Chefinfo Magazin 02-2024

DAS MAGAZIN DER FÜHRUNGSKRÄFTE GABRIELE LUGER MARTIN HAJART SIMON REICHHART Mission Zukunft DIGITALE MEILE Warum Österreichs pulsierendste Tech-Community in Linz zu Hause ist. MÄRZ 2024 AUFGESESSEN Rennradfahren ist das neue Marathon laufen INTERVIEW Christoph Leitl über die Zukunft der EU, Trump und Putin ROHSTOFFE KANN EUROPA AUTARK WERDEN? Georg Spiesberger Geschäftsführer Tech Harbor MÄRZ 2024/34. JG./NR. 2/2,50 EURO, ÖSTERREICHISCHE POST AG, GZ 02Z031559 M, ZIELGRUPPEN-ZEITUNGSVERLAGS GMBH, ZAMENHOFSTRASSE 9, 4020 LINZ POLITIK WIE EINE NEUE MOBILITÄT DIE STADT BELEBT LOCATION WARUM FESTE IM VIERKANTER GEFRAGT SIND AUTOHAUS WORAUF KUNDEN ABFAHREN FÜHRUNG WAS DER MENSCH VON HUNDEN LERNEN KANN

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Europäischer Neustart Was braucht Europa, um nicht hinter die Mitbewerber China und die USA zu fallen? Die fetten Jahre Wohin sich die Fitnessbranche entwickelt und welche Rolle künstliche Intelligenz spielt. Begegnungszone Gerd Schachermayer im Interview über die Schaffung eines Raums für die Linzer Jugend. Batterieologisch Was ist Batteriediagnostik und wie konnte ein österreichisches Scale-up Weltmarktführer darin werden? 28 38 42 44 Wirtschaft Fahrt ins Ungewisse Welche Autohersteller nehmen an der Börse volle Fahrt auf, welche werden ausgebremst? „Förderalismus“ Ein Blick hinter die Kulissen des vermeintlichen Förderungsparadieses Österreich. 54 64 Wolflogik Was wir von der Beziehung zwischen Hund und Mensch über Management lernen. Reitstall als Seminarraum Wie Pferdeherden unser Denken über Unternehmensstrukturen revolutionieren können. 70 74 Station Zukunft Wie die Digitale Meile Silicon Valley übertrumpft. 28 54 74 16Coverstory Inhalt Finanzen Management FOTOS: NOBI_PRIZUE / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS, PIXEDELI / E+ / GETTY IMAGES, FERRARI, MARIAN & CO GMBH COVERFOTOS: HERMANN WAKOLBINGER, KATINA FRIDRIK FOTOGRAFIE 4 | CHEFINFO | 2/2024 38 Sigrid und Klaus Wiesmayr Inhaber Vitadrom

Klaus Schobesberger Chefredakteur Mikrokosmos & Makrokosmos k.schobesberger@chefinfo.at In dieser Ausgabe haben wir zwei Titelgeschichten im Angebot – eine aus dem ökonomischen Mikrokosmos, die andere aus dem politischen Makrokosmos. Zum einen die Coverstory über die „Digitale Meile“. Der Abschnitt zwischen Tabakfabrik und neuem Hafenportal markiert das neue Linz, jenseits des bekannten Stahlstadtflairs. Hier haben sich dank unternehmerischem Mut, politischer Weitsicht und universitärer Innovationskraft rund 110 IT-Unternehmen mit 3.500 Mitarbeitern angesiedelt. Sie ist eine digitale Agglomeration, „die selbst das Silicon Valley in den Schatten stellt“, schreibt Auto Jürgen Philipp. Klingt übertrieben? Überzeugen Sie sich selbst. Die andere Geschichte beleuchtet am Vorabend der EU-Wahl Europa aus drei unterschiedlichen Blickwinkeln. Was läuft gut – und was muss geschehen, damit wir nicht abgehängt werden? Viel Spaß beim Lesen dieser Ausgabe wünscht Ihnen Editorial 2/2024 | CHEFINFO | 5 78 84 90 Unternehmens-Update Welche Herausforderungen entstehen, wenn Unternehmen neue Software einführen? Asoziale Medien Wie Social Media Unternehmen schaden kann und warum junge Menschen auf sie verzichten. Fest im Rennradsattel Immer mehr Unternehmer tauschen ihre Golfschläger gegen das Rennrad aus. IT & more Lifestyle 78 90 IMPRESSUM: Eigentümer und Medieninhaber: Zielgruppen-Zeitungsverlags GmbH. Redaktionsanschrift: Zamenhofstraße 9, 4020 Linz, Tel.: +43 (0)50 6964-0, E-Mail: redaktion@chefinfo.at. Herausgeber: Peter Lengauer. Geschäftsführung: Mag. Johanna Lengauer, Hans Huber. Chefredaktion: Klaus Schobesberger. Redaktion: Jürgen Philipp Bakk. Komm. MBA, Michael Schwarz BA MA, Dipl.-Betriebsw. Melanie Aprin. Verlagsverkaufs- leitung: Christian Schüttengruber. Anzeigen: Mirijam Mayer, Roswitha Lang, Romana Gerard. Artdirector: Thomas Bruckmüller. Artdirector-Stv.: Julia Pargfrieder. Grafik: Malina Lahner, Vanessa Morandell, Rebecca Falmbigl. Bildbearbeitung: Andrea Laban, Frank Garzarolli. Korrektur: Mag. Dorrit Korger. Druck: Radin print d.o.o., Sveta Nedelja, Kroatien. Abo-Hotline: Tel.: 0506964-4091. E-Mail: abo@chefinfo.at. Internet: www.chef-info.at. Gültig ist die Preisliste 2024. Im Sinne einer leichteren Lesbarkeit werden geschlechtsspezifische Bezeichnungen überwiegend in männlicher Form verwendet. moments ● CHEFINFO ● WEEKEND MAGAZIN ● Corporate Publishing CHEFINFO IST EIN PRODUKT IM FOTOS: HERMANN WAKOLBINGER, PCESS609/ ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS, BOA/ALOIS BADEGRUBER

6 | CHEFINFO | 2/2024

2/2024 | CHEFINFO | 7 Vollgas. Arbeiter montieren ein Porsche-MacanModell an der Produktionslinie des PorscheWerks in Leipzig. Der Sportwagenbauer bringt 2024 Neuauflagen des Taycan, Macan, Panamera und 911er auf den Markt – das zehrt an der Rendite. 2024 werde eine Spanne von 15 bis 17 Prozent bei rund 40 bis 42 Milliarden Euro Umsatz angepeilt, teilte Porsche mit. FOTO: RONNY HARTMANN / AFP / PICTUREDESK.COM Foto des Monats

