CHEFINFO 05_2024 Juni

WIRTSCHAFT 50 | CHEFINFO | 5/2024 FOTOS: THOMAS LAMPLMAIR, DEMAERRE / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS bar • restaurant 4020 Linz, Landstr. 13 0732 . 94 40 80 www.pianino.at restaurant@pianino.at spezialisiert hat. Zaunbauer ist dabei mittendrin und sitzt als Präsident des SWV im Wirtschaftsparlament. In vielen Dingen seien sich die Fraktionen in der WKOÖ sehr einig, wie er erzählt. „Etwa bei der Kleinunternehmerregelung. Die soll auf 85.000 Euro Umsatz erhöht werden, das fordern nicht nur wir, sondern die gesamte WKO.“ Dazu ist man sich bei der Entlastung von bereits pensionierten Arbeitnehmern, die sich etwas dazuverdienen wollen, ebenso einig, wie bei der Entbürokratisierung der Betriebe. „Unternehmer verbringen rund 20 Prozent der Zeit mit der Bürokratie.“ Zaunbauer greift in seine Tasche, zieht einen Brief hervor und veranschaulicht die Thematik: „Wir handeln und produzieren Verpackungen. In diesem Schreiben vom Bundesamt für Wald steht, ich solle genau angeben, woher die Bäume stammen, aus denen das Papier gemacht wird, das wir verarbeiten. Eine Sorgfaltspflichtregelung, für die ich Dokumente zum Nachweis des Holzursprungslandes abliefern soll. Ich weiß nicht einmal, woher wir diese Daten bekommen.“ Energie- und Mietkosten Nicht die einzige Unstimmigkeit, wie Zaunbauer findet. Im Gegensatz zu den anderen Interviewpartnerinnen sieht er das Thema Lohnnebenkosten weniger virulent. „Dazu habe ich einen anderen Zugang. Die Lohnnebenkosten haben sich in den letzten Jahrzehnten nicht viel verändert. Arbeitskosten werden immer thematisiert, aber keiner sagt, was wir einsparen wollen. Wenn wir die Kosten um 1 bis 3 Prozent senken, hat das wenig Effekt. Da wäre der Hebel von Energie- und Mietkosten weit wichtiger.“ Diese träfen den kleinen Bäcker ebenso wie die Industrie. Die Förderungen gehen ihm zu wenig weit. „Ich kenne mehr Unternehmer, die den Antrag zum Energiekostenzuschuss abgebrochen, als ihn beantragt haben. Oft braucht man den Steuerberater dazu und dessen Honorar kann schon einmal die Fördersumme schlucken. Da bleibt oft nicht viel.“ „Große“ To-do-Liste Zaunbauer fordert, die „große To-doListe“ abzuarbeiten, wie fehlende Kinderbetreuungsplätze oder progressive Steuersätze. „Eine GmbH mit 70.000 Euro Gewinn hat denselben Steuersatz wie eine mit 70 Millionen, das ist nicht gerecht.“ Auch bei der SVS sieht er Ungleichgewichte. „Etwa beim Karenzgeld, da gibt es eine komplett ungleichmäßige Auszahlung, die zu Liquiditätsproblemen führen kann. Für ein EPU gibt es Mindestkarenzgeld von 10,37 Euro pro Tag, das ist unter dem Existenzminimum.“ Zaunbauer fordert eine bessere soziale Absicherung. Krankheit sei für Unternehmer ein „existenzielles Risiko“. „Das Gesundheitssystem an sich mit den horrenden Wartezeiten für eine OP ist problematisch. Ich habe einen Mitarbeiter, der sich im Jänner einen Leistenbruch zuzog. Der OP-Termin wäre im Dezember, fast ein Jahr später, geplant gewesen. Es ist dann gelungen, einen im Mai zu finden. Das ist ein Wahnsinn. Der Mann muss mit Leistenbruch arbeiten, ist aber eingeschränkt, etwa wenn es um das Heben geht. Da macht man Mitarbeiter und Unternehmen kaputt.“ Personalintensive entlasten? Unternehmen, die stark auf Automatisierung, Digitalisierung oder KI setzen könnten, seien da klar im Vorteil, so Zaunbauer. Ebenso jene, die groß genug wären, um steuerschonende Offshore-Konstrukte oder Auslagerung in Drittländer auszureizen. Er bringt daher einen Vorschlag ins Spiel, wie man diese Ungleichgewichte ins Lot bringen könnte. „Ein Friseurbetrieb kann keine KI oder keine Roboter einsetzen, es ist eine höchstpersönliche Dienstleistung. Es stellt sich die Frage, ob man nicht Unternehmen, die einen hohen Automatisierungsgrad haben und wenige Mitarbeiter, anders besteuert, um so diejenigen mit wenig Möglichkeit zur Automatisierung zu entlasten. Stattdessen werden aber alle gleich besteuert. Natürlich will ich Zusatzsteuern vermeiden, aber es geht um Fairness und um eine Umverteilung, die dem personalintensiven Bereich zugutekommt.“ Eine GmbH mit 70.000 Euro Gewinn hat denselben Steuersatz wie eine mit 70 Millionen, das ist nicht gerecht. Manfred Zaunbauer Geschäftsführer Europack Unternehmer und SWV-Präsident Manfred Zaunbauer sieht ein Ungleichgewicht bei der Belastung großer Konzerne und kleiner Unternehmen. Fehlt „Kleinen“ die Lobby? Zaunbauer sieht gleichzeitig eine Chance in der Automatisierung. Eine Chance, die Industrie im Lande zu halten. Den Drohungen großer Konzerne, abzuwandern, setzt er entgegen: „Die Industriearbeitsplätze in Österreich sind in den letzten Jahren gestiegen.“ Leere Drohungen? Zaunbauer kennt das aus dem eigenen Unternehmen: „Vor 30 Jahren war Italien Europamarktführer bei hochwertigen Verpackungen. Rund 85 Prozent unserer Papiertaschen kamen von dort, dann wurde nach Osteuropa ausgelagert bzw. in die Türkei, aus Italien kommt so gut wie nichts mehr. Wir produzieren Faltschachteln und Tragetaschen nach wie vor in Österreich. Große Stückzahlen kann ich hierzulande aber nicht mehr herstellen. Durch die Robotik, Automatisierung, aber auch durch humanoide Roboter könnte man die Industrie nach Europa wieder zurückholen.“ Das besondere Interesse des SWV-OÖ-Präsidenten liegt ohnehin auf kleinen Unternehmen: „Die haben keine Lobby.“ Dabei musste er auch in seiner eigenen Partei Überzeugungsarbeit leisten: „Wir haben Andreas Babler die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf die Wirtschaft erklärt. Jetzt gibt es ein klares Bekenntnis zu Klein- und Mittelbetrieben.“ Zaunbauer richtet daher einen Appell an die gesamte Politik: „Früher wurde Politik für Generationen gemacht, heute nur bis zur nächsten Wahl.“ Es fehle an Weitsicht. Die fehlt ihm auch, wenn es um die Einschätzung der Konjunktur geht: „Ich komme mir in diesen Zeiten ein wenig vor wie ein Pilot, der ohne Navi im Nebel fliegt. Es gibt dazu viele Daten, aber die Stimmung ist nach wie vor verhalten. Vom Gefühl her würde ich sagen, dass es noch etwas dauern wird, bis die Konjunktur wieder anspringt.“ Eine Konjunktur, der man auch mit politischen Rahmenbedingungen zum Anspringen verhelfen könnte. Das Hören auf Unternehmer, die gestalten und nicht gebremst werden möchten und für die „selbst und ständig“ zum Lebensmotto gehört, kann da nicht schaden. Es ist Donnerstag drei Uhr Früh: Das Telefon im Bestattungsinstitut Grünzweig klingelt. n Sollten personalintensive auf Kosten vollautomatisierter Branchen entlastet werden?

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