Chefinfo Magazin 2-23

22 | CHEFINFO | 2/2023 FOTOS: STIWA FOTOS: BARDOCZPETER/RAFAEL ABDRAKHMANOV/GREBESHKOVMAXIM/ ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS, STIWA COVERSTORY Aufschrei gehört, wenn Produktionen in China eröffnet werden. Heimische Firmen wollen diese nun auch in die USA bringen und das wird als großes Problem dargestellt. Da misst man vielleicht mit ungleichen Maß.“ Noch dazu wo Hasslacher zu bedenken gibt, dass die USA Europa als Player nicht sehr ernst nehmen. „Das beginnt bei der Wirtschaft, geht über das Geopolitische bis zur Sicherheitspolitik. Das große Match lautet USA gegen China.“ Auch Josef Brandmayr, CEO von STIWA Advanced Products, sieht das pragmatisch: „Die geopolitischen Schwierigkeiten der letzten drei Jahre haben eine völlig neue Art der Globalisierung hervorgebracht. Die neue Globalisierung bedeutet: Global denken, lokal produzieren. Das ist vor allem in den USA ein wesentlicher Punkt.“ Go West Dieser Protektionismus – bei öffentlichen Aufträgen muss 80 Prozent der Wertschöpfung in den USA passieren – löst seit einiger Zeit eine wahre „Go West“Welle österreichischer Unternehmen aus. Kein Wunder, denn „die Staaten sind für die heimischen Unternehmen der drittwichtigste Zielmarkt und der wichtigste außerhalb der Europäischen Union“, schildert Michael Zettel, Präsident der Amerikanischen Handelskammer in Österreich (AmCham) und Country Managing Director von Accenture Österreich. Österreich exportiert Waren im Wert von 11,1 Milliarden Euro in die USA. Das sind 6,7 Prozent der Gesamtexporte. „Der Handel ist robust, resilient und krisenresistent.“ Mit einem Wort: „Die USA sind ein besonders verlässlicher Handelspartner.“ Accenture hat dazu eine Studie erstellt, die klar macht, welche rotweißroten Güter begehrt sind. „Der Anteil von Hochtechnologiegütern am Gesamtwarenhandel beträgt zwischen 65 und 70 Prozent“, schildert Philipp Krabb, Research Lead Accenture Österreich. Produkte der chemischen und pharmazeutischen Industrie, Teile für Luftfahrt, CHEFINFO: Sie sind schon länger am USMarkt aktiv. Nun bauen Sie intensiv aus. Warum jetzt und was haben Sie vor? Josef Brandmayr: Wenn nicht jetzt, wann dann? Entweder man geht jetzt in die USA oder vielleicht für sehr lange Zeit nicht mehr. Wir sind aktuell in Fort Mill, an der Nordspitze von South Carolina, eingemietet. Jetzt haben wir in Rock Hill ein 100.000 m2 großes Grundstück für die eigene Produktion gekauft. Bis Sommer 2023 soll die erste Bauetappe starten. Im September 2024 wollen wir erste Maschinen im eigenen Gebäude produzieren können. Wie finden Sie dafür Fachkräfte? Brandmayr: Es gibt zwar de facto Vollbeschäftigung, nichtsdestotrotz finden wir Mitarbeiter, weil wir ihnen eine Perspektive bieten können. Wir haben einen jungen Mitarbeiter aus den USA angestellt und haben ihn dann drei Monate nach Österreich zur fachlichen Qualifizierung, aber auch zur Integration in unser Teamnetzwerk geschickt. Er hat eine gewisse emotionale Bindung an das Unternehmen aufgebaut. Diese Bindung gibt es in den USA kaum. Es gibt kein Sozialsystem wie bei uns. Das heißt, dass Unternehmen Verantwortung für ihre Mitarbeiter übernehmen. Deshalb bieten wir Versicherungslösungen mit geringem Selbstbehalt. Wir wollen keine Mitarbeiter, die, wenn sie zum Arzt müssen, ein Problem bekommen. Wie qualifizieren Sie diese Mitarbeiter, um die hohen Unternehmensstandards zu erfüllen? Brandmayr: Wir brauchen gleich qualifiziertes Personal wie in Österreich. In Österreich betreiben wir intensive Lehrlingsausbildung, in China haben wir mit dieser 2018 begonnen und in den USA wollen wir damit ab 2024 starten. Das ist in den USA ein absoluter Kulturbruch. Wie wird man als europäisches Unternehmen am USMarkt empfangen? Gibt es da Vorbehalte? Brandmayr: Es ist wichtig, dass man denMehrwert des Unternehmens darstellt. Bringt man diesen, erhält man viel Hilfestellung. Und man muss Netzwerke, wie etwa die German American Chambers of Commerce, nutzen. Diese Netzwerke helfen enorm bei der Lösung von Schwierigkeiten. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Dos and Don’ts im USBusinessleben? Brandmayr: Einer der großen Fehler, der in den USA – imGegensatz zu China – gemacht wird, ist, dass man glaubt, es sei nicht viel anders als in Europa. Man denkt: Die sind wie wir. Das ist trügerisch. Sie denken anders, sie ticken anders und sie entscheiden anders. Wenn wir eine Anfrage bekommen und der Kollege ist krank, sprich das Angebot geht eine Woche später raus, ist man aus dem Spiel. Wenn es nicht jetzt sofort passiert, passiert es nie. Amerikaner sind sehr schnell in ihren Entscheidungen und in der Umsetzung. Es darf auch keine Halbherzigkeiten geben. Wenn man sich in den USA engagiert, dann voll und ganz, denn am Ende laufen die Kosten, und die sind höher als bei uns. Das PreisLeistungsVerhältnis bei Mitarbeitern ist um einiges schlechter als in Österreich. Wenn man sich in den USA engagiert, dann voll und ganz, denn am Ende laufen die Kosten, und die sind höher als bei uns“, sagt Josef Brandmayr, CEO STIWA Advanced Products. ROCK HILL Entweder man geht jetzt in die USA oder vielleicht für sehr lange Zeit nicht mehr. STIWA. Der Automatisierungsspezialist STIWA baut seine Produktionskapazitäten in den USA massiv aus. Josef Brandmayr, CEO STIWA Advanced Products, erklärt warum. „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ STIWA Advanced Products setzt unter anderem auf Zerspanungstechnologie. Mit österreichischer Hochtechnologie begleitet man Kunden vom Engineering bis zum fertigen Produkt. Noch ist STIWA in South Carolina eingemietet. 2024 soll der eigene Standort samt Lehrlingsausbildung („ein Kulturbruch“) eröffnet werden. Ô Die Staaten sind für die heimischen Unternehmen der drittwichtigste Zielmarkt und der wichtigste außerhalb der Europäischen Union. Michael Zettel Präsident AmCham Austria

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