8 | CHEFINFO | 2/2024 FOTOS: NIKE, SIPHIWE SIBEKO / REUTERS / PICTUREDESK.COM, POLAROID, ANDERS WIKLUND / TT NEWS AGENCY / PICTUREDESK.COM, MARTIN JUEN / SEPA.MEDIA / PICTUREDESK.COM, VOESTALPINE , ANDREAS HOFER Radar Frauen erobern Vorstände Premieren. In zwei Vorständen oberösterreichischer Unternehmen ziehen erstmals Frauen ein. Den Anfang machte Saori Dubourg. Sie war als Vorstand des Chemie-Riesen BASF tätig und ist seit 1. März CEO der Greiner AG. Ebenfalls von der BASF kommend wird Carola Richter ab 1. April als erste Frau Teil des Vorstands der voestalpine AG. Davon profitieren auch die Mitarbeiterinnen: Eine italienische Studie zeigte, dass qualifizierte Frauen rund 10 Prozent mehr verdienen, wenn zumindest ein Unternehmensvorstand weiblich besetzt ist. Sofortbildkameras Laut dem Marktforschungsinstitut GfK verkaufen sich Instant Cameras blendend. Auf einem historischen Tief befinden sich hingegen Spiegelreflexkameras. Sneakers Turnschuhe wie der Air Jordan 1 von Nike waren nur mit Preisaufschlägen zu bekommen. Heute wird man sie mit hohen Rabatten nicht los. Sneakers-Crash worldwide. Luxusuhren 2023 hat Rolex erstmals mehr als 10 Milliarden Franken (10,4 Mrd. Euro) Umsatz erzielt. Noch nie hat eine Schweizer Uhrenmarke diese Schwelle überschritten. Bier Der Bierabsatz geht im Westen zurück. Mit dementsprechend schwachen Zahlen für das Jahr 2023 warten die Braukonzerne wie AnheuserBusch InBev und Heineken auf. TOP DOWN Produktgruppen im Aufwärtstrend Produktgruppen als Ladenhüter Gewerkschafter Reinhold Binder über die kommenden KV-Verhandlungen „Inhaltlich werden die Fetzen fliegen, aber konstruktiv.“ Dahin gesagt

2/2024 | CHEFINFO | 9 Woran arbeiten Sie gerade? Alexander G. Bauer. Der Ex-Verkaufsleiter bei Leitl Werke ist nun Vertriebschef im Kirchdorfer Zementwerk. Der gebürtige Linzer kann auf mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Baubranche verweisen und bringt umfassende Kenntnisse und eine klare Vision für den neuen Job als Vertriebs- und Marketingleiter bei Kirchdorfer Zement mit. Es ist ihm ein persönliches Anliegen, die Stärken des Leitbetriebs noch präsenter zu machen. „Ich sehe die neuen Herausforderungen im Zementbereich als eine aufregende Chance. Das Kirchdorfer Zementwerk bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten. Mit Optimismus und Tatendrang möchte ich dazu beitragen, unsere Position in der Branche zu stärken“, sagt Bauer. FOTOS: HELMUT FOHRINGER / APA / PICTUREDESK.COM, MARTIN JUEN / SEPA.MEDIA / PICTUREDESK.COM, RAFIQ MAQBOOL / AP / PICTUREDESK.COM, FROSCHAUER FOTOGRAFIE ZAHL Quelle: Bloomerg Businessweek Milliarden US-Dollar hat die Investmentfirma Alat für den Umbau Saudi-Arabiens in der Kasse. Die ersten 150 Millionen Dollar fließen in den Aufbau einer Roboterfabrik. Best of 100 Nachgefragt Die Kummerl-Nummer Der CHEFINFO-Gastkommentar über den Höhenflug der Kommunisten in Salzburg. Nachdem bei den Bürgermeisterwahlen die KPÖ+ zur zweitstärksten Partei in der Stadt Salzburg aufgestiegen ist, laufen die Telefone bei der neu eingerichteten Ö3-Kummerlnummer heiß. Wird beim „Jedermann“ das Sterben des reichen Mannes künftig mit Hammer und Sichel zelebriert? Kann Salzburg zur Partnerstadt von Pjöngjang werden? Packen die Amerikaner die Watchlist wieder aus und veröffentlichen eine Reisewarnung für die Mozartstadt? Wollpulli statt Barett. Aber die eigentliche Frage, die uns beschäftigen sollte, ist eine wichtigere: Wie kommen die anderen Parteien aus dieser Kummerl-Nummer wieder heraus? Niemand, wirklich niemand hätte nur im Entferntesten jene Kommunisten am Schirm, die 70 Jahre lang an der 1-Prozent-Hürde bei Wahlen scheiterten und nun von der Maschekseite die Landeshauptstädte einnehmen. Nicht mit Kalaschnikows und Barettmütze, sondern mit Babytrage am Bauch und Wollpulli. Die viel beschworene politische Mitte ist abgemeldet. Wenn es beim Thema Wohnen und Energie an Lösungskompetenz fehlt, werden plötzlich die politischen Ränder stark. Dagegen kommt auch kein FP-Kickl an, dessen Kraftausdrücke nichts zur Lösung beitragen. Und Andi Babler, der die SPÖ links positionieren will, droht, von den Kummerln und der Bierpartei links überholt zu werden. Ihr Anonymus Anonymus Leonore Gewessler, 46 Umweltministerin Die Grazerin war von 2014 bis 2019 Geschäftsführerin der Umweltorganisation Global 2000. Der Grün-Politikerin eilt der Ruf als Unternehmerschreck und Hardcore-Ideologin voraus. Lena Schilling, 23 EU-Spitzenkandidatin Sie war das Gesicht der Fridays-for-Future-Bewegung und wurde überraschend zur Frontfrau der Grünen für die EU-Wahl gekürt. Zuletzt fiel sie mit peinlichen Wissenslücken bei Fragen zur EU auf. Jennifer Morgan, 57 Staatssekretärin Die Amerikanerin leitete bis 2022 Greenpeace. Seither ist sie Staatssekretärin und Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik unter Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). WIEN Umweltaktivistinnen in der Politik BRÜSSEL BERLIN

10 | CHEFINFO | 2/2024 FOTOS: HERMANN WAKOLBINGER, GOLDMUND / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS Anders gedacht von Klaus Schobesberger Chefredakteur Harald Mahrer muss auch einmal gelobt werden. Der Präsident der Wirtschaftskammer ist in der Vergangenheit für seinen Hang zur Inszenierung als Chuck Norris der Wirtschaft viel kritisiert worden. Doch aktuell sind die Zeiten zu ernst für Imagepolituren in Politik und Wirtschaft. Mahrer hat Daten aus einer Untersuchung vorgelegt, in der das Beratungsunternehmen Deloitte im Auftrag der Kammer 500 Industriebetriebe in Österreich über die Zukunftsaussichten ihres eigenen Unternehmens befragte. Die Ergebnisse sind alarmierend: 90 Prozent der befragten Unternehmer geben an, dass die Attraktivität des heimischen Standorts sinke. Rund 40 Prozent sagen, Teile ihrer Wertschöpfungskette bereits verlagert zu haben. Produktionsverlagerung sei gelebte Realität, bestätigt Mahrer – und weist im selben Atemzug darauf hin, dass drei Viertel der Industriebetriebe in der Umfrage meinen, die Deindustrialisierung sei eine reale Gefahr. Die Erkenntnis aus der Studie deckt sich mit Aussagen der Industriellenvereinigung: Wenn der Standort in Gefahr ist, gefährdet das auch den Wohlstand und den Sozialstaat. Weil am Ende nur das verteilt werden kann, was zuvor auch erwirtschaftet wurde. Ist das Thema nicht zu alarmistisch aufgeladen? Europa, wir haben ein Problem In einem Kommentar einer Tageszeitung wurde angemerkt, dass es zwar wichtig sei, diese Zahlen ernst zu nehmen, aber andererseits mit Abwanderungsdrohungen „politisches Kleingeld gemacht wird“. Welches politische Kleingeld? Deindustrialisierung ist ein schleichender Prozess. Die voestalpine wird kaum mit einer krachenden Ankündigung ihren Standort verlegen. Auch kleine Unternehmen haben wenig Möglichkeiten. Was aber längst passiert bei international tätigen Unternehmen: Sie investieren woanders, ziehen die Produktion ab, dünnen den Mitarbeiterstand aus. Auch das ist Deindustrialisierung. Zum anderen haben wir ein europäisches Problem. Der Kontinent verliert gegenüber USA und China bei Wirtschaftswachstum, Arbeitsproduktivität und Kosten. Das kleine Österreich ist überwiegend nur Passagier. Politik ohne Risiko Noch einmal zurück zu Harald Mahrer. Im Interview mit dem Kurier letzten Dezember meinte er: „Der Republik fehlt es an Mut und Grandezza. Politiker werden dafür gewählt, Verantwortung zu übernehmen. Mut zu haben und Risiko einzugehen – das würde normalerweise im Beipackzettel der Politiker-Jobdescription stehen. Aber Politiker nehmen kein Risiko mehr.“ Keine weiteren Fragen. n ABWANDERUNG. Deindustrialisierung passiert nicht mit einem Tusch, es ist ein schleichender Prozess. Hoffentlich wachen wir nicht erst auf, wenn es zu spät ist

