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10/2022 | CHEFINFO | 53 52 | CHEFINFO | 10/2022 WIRTSCHAFT WIRTSCHAFT CHEFINFO: Wie erklären Sie sich, dass Österreich in so vielen Lehrberufen an der Weltspitze steht? Stefan Praschl: Die duale Ausbildung macht sich bemerkbar. Unsere Jugendlichen sind es gewohnt, vom ersten Tag an mit Kunden zu arbeiten. Auch haben wir viel Tradition. Bei uns gibt es Berufe über Hunderte von Jahren. Es hat sich viel entwickelt und wir sind in einigen Bereichen federführend. Viele Länder haben da kaum eine Basis. Doch auch sie holen auf. Viele Unternehmen investieren hohe Summen in die Lehrlingsausbildung. Sie haben aber keine Garantie, ob ihnen die Jungfacharbeiter bleiben. Der Stellenwert ist also nach wie vor hoch. Praschl: Die Betriebe sprechen nicht von Kosten, sondern sehen die Lehrlingsausbildung als eine Investition, auch wenn ein paar weggehen, ohne diesen Nachwuchs können wir nicht überleben. Da ist schon viel an Wertschätzung da. Was passiert, wenn diese fehlt, sieht man in Ländern wie Spanien, die haben fast INTERVIEW. Stefan Praschl im Interview über unterschätzte Lehrberufe, wie man diese an die Zukunft anpasst und warum selbst Hufschmiede sich mit der Digitalisierung auseinandersetzen müssen. „Viel Wertschätzung“ FOTOS: ©IBW / ©SKILLSAUSTRIA keine Fachleute mehr. Die Schule kann sie nicht liefern. Auch in Großbritannien oder der USA fehlen sie. Bei uns kann einer, der einen Metallberuf erlernt hat, alles. Er kann drehen, schweißen und fräsen. In Großbritannien gibt es nur einen, der schweißen kann usw. Warum ist das Image der Lehre noch immer nicht dort, wo es sein sollte? Praschl: Das Image wird schon ein wenig besser, darum sind solche Berufswettbewerbe auch wichtig. Man sieht, dass man auch im Handwerk Weltmeister werden kann. Dazu hat sich das Arbeitsumfeld völlig verändert. Früher hantierten Schlosser mit Ölen und Fetten, sie wurden richtig schmutzig. Bei einer Firma wie Blum in Vorarlberg kann man vom Boden essen. Was allerdings nicht förderlich ist, ist die Akademisierungswelle, die in den 1970ern begonnen hat. Immer wenn es um Bildung oder Bildungspolitik geht, meint man die Bildung, die aus der Schule kommt. Es wird ein wenig vermittelt, dass die Lehre der unterste Einstieg ist. Das ist ein völlig falsches Bild. Einen Abschluss in einem Hightechlehrberuf kann ich leicht mit einer HTL vergleichen, vom fachlichen sind die Lehrabsolventen mindestens auf diesemNiveau. Ich habe ein wenig das Gefühl, der Politik fehlt es an Herz für die Lehre. Nur wenige Politiker haben einen Beruf erlernt. In der Schweiz steht das gesamte politische Personal Spalier, um seine Weltmeisterlehrlinge zu empfangen. Bei uns passiert das ohne viel Emotion und Überzeugung. Es gab vor zwei Jahren eine Plakatserie, welche die Lehre schmackhaft machen sollte. Da wurden Models hingestellt, als ob wir nicht genug erfolgreiche Jugendliche hätten, dabei sind unsere Jugendlichen in der Region bekannt – und sie sind erfolgreich. Ô Bei den WorldSkills ist nicht nur können gefragt, sondern die Fähigkeit, sich fokussieren und konzentrieren zu können. Manchmal sehen bis zu 80.000 Menschen zu. Auch Hufschmiede müssen sich mit der Digitalisierung auseinandersetzen, etwa bei der Ganganalyse mittels Kameras oder beim 3D-Druck von Hufen. Stefan Praschl Technischer Delegierter SkillsAustria NACHGEFRAGT. Mit ihrem Unternehmen GLORIA qualifiziert Regina Leuchtenmüller Arbeitssuchende in verkürzter Ausbildungszeit on the Job. Eine Win-win-Situation, die eine Lücke am Arbeitsmarkt schließt. Der Personal- und vor allem der Fachkräftemangel trifft die Wirtschaft ins Mark. Wie profitieren Arbeitgeber dank Ihres Unternehmens GLORIA? Regina Leuchtenmüller: Wir bilden arbeitssuchende Menschen für den jeweiligen Arbeitgeber kostengünstig aus als auch weiter, wir schulen sie um oder qualifizieren sie völlig neu. Wie eine Partnerbörse bringen wir somit Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt zusammen. Dank der arbeitsplatznahen Qualifizierung (AQUA) geben AMS und das Land OÖ arbeitslosen Personen die Möglichkeit, konkreten betrieblichen Anforderungen zu entsprechen. AQUA besteht aus einer theoretischen und punktgenauen Ausbildung im Betrieb. Dieser zahlt an GLORIA lediglich einen monatlichen Verwaltungsbeitrag sowie die zu 50 Prozent vom Land OÖ geförderten Ausbildungskosten. Welche Berufsfelder decken Sie ab? Leuchtenmüller: Aktuell werden über 250 verschiedene Ausbildungen dank AQUA angeboten, aber nicht nur handwerkliche Berufe, gefolgt von Industrie und (Bau)Gewerbe, sondern auch der zukunftsträchtigste Bereich Technik & Digitalisierung stehen im Vordergrund. Kaufmännische und Gastronomieberufe stehen bei uns ohnehin an der Tagesordnung. Perfect Match trotz Bewerbermangel ANZEIGE FOTO: GLORIA, SABINE STARMAYR Regina Leuchtenmüller Inhaberin GLORIA Implacement Für alle, denen eine vom AMS OÖ genehmigte Umschulung zu- steht, schaffen wir Zukunfts- chancen und neue Existenzen. Herrenstraße 4 4020 Linz 0732 771938 office@gloria.co.at www.gloria.co.at TEXT: Jürgen Philipp

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