CHEFINFO 05_2024 Juni

FINANZEN FOTO: WAKOLBINGER FOTOS: XXXXXXXX XXXXXX 5/2024 | CHEFINFO | 61 60 | CHEFINFO | 5/2024 INTERVIEW. Seit mehr als 20 Jahren steht Franz Gasselsberger an der Spitze der Oberbank und formte sie zu einem Schwergewicht im österreichischen Banken- sektor. Im Interview erklärt der Spitzenbanker, was ihn antreibt, warum Unabhängigkeit ein so hoher Wert ist und was einen guten Bankchef ausmacht. INTERVIEW: Klaus Schobesberger HEFINFO: Herr Gasselsberger, Sie sind bei Marathonrennen aktiv und trainieren für neue persönliche Höchstleistungen. Wie zu lesen war, sind Sie auch ein Rekordhalter im Job: Sie sind der dienstälteste Bankchef in Österreich, der längst amtierende Vorstandsvorsitzende einer börsennotierten Bank in Europa und haben vor Kurzem Ihren 65. Geburtstag gefeiert. Ist man nach so einem langen und sehr erfolgreichen Berufsleben nicht versucht, selbst Bilanz zu ziehen? Franz Gasselsberger: Bilanz zieht man ganz am Schluss. Mein Vertrag läuft noch drei Jahre. Selbst nach dieser langen Zeit ist es mir wichtig, aktuelle Themen anzupacken, sich neuen Herausforderungen zu stellen und andere dafür zu begeistern. Man darf nicht den Eindruck vermitteln, aus der Zeit gefallen zu sein oder nachzulassen. In diesem Punkt bin ich sehr selbstkritisch. Welche Themen beschäftigen Sie? Gasselsberger: Zum einen alles, was mit Nachhaltigkeit zusammenhängt. Das Thema verändert das Bankgeschäft gewaltig. Zweitens begleitet mich seit fünf Jahren intensiv das Personalwesen, konkret die Gender-Policy, die Potenzialförderung und die Ausbildung unserer Führungskräfte. Dank unserer Mitarbeiterbeteiligung haben wir uns am Arbeitsmarkt ein Alleinstellungsmerkmal erarbeitet. Das dritte Thema, das wir angehen, ist die Ausarbeitung der Strategie 2030. Das aktuelle Strategieprogramm wird bis 2025 umgesetzt, und jetzt planen wir die nächsten fünf Jahre. Sie sehen, zum Bilanzziehen bleibt mir überhaupt keine Zeit. Der direkte Kundenkontakt wird weniger, das Filialgeschäft verliert wegen der Digitalisierung an Bedeutung. Eine Gefahr für die Zukunft der Banken? Gasselsberger: Nein, denn die Digitalisierung im Bankwesen ist zwar noch nicht abgeschlossen, aber bereits sehr weit fortgeschritten. Dabei geht es überwiegend um einfache Bankgeschäfte, die digital umgesetzt werden und während der Pandemie einen enormen Schub erhalten haben. Gleichzeitig ist der Bedarf an Beratung, vor allem bei Veranlagungen, größeren Investitionen und komplexeren Fragen, enorm gestiegen. Zeit ist heute eines der kostbarsten Güter. Wer den Kunden das Gefühl gibt, sich für ihre Anliegen Zeit zu nehmen und ihnen qualifizierte Ansprechpartner zur Seite zu stellen, hat einen klaren Wettbewerbsvorteil. „Bilanz zieht man ganz am Schluss“ ZUR PERSON Franz Gasselsberger (65) startete nach dem Doktoratsstudium der Rechtswissenschaften vor 40 Jahren bei der Oberbank. 1998 wurde er in den Vorstand berufen, seit 2002 steht er dem Leitungsgremium vor. Der gebürtige Ampflwanger hat auch in seiner Freizeit einen langen Atem. Er läuft Halbmarathons und ist Bergsteiger. Heuer will er mit seiner Frau Gerti den Mont Blanc (4.805 m) bezwingen. Wir haben in den letzten 40 Jahren jede Vorstandsbesetzung aus den eigenen Reihen durchgeführt. Zeigen Sie mir ein Unternehmen, wo das auch der Fall ist. Franz Gasselsberger Generaldirektor der Oberbank AG Ô

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