CHEFINFO 6_2024 Sommer

COVERSTORY FOTOS: DER BOTAGRAPH, DAVID INDERLIED / DPA / PICTUREDESK.COM FOTO: MARKUS KNASMÜLLER „Am Sonntag sind wir abgestiegen und am Montag waren alle Verträge gekündigt. Der Klub hatte keine Mitarbeiter mehr. Kündigungsfristen gibt es im Fußball nicht. In der BMD bin ich eine Fluktuation von nur 2 Prozent gewöhnt, im Fußball ist das komplett anders.“ Strenge Lizensierungsverfahren Berechenbarkeit ist im Fußball eben keine Kategorie – manchmal ist das zum „Narrisch-Werden“. Und doch sind sich die Wirtschaft und der Sport ähnlich, etwa wenn es um die Zahlen geht. Wie Firmen müssen auch die Klubs genaue Rechenschaft ablegen, wie sie ihr Budget eingesetzt haben. „Die Lizensierung und die Zulassung durch die Bundesliga sind sehr streng. Es steckt viel Aufwand dahinter.“ Und das ist gut so. Das Verfahren gibt Mindeststandards in Sachen Infrastruktur vor und durchleuchtet die Bilanzen der Klubs. Wirtschaftliche Skills sind daher im Fußball ebenso gefragt. „Man muss auch als Präsident Geschäftsmann sein und das ist manchmal unpopulär.“ Hoch verschuldete „Weltmarktführer“ Vorwärts Steyr wurde im Jahr 2000 ebenjene Lizenz entzogen. Schulden von mehr als 50 Millionen Schilling machten einen Profibetrieb unmöglich. Steyr musste nach dem Zwangsausgleich in der untersten, achten, Liga (2. Klasse) starten und kämpfte sich wieder nach oben. Im Vergleich zu den Verbindlichkeiten von Großklubs wie Barcelona oder Chelsea wirkt diese Summe direkt lächerlich. Die Katalanen haben 1,35 Milliarden Euro Schulden, nur 6/2024 | CHEFINFO | 21 20 | CHEFINFO | 6/2024 CHEFINFO: Sie sind nicht nur Geschäftsführer von BMD, dem Namenssponsor von Vorwärts Steyr, sondern auch Präsident des Klubs. Wie kam es zum Sponsoring bzw. zur Präsidentschaft? Markus Knasmüller: Sponsor zu werden muss wohlüberlegt sein. Man muss das Wirtschaftliche abwägen. Es ist ja nicht mein Geld, sondern das der Firma. Wir haben kein Produkt, das man im Supermarkt kaufen kann, deshalb geht es mehr um die Marke. Wir wurden mit dem Sponsoring als führendes Unternehmen in Steyr sichtbarer. Das wirkt sich auf die Mitarbeitermotivation und -gewinnung im Umkreis aus. Wenn man die Zeitung aufschlägt und dann die Berichterstattung sieht, ist man stolz, wenn man zehnmal den Firmennamen liest. Es ist daher gut angelegtes Geld. Wir laden auch unsere Mitarbeiter zu manchen Spielen ein und es kommen dann bis zu 300. Manche sind fußballbegeistert, manche sehen das als Event. Was ist eigentlich einfacher? Präsident eines Fußballklubs oder Geschäftsführer eines Unternehmens zu sein? Knasmüller: Ehrlicherweise ist es wesentlich einfacher, Geschäftsführer eines florierenden Unternehmens zu sein, das seit 25 Jahren fast jährlich um 10 Prozent wächst. Ich habe 1997 bei BMD begonnen, damals waren wir 70 Mitarbeiter, jetzt sind wir 780. Ein Unternehmen zu führen ist konstanter. Man hat loyale Mitarbeiter und viele zufriedene Kunden, das hast du im Fußball nicht immer. Umgekehrt ist der Fußball viel emotionaler, dennoch muss man wirtschaftlich denken. Einen Klub nur mit der emotionalen Brille zu führen geht nicht. Man muss mit Herz und Hirn agieren. Die Präsidentenrolle ist keine operative, das