BONSAI-Welten Scan me! diverse Formen 120-150 cm statt € 149,– um € 99,90 Angebot gültig bis 6.4.2024! (Solange der Vorrat reicht) Bonsai- Scheinzypresse Entdecken Sie die faszinierende Welt der Bonsai: Herzlich Willkommen in unserer Bonsaiausstellung! 4600 Wels | Flugplatzstraße 38 | Tel. 07242 42 054 | geöffnet MO – FR 8 bis 18 Uhr, SA 8 bis 17 Uhr www.dopetsberger.at FOTO: JPLDESIGNS / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS

2/2024 | CHEFINFO | 13 FOTOS: BAUMIT, ANNA RAUCHENBERGER, INTERNORM, VKB Wirtschaft Wechsel an der Spitze Dorijan Rajkovic folgt Gerald Prinzhorn als neuer CEO der BaumitGroup. Zuletzt war er Geschäftsführer der Baumit Kroatien. Großes Potenzial sieht er in der Gebäudesanierung. Mut zu Innovation Julia Kössner wird Head of Innovation Lab, dem hauseigenen Innovationszentrum des KSV1870. Die studierte Betriebswirtin ist seit 2020 Data Analyst beim KSV1870. Sanierungsjahr IFN Internorm erzielte 2023 trotz herausfordernder Marktsituation einen Umsatz von 494 Mio. Euro und damit ein leichtes Umsatzplus von 6 Mio. Euro. Für 2024 rechnet Miteigentümer Christian Klinger mit dem „stärksten Sanierungsjahr in der Geschichte“ und lobte die Förderungen der Bundesregierung. Man hätte auch genug Kapazitäten für zusätzliche Aufträge. Vergangenes Jahr hat man zwar Mitarbeiter entlassen oder in Kurzarbeitsmodelle geschickt, diese könnten jedoch wieder aufgelöst werden. Vom Vorstand zum Vorsitz Markus Auer wurde vom VKB-Aufsichtsrat mit Wirkung 1. April zum Vorstandsvorsitzenden und Generaldirektor bestellt. Bereits seit 2021 führte er die VKB als Mitglied und Sprecher des dreiköpfigen Vorstandsteams neben Maria Steiner und Alexander Seiler. n WEIGHT WATCHERS. Der wohl berühmteste Diätkonzern steckt in wirtschaftlicher Not, nachdem Talkshow-Ikone Oprah Winfrey angekündigt hat, ihre Anteile zu verkaufen. Abnehmmedikamente wie das umstrittene Ozempic bringen Weight Watchers in Bredouille.

14 | CHEFINFO | 2/2024 Branchen Erfolgreiche Energiesparmesse Im März fand in Wels die WEBUILD Energiesparmesse statt. In Summe verzeichnete man 81.740 Besucher, das ist ein Plus von 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Hype um Photovoltaik und Energiegemeinschaften zeigte sich an der hohen Zahl an Ausstellern. Bei der Eröffnung kündigte Ministerin Leonore Gewessler eine Förderung für Speicheranlagen an. Der Alpenverein Linz feierte sein 150- Jahr-Jubiläum. 1874 wurde der Verein von Johann Pollak und 89 angesehenen Bürgern aus der Linzer Geschäftswelt gegründet. Heute zählt der Alpenverein 25.000 Mitglieder. Eine Erfolgsgeschichte, die auf dem unermüdlichen Einsatz von Ehrenamtlichen fußt. In Vorbereitung der Jubiläumsaktivitäten wurde eine umfassende Festschrift publiziert. MANAGEMENT & ERFOLG redaktion@chefinfo.at Whisky als digitale Spekulation Der Spirituosen-Produzent Peter Affenzeller aus Alberndorf bringt das weltweit erste NFTWhisky-Fass auf den Markt. Der Preis für einen der 321 Anteile an dem Whisky-Fass liegt bei 299 Euro. Damit kann investiert werden, noch bevor der Whisky trinkreif ist. Zu den Sternen Der Holzhausener Leichtbaukomponenten-Erzeuger Peak Technology hat im Rahmen einer Wachstums- finanzierung 10 Mio. Euro von der Hannover Finanz erhalten. Das Kapital wird für die Herstellung von Raumfahrtkomponenten genutzt. 150 Jahre Alpenverein n BAUBRANCHE. Laut Verband österreichischer Beton- und Fertigteilwerke klagen zwei Drittel der Betonfertigteilhersteller über sinkende Umsätze. Die Umsatzrückgänge werden sich auch auf die Mitarbeiter auswirken. Die Hälfte der Befragten geht von einem sinkenden Personalstand in diesem Jahr aus. n MOBILITÄT. Die Planungen für die Regional-Stadtbahn Linz gehen in die nächste Phase. Bodenerkundungen, die bis Ende März im Linzer Stadtgebiet passieren, sollen Aufschluss über die Bodenbeschaffenheit entlang der Trasse bringen. 17 Rammkernsondierungen und zehn Kernbohrungen sind geplant. FOTOS: MESSE WELS, PEAK TECHNOLOGY / LUKAS GRÜNMÜLLER, ALPENVEREIN, AFFENZELLER

