Chefinfo Magazin 03-2024

74 | CHEFINFO | 3/2024 FOTOS: CAIAIMAGE/AGNIESZKA WOZNIAK / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS, MARTIN HÖRMANDINGER Die österreichischen Apotheken blicken auf wechselreiche Jahre zurück. Während der Pandemie wurden aufgrund der Testpflicht sogar Menschen mit Weißkittelphobie zu Dauergästen. Doch heute ärgern sich viele über Medikamentenengpässe. Und der Weg in die Apotheke wird durch ein paar Klicks am Computer ersetzt. Die Apotheken erkennen aber ihr Potenzial, drängen ebenfalls auf den neuen Markt und kämpfen dafür, mehr Dienstleistungen anbieten zu können. Back to Europe Das Problem von Lieferengpässen ist kein neues. „Die aktuelle Situation liegt im langjährigen Durchschnitt“, sagt Apothekerkammer-Präsidentin Ulrike MurschEdlmayr. Sie betont, dass in 95 Prozent der Fälle direkt in der Apotheke eine Lösung gefunden werden kann. Beispielsweise mit einem wirkungsgleichen Medikament oder der Herstellung in der Apotheke. Leider ist der Aufwand in solchen Fällen jedoch enorm. Die Gründe für die Lieferengpässe sind bereits in der Produktion zu suchen. Ein Großteil der Rohstoffe wird in Asien hergestellt, wo es mitunter zu massiven Produktionsausfällen kommt. „Darüber hinaus existiert oft nur ein einziger Hersteller weltweit“, erklärt Mursch-Edlmayr. Ihr Apell ist es, gesamteuropäische Lösungen für die Produktions-, Liefer- und Lagerschwierigkeiten zu finden: „Produktion und Lagerung von Arzneimitteln müssen daher nach Europa zurückgeholt werden.“ Digitaler Medikamentenschrank Österreichische Apotheken sind aus Gründen der Qualitätssicherung inhabergeführte Kleinunternehmen. Im Sinne ihres Versorgungsauftrags halten sie ein Gesamtlager, welches auch Produkte umfasst, die eine geringe Nachfrage haben „Reine Online-Apotheken folgen vielmehr dem Prinzip des ‚Rosinen-Herauspickens‘ und beschränken sich auf Artikel, die höhere Gewinne abwerfen“, kritisiert Mursch-Edlmayr die digitalen Handelsriesen, die ihren Firmensitz in der Regel im Ausland haben. Sie merkt aber auch an, dass am Onlinemarkt immer mehr österreichische Apotheken erfolgreich sind. Wichtig ist ihr, dass die Möglichkeit einer Arzneimittelberatung durch einen Apotheker nicht verloren geht. Selbst wenn der Kauf über die Webseite stattfindet. Ärzte versus Apotheker Die neue Apothekengesetzesnovelle ermöglicht es Pharmazeuten, einfache Gesundheitstest durchzuführen. Bei der Ärztekammer sah man diese Kompetenzausweitung gar nicht gerne. Man argumentierte in der Vergangenheit mit Qualitätsminderung. Außerdem wies man darauf hin, dass ein Gesundheitstest ohne ärztliche Behandlung wenig Wert besäße. Mursch-Edlmayr argumentiert dagegen, dass die Apotheke eine andere Zielgruppe ansprechen würde: „Viele Menschen wünschen einen raschen Überblick über bestimmte Gesundheitsparameter ohne Wartezeiten.“ Die Befürchtung der Ärztekammer, dass kranke Patienten dadurch erst später den Arzt aufsuchen würden, teilt sie nicht. Erkrankungen wie Blutzucker oder Bluthochdruck würden von Patienten nicht aktiv wahrgenommen werden und der Gesundheitstest in der Apotheke könnte der Früherkennung Mehr als nur Medikamente PHARMAZIE. Die klassische Apotheke befindet sich im Wandel. Lieferengpässe und digitale Konkurrenz fordern die Branche heraus. Doch die Pharmazeuten erfinden sich neu, weiten ihre Kompetenzen aus und stoßen damit auf Widerstand. TEXT: Michael Schwarz

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