wäre neben der Firma nicht möglich, dennoch muss man wirtschaftliche Entscheidungen treffen, das Budget vorgeben und den Verein repräsentieren. Ins Sportliche und Organisatorische mische ich mich nicht ein, da haben wir eigene Spezialisten. Wirtschaftlich passieren auch einige überraschende Dinge, aber es ist kalkulierbarer. Im Fußball kann ein Fehlpfiff, eine Verletzung oder ein unglückliches Tor über Erfolg und Misserfolg entscheiden. Was kann man als Geschäftsführer vom Fußball lernen bzw. umgekehrt? Knasmüller: Als Geschäftsmann kann man Euphorie und Teamgeist lernen. Ich vergleiche BMD mit einer Mannschaft. In der Firma braucht man auch Einzelkämpfer, aber als großes Unternehmen müssen Leute zusammenarbeiten. Auch im Fußball nützt es nichts, wenn der Stürmer trifft, der Tormann aber einen schlechten Tag hat. Umgekehrt kann der Fußball wirtschaftliches Denken lernen. Kaum ein Verein würde überleben, wenn es kein ökonomisches Know-how gäbe, da wäre zu viel Emotion dabei. Wenn man sich die Bilanzen großer Fußballklubs in Europa oder auch in Österreich ansieht, sieht man viele Sanierungsfälle. Milliarden Schulden wie Real Madrid oder Barcelona wären in der Wirtschaft nicht möglich. Aber es gibt auch jede Menge gute Beispiele. INTERVIEW. Welche Parallelen gibt es zwischen Wirtschaft und Fußball? Welche großen Unterschiede? Markus Knasmüller, Präsident von SK BMD Vorwärts Steyr, kennt beide Welten. „Man muss mit Herz und Hirn agieren“ Kaum ein Verein würde überleben, wenn er nicht wirtschaftlich denken würde, da wäre zu viel Emotion dabei. Markus Knasmüller Geschäftsführer BMD, Präsident Vorwärts Steyr Ô Er war gerade einmal 16 Jahre und 338 Tage alt, als Lamine Yamal am 15.6.2024 im spanischen Teamtrikot jüngster EMSpieler aller Zeiten wurde. Und der Jungspund hat seinen Preis: 90 Millionen Euro Ablöse müsste man an den FC Barcelona überweisen. Das ist in etwa elfmal so viel wie der gesamte Kader des FC Blau-Weiß Linz und dreimal so viel wie jener des LASK kostet. Doch Yamal ist nur die Hälfte eines Erling Haaland (NOR), Kylian Mbappé (FRA), Vinicius Júnior (BRA) oder des Engländers Jude Bellingham „wert“. Den höchsten Marktwertsprung verzeichnete ebenfalls ein Brite: Kobbie Mainoo. Sein Preis stieg um 6.150 Prozent auf 50 Millionen Euro. Doch wie kommt man auf solche Werte? Wie immer regelt das der Markt. Bei Spielern geht es dabei nicht nur um Leistungsdaten. Es ist eine Mischung aus Alter, Zahl der Einsätze und Zugkraft. Cristiano Ronaldo kostete Juventus Turin 2018 117 Millionen Euro. Alleine durch den Verkauf von CR7-Trikots konnte Juve 58 Millionen Gewinn (!) machen. Dazu stieg die Medienpräsenz des italienischen Klubs, sodass sich der Deal rechnete. WAS DARF ER DENN KOSTEN? Marktwert. Wer bestimmt den Marktwert von Spielern und können sich die zig Millionen an Ablösesummen überhaupt rechnen? COVERSTORY Der 16-jährige Lamine Yamal, jüngster EM-­ Spieler aller Zeiten, kostet bereits 90 Millionen Euro Ablöse. Eine Familie sieht rot-weiß: Markus Knasmüller, Präsident von SK BMD Vorwärts Steyr, mit seiner Frau, seinem Sohn und manchmal auch 300 BMD-Mitarbeitern in der Volksstraße.

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