2/2024 | CHEFINFO | 15 Ab in den Süden Das Portfolio der Destinationen des Flughafen Linz wurde für den diesjährigen Sommertourismus um zwei Ziele erweitert: Lefkas und Epirus. Strände und Steilküste von Lefkas begeistern jeden Griechenland-Fan, während Epirus neben dem Badeurlaub auch mit historischen Stätten wie dem berühmten Metéora-Kloster lockt. 160er-Geburtstag Die Sparkasse Eferding-Peuerbach-Waizenkirchen feiert dieses Jahr ihr 160-jähriges Bestehen. 1864 wurde die Sparkasse Eferding gegründet und ist seither weit über die Bezirksgrenzen gewachsen. Aktuell umfasst die Regionalbank zwölf Filialen. 1,4 Mrd. Euro haben die Kunden ihr aktuell anvertraut. Auf der anderen Seite stellt die Bank Kredite in Höhe von 766 Mio. Euro für die regionale Wirtschaft und Privatpersonen zur Verfügung. Vorstandsvorsitzende Michaela Schwinghammer-Hausleithner zeigt sich erfreut über das große Kundenvertrauen. redaktion@chefinfo.at ewe Küchen in österreichischen Händen Das Traditionsunternehmen ewe Küchen ist wieder zu 100 Prozent österreichisch. 1967 gegründet, wurde es 2005 vom schwedischen Konzern Nobia AB erworben. Die ILAG, die Franz Mayr-Melnhof- Saurau Holding und Geschäftsführer Andreas Hirsch übernehmen gemeinsam den Küchenfachhändler. Der Fokus auf Design und Nachhaltigkeit soll auch weiterhin bestehen. Hype um grüne Heizungen Pelletheizungen und die Wärmepumpe GreenFOX von ÖkoFEN stellten sich als Besuchermagneten auf der Messe Wels heraus. „Zahlenmäßig war es der größte Ansturm auf der Welser Energiesparmesse in den letzten 30 Jahren“, berichtet Geschäftsführer Stefan Ortner. Die Transformation von fossilen Brennstoffen zu grüner Wärme nimmt also Fahrt auf. n VOESTALPINE. Nach 15 Jahren schließt die voestalpine Stahlwelt im Juli für eineinhalb Jahre ihre Pforten für ein umfassendes Redesign. 20 Mio. Euro werden investiert. Seit 2009 besuchten rund 750.000 Menschen das Museum. Künftig sollen moderne Technologien, wie etwa „greentec steel“, ausgestellt werden. n PERSONAL. Eine Studie von Grant Thornton zeigt, dass der Anteil an Frauen in Führungspositionen in den letzten zwei Jahrzehnten von 19,4 auf 33,5 Prozent anstieg. Vergangenes Jahr kam es aber zu einem Rückschlag: Die Zahl der weiblichen CEOs in mittelständischen Unternehmen sank von 28 auf 19 Prozent. GEWERBE & DIENSTLEISTUNGEN FOTOS: EOS FOTOGRAFIE, AIRPORT LINZ, ÖKOFEN, ROLAND WIMMER

COVERSTORY 16 | CHEFINFO | 2/2024 SIEBEN STATI O ZUK

COVERSTORY 17 | CHEFINFO | 2/2024 DIGITALE MEILE. Zwischen Tabakfabrik und neuem Hafenportal liegt die wohl innovativste Meile Österreichs. 110 IT-Unternehmen mit 3.500 Mitarbeitern bilden eine digitale Agglomeration, die selbst das Silicon Valley in den Schatten stellt. Unternehmen, die nicht nebeneinander leben, sondern miteinander arbeiten und sogar die Welt verbessern wollen. Das ist der Geist der Digital Mile Linz (kurz DiMi). TEXT: Jürgen Philipp ONEN UNFT FOTO: NOBI_PRIZUE / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS

COVERSTORY 18 | CHEFINFO | 2/2024 er in den Bus der Linie 72* am Linzer Hauptbahnhof einsteigt, der erlebt eine Reise in die Zukunft. Eine Buslinie, die in die Digitale Meile führt und die von den 110 Unternehmen mit ihren 3.500 Mitarbeitern mitinitiiert wurde. Sieben Stationen von der Tabakfabrik bis zum neuen Hafenportal. Sieben Stationen, die eindrucksvoll den Wandel der Stadt aufzeigen. In Europas einst größter Zigarettenfabrik rauchen die Köpfe digitaler Innovatoren. Im alten Schlachthof drehen Rotax-E-Carts im Schweinsgalopp ihre Runden und im Hafen kommen nicht nur Container aus aller Welt an, sondern von dort aus gehen digitale Produkte und Dienstleistungen in alle Welt. Linzer IT-Weltmächte An dem einen Meilenstein der DiMi, der Tabakfabrik, arbeitet Netural X an einer europäischen KI-Revolution, am anderen, im Hafenportal, wird fleißig umgezogen. Ein Unternehmen namens Apple bezieht dort ihre Büros. Apple!? Apple übernahm 2019 die Chipsparte von Intel in Linz und damit auch 280 hoch qualifizierte Forscher für hochfrequente Technologien in hochgeheimen Projekten. Aktuell sucht Apple Leute für seinen neuen Standort am anderen Donauufer, wie auf der Unternehmenshomepage ersichtlich ist. Ob der Apfel auch aktiv an der DiMi Community anbeißt, wird man in den nächsten Monaten sehen. Apple ist aber nicht der einzige Gigant in diesem österreichweit einmaligen IT-Universum. So wie der in Linz gegründete heutige Weltmarktführer für Software Intelligence und eines der global führenden Cloud-Software-Unternehmen, Dynatrace, etwa. Oder deren Nachbar, der weltweit führende Anbieter für globale Zoll- und Trade-Compliance-Softwarelösungen MIC. MIC baut aktuell ein neues, für 500 Mitarbeiter konzipiertes Headquarter in der Lederergasse. Die börsennotierte Kontron AG, Spezialist für Internet of Things und Embedded Computing, managt von ihrem Headquarter in der NEUEN WERFT aus ihre 6.000 Mitarbeiter auf allen KontiFOTO: PERTLWIESER/PTU Ô Das Hafenportal ist Ankerplatz eines Tech-Giganten. Apple forscht dort an neuer Hochfrequenztechnologie.

COVERSTORY 19 | CHEFINFO | 2/2024 FOTO: HERMANN WAKOLBINGER CHEFINFO: Was war eigentlich der ursprüngliche Gedanke, Unternehmen an der Digitalen Meile zu vernetzen? Georg Spiesberger: Die DiMi hatte ein erstes Ziel: Der Standort muss attraktiv für Externe werden. Die DiMi soll man kennen und jeder soll wissen, dass es hier viele coole Unternehmen gibt. Wir haben eine einzigartige Mischung aus großen, gestandenen Unternehmen und kleinen Startups. Ein witziger Zufall war, dass, kurz nachdem wir die DiMi ins Leben riefen, die Digitalisierungsministerin Schramböck in Linz zu Gast war und wir ihr als „wichtige“ Digitalisierungsinitiative präsentiert wurden. Ich konnte also den Unternehmen nur wenige Tage nach unserem ersten Meeting ein Arbeitsgespräch mit der zuständigen Ministerin anbieten, was mir, aber insbesondere der Initiative, vieles an Reputation brachte. Wie ist es gelungen, Unternehmen, die im Wettbewerb um IT-Talente stehen, an einen Tisch zu bekommen? Spiesberger: Es gab schnell den Konsens, dass wir alle Anforderungen haben, die einer alleine nicht lösen kann. Wir haben mit etwas Einfachem begonnen: Deutschkurse für Expats. Es mussten nicht 70 Leute ins WIFI fahren, sondern wir holten die Trainer hierher und sie hielten die Kurse genau so ab, wie es unsere Leute brauchen. Dann kam das Thema Kinderbetreuung im Sommer auf. Ein Unternehmen hatte bereits Erfahrung mit Waldwochen für Sechs- bis Zehnjährige und wir rollten das Konzept für alle aus. Dann erweiterten wir das Angebot mit einem eigenen Technik Camp. Wir rannten offene Türen, etwa bei der HTL Leonding und beim Coderdojo, ein. Beim DiMi Camp engagieren sich auch Mitarbeiter aus den Unternehmen ehrenamtlich als Mentoren. Heute haben wir ein Sommerangebot im MINT-Bereich für 180 Kinder. Dann folgten gemeinsame Sportprogramme, Weiterbildung und Events. Wir können im Verbund auch besser öffentliche Interessen vertreten. Es geht jetzt nicht etwa ein einzelnes Unternehmen zur Politik, wenn es ein Anliegen hat, sondern wir gehen gemeinsam. In Summe geht es immer um Synergien, um Themen, die man allein nicht stemmen kann, weil es eine kritische Masse braucht. Ein wichtiges Element ist das soziale Engagement wie Charity-Veranstaltungen. Warum nimmt das einen so hohen Stellenwert ein? Spiesberger: Wir können Dinge anstoßen und in Schwung bringen; um sie nachhaltig zu etablieren, braucht es zusätzliche treibende Kräfte. Meine Erfahrung ist, dass Sinn einer der größten Antriebe ist. Und dafür schaffen wir in der DiMi Angebote: sei es als Koordinator für Sportprogramme, als Mentor für Kinderbetreuung, bei den Bubble Days oder mit einem mobilen Punschstand, der seinen Standort von Firma zu Firma wechselt. Die Mitarbeiter betreiben ihn, der Erlös wird gespendet. Dieses Engagement für andere stärkt unsere Community und schafft Ressourcen, um Dinge überhaupt erst umsetzen zu können. INTERVIEW. „Mr. Digital Mile“ Georg Spiesberger im Interview, wie es ihm gelang, verschiedenste Unternehmen an einen Tisch zu bekommen und welchen Impact die DiMi mittlerweile hat. „Es braucht eine kritische Masse“ Es geht immer um Synergien, um Themen, die man alleine nicht stemmen kann, weil es eine kritische Masse braucht. Georg Spiesberger Geschäftsführer TECH HARBOR, „Mr. DiMi“

COVERSTORY 20 | CHEFINFO | 2/2024 FOTO: SERMOCORE nenten. Giganten, die in der breiten Linzer Öffentlichkeit wenig bekannt sind. Arrivierten Tech-Unternehmen wie karriere.at oder bet-at-home kennt man hingegen. All diese Unternehmen sind nur ein paar Minuten Fußmarsch voneinander entfernt. Diese Mischkulanz bietet den perfekten Nährboden, der Start- und Scaleups zum Wachsen bringt und Hidden Champions gedeihen lässt. Hidden Champions Ein solcher ist sermocore. Das von Andreas Köfler gegründete Unternehmen hat sich auf Software für elektronische Datenübertragung spezialisiert. sermocore beseitigt damit Schnittstellenthematiken zwischen verschiedenen IT-Systemen. „Es gibt viele Systeme, die nicht miteinander sprechen können. Dazu braucht es einen Übersetzer.“ Kunden wie ALPLA mit seinen 200 Werken auf allen Kontinenten oder der japanische Werkzeugkonzern Makita vertrauen darauf. Köfler kam 2014 nicht zufällig in das TechCenter und damit in die geografische Mitte der DiMi. „Ich habe ganz bewusst den Austausch mit gleichartigen Firmen gesucht. Es gibt immer Nachbarn, die Partner werden oder auch Kunden und Lieferanten.“ Köfler stellt die DiMi sogar der Mutter aller Tech-Hotspots gegenüber: „Die DiMi ist ein wenig mit dem Silicon Valley vergleichbar, nur hat das keine Industrie vor der Haustüre. Das ist eine ganz große Chance für Linz und seine IT-Unternehmen.“ Statt an der Stanford University wird an der JKU, der FH Hagenberg und an der neuen IT:U geforscht. „Dazu gibt es die HTLs mit IT-Schwerpunkt. Je mehr Menschen am Standort ausgebildet werden, desto höher sind auch die Chancen, dass sie bleiben.“ Grenzenlos erfolgreich sermocore als „Übersetzer“ für Schnittstellen steht fast sinnbildlich für den Geist der DiMi. Doch das war nicht immer so. Lange Zeit lebte man nebeneinander her, bis „Mr. Digital Mile“ Georg Spiesberger in Aktion trat. „2019 hörte ich rundherum von allen Firmen, dass ihnen die IT-Kräfte ausgehen. Es war klar, dass wir das Problem nur gemeinsam lösen könnten. Also lud ich alle Geschäftsführer ein und sie kamen. Mein Eingangsstatement war: Wir können uns die Köpfe einhauen oder gemeinsam etwas machen. Das war der Startschuss.“ Ein Startschuss der zu etwas wurde, das der Gründer von Mopius, Bernhard Aufreiter, so umreißt: „Die imaginären Grenzen sind verschwunden. Es gibt kein Kastldenken. Die DiMi ist wie eine Unternehmens-WG im Big Scale.“ Mopius hat sich auf Software für mobile digitale Geräte spezialisiert. Aufreiter startete sein Business noch während des Studiums an der FH Hagenberg und gründete im Keller seines Elternhauses. „Ich hatte keine Sparringspartner, also habe ich eine Community gesucht und gefunden. Man kocht damit nicht nur in seiner eigenen Suppe.“ Brüssel wundert sich über Linz Nach außen hin wird mit einer Stimme gesprochen. Eine Stimme mit dem Gewicht von 3.500 IT-Fachleuten, die sich bis nach Brüssel durchgesprochen hat. „Das am meisten diskutierteste Projekt war die Digital Mile, weil auch auf EU-Ebene keiner versteht, dass Firmen mit- und nicht gegeneinander arbeiten. Dabei ist es ganz einfach: Wenn ein Boxer den anderen umklammert, kann er nicht verletzt werden“, so Spiesberger. Und wie beim Boxen 3.500 Mitarbeiter sind aktuell in den 110 ITUnternehmen der Digital Mile Linz beschäftigt. sermocore verbindet Schnittstellen von IT-Systemen. Die DiMi verbindet Unternehmensgrenzen, wie Gründer Andreas Köfler, Verena Duller und Ralf Vychdil meinen. Ô

21 | CHEFINFO | 2/2024 FOTO: MIC / HERMANN WAKOLBINGER CHEFINFO: MIC baut ein neues Gebäude und bleibt in der Digital Mile. Wie viele Mitarbeiter haben Sie aktuell? Margit Klima-Bencic: Weltweit sind es 530 auf drei Kontinenten, 460 davon in Österreich. Der Neubau wurde notwendig, weil wir derzeit auf drei Gebäude aufgeteilt sind. Durch den starken Wachstumskurs der letzten Jahre wurde das ursprüngliche Gebäude zu klein. Im vierten Quartal 2024 wird das neue Headquarter in der Lederergasse 78 eröffnet. Wir bleiben daher in der Digital Mile. Es war gar nicht so einfach, ein derart großes Grundstück für ein Gebäude, das 500 Mitarbeiter fasst, zu finden. Wir wollten aber bewusst in der Nähe bleiben, um keine Mitarbeiter zu verlieren, denn nicht zuletzt durch die DiMi haben wir eine gute Verkehrsanbindung mit Öffis. Welchen Stellenwert hat die Community für ein stark wachsendes, global tätiges IT-Unternehmen wie MIC? Klima-Bencic: Das Ziel der DiMi ist es, konsequent den IT-Standort mit vielen spannenden Unternehmen nach außen zu tragen und potenzielle Talente bzw. Young Professionals anzulocken. Talente aus Österreich und darüber hinaus. Auch das Communitybuilding ist wichtig, etwa die ganzen Sportaktivitäten. Dazu hätten selbst wir als MIC die kritische Größe nicht, um solche verbindenden Events anzubieten. Für die bestehenden Mitarbeiter hilft das, besser zusammenzuwachsen und gleichzeitig neue Leute aus der DiMi kennenzulernen bzw. aktiv an Events der DiMi mitzuarbeiten. Die DIMi reißt Barrieren nieder. Wir pflegen einen sehr offenen Umgang miteinander. Auch wenn wir alle im gleichen Jobmarkt unterwegs sind, haben wir einige Vorteile, wenn wir kooperieren. Natürlich müssen dazu gewisse Regeln eingehalten werden. Wir plaudern keine Geschäftsgeheimnisse aus, trotzdem gibt es ein vertrauenswürdiges Verhältnis. Wie wichtig ist es gerade für Expats, Kontakte außerhalb des Unternehmens zu knüpfen, um sich in Linz wohlzufühlen? Klima-Bencic: Jeder vierte Mitarbeiter der MIC ist ein Expat. Wir haben Leute aus ca. 40 Nationen. Auch an den österreichischen Standorten wird daher Englisch gesprochen. Wir bieten sehr gute Möglichkeiten, um sich zu verwurzeln. Die Unternehmen selbst müssen etwas tun, damit diese Mitarbeiter gut ankommen, etwa Hilfestellung bei der Wohnungssuche bieten. Aber natürlich spielen auch soziale Aktivitäten innerhalb der DiMi eine Rolle. Wir hatten etwa kürzlich eine Ersthelferausbildung auf Englisch. Das Ziel aller Unternehmen ist es und muss es sein, dass ihre Internationals hier richtig ankommen. Inwieweit hilft die DiMi, Themen sichtbar zu machen, die im Verborgenen bleiben würden? Klima-Bencic: Die DiMi bringt Themen und Fälle auf den Tisch, die der Politik nicht bewusst sind. Ein Beispiel: Wir haben einen ehemaligen Expat, der mittlerweile österreichischer Staatsbürger ist. Er hat seine 20-jährige Freundin aus seinem Heimatland geheiratet. Die darf in Österreich aber nicht einreisen, weil sie noch nicht 21 ist. Dabei wäre sie eine ausgebildete Krankenschwester mit Berufserfahrung. Das ist absurd. Es gibt einige Fälle, wo man als Unternehmen mit den Behörden kämpft. Die DiMi gibt uns die Möglichkeit, diese Kuriositäten zu adressieren. MIC. „Das Management von Zollschranken ist das Business von MIC. HR-Direktorin Margit Klima-Bencic im Interview, wie es der DiMi gelingt, Unternehmensgrenzen zu überwinden. „Die DiMi reißt Barrieren nieder“ Es gibt einige Fälle, wo man als Unternehmen mit den Behörden kämpft. Die DiMi gibt uns die Möglichkeit, diese Kuriositäten zu adressieren. Margit Klima-Bencic Director HR MIC

COVERSTORY 22 | CHEFINFO | 2/2024 FOTO: MOPIUS /N ERWIN.LEIMLEHNER@AON.AT gibt es auch unter den Mitgliedern der DiMi klare Spielregeln. So ist es tabu, aktiv Mitarbeiter von anderen DiMiUnternehmen abzuwerben. Das schafft Vertrauen und Offenheit. „Man hat uns immer gefragt, ob man keine Angst hat, dass Mitarbeiter der Cloudflight mit jenen von Dynatrace Fußball spielen?“ Eine unbegründete Angst. Die DiMi will dabei kein Verein sein, sondern versteht sich als Projektstruktur – Keep it simple, keep it fast. Den Kern bilden neun Unternehmen, die einen nach Unternehmensgröße gestaffelten Beitrag leisten. Ein Beitrag, der zahlreiche Initiativen anstößt, die auch von Land und Stadt gefördert werden – doch dazu später. Ankick für Innovationen Herwig Eichler, Geschäftsführer von iba Austria, einer 100-Prozent-Tochter der deutschen iba AG, versteht die Verwunderung auf EU-Ebene zum Teil. Eichler war früher in der Großindustrie tätig. „In der Industrie war der Austausch durch Compliance-Themen sehr dürftig. Der Mehrwert überschaubar. In der DiMi wird der Austausch gefördert und Mehrwert für alle erzielt.“ Heute sitzt Eichler mit seinem Team, das herstellerunabhängige Messsysteme entwickelt und implementiert, inmitten dieser DiMi. „Man kann unheimlich schnell Kontakte herstellen. Einer meiner Mitarbeiter ist leidenschaftlicher Volleyballspieler und hat die große Gabe, Netzwerke aufzubauen und Connections herzustellen.“ Volleyball und Fußball spielen die Unternehmen miteinander. Oft ist das der Aufschlag bzw. Anstoß zu wirtschaftlichen und vertrieblichen Synergien, wie bei iba Austria. „Wir haben etwa mit i-RED in fast unmittelbarer Nachbarschaft einen Hersteller von ITSensorik mit ähnlichen Kunden. Auch gibt es Synergien mit einigen Startups die sich mit neuen Sensorik- und Messlösungen sowie Datenanalyse beschäftigen.“ Und wieder punktet Linz besonders. Viele große Kunden befinden sich nur einige Kilometer weiter im Industriegebiet. Kleinere, flexible Unternehmen treffen auf die großen industriellen Flaggschiffe, Hardware auf Software. Aktive Nachwuchsarbeit Die DiMi löst Probleme, die alle Unternehmen haben und die kaum einer alleine stemmen kann. Dafür wird unter anderem der bereits erwähnte gemeinschaftliche Beitrag eingesetzt. Probleme analoger Natur, etwa Deutschkurse für Expats oder die Kinderbetreuung im Sommer. Was mit 84 Kindern im ersten Durchgang begann, ist heuer schon auf 180 Kinder angewachsen. Kinder, die nicht einfach nur betreut werden, sondern denen auch die Freude an der IT und damit der Job von Mama und Papa vermittelt wird. In einem Pilotprojekt wurde erstmals LEGO® Robotics ins Programm genommen. „Das ist so gut gelaufen, dass in 18 Stunden der Kurs voll war“, so Spiesberger. Kinderbetreuung, die auf spielerische Weise auch MINT-Fächer vermittelt. Und dabei soll es nicht bleiben. Die DiMi will das Robotics-Programm in Linzer Schulen tragen. „Schulen sind beim Thema Digitalisierung oft überfordert. Sie wis- Ô Bernhard Aufreiter, Gründer von Mopius, suchte ganz bewusst die Nähe zur Community, um wirtschaftliche Synergien zu heben. Die imaginären Grenzen sind verschwunden. Es gibt kein Kastldenken. Die DiMi ist wie eine Unternehmens-WG im Big Scale. Bernhard Aufreiter Geschäftsführer Mopius

COVERSTORY 23 | CHEFINFO | 2/2024 FOTO: CLOUDFLIGHT CHEFINFO: In vielen Branchen wäre ein Netzwerk wie die DiMi undenkbar. Ist der Erfolg der DiMi damit begründbar, dass IT-Unternehmen ähnlich ticken? Maria Kolanek: Die Digital Mile funktioniert deshalb so gut, weil sich die Kultur und die Werte der Unternehmen sehr ähneln. Wir haben während der Pandemie alle viel dazugelernt. Es waren schon die Grundwerte unserer Keimzelle, der catalysts, dass jeder etwas beitragen und mitgestalten kann. Das Gemeinsame stand bei uns immer im Vordergrund und das deckt sich mit der DiMi. Alle Unternehmen der DiMi arbeiten flexibel, weil es der Arbeitsmarkt verlangt. Keiner hat starre Strukturen oder 100 Prozent Anwesenheit im Office. Damit würde man IT-Kräfte nicht locken können. Welchen Mehrwert bietet der Verbund als Digital Mile für einzelne Unternehmen? Kolanek: Den Mehrwert der Community. Man ist nicht alleine. Egal worum es geht. Im Netzwerk gibt es immer jemanden, der weiterhelfen kann, oder jemanden, der jemanden kennt, der das kann. Wie geht ihr mit Workation um? Welche Erfahrungen habt ihr mit dem New Way of Working? Oder bei Benefits: Wir bieten alle unseren Mitarbeitern das Klimaticket. Andere Unternehmen aus der DiMi haben nach unseren Erfahrungen damit gefragt. Man tauscht sich aus und muss das Rad nicht immer neu erfinden. Im Netzwerk stößt man auch immer wieder auf politische Themen. Ist die DiMi nicht oft in einem Konflikt zwischen Internationalismus und Provinziellem? Kolanek: Das ist oft kurios. Bei einer gemeinsamen Blutspendeaktion kamen wir drauf, dass Englischsprachige nicht Blut spenden dürfen, weil die Aufklärungsbogen in Deutsch verfasst sind – und das bei chronischem Blutmangel. Es wird viel von Inclusion und Diversity gesprochen, die Realität sieht dann oft ganz anders aus. Daher war es wichtig, dass die DiMi etwa Ersthelferkurse auf Englisch abgehalten hat, sonst würden wir immer wieder nur auf Deutschsprachige fokussieren. Die DiMi kann eben Dinge bieten, die man alleine nicht organisieren kann, so wie die Zusammenarbeit mit der FH OÖ bei Führungskräftelehrgängen. Dadurch bekommen wir den Mehrwert der Außensicht und schmoren nicht nur im eigenen Saft. In welche Richtung soll sich aus Ihrer Sicht die DiMi in Zukunft entwickeln? Kolanek: Es ist uns in den letzten beiden Jahren gelungen, uns besser aufzustellen, etwa was die Jahres- und Budgetplanung angeht. Wir haben die Themen Weiterbildung und Work-Life-Balance vertieft. Ich glaube, dass es künftig noch mehr in Richtung internationales Denken gehen wird. Auch soll Linz als ITStandort noch mehr beworben werden. Die DiMi-Unternehmen bieten die wohl besten IT-Arbeitsplätze in Österreich. Das Bewusstsein dafür wurde geschärft. So auch mit dem Innovationshauptplatz der Stadt. Alles rund um Expat-Exchanges wurde sichtbar. Es passiert auch viel bei der gemeinsamen Freizeitgestaltung. Welchen Stellenwert hat der Spaß in der DiMi? Kolanek: Natürlich ist Spaß ein zentraler Faktor. Es soll ja auch lustig sein. Wir halten daher unseren Coding Contest heuer im April erstmals als Cross Company Competition ab. DiMi-Unternehmen nehmen daran teil und wir suchen den „best Coder in Town“. Der Coding Contest ist ein weltweiter Contest und da steht die Freude im Vordergrund. Wir dürfen als Veranstalter dabei logischerweise leider nicht mitmachen. CLOUDFLIGHT. 2005 als „Two-Men-Show“ gestartet, hat Cloudflight heute über 1.000 Mitarbeiter in mehreren Ländern. Location Leader Maria Kolanek erklärt, warum Linz bis heute Keimzelle des Wachstums bleibt. „Wir schmoren nicht nur im eigenen Saft“ Die DiMi-Unternehmen bieten die wohl besten IT-Arbeitsplätze in Österreich. Das Bewusstsein dafür wurde geschärft. Maria Kolanek Location Leader, Cloudflight

COVERSTORY 24 | CHEFINFO | 2/2024 FOTO: PERTLWIESER/PTU sen manchmal nicht, welche Inhalte sie vermitteln sollen. Diese bekommen sie nun von uns. Unsere Kinder brauchen IT- und Medienkompetenz.“ Und die ist in der DiMi so geballt wie kaum sonst wo in Österreich. Die Sieger des Linz-weiten Robotics-Programms dürfen zur nationalen Ausscheidung und die Bundessieger im türkischen Izmir gegen die Weltelite antreten. „Das hat auch Effekte auf die Community und die Bindung.“ Europäisches OpenAI aus Linz? Ebenso wie der karitative Gedanke. Schon jetzt wird viel gespendet. Spendengelder, die mit der gemeinsam betriebenen DiMi Bar bei den Bubble Days oder mit dem mobilen Punschstand lukriert werden. Spenden, die Menschen mit Beeinträchtigung zugutekommen. Und das soll erst der Anfang sein. „Wir überlegen innerhalb der DiMi immer, wie wir anderen Menschen helfen können“, meint Irene Bouchal, Leiterin HR bei Netural. Netural ermöglicht neue digitale Services und brachte einstige Startups wie das Content-Management-System Storyblok oder das Raumplanungs-Tool Roomle ins Laufen. Man versteht sich als „digitaler Nährboden“. Und auf diesem fruchtbaren Boden soll nun ein echter „Big Bang“ erblühen. Das Tochterunternehmen Netural X will gemeinsam mit Pierer Digital und der JKU unter Führung von KI-Guru Sepp Hochreiter mit NXAI die europäische Antwort auf OpenAI geben. Ein LargeLanguage-Modell als Basis für KI-Technologien „made in Europe“. Innovationsmaschine Große Visionen, wie sie auch Georg Spiesberger hat. Er will mit der DiMi nichts mehr und nichts weniger, als die Welt ein Stückchen besser machen. „Wir sind 3.500 gut vernetzte Menschen. Wenn einer sagt, ich habe eine Idee, dann finden wir unter den 3.500 diejenigen, die auch die Kompetenz zur Umsetzung haben. Ideen, welche die Welt besser machen. Das wäre eine geile Sache.“ Natürlich bleibt Spiesberger realistisch. „Man wird vielleicht nicht alle 3.500 dazu bringen, sich ehrenamtlich zu engagieren, aber wenn nur 5 bis 10 Prozent das tun, reicht das bereits.“ Engagement, das schon heute mit dem „Digital Smile“ belohnt wird, einem eigenen Logo, das für soziales Engagement steht. Andreas Köfler von sermocore sieht die große Vision durchaus realistisch: „Egal welches Thema man gerade hat, man trifft sich und tauscht sich aus. Ganz typisch ist dann der Satz: Hast du schon mal mit dem oder dem geredet? Das ist die immer optimistische und positive Grundstimmung der DiMi.“ Von zwei auf 1.000 Mitarbeiter Maria Kolanek von Cloudflight kennt den Geist der gegenseitigen Unterstützung aus dem eigenen Unternehmen. Ursprünglich als catalysts und Two-Men-Show gegründet, ist Cloudflight mittlerweile durch Zukäufe auf 1.000 Mitarbeiter an mehreren Standorten in Europa gewachsen. Digitale Transformation der Industrie, CloudServices oder KI und Datenmanagement sind Tätigkeitsfelder des 1,48 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftet die Kontron AG mit Headquarter in Linz. Mit dem Leuchtturmprojekt „Quadrill“ bei der Tabakfabrik werden bis 2025 weitere 18.000 m2 Platz für spannende (IT-)Unternehmen geschaffen. Ô

COVERSTORY 25 | CHEFINFO | 2/2024 FOTO: SMEC CHEFINFO: Wie ist es innerhalb der DiMi gelungen, eine vertrauensvolle, offene Community zu schaffen? Sabine Past: Man muss unterscheiden, von welchem Blickwinkel man es sieht. Ich bin in der HR-Rolle, die stark mitwirkt. Auf der anderen Seite stehen unsere Mitarbeiter, die in den Genuss der Aktionen kommen. Von meiner Perspektive aus würde ich sagen, dass wir in der Gruppe Vertrauen gelernt haben. Wir leben in einem Wettbewerb um IT-Talente. Das war anfangs natürlich ein Thema. Das gegenseitige Vertrauen musste sich entwickeln. Wir waren nicht von Tag eins an so offen. Das ist erst mit der Zeit gewachsen. Welche Rolle spielt die DiMi bei der Gewinnung und Integration von ausländischen IT-Fachkräften? Past: Expats, die frisch nach Linz kommen, haben keinen großen Freundeskreis und nehmen diverse Aktivitäten gerne an. Die gemeinsamen Deutschkurse sind eine erste Möglichkeit, andere Internationals kennenzulernen. Die DiMi bringt diese Menschen unternehmensübergreifend zusammen. SMEC hat derzeit ca. 15 Prozent Expats. Das war schon mal höher. Das Gewinnen von Internationals steht bei uns derzeit nicht mehr so im Vordergrund. Momentan ist der Bewerbermarkt ein bisschen in einer entspannteren Phase. Das wird sich aber sicher wieder ändern. Mit der demografischen Entwicklung werden wir bald wieder ordentliche Herausforderungen stemmen müssen. Die Unternehmen haben mittlerweile eigene Wege gefunden, wie man Talente anspricht, etwa über LinkedIn als Recruitingkanal. Das hat sich deutlich verbessert. Es geht in der DiMi daher aktuell mehr darum, das Angebot für bestehende Mitarbeiter auszubauen. Trotzdem zeigt sich, dass Expats mit den Angeboten zufriedener sind. Sie kommen oft aus Ländern, in denen für die Mitarbeiter wenig getan wird. Inwieweit kann die DiMi auch politische Themen anstoßen? Past: Es gibt immer wieder Dinge, die nebenbei aufpoppen und die alle in der DiMi betreffen. Da muss man den Finger drauflegen. SMEC wird mit seinen 125 Mitarbeitern nicht so breit wahrgenommen. Im Verbund mit 3.500 ITFachkräften wird das schon gewichtiger. Die DiMi ist eine super Plattform, um Dinge auszuprobieren und wenn nötig in Richtung Politik etwas zu bewegen. Was kann man von anderen Unternehmen lernen? Past: Man hat eine Idee und wenn das drei andere IT-Unternehmen auch cool finden, traut man sich schneller drüber. Das bringt den nötigen Aufwind. Aktuell etwa bei der Diskussion um die Viertagewoche. Als die ersten Firmen damit begonnen haben, übte das Druck auf die anderen Führungskräfte aus. Man hat sich das daher breiter angeschaut und durchdiskutiert. Wir sind im Netzwerk imstande, kritische Themen unter die Lupe zu nehmen, und können uns so eine Meinung bilden. Im vertrauensvollen Austausch spricht man auch offen von Fehlern. Davon profitieren alle, denn man lernt, sie zu vermeiden. SMEC. Sabine Past, VP People & Culture von SMEC, über den Prozess des Vertrauens- aufbaus, Offenheit und die DiMi als Plattform, um Neues auszuprobieren. „Wir waren nicht von Tag eins an so offen“ Man hat eine Idee und wenn das drei andere IT-Unternehmen auch cool finden, traut man sich schneller drüber. Sabine Past VP People & Culture, SMEC

COVERSTORY 26 | CHEFINFO | 2/2024 Linzer IT-Riesen. „Wir arbeiten länderübergreifend in Cross Functional Teams zusammen.“ Teams, in denen die Kompetenzen so zusammengestellt sind, wie es das jeweilige Projekt verlangt. Cloudflight lebt Spiesbergers Vision bereits. Und diese soll nachhaltig werden, wie Margit Klima-Bencic, HR-Direktorin bei MIC, erzählt: „Nicht nur wir als MIC – wir wollen bis 2040 CO2-neutral werden –, sondern in der gesamten DiMi soll das Thema stärker aufgegriffen werden. IT spielt dabei eine Schlüsselrolle in der Zukunft.“ So wie es die KI tut. „Da gibt es auch einige kritische Entwicklungen. KI ist aber eine große Chance, wenn man sie richtig anwendet. Wir sollten als DiMi mit gutem Beispiel vorangehen und Maßstäbe setzen.“ Wirtschaft und Wissenschaft Neue Maßstäbe werden auch in der Personalentwicklung gesetzt. Vor allem den kleinen Unternehmen der DiMi fehlen dafür die Ressourcen. Deshalb hat man ein eigenes Programm erarbeitet. In vier Modulen mit je zehn Führungskräften verbindet man Wissenschaft mit Wirtschaft. Die Hälfte der Plätze ist nämlich für die FH OÖ reserviert. Ein Programm, das wie alle anderen HR-Faktoren der DiMi ausgezeichnet wurde. Die DiMi gewann den „HRBert“ als innovativstes HR-Projekt in OÖ. Und selbst vor der großen Politik schreckt das Netzwerk nicht zurück. Wann immer politische Themen aufpoppen, wird der Finger in die Wunde gelegt. „Die politische Schlagkraft ist größer und die Politik ist daran interessiert, dass wir bei der Digitalisierung Innovationstreiber sind“, so Herwig Eichler. Diese Schlagkraft zeigt sich bei Buslinien, geht über Blutspenden – nicht deutschsprachige Menschen dürfen das nicht – und endet in der Diplomatie. „Aktuell hat Belarus die Aufenthaltsgenehmigung seiner Staatsbürger im Ausland verschärft“, so Spiesberger. Statt wie bisher über die Botschaft zu verlängern, müssen sie nun nach Belarus. Viele haben Angst, nicht mehr zurückkehren zu dürfen. „Also habe ich mich im Namen der DiMi ans Außenministerium gewandt.“ Themen, die durch konkrete Fälle ins Rampenlicht geraten. Weißrussen, welche mit der Rot-Weiß-Rot-Karte in Österreich (noch) arbeiten dürfen. Auch dieses Instruments nahm sich die DiMi an. „Die Rot-Weiß-Rot-Karte funktioniert nicht so schlecht. Man muss allerdings im HR-Bereich gut aufgestellt sein, um die Leute zu servicieren“, gibt Margit Klima-Bencic zu bedenken. Kleinere Unternehmen profitieren daher von den Expat-Erfahrungen der Großen. Expats, die schon bald mehr werden könnten, wenn sie dem Ruf Apples nach Linz folgen. Auch wenn dieser Apfel weit weg von seinem Stamm ist, wird die Forschung der US-Amerikaner in Linz weiterhin viele Früchte tragen, so wie es bei allen Unternehmen innerhalb dieser 1,8 Kilometer und sieben Busstationen langen Strecke der Fall ist. n Der Weltmarktführer für Software Intelligence, Dynatrace, baut in seiner „Geburtsstadt“ kräftig aus. 2025 soll Platz für 1.500 Mitarbeiter sein. In der Industrie war der Austausch durch Compliance-Themen sehr dürftig. Der Mehrwert überschaubar. In der DiMi wird der Austausch gefördert und Mehrwert für alle erzielt. Herwig Eichler Geschäftsführer iba Austria FOTOS: PLANET ARCHITECTS / A&S BAUCONSULT, IBA AUSTRIA

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