Chefinfo Magazin 01-2024

WIRTSCHAFT 1/2024 | CHEFINFO | 37 FOTOS: WIKIMEDIA COMMONS, NIMIS69/ E+ / GETTY IMAGES WIRTSCHAFT 36 | CHEFINFO | 1/2024 in der Hütte? HEIZUNGSINDUSTRIE. Ist die Windhager-Pleite ein Einzelfall oder ist die gesamte Branche überhitzt? Hat gar die Politik Öl ins Feuer gegossen und welche Rolle spielt die Branche bei der Energiewende? Experten geben Antwort. TEXT: Jürgen Philipp Die Pleite des Traditionsunternehmens Windhager nahm eine positive (Energie)Wende. Der Mondseer Wasseraufbereiter BWT übernimmt den in Schieflage geratenen Heizungshersteller, der im neuen Werk in Pinsdorf Wärmepumpen herstellen wollte. Für BWT-Chef Andreas Weißenbacher ist das ein „Perfect Fit“. Der Großteil der 440 Mitarbeiter soll die Jobs behalten. Dennoch scheint Windhager ein Einzelfall zu sein, wie Elisabeth Berger, Geschäftsführerin der Vereinigung Österreichischer Kessel- und Heizungsindustrie kurz VÖK, berichtet. „Der Branche selber geht es gut. Es gibt relativ wenig Grund zum Jammern. In den letzten drei Jahren gab es ein Sensationsjahr nach dem anderen.“ Vom Keller ins Rampenlicht Berger ist seit 17 Jahren in dieser Funktion tätig und sieht einen Trend: „Wir haben immer gejammert, dass sich keiner für die Heizung, sondern nur für das Auto interessiert. So viel Interesse wie in den letzten Jahren hatten wir noch nie. In Coronazeiten, wo alle anderen zu Hause waren, ist bei uns die Post abgegangen.“ Heizungssanierungen waren auch während der Pandemie möglich, weil „die Heizung meistens im Keller steht, also räumlich abgetrennt ist“. 2021 gab es noch einen Hype für alle Energiesysteme, also Gas- und Holzheizungen sowie Wärmepumpen. „Mit der Gaskrise bzw. dem Krieg in der Ukraine 2022 ist der Markt nicht nur angesprungen, sondern hysterisch geworden. Wir wuchsen nochmals um 10 Prozent mehr als vorher.“ Von 80.000 Heizsystemen pro Jahr wuchs die Zahl der Neuinstallationen auf über 100.000. „Viele haben sogar neue Gasheizungen rausgerissen und durch eine Wärmepumpe ersetzt.“ Der Ritter der Energiewende Waren 2021 noch Gasheizungen Marktführer, sind ab 2022 Wärmepumpen das bevorzugte Heizsystem, wie Richard Freimüller, Präsident des Verbandes Wärmepumpe Austria vorrechnet. „Spätestens 2040 wird die Wärmepumpe eine ganz dominante Rolle spielen. Derzeit sind 350.000 am Netz, 2040 sollen es 1,4 Millionen sein. Der Grund liegt auf der Hand: Energie- und CO2-Einsparungen.“ Nicht nur in Haushalten, auch in der Industrie wird die Wärmepumpe zum Gamechanger. Großwärmepumpen werden in energieintensiven Branchen wie der Ziegelindustrie eingesetzt. „In der Industrie erlebt die Wärmerückgewinnung einen riesigen Durchbruch. In Uttendorf etwa betreibt Wienerberger eine Wärmepumpe mit 160 Grad. Ich bin überzeugt, dass man mit der Abwärme vieler Betriebe, wo Wärme derzeit noch verpufft, mittelfristig eine ganze Siedlung heizen wird. Nichts wird mehr verschwendet werden.“ Übrigens: Die erste Wärmepumpe der Welt war im industriellen Einsatz. Sie wurde 1857 in der Saline Ebensee in Betrieb genommen. Was kaum einer weiß: Der Erfinder war ein Österreicher. Der Montanist Peter Ritter von Rittinger meldete 1853 das Patent für sein „Abdampfverfahren“ an. Ein Verfahren, das schon damals 80 Prozent des Energieeinsatzes zum einst üblichen Brennstoff Holz erzielte. Alleine in der Saline sparte man sich 293.000 m3 Holz pro Jahr. Freimüller sieht daher einen unaufhaltsamen Siegeszug der Wärmepumpentechnologie. „Ein alter Freund von mir meinte einmal: ,Was macht es für einen Sinn, etwas mit 1.000 Grad zu verbrennen um damit 20 Grad Zimmertemperatur zu erzielen?‘“ Branche als Spielball der Politik Elisabeth Berger sieht das naturgemäß ein wenig anders. „Unsere Branche ist zu einem Spielball der Politik geworden. Die Politik hat sich mit Heizungen die Finger verbrannt. Mit der Gasdiskussion war der Markt schlagartig tot. Dazu kam die Diskussion, ob Holz erneuerbar ist oder nicht, auch das hat den Markt sofort getroffen.“ Österreich sei, so Berger, eine Weltmacht, wenn es um Holz- oder Pelletsheizungen geht. „Unsere Hersteller hatten einen FEUER 1,4 Millionen Wärmepumpen sollen bis 2040 installiert sein. Aktuell sind es 350.000. Ô Schon im 19. Jahrhundert sorgten Industrie-Wärmepumpen für Energieeinsparung. Im Bild: die Dampfzentrale Steyr

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