Chefinfo Magazin 2-23

2/2023 | CHEFINFO | 73 72 | CHEFINFO | 2/2023 FOTOS: ULLI ENGLEDER, SOS MENSCHENRECHTE MANAGEMENT MANAGEMENT SOZIALES MANAGEMENT. Elke Aigner, die Managerin mit sozialem Gewissen, ist die neue Geschäftsführerin von SOS Menschenrechte. Der Verein, der im ersten Haus der Menschenrechte in Linz Geflüchtete betreut und sie in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt integriert, feiert heuer sein 30jähriges Bestehen. CHEFINFO: Was ist Ihre Motivation im Einsatz für die Menschenrechte? Elke Aigner: Für mich ist es unglaublich wichtig, sich auch in einer funktionierenden Demokratie, in einem Rechtsstaat wie Österreich für Menschenrechte einzusetzen und, mehr noch, diese zu verteidigen. Wir dürfen uns nicht der Illusion hingeben, dass bei uns alles in Ordnung sei. Menschenrechtsverletzungen finden auch bei uns statt, etwa beim Schutz unserer Privatsphäre und im Umgang mit unseren Daten durch internationale Konzerne. Bei Menschen mit Fluchthintergrund und allen anderen vulnerablen Gruppen müssen wir besonders genau hinsehen. Diese Menschen brauchen von der Zivilgesellschaft die nötige Aufmerksamkeit bei der Durchsetzung ihrer Rechte. Meine Motivation ist es, mit SOS Menschenrechte als Korrektiv zu wirken, damit in Österreich Menschenrechte in jeder Hinsicht jedem Menschen zuteil werden. Sie haben vor Ihrer Tätigkeit bei SOS Menschenrechte jahrelang erfolgreich ein Arbeitsmarktintegrationsprojekt betreut. Wie klappt eine Integration am Arbeitsmarkt am besten? Aigner: Die Integration von Geflüchteten kann gelingen, wenn ihre Selbsterhaltungsfähigkeit gewährleistet ist. Diese umfasst zunächst das Thema Wohnen, ein schwieriges Thema, da hier die Politik den Zugang zu gefördertem Wohnraum für anerkannte Flüchtlinge an sehr hohe Voraussetzungen bindet. Mein Ziel, Geflüchtete rasch in den Arbeitsmarkt zu integrieren, kann für alle Beteiligten zu einer WinwinSituation werden. Die Voraussetzungen dafür sind klar definiert: größtmögliche Qualität und Quantität bei Deutschkursen, gezielte Programme für Talentfindung und deren Förderung, niederschwelliger Zugang zu Berufsausbildungen mit Schwerpunkt Mangelberufe bei gleichzeitig beschleunigter und vereinfachter Anerkennung ausländischer Diplome. Damit ihre Selbsterhaltungsfähigkeit nachhaltig und langfristig ermöglicht werden kann, müssen die Geflüchteten anfangs unterstützt und begleitet werden, dafür stehen wir. Welche besonderen Fähigkeiten bringen Geflüchtete für unseren Arbeitsmarkt mit? Aigner: Naturgemäß ist ein besonderer Überlebenswille vorhanden. Dieser äußert sich darin, dass sie niemals aufgeben, was natürlich im Berufsleben ein großer Vorteil ist. Wenn jemand die Flucht auf sich nimmt, beweist er oder sie einen unglaublichen Lebensmut, einen Lebenswillen. Dieser drückt sich dann in Österreich vielDank Menschlichkeit auf der Überholspur fach durch einen Unternehmerwillen aus. Überdurchschnittlich viele Geflüchtete gründen hier ein Unternehmen, etwa in der Gastronomie oder in verschiedenen Dienstleistungsberufen. Eine von vielen Erfolgsstorys ist jene von Samer Alkurdi, der aus Syrien geflüchtet ist und bereits seit 2018 mit Rajaa’s Food ein erfolgreiches Cateringunternehmen betreibt. In den vergangenen Monaten konnten wir einer Reihe von Geflüchteten in namhaften Linzer Hotel und Gastronomiebetrieben eine Lehrstelle ermöglichen. Dort, wo Personal dringend benötigt wird, sind Geflüchtete gern