chefinfo 10-22

42 | CHEFINFO | 10/2022 FOTO: UPM AUSTRIA WIRTSCHAFT WIRTSCHAFT Reichhart GmbH – The Car Loft // Pernau 29, 4212 Kefermarkt www.reichhart-freistadt.at // hello@thecarloft.at // +43 7941 71088 BMWPREMIUM JUNGWAGEN THE CAR LOFT „Dass österreichische Industriebetriebe abwandern oder am Standort nicht mehr weiterinvestieren, ist ein realistisches Szenario“, sagt UPM-Kymmene Austria-Chef Ernst Spitzbart. PAPIERINDUSTRIE. Die Industrie kämpft am Standort mit Wettbewerbsnachteilen, die sich mit den steigenden Energiekosten zuspitzen. Der Energiesprecher der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer OÖ. und UPM-Kymmene Austria Geschäftsführer sieht dringenden Handlungsbedarf. INTERVIEW: Klaus Schobesberger Chefinfo: Die Papierindustrie zählt zu den energieintensiven Unternehmen. Was bedeutet die Energiepreisexplosion konkret für Ihre Branche? Ernst Spitzbart: Unter den energieintensiven Betrieben liegt die Papierindustrie an der Spitze. Der Energiekostenanteil ist auf über 50 Prozent gemessen am Produktionswert gestiegen. Nur noch die keramische Industrie liegt auf diesem Niveau. Das zeigt eine Datenumfrage unter Mitgliedsbetrieben der Wirtschaftskammer zur Entwicklung der Energiekosten für den Zeitraum von September 2021 bis September 2022. Wie viel Strom erzeugen Sie am Standort Steyrermühl selbst? Spitzbart: Die Eigenenergieerzeugung spielt eine Rolle, sie trägt etwa 15 bis 20 Prozent zum Gesamtstrombedarf bei. Wir haben eine Gasturbine am Standort, damit können wir aber nicht wirtschaftlich Strom produzieren. Daher kaufen wir Strom am Spotmarkt zu, haben aber auch wie jeder Industriebetrieb langfristigere Absicherungen. Wie sieht es mit dem Einsatz von Erdgas bei der Papiererzeugung aus? Spitzbart: Normalerweise braucht man für die Papiertrocknung Gas zur Wärmeerzeugung. Wir erzeugen am Standort die Wärme über eine Biomasseanlage und nutzen die Abwärme aus Produktionsanlagen sehr effizient. Damit verfügt UPM über ein zukunftsweisendes Produktions-Set-up. Dank dieser verfahrenstechnischen Optimierungen können wir bei UPM den Gasverbrauch sehr niedrig halten. Sie sind seit 40 Jahren in der Branche tätig. Wie konnte man am Standort Österreich so lange wettbewerbsfähig bleiben? Spitzbart: Durch ständige Innovationen, findige Mitarbeiter und engagierte Manager. Denn derWettbewerbsnachteil ist eklatant. Industrieländer in Mitteleuropa, wo hauptsächlich unser Marktumfeld liegt, haben deutlich bessere Standortbedingungen. Deutschland plant eine Energiepreisbremse, was heißt das für Österreich? „Enorme Bedrohung“ Spitzbart: Das wäre eine enorme Bedrohung für die österreichische Industrie. Wenn hohe Kostenfaktoren gedeckelt oder gebremst werden, wirkt sich das auf die gesamte Wirtschaftskette und ihre Warenwerte aus. Dass Österreich mit einem eigenen Strom- und Gaspreisdeckel nachziehen muss, ist aus meiner Sicht unausweichlich. Wie schätzen Sie die Maßnahmen der Regierung ein? Sind sie ausreichend? Spitzbart: Es ist lobenswert, dass die Strompreiskompensation ab Anfang nächsten Jahres in Kraft tritt, aber nur rückwirkend auf das Jahr 2022. Andere Länder haben diesen automatischen Mechanismus bis 2030 verlängert und schon viele Jahre in Anwendung. Die EU schafft den Rahmen für Beihilfen, den Länder wie Deutschland oder andere mitteleuropäische Länder ausschöpfen. In Österreich handelt man sozusagen kurativ, um eine Situation zu bereinigen, aber man schafft hier kein nachhaltiges Instrumentarium. Andere Staaten ermöglichen zudem eine stärkere Integration von Industriebetrieben in die Netzbewirtschaftung. Das heißt, das netzdienliche Verhalten eines großen Stromverbrauchers wird unterstützt. In Österreich gibt es mit der Netzreserve erste Ansätze. Ein weiterer Wettbewerbsnachteil ist die Strompreiszonentrennung zwischen Deutschland und Österreich, die uns 30 bis 40 Euro pro Megawattstunde kostet. Das muss neu verhandelt werden. Droht Österreich wirklich eine Deindustrialisierung? Spitzbart: Dass österreichische Industriebetriebe abwandern oder am Standort nicht mehr weiter investieren, ist für mich ein realistisches Szenario. Wir leiden sehr unter dieser Ungleichbehandlung innerhalb Europas. n Dass Österreich mit einem eigenen Strom- und Gaspreisdeckel nachziehen muss, ist unausweichlich. Ernst Spitzbart UPM-Kymmene Austria, Steyrermühl

RkJQdWJsaXNoZXIy NzkxMTUy