CHEFINFO 05_2024 Juni

WIRTSCHAFT 46 | CHEFINFO | 5/2024 FOTOS: BRIGHTSTARS/ ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS, HÄNSEL & GRETEL / LUDWIG PULLIRSCH Namen gerecht: Sie rührt regelmäßig um und legt die Finger in die Wunden, wenn es um Unternehmertum geht. Was sie sofort ändern würde? „Die Höhe der Steuern und Lohnnebenkosten senken. Ich bin gerne bereit, meine Mitarbeiter gut zu bezahlen, aber es ist schon passiert, dass Mitarbeiter nach einer Lohnerhöhung weniger netto herausbekamen, als sie vorher hatten.“ Ihrer Meinung nach ließe sich das relativ leicht beheben: „Das geht ja in anderen Ländern auch“. Das Entlohnungssystem sei teilweise leistungsfeindlich. „Mitarbeiter, die in Teilzeit arbeiten, sind beim Nettostundensatz im Vergleich zur Vollzeit bevorzugt. Es kann nicht sein, dass die, die mehr leisten wollen oder auch müssen, die Deppen sind.“ Rührlinger will nicht jene, die weniger arbeiten, höher besteuern, sondern nur, „dass die Mehrarbeiter nicht bestraft werden“. Wie schon die drei Bestatterinnen setzt auch sie gerne auf ältere, erfahrene Mitarbeiter. „Viele ältere Arbeitnehmer sind eine Wohltat für den Arbeitsmarkt. Sie können vieles und arbeiten gerne. Sie sind sich auch nicht zu schade, um anzupacken.“ Zu generalistische Lehre? Vor allem Frauen, die in Pension gehen, wollen ihr Arbeitsleben nicht abrupt enden lassen. Würden sie nicht mit hohen steuerlichen Abgaben „bestraft“, könnten sie – so Rührlingers Kalkül – sanften Druck auf die jüngere Generation ausüben. „Das wäre ein Mittel zum Zweck, dass die Jüngeren erkennen, dass der Arbeitsmarkt nicht immer leer ist, sondern dass es Leute gibt, die sich um solche Jobs reißen.“ Über Bewerbungen jüngerer Mitarbeiter kann sich Hänsel & Gretel nicht beklagen. Doch Rührlinger beklagt deren Ausbildung. „Ich weiß nicht, nach welchen Kriterien in der Berufsschule gelehrt wird, aber mir kommt das immer noch veraltet, ja fast hinterwäldlerisch vor.“ Auf ihre Branche – den gehobenen Handel – wird in der Ausbildung kaum eingegangen. Die Lehre sei zu generalistisch. „Es braucht eine definiertere, konkretere Ausbildung.“ Überhaupt lässt sie am Bildungssystem kein gutes Haar. „Fehlende Talentförderung führt in die Durchschnittsfalle, wie es Markus Hengstschläger geschrieben hat. Wenn wir unseren Wohlstand erhalten wollen, müssen wir in Bildung investieren.“ Rührlinger versuchte lange Zeit, solche Talente zu fördern oder zu entdecken, etwa mit Pflichtpraktika in der Schneiderei, die an den Modeschulen obligatorisch sind. Seit einiger Zeit macht sie das nicht mehr, und zwar „weil es so viele Regelungen gibt, die es nahezu unmöglich machen, ihnen etwas zu beizubringen. Man darf sie nicht in den Arbeitsalltag integrieren, ihnen nichts anschaffen und nichts vorgeben. Seitdem nehme ich keine mehr. Man steht da immer mit einem Fuß im Kriminal.“ Sollen Arbeitnehmer selbst versteuern? Doch nicht nur da drückt der „Brautschuh“. Rührlinger ist mit einer bürokratischen Flut, vor allem an statistischen Auskünften, konfrontiert. „Wir müssen dem statistischen Bundesamt Auskünfte, Listen und Rechnungen über unseren Außenhandel liefern. Informationen über den Warenwert, die Art der Ware und vieles mehr. Das könnte man sofort vereinfachen. Das Finanzamt weiß ja alles, die wissen, was ich von wem kaufe, was das gekostet hat und woher das kommt. Das versteh ich einfach nicht. Die Daten sind ja alle da.“ Sollte das EU-Lieferkettengesetz auch einmal Unternehmen wie ihres betreffen, hat sie eine klare Aussage: „Das ist für uns einfach nicht machbar.“ Und auch der buchhalterische Aufwand könnte für sie deutlich reduziert werden. Rührlinger bringt einen revolutionär klingenden Ansatz ins Spiel: „Am allerliebsten wäre es mir, wenn jede Mitarbeiterin ihr Entgelt selbst versteuert. Dabei geht es mir nicht um die Kosten, sondern um das Bewusstwerden. Wer bekommt wie viel und wofür zahlt man? Die einzelnen Kosten für die Lohnverrechnung würde die Mitarbeiterin dann gerne von mir dazubekommen.“ Flexible Öffnungszeiten Und noch ein Tabu bricht die Unternehmerin: Öffnungszeiten. Dabei will sie nicht länger aufsperren können, sondern flexibler, „auch einmal an einem Sonntag. Dabei will ich ja nicht unbedingt etwas verkaufen, aber vielleicht eine Hausmesse veranstalten, nur aktuell darf ich das nicht.“ Rührlinger sieht ein Ungleichgewicht und einen klaren Wettbewerbsnachteil zu Tourismusregionen oder dem Am allerliebsten wäre es mir, wenn jeder Mitarbeiter sein Entgelt selber versteuert. Dabei geht es mir nicht um die Kosten, sondern um das Bewusstwerden. Christine Rührlinger Geschäftsführerin Hänsel & Gretel Christine Rührlinger legt gerne die Finger in unternehmerische Wunden: Mehrfachbesteuerung älterer Mitarbeiter oder Bürokratie sind ihr ein Dorn im Auge. Ô Info- Hotline 0800 24 68 00 BÜROS AB HERBST 2024 ZU MIETEN! NEUER STANDORT. NEUE PERSPEKTIVEN. Nutzen Sie die Chance und sichern Sie sich Ihr Büro oder Ihre Geschäftsfläche in unserem neuen Firmengebäude! • Räumlichkeiten mit über 340 m2 Fläche • Flexible Raumplanung ganz nach Wunsch • Zentrale Lage zwischen Asten und Enns Mehr Infos unter www.trust-immo.at

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