gesehen. Nur die allerwenigsten Flüchtlinge wollen in die soziale Hängematte, denn die allermeisten wollen die Erfolgsleiter erklimmen. Wie kann man als Unternehmer SOS Menschenrechte unterstützen? Aigner: Wir sind sehr dankbar, dass uns Dutzende Unternehmer jahrelang mit ihrem fachlichen und monetären Einsatz so tatkräftig unterstützen. Ohne ihre Hilfe hätten wir das Haus der Menschenrechte, wo rund 50 Geflüchtete untergebracht und permanent betreut werden, nicht errichten können. Was uns noch fehlt, ist eine vollkommene Barrierefreiheit des Gebäudes, was derzeit nur im Erdgeschoß gewährleistet ist. Für die vier Stockwerke ist ein Treppenlift nötig, für dieses Projekt benötigen wir Unterstützer. Das Haus der Menschenrechte ist ebenso ein Ort der Zusammenkunft. Diesen Gemeinschaftssinn möchten wir ausbauen und dafür unseren Garten nutzen. Eine spontane Hilfe von Unternehmern im Bereich der Gartengestaltung wäre daher großartig. Heuer feiern Sie 30 Jahre SOS Menschenrechte. Worauf sind Sie stolz? Aigner: 35 großartige Mitarbeiter zu haben, die ihre Aufgaben 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche und 365 Tage im Jahr mit Engagement, Herz und großer sozialer Kompetenz erfüllen. Unser Sitz in der Rudolfstraße ist tatsächlich rund um die Uhr mit ausgebildeten Sozialpädagogen oder Sozialarbeitern besetzt. Diese exzellente Betreuung ist deshalb möglich, weil wir etwa 1.500 Fördermitglieder haben, die uns mit Zeit und Geld unterstützen. Besonderen Dank möchte ich an unsere Partnerunternehmen aussprechen, die unser Projekt Amigo@Work tatkräftig unterstützen. Ein besonderes Beispiel dafür ist die Firma SANO Transportgeräte, die zwei aus Afghanistan geflüchtete junge Männer in ein fixes Arbeitsverhältnis übernommen hat, einer davon ist nun seit fünf Jahren dort tätig, inzwischen als Maschinenbauer. Ein erfolgreicher Unternehmer, der selbst Migrationshintergrund hat und bei SOS Menschenrechte engagiert ist, ist Werbeunternehmer Sargon Mikhaeel. Ein Vorbild? Aigner: Ja, Sargon Mikhaeel ist ein ganz besonderer Mensch. Dank Menschen wie ihm konnte unser Haus der Menschenrechte durch private Mittel finanziert und errichtet werden. Er lebt den Integrationsgedanken und setzt sich persönlich für Menschen ein, deren Schicksal ihn berühren. Als Vorstandsvorsitzender des FC Blau Weiß Linz lebt er natürlich auch den Integrationsgedanken, der dank Sport noch viel leichter funktioniert. In Kunst und Kultur, im Sport, im Fußball im Besonderen gibt es den Teamspirit, den wir bei der Integration brauchen und leben. Was bringt die Zukunft? Aigner: Wir möchten noch mehr Menschen für Menschenrechte begeistern. Deshalb werden die Öffentlichkeitsarbeit, der Dialog mit den Menschen und die Menschenrechtsbildung eine große Rolle spielen. Und wir möchten die großartigen Betriebe in Oberösterreichmit auf unseren Weg nehmen. Deshalb planen wir ein Gütesiegel für Unternehmen, die sich dem Integrationsgedanken undMenschenrechten verschrieben haben. n Elke Aigner mit Werbeunternehmer Sargon Mikhaeel, der SOS Menschenrechte unterstützt. Elke Aigner Geschäftsführerin SOS Menschenrechte Nur die allerwenigsten Flüchtlinge wollen in die soziale Hängematte, die allermeisten wollen die Erfolgsleiter erklimmen. Viele Geflüchtete werden dank starkem Willen zu erfolgreichen Unternehmern. Menschen wie Elke Aigner helfen bei der Integration am Arbeitsmarkt.

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