CHEFINFO 6_2024 Sommer

COVERSTORY COVERSTORY FOTO: MARKUS KAPL FOTO: WAKOLBINGER CHEFINFO: Was sind eigentlich die größten Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede zwischen einem Geschäftsführer in der Privatwirtschaft und einem eines Fußballklubs? Christoph Peschek: Die betriebswirtschaftlichen Grundsätze gelten für alle. Es braucht eine vernünftige und saubere Liquiditätsplanung und eine möglichst präzise Planung von Erlösen und Aufwänden. Die größten Unterschiede sind sicher die Emotionalität und die Öffentlichkeit. Es gibt zwei Branchen, über die täglich berichtet wird: Politik und Sport, und da besonders der Fußball. Das öffentliche Interesse ist groß und damit auch die Bewertung. Der Fußball eint, das heißt aber auch, dass viele Menschen mitdiskutieren. Das Feedback der Fans kommt sehr schnell. Das ist ein riesiger Unterschied zur Privatwirtschaft, gleichzeitig ist das aber auch das Schöne. Die Emotionalität zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt ist evident. Als Geschäftsführer eines Fußballklubs musst du aber immer die Balance wahren. Ist der sportliche Erfolg da, darf man nicht überheblich werden oder sich in der Sonne suhlen. Unternehmen haben etwas mehr Planungssicherheit, aber auch dort gibt es Unklarheiten, etwa über Marktentwicklungen. Könnte eigentlich jeder Geschäftsführer aus der Privatwirtschaft einen Klub führen oder braucht es dazu spezielle Skills? Peschek: Ein ausgeprägtes Interesse am Fußball ist eine Grundvoraussetzung. Wir sind zum einen ein Sportunternehmen, das tagsüber seine Verpflichtungen erfüllen muss, gleichzeitig sind wir ein Freizeitdienstleister. Spieltage und Eventformate finden an den Wochenenden oder am Abend statt. Man ist immer verfügbar. Es gibt nur drei Tage im Jahr, an denen der Fußball ruht – am 24., 25. und 26. Dezember. Sonst läuft es durch. Dazu braucht man viel Leidenschaft und emotionale Verbundenheit. Wenn man die hat, geht man auch die Extrameter, die es braucht. Fußball lässt sich nur schwer planen. Wie schafft man das trotzdem? Peschek: Als Klubführung hast du drei Handlungsfelder. Erstens: Strategie und Konzept, also zu wissen, was man ist und was nicht. Zweitens braucht es die Infrastruktur, um das erfüllen zu können, und es braucht drittens das richtige Personal. Man kann das Personal nicht von der Strategie getrennt betrachten. Wenn man einen Kader zusammenstellt, muss man wissen, welche Spielidee man verfolgt und welches Anforderungsprofil man braucht. Dasselbe gilt beim Wirtschaftlichen und Organisatorischen. Das Spannungsfeld in der Planung ist immer da. Verletzungen, Sperren oder einfach nur Pech sind zwar Herausforderungen, aber gleichzeitig braucht es die Strategie, um die Kräfte zu bündeln. Alle müssen von diesem Weg überzeugt sein und an einem Strang ziehen. Welche Pläne verfolgt Blau-Weiß Linz in der Zukunft? Peschek: Wir wollen sowohl mit unserem Frauen- als auch dem Männerteam in der Bundesliga bleiben. Daraus ergeben sich die nächsten Schritte: im Sponsoring und im Staff zu wachsen. All das auf Basis einer klaren Positionierung und die betrifft auch den Unterbau. Wir haben derzeit noch keine Nachwuchsakademie, diese wollen wir in den nächsten Jahren schaffen. Wir wollen Spieler entwickeln, welche die Klub-DNA kennen. Der Nachwuchs ist so etwas wie unsere F&E-Abteilung. GESCHÄFTSFÜHRUNG. Was müssen Geschäftsführer von Fußballklubs mit- bringen und wie unterscheidet sich ihre Arbeit? Christoph Peschek, Geschäftsführer von FC Blau-Weiß Linz, klärt auf. „Man ist immer verfügbar“ Es gibt nur drei Tage im Jahr, an denen der Fußball ruht – am 24., 25. und 26. Dezember. Sonst läuft es durch. Christoph Peschek Geschäftsführer FC Blau-Weiß Linz Es ist der 4. Juni 2023. In Linz und Dornbirn geht es um Millionen. Der FC BlauWeiß Linz gewann gegen Sturm II. Das Parallelmatch des GAK in Dornbirn ist noch im Gange. Die Grazer müssen siegen. Ziehen die Linzer als Erst- oder Zweitligist ins neue Stadion ein? Heißen die Gegner Lafnitz oder LASK? FAC oder FAK? Liefering oder Red Bull Salzburg? Es beginnt das große Zittern. Der GAK haut alles in die Waagschale: Stangenschuss! Lattenschuss! Großchance um Großchance. 88. Minute – Dornbirn geht in Führung. Jubel in Linz. 95. Minute: Der GAK gleicht aus. Bangen in Linz. 96. Minute: Rot für den Dornbirner Keeper. Panik in Linz. 100. Minute: Schlusspfiff. Ekstase in Linz. Ein Spiel, das zeigt, wie knapp Triumph und Depression im Fußball beisammenliegen können. Es geht um viel Geld, es geht um Existenzen und es geht um Wirtschaft. Die KPIs des Fußballs Einer, der damals mittendrin statt nur dabei war, ist der Geschäftsführer der Linzer Christoph Peschek. Viel Zeit zum Feiern blieb ihm nicht. „Wir haben immer zwei Szenarien geplant. Mit dem Faktum Bundesliga hieß es nun, bei der Kaderplanung die notwendigen Schritte zu setzen. Wenn ich mich ein Jahr zurückbeame, dann ist die Entwicklung des gesamten Klubs im Eilzugtempo vorangegangen.“ Eine Entwicklung, die sich an den KPIs des Fußballs ablesen lässt. Von 34 Businesspartner in Liga 2 auf 115 in Liga 1. Von einem Zuschauerschnitt von 1.027 in Liga 2 auf einen von 4.912 in Liga 1. 3.000 Abos wurden abgesetzt, das Budget erreichte neue Dimensionen. Geschäftsmodell Fußball Doch wie verdient ein Fußballklub überhaupt Geld? „Das kommt darauf an, welches Geschäftsmodell man verfolgt. Es gibt Community-Klubs mit seinen Mitgliedern, wie wir es sind. Es gibt Oligarchen- oder Investorenvereine, bei denen sogar Staatsfonds investiert sind, und Unternehmensklubs wie Wolfsburg oder Bayer Leverkusen. Das macht den Unterschied bei der Finanzierung aus. In unserem Fall sind das Sponsoren, Businesspartner, das TV-Geld und Zuschauereinnahmen.“ Harte Arbeit, doch das passt, so Peschek, zu den Werten des Klubs. „Das ist kein Lippenbekenntnis. Wenn fürs Match gegen Sturm Graz im Winter um sieben Uhr Früh 80 Freiwillige zum Schneeschaufeln ins Stadion kommen, zeigt das diese Werte.“ Werte, die in Wirtschaft und Sport wichtiger denn je sind. Kein Personal über Nacht Einen Abstieg musste der SK BMD Vorwärts Steyr verdauen. 2022/23 stieg man am letzten Spieltag unglücklich von der 2. Liga in die Regionalliga ab. Am Ende fehlten trotz starkem Finish lächerliche zwei Punkte. Zwei Punkte, die im Laufe von 30 Runden durch Verletzungen von Schlüsselspielern, Fehlpfiffe oder ein einziges Blackout eines Spielers verloren gehen können. Präsident Markus Knasmüller, im Zivilberuf Geschäftsführer von Namenssponsor BMD, erlebte hautnah, was dieser Abstieg bedeutete. 6/2024 | CHEFINFO | 19 18 | CHEFINFO | 6/2024 Ô Das Fußballbusiness steckt voller Überraschungen: Blau-Weiß-Linz-Geschäftsführer Christoph Peschek freut sich über den Auswärtssieg gegen Liga-Krösus Salzburg.

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