Startup Chefinfo Magazin 3-23

STARTUP Von der Stahlstadt zur Digitalstadt: Mit der „Digitalen Meile“ und anderen digitalen Hotspots ent- stehen immer mehr neue und auch hochqualifizierte Arbeitsplätze. Inwieweit ist dieser Wandel fortgeschritten und wie viel „Stahlstadt“-Identität soll am Ende für Linz bleiben? Luger: Das eine schließt das andere nicht aus – Linz zeichnet sich eben dadurch aus, dass unterschiedliche Branchen aufeinandertreffen und gleichzeitig eine Verwobenheit entsteht. Denn die Unternehmen profitieren gegenseitig von den jeweiligen anderen Kompetenzen. Die Stahlindustrie bleibt unser Rückgrat – sie passt sich den Gegebenheiten an, wie etwa den klimapolitischen Veränderungen, und setzt grünen Wasserstoff als Technologie der Zukunft ein. Wie wichtig ist die Digital-Uni für den Standort und wie soll es damit weitergehen? Luger: Die Erweiterung der universitären Angebote in Linz ist ein wichtiges Projekt, welches insbesondere die digitale Landschaft nachhaltig prägen könnte. Diese soll die bestmögliche Qualität für Studierende und in weiterer Folge für den digitalen Wirtschaftsstandort Linz sicherstellen. Aktuell benötigt es dafür jedoch mehr Weitblick, eine breitere Einbindung von Experten, keine unausgereiften Schnellschüsse und schon gar keinen sinnlosen Zeitdruck. Im Schnitt werden in Linz zwei Unternehmen pro Tag gegrün- det. Wie schneidet Linz damