, die Beweglichkeit undMobilität. Wir sehen auch in Österreich wachsende Spannungen am Arbeitsmarkt, aber in den USA sind diese noch AAS OÖ. Josef Weißl, President der AustroAmerican Society OÖ, und VicePresident Linda Tuttle Weidinger über „the place to be“, Spaltung und Rechtssicherheit in den USA. CHEFINFO: Europäische Industrie und Technologie sind in den USA gefragt. Unterschätzen wir uns? Josef Weißl: In der New Economy sind die USA nach wie vor „the place to be“. In der Old Economy spielt Europa in einer ganz anderen Liga. Europäische Unternehmen, welche klassische Industrien in den USA etablieren wollen, müssen bedenken, dass in den USA vieles ganz anders funktioniert. In Europa gibt es ein sehr fortgeschrittenes Technologieverständnis. Man kann das nicht 1:1 in den USA umsetzen. Es gibt eine Aussage eines Industriellen, der in etwa meinte: „Die Amerikaner sehen nur so aus wie wir, aber wir Europäer sind den Asiaten ähnlicher als den Amerikanern.“ Es gibt wesentlich weniger Fachpersonal, die Prozesse müssen standardisierter werden und es gibt auch viel mehr Beweglichkeit und Mobilität bei den Mitarbeitern. Es gilt also eine völlig andere Kultur. Wie sieht es bei den kulturellen Unterschieden im Alltag aus? Was müssen Expats beachten? Linda Tuttle-Weidinger: Man sollte sich auf jeden Fall schlau machen, wie die Gesetzeslage in jedem einzelnen Bundesstaat aussieht. Nehmen wir etwa die Waffengesetze: In 21 Bundesstaaten darf man ab 21 Jahren eine Waffe kaufen und offen tragen. Und diese Waffe darf sogar mit einer Patrone geladen sein. In den USA kommen auf 100 Einwohner 120 Waffen. Die „Lieblingswaffe“ der Amerikaner ist übrigens eine Glock 19. Was bedeutet diese Spaltung für die Rechtssicherheit von Unternehmen? Tuttle-Weidinger: Das Höchstgericht hat bereits Abtreibungen verboten, will jetzt die gleichgeschlechtliche Ehe abschaffen und es gibt schon Vorschläge der Republikaner, um das Prinzip „Ein Mensch – eine Stimme“ auszuhebeln, was imGegensatz zu den demokratischen Grundregeln steht. Die aktuellen Bemühungen zur CO2Reduktion könnten ebenso gekippt werden. Wir wissen also nicht, was das Oberste Gericht vorhat. Weißl: Das System hat sich für das Business nicht verändert. Business muss funktionieren und damit funktioniert auch das System. Die aktuellen höchstgerichtlichen Urteile haben aber gesellschaftliche Auswirkungen und die spielen natürlich auch in einem Unternehmen eine Rolle. Was bedeutet diese Spaltung für die Führungskräfte? Weißl: Egal welches Unternehmen man führt, es braucht immer ein Eingehen auf die Gegebenheiten und auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter. Wer glaubt, dass das so wie in Österreich funktioniert, wird Schiffbruch erleiden. USMitarbeiter haben zudem mehr Selbstbewusstsein. Das darf man nicht ignorieren. Der Umgang miteinander ist ein anderer. „Europa spielt in einer anderen Liga“ BLOOMSBURG In Europa gibt es ein sehr fortgeschrittenes Technologieverständnis. Man kann das nicht 1:1 in den USA umsetzen. Sie vertreten die US-Community in Oberösterreich: Linda Tuttle-Weidinger und Josef Weißl Ô Gerade das rechte Lager sieht alles, was aus Europa kommt, sehr kritisch und teilweise als kommunistisch. Linda Tuttle-Weidinger Vice President AAS OÖ Der Anteil von Hochtechnologiegütern am Gesamtwarenhandel beträgt zwischen 65 und 70 Prozent. Philipp Krabb Research Lead Accenture Österreich

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