Chefinfo Magazin 2-23

2/2023 | CHEFINFO | 37 36 | CHEFINFO | 2/2023 deutschen Handelskammer, was auch die Qualität der Veranstaltungen maßgeblich mitbestimmt. Wo sehen Sie noch Potenzial im Ausbau der Beziehungen? Pötsch: Die Wirtschaften in Österreich und Deutschland sowie generell in Europa befinden sich in einem großen Transformationsprozess. Wir sind in einen Zyklus eingetreten, der lange bestehen bleiben und große Umwälzungen mit sich bringen wird. Russland fällt als Energielieferant für längere Zeiträume aus. Das betrifft nicht nur die Versorgungslage, sondern auch die Preis und Kostenfrage. In solchen Prozessen ist die Tätigkeit einer Handelskammer von herausragender Bedeutung. FOTO: ERNST KAINERSDORFER FOTOS: XXXXXXXX WIRTSCHAFT WIRTSCHAFT INTERVIEW. Hans Dieter Pötsch ist Aufsichtsratschef bei Volkswagen und Präsident der Deutschen Handelskammer in Österreich Der gebürtige Linzer über das deutschösterreichische Verhältnis, Europas Umsetzungsschwächen, den gewaltigen Transformationsprozess der Wirtschaft und die Zukunft der etablierten Autohersteller. INTERVIEW: Klaus Schobesberger CHEFINFO: Die Deutsche Handelskammer in Österreich (DHK) ist mit 1.400 Mitgliedern die größte deutschösterreichische Netzwerkorganisation. Sie sind Präsident seit 2019 und wurden im Vorjahr für drei Jahre wiedergewählt. Ist das für Sie eine maßgeschneiderte Aufgabe? Hans Dieter Pötsch: Nein, weil das ja bedeuten würde, sie wäre für mich gemacht. Ich war zuvor schon viele Jahre als Mitglied imVorstand tätig. Man muss auch dazu sagen: Es ist ein Ehrenamt. Worum geht es? Die Handelskammer hat die Aufgabe, die Wirtschaftsbeziehungen – in diesem Fall zwischen Österreich und Deutschland – zu fördern und zu unterstützen und dazu die entsprechenden Dienstleistungen anzubieten. Und ich denke, dass ich hier einen kleinen Beitrag leisten kann. Mit maßgeschneidert meinte ich unter anderem, dass Sie Österreicher sind. Ihr Vorgänger war der ehemalige deutsche Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt. Pötsch: So eine Aufgabe ist für mich als Österreicher ein Stück Emotion, keine Frage. Seit der Gründung 1955 standen namhafte Persönlichkeiten sowohl aus Deutschland als auch aus Österreich an der Spitze der Organisation. Seither sind die Wirtschaftsräume in Österreich und Deutschland auf eine Art und Weise zusammengewachsen, wie es besser nicht sein kann. Insofern ist das eine echte Erfolgsgeschichte. Ein deutsches Wirtschaftsmagazin hat sie als jemand beschrieben, der gut verbinden kann. Sind Sie ein guter Netzwerker? Pötsch: Es ist immer schwierig, sich selbst richtig einzuordnen. Vielleicht habe ich Fähigkeiten, Menschen zusammenzubringen und diese auf ein gemeinsames Ziel und eine gemeinsame Sache zu orientieren. Ich habe kein Problem damit, wenn mir das zugesprochen wird. Sie sind seit mehr als vier Jahrzehnten in Deutschland tätig. Die Zahl der Österreicher in einflussreichen Positionen in Deutschland ist überschaubar oder täuscht der Eindruck? Pötsch: Es sind einige Österreicher sehr gut positioniert in Deutschland. Traditionell hat Österreich ein exzellentes Ausbildungssystem, hatte aber über die Jahre nicht die Angebote aus der Wirtschaft heraus erzeugt, um allen Führungspersönlichkeiten ein Betätigungsfeld zu bieten. Mittlerweile sind die Angebote an Spitzenaufgaben nicht nur in Österreich breiter geworden, Österreicher sind auf allen Kontinenten tätig, was auch Ausdruck einer globalisierten Wirtschaftswelt ist. Dieser Erfolg auf den Weltmärkten verbindet beide Länder. Ist das eine Partnerschaft auf Augenhöhe? Pötsch: Österreich ist zwar der kleinere Handelspartner, den Begriff „Augenhöhe“ sollte man aber differenziert betrachten. 25 Prozent des Handelsbilanzüberschusses, den Deutschland erzielt, ist auf den Handel mit Österreich zurückzuführen. Es gibt kein Wirtschaftsverhältnis zwischen zwei Ländern innerhalb Europas, das so intensiv ist wie zwischen Österreich und Deutschland. Zudem ist die österreichische Wirtschaft stärker widerstandsgeprägt, hat zahlreiche Hidden Champions und Weltmarktführer, die im Weltmarkt hervorragend mitspielen. Ein Teil davon ist Mitglied in der „Riesige Aufgaben, die noch nicht bewältigt sind“ Hans Dieter Pötsch VW-Aufsichtsratschef Es gibt kein Wirtschaftsverhältnis zwischen zwei Ländern innerhalb Europas, das so intensiv ist wie zwischen Österreich und Deutschland. HANS DIETER PÖTSCH, Jahrgang 1951, ist gebürtiger Oberösterreicher und studierte nach dem Besuch der HTL Paul-Hahn-Straße in Linz Wirtschaftsingenieurwesen an der Technischen Hochschule in Darmstadt. Danach machte er Karriere in Deutschland: zwischen 1979 und 1987 bei BMW, zuletzt als Leiter des Konzerncontrollings, danach beim Maschinenhersteller Trumpf, der Traub AG und der Dürr AG – als Geschäftsführer oder Vorstandschef. Ab 2003 startete Pötsch seine Berufslaufbahn bei der Volkswagen AG als Finanzvorstand. Seit 2015 ist er Vorsitzender des Aufsichtsrats der VW AG. Im gleichen Jahr wurde er zum Vorstandsvorsitzenden der Porsche Automobil Holding SE bestellt. Seit 2019 ist Pötsch der zehnte Präsident der Deutschen Handelskammer in Österreich. Ô

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