CHEFINFO Wels Spezial 2024

WELS SPEZIAL 18 | CHEFINFO WELS CHEFINFO WELS | 19 WELS SPEZIAL FOTOS: BRP, SCHÄRDINGER, PPS.AT / PICTUREDESK.COM zweieinhalb Mal bedienen könnten. Das führt zu Überangeboten und lässt Preise kollabieren. Solarmodule, Stromspeicher und Wechselrichter kosten teilweise nur noch halb so viel wie vor einigen Monaten. Was gut für Konsumenten ist, trifft heimische Hersteller wie Fronius hart. Das Familienunternehmen kann den vom chinesischen Staat gestützten Preisen, die zum Teil unter den Produktionskosten liegen, nichts entgegenhalten. Kommt der „Made in Europe“-Bonus? Fronius, 1945 vom Erfinder Günter Fronius in Wels gegründet, ist ein „GreenTech“-Pionier. Das Technologieunternehmen zählt mit 8.100 Mitarbeitern zu den großen Playern der Branche und ist einer der wenigen Wechselrichter-Hersteller, die noch in Europa entwickeln und produzieren. Die Exportquote beträgt 89 Prozent, geliefert wird überwiegend in den europäischen Markt. Das Geschäft lief die vergangenen Jahre auch sehr gut. Der PV-Boom, satte Förderungen und Lieferengpässe lösten eine enorme Nachfrage aus. 420 Millionen Euro wurden in den letzten beiden Jahren in zusätzliche Produktionslinien vorwiegend am Standort Sattledt investiert. Doch jetzt herrscht trotz des PV-Booms Flaute bei Fronius – und interne Kurzarbeit bis Jahresende. Laut Schätzungen der Internationalen Energieagentur sollen zwischen 80 und 95 Prozent der Anlagen, die in Europa verbaut werden, aus China kommen. Fronius-Chefin Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß fordert faire Rahmenbedingungen und Maßnahmen, um den Verlust an Wettbewerbsfähigkeit zu stoppen. „Die Amerikaner machen eine ganz starke Industriepolitik, was die Erneuerbaren betrifft, die Chinesen auch. Aber wir sind offen für alle und werden dann überrannt.“ Die Politik ist im Superwahljahr alarmiert. Mitte März wurde kurzfristig von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) ein FOTOS: TIGER COATINGS / HARTWIG ZÖGL, TIGER COATINGS TIGER COATINGS. Der Welser Pulverlack-Spezialist hat acht Produktionsstätten und liefert in rund 50 Länder. CEO Clemens Steiner über die aktuelle Auftragslage und die Unterschiede zwischen Europa, den USA und China. INTERVIEW: Klaus Schobesberger CHEFINFO: Im Jahr 2021 verzeichnete die Tiger Gruppe zweistellige Zuwächse. Wie ist die Lage 2024? Clemens Steiner: Von den drei Regionen, in denen wir tätig sind, läuft Nordamerika am besten. In China wachsen wir doppelt so stark wie die chinesische Volkswirtschaft. Europa entwickelte sich bis Mitte 2022 überdurchschnittlich gut, dann ist der Film gerissen. Was ist passiert? Steiner: Wir profitierten während der Coronakrise vom Boom bei Küchen, Wintergärten oder Sonnenschutz. Uns war klar, dass dieses Wachstum nicht nachhaltig sein konnte. Wir rechneten aber auch nicht mit dieser tiefgreifenden Rezession sowie der Krise am Bau- und Architektursektor, von dem die Tiger Group zu 50 Prozent abhängig ist. Wir haben in Europa enorm zu kämpfen. Die Probleme sind bekannt: Überregulierung, Ukraine-Krieg, Energiekrise und der stotternde deutsche Zwölfzylinder. Gleichzeitig erleben wir das Paradoxon eines sehr angespannten Arbeitsmarkts: Die Leute, die wir brauchen, finden wir nicht. Sie kommen gerade aus China zurück, wo Sie drei Fabriken betreiben. Welche Erkenntnisse nehmen Sie mit? Steiner: Die Fähigkeit der Chinesen, in Lichtgeschwindigkeit Produktionskapazitäten aufzubauen, ist unglaublich beeindruckend. Man kann es sich nicht vorstellen, wenn man es nicht gesehen hat. Mit den aktuellen Fabriken könnte der zweieinhalbfache Weltbedarf an PV-Modulen oder Elektroautos produziert werden. China ist schneller, billiger und technologisch vielfach besser. Punkto Digitalisierung haben sie gegenüber Europa einen enormen Vorsprung. Sie kennen keine „Fear of Failure“. Das alles sollte uns in Europa zu denken geben. Wir haben viele Entwicklungen verschlafen. Wie schätzen Sie die konjunkturellen Aussichten in diesem Jahr ein? Steiner: Ich denke, dass wir in den ersten beiden Monaten des Jahres die Talsohle durchschritten haben und es nun sehr langsam besser wird. Die Amerikaner stehen besser da. Die haben die Inflation besser gemanagt und pumpen enorm viel Geld in die Wirtschaft. „In Europa ist der Film gerissen“ Die Fähigkeit der Chinesen, in Lichtgeschwindigkeit Produktionskapazitäten aufzubauen, ist unglaublich beeindruckend. Clemens Steiner CEO Tiger Coatings, Wels Fassade am neuen Bürogebäude von Tiger Coatings in Wels. Clemens Steiner, CEO Tiger Coatings, Wels. RANKING Die 10 größten Export- unternehmen der Region 1 Pierer Mobility AG Wels (Konzernsitz) 2.437* 2BRP-Rotax GmbH & Co KG Gunskirchen 1.253 3Fronius International GmbH Sattledt 1.228 4Berglandmilch eGen Wels 1.200 5TGW Logistics Group GmbH Marchtrenk 955,8 6Richter Pharma Wels 682,3 7Teufelberger Holding AG Wels 349,3 8Tiger Coatings GmbH & Co KG Wels 326,9 9 TroGroup GmbH Wels 311,6 Starlim Sterner Gruppe Marchtrenk 242 *Umsatz in Mio. Euro (2022/23) 10 Der Papst mag Streichfähiges aus Österreich: „Schärdinger“-Butter wird seit Jahren in den Vatikan geliefert. Rund 37 Prozent der Produkte von Berglandmilch gehen in den Export. Der Can-Am Spyder ist eines von vielen Freizeitfahrzeugen der kanadischen BRP-Gruppe. Die Motoren kommen von Rotax aus Gunskirchen. Ô

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