Chefinfo Magazin 2-23

24 | CHEFINFO | 2/2023 FOTOS: WACKER NEUSON FOTOS: BARDOCZPETER/RAFAEL ABDRAKHMANOV/GREBESHKOVMAXIM/ ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS, WACKER NEUSON WERK COVERSTORY Raumfahrt oder Kfz, Maschinen sowie optische und elektronische Geräte stehen am Einkaufszettel von USFirmen, die in Österreich shoppen gehen, ganz oben. Und sie gehen seit den 2000erJahren immer mehr und mehr shoppen. Seit dem Jahr 2000 stiegen die Exporte in die USA um 217,3 Prozent. Die bekannteste mit Österreich verknüpfte Marke ist übrigens nicht Red Bull (mit 43 Prozent Marktanteil Nummer eins bei Energydrinks in den USA) oder Swarovski, sondern Glock. Die Pistolen aus Ferlach gehören zur Standardausrüstung der USPolice und des FBI. In den waffenverrückten USA ist eine Glock bekannter als die uramerikanische Marke Colt. Upper Austria: Upper Class in Business Es sind auffallend viele oberösterreichische Unternehmen, die in den USA tätig sind, wie STIWA, AGRU, Teufelberger, voestalpine, Lenzing, Ebner, MIBA und viele mehr, die in den USA Standorte betreiben. Für Silhouette oder KTM zählen die USA zu den wichtigsten außereuropäischen Märkten überhaupt. Viele weitere Unternehmen wollen folgen. Hasslacher sieht das an ausverkauften „Bootcamps“, welche die Außenhandelsstelle in New York für österreichische Firmen bietet, die in die USA gehen und sich vorbereiten wollen, denn Vorbereitung ist alles. Der Markteintritt birgt einige Tücken und Spezifika. Ganz oben auf der Liste: die Personalsuche. „Die Arbeitslosenquote liegt bei 3,4 Prozent – die niedrigste seit 1956. Es fehlt nicht nur an Quantität, sondern auch an Qualität.“ Doch genau da sieht Hasslacher eine Chance. „Österreichische Firmen, die Automatisierungslösungen bieten, haben da großes Potenzial. Gerade wenn es um effiziente Prozesse geht oder Softwarelösungen in Spezialbereichen, sind wir extrem stark.“ Auch in der GreenTechBranche kann Österreich mitspielen. „Der Nachholbedarf ist enorm. Das beginnt bei Trivialem. Allein in unserem Büro zieht es bei den Fenstern rein, es gibt keine Isolierungen, und es wird elektrisch geheizt.“ „Out of the box“ Es gibt also viel zu tun für unsere Topbetriebe, viele Chancen, aber auch einige „Fallen“. Für Gert Reichetseder, CEO von Wacker Neuson USA, ist das Land nach wie vor eines der unbegrenzten Möglichkeiten. Die politische Weichenstellung der letzten Jahre ist für ihn nur logisch: „Die USA können nicht nur von Marketing und Engineering leben. Außer im Militärsektor, vor allem bei Flugzeugen, gibt es keinen großen Industriemotor. Von der kalifornischen TechIndustrie allein kann man nicht zehren.“ Der WackerNeusonStandort in Milwaukee zog erst kürzlich einen großen Deal mit dem USMaschinenhersteller John Deere an Land. „Ich habe denDeal in kleinen Teams auf Augenhöhe verhandelt, obwohl John Deere doch deutlich größer ist. In diesen Verhandlungen herrschte ein pragmatischer WACKER NEUSON. Für Gert Reichetseder, CEO von Wacker Neuson USA, sind die Staaten ein Land der unbegrenzten Möglichkeiten, das eigene Gesetze hat, wie „Work smarter not harder“. CHEFINFO: Die USA gelten als sehr unternehmensfreundlich. Wie nehmen Sie das wahr? Gert Reichetseder: Es ist das Land der Unternehmer. Die Bürokratie ist im Vergleich zu uns deutlich geringer. Jeder kann ein Unternehmen gründen. Es gibt kein gebundenes Gewerbe und keine Formerfordernisse, etwa, dass man Kapital einschießen muss. Die Dynamik ist enorm. Das ist wie Tag und Nacht und hat viel Positives, aber natürlich auch Schattenseiten. Für Unternehmer sind die USA aber nach wie vor das Land der Seligen. Es herrscht ein anderes Mindset. Wenn jemand scheitert, ist das kein Makel bzw. umgekehrt: Hat man Erfolg, gibt es keinen Neider. Man darf Erfolg haben und ihn auch zeigen. Nicht zuletzt deshalb gibt es in Europa deutlich weniger Unternehmensgründungen und auch weniger Kapital. In den USA probiert man viel mehr. In Österreich schaut man erst einmal, dann macht man einen Plan, einen Businessplan und so weiter. In den USA geht es um Geschwindigkeit. Natürlich birgt das ein Risiko. Doch ohne Risiko kann man kein Geschäft machen. Wie würden Sie die USMitarbeiter charakterisieren? Reichetseder: Sie leben nach dem Motto: „Work smarter not harder“. USAmerikaner sind nicht so sehr auf Sicherheit ausgerichtet. Man nutzt Kredite und lebt auf Pump. Das ist nicht unbedingt schlecht, weil sie mehr im Jetzt und nicht im Morgen leben. Das merkt man überall: Häuser sind nicht für zehn Generationen gebaut wie in Österreich. Ich will das nicht bewerten, die Kultur ist einfach anders. Was sollte man beim Business in den USA beachten? Reichetseder: Man soll nicht glauben, dass die eigene Denke die richtige ist, das ist typisch europäisch. Man denkt, Amerikaner seien dumm, weil sie schlechte Häuser bauen und schlechte Autos fahren, aber das ist nicht wahr. Man muss auf die Leute zugehen. Sobald Amerikaner sehen, dass ihnen jemand das Leben erklärt, funktioniert die Beziehung nicht mehr. In USUnternehmen gibt es auch keine Kollegialorgane. Es gibt einen CEO, der allein gibt die Richtung vor. Es ist alles auf einen ausgelegt. Es gilt das „HighlanderPrinzip“: Es kann nur einen geben. Viele europäische Unternehmen wollen in den USA eine Art europäische Unternehmenskultur etablieren, etwa bei der Lehrlingsausbildung. Kann das gut gehen? Reichetseder: Das kann funktionieren. Auch wir bilden hier Lehrlinge aus. Es geht, aber es muss in das System reinpassen. Benefits sind wichtig, aber die bieten ohnehin viele an, etwa eine Krankenversicherung oder einen Pensionszuschuss. Ob man damit größere Loyalität bekommt, wage ich zu bezweifeln. Nur wenn alles zusammenpasst, bleiben die Mitarbeiter dem Unternehmen treu. Man kann sich keine Loyalität kaufen. In den USA gibt es Vollbeschäftigung und die bringt Fluktuation mit sich. „Das ist wie Tag und Nacht“ Für Gert Reichetseder, CEO Wacker Neuson America Corporation, sind die USA nach wie vor das Land der Unternehmer. Will man erfolgreich sein, braucht es Geschwindigkeit und den richtigen Mindset. MENOMONEE FALLS Sobald Amerikaner sehen, dass ihnen jemand das Leben erklärt, funktioniert die Beziehung nicht mehr. Es braucht Augenhöhe. Schon 1957 wagte sich Wacker Neuson über „den großen Teich“. Heute hat die Wacker Neuson Corporation ihren Sitz auf einem 66 Hektar großen Gelände in Wisconsin. Wenn ich will, kann ich in den USA morgen Friseur werden. Ich brauche kein gebundenes Gewerbe. Der Markt entscheidet. Gert Reichetseder CEO Wacker Neuson USA Baumaschinen sind für das US-Infrastrukturpaket gefragt. Selbst Gigant John Deere verlässt sich auf Produktionsexpertise von Wacker Neuson. Ô

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