Chefinfo Magazin 2-23

86 | CHEFINFO | 2/2023 FOTOS: JARIYAWAT THINSANDEE / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS, FABASOFT IT & MORE Blind Software testen? Das funktioniert tatsächlich. Mario Batusic und Daniel Pöll testen Computerprogramme für die öffentliche Verwaltung auf Barrierefreiheit. „Wir haben vor rund zehn Jahren konkret eine Person gesucht, die unsere Softwares auf Barrierefreiheit untersucht. Daher sind wir eine Kooperation mit der Johannes Kepler Universität Linz eingegangen. Aus dieser Kooperation ist schließlich die Zusammenarbeit mit Mario Batusic entstanden“, erzählt Hasan Cakmak, Leiter der Fabasoft-Tochter Proceco Solutions. Dass Batusic vollständig blind ist, war von Anfang an kein Problem für das Unternehmen. „Die Beeinträchtigung war von Anfang an kein Hindernis, sondern ein Vorteil“, erzählt Cakmak. Blinde bringen spezielle Fähigkeiten mit Batusic sei nun in Altersteilzeit gegangen. Ein neuer Mitarbeiter musste eingestellt werden und auch er soll im besten Fall blind sein. „Bei der Suche nach einem neuen Mitarbeiter haben wir sogar den Fokus darauf gelegt, ob dieser eine Beeinträchtigung hat. Es war ein ‚Muss-Kriterium‘ für uns.“ Denn eine blinde Person nutze die Tastatur und die Braillezeile (Anm. Blindenschriftzeile) bei einem Computer, um die Software zu bedienen. Wenn eine Software für blinde Personen barrierefrei zugänglich ist, dann seien auch alle anderen Formen der Beeinträchtigungen gut abgedeckt, so der Fabasoft-Mitarbeiter. „Menschen mit Beeinträchtigungen haben diese speziellen Fähigkeiten, die sie durch die Beeinträchtigungen mitbringen, das ist eine Bereicherung. Das sind Fähigkeiten, die wir nicht haben.“ Das Bewusstsein, dass eine Zusammenarbeit mit Menschen mit Beeinträchtigungen ganz normal ist, hatte Cakmak vorher nicht, wie er offen zugibt: „Durch meine Kollegen habe ich gelernt, wie selbstständig Menschen mit Beeinträchtigungen arbeiten. Zudem bringen sie Innovation und andere Sichtweisen in das Unternehmen ein“, sagt Cakmak. Lösung für den Arbeitskräftemangel Dieses Potenzial, welches Menschen mit Beeinträchtigungen in ein Unternehmen mit einbringen können, erkennt nicht jedes Unternehmen. Dabei könnten sie auch eine Lösung für den derzeitigen Arbeitskräftemangel sein, wenn man sie richtig einsetzt. Im Jänner waren in Oberösterreich 9.777 „Arbeitslose mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen“ beim Arbeitsmarktservice registriert. Unternehmen sind laut Behinderteneinstellungsgesetz allerdings ab 25 Personen dazu verpflichtet, mindestens einen „Begünstigt Behinderten“ einzustellen. Software testen ohne Augenlicht INKLUSION. Eine blinde Person einzustellen, um Computerprogramme auf Fehler zu überprüfen? Dass dies sehr gut funktionieren kann, beweist das Software-Unternehmen Fabasoft mit Sitz in Linz. TEXT: Nicole Dirnberger Als „Begünstige Behinderte“ gelten laut Sozialministerium Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 Prozent. Ausgenommen dabei sind Schüler, Studenten, Personen, die nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften eine dauernde Pensionsleistung beziehen und nicht in Beschäftigung stehen, sowie Personen, die nicht in einem aufrechten sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stehen. Wird eine Person als „Begünstigt Behinderter“ eingestellt, hat sie einen erhöhten Kündigungsschutz sowie Anspruch auf Förderungen im beruflichen Bereich, Zusatzurlaub und den Lohnsteuerfreibetrag. Kommt ein Unternehmen dieser Beschäftigungspflicht nicht nach, hat es pro offener Pflichtstelle und Monat eine sogenannte Ausgleichstaxe zu entrichten. Im Jahr 2022 betrug diese 276 Euro bei Unternehmen, welche zwischen 25 und 99 Personen beschäftigt. Zwischen 100 und 399 Arbeitnehmer waren es 388 Euro und mehr als 400 Beschäftigte 411 Euro. Den Sprung ins kalte Wasser wagen Vor rund zehn Jahren hat Fabasoft zum ersten Mal eine beeinträchtigte Person eingestellt und sich dabei auf neues Terrain begeben. Den Unternehmen kann Hasan Cakmak in Bezug auf die Einstellung von Menschen mit Beeinträchtigungen nur raten: „Einfach den Sprung ins kalte Wasser einmal wagen. Danach wird man schon sehen, ob es passt oder nicht.“ Denn: „Jeder Mensch hat seine Fähigkeiten, die man im Unternehmen einbringen kann. Eine Beeinträchtigung ist dabei nicht immer ein Hindernis, sondern manchmal sogar ein Vorteil.“ n Seit einer Kooperation mit der Johannes Kepler Universität arbeitet Fabasoft mit dem blinden Softwaretester Mario Batusic. 9.777 Arbeitslose mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen sind in Oberösterreich gemeldet. Hasan Cakmak Head of Proceco Solutions, Fabasoft Die Beeinträchtigung war von Anfang an kein Hindernis, sondern ein Vorteil. „QUANTUMREADY“. Die Quantentechnologie entwickelt sich derzeit rasch von der Grundlagenforschung in Richtung industrieller Nutzung. Seit Jänner läuft am Software Competence Center Hagenberg (SCCH) das Projekt „QuantumReady“, in dem heimische Betriebe auf die kommende Quantum-Computing-­ Ära vorbereitet wer- den. Quantencomputer können in Zukunft rechenintensive Aufgaben viel schneller und genauer lösen, als herkömmliche Hardware das je könnte. Um diesen „Quantenvorteil“ aber erfolgreich einsetzen zu können, braucht es ein genaues Verständnis über mögliche Anwendungsgebiete, Kosten und Nutzen – von der entsprechenden Quantum-Expertise ganz zu schweigen. Im Projekt QuantumReady werden Methoden zur individuellen Evaluierung und Einführung von Quantum-Technologien entwickelt, um auch kleinere Unternehmen beim Eintritt in das Quantenzeitalter zu unterstützen. Kleine Unternehmen unterstützen Im Projekt arbeiten das SCCH sowie Quanten-Informatiker der JKU Linz und die Firmen ESS Engineering Software Steyr GmbH, HAKOM Times Series GmbH und QMware Austria zusammen. Quantenvorteil aus Hagenberg ANZEIGE FOTOS: SCCH Quantum-Computer werden in den nächsten Jahren in der Praxis ankommen. Es ist wichtig, sich heute bereits darauf vorzubereiten. Prof. Dr. Robert Wille Wissenschaftlicher Leiter des SCCH Das QuantumReady-Projektteam beim Kick-off-Meeting 2/2023 | CHEFINFO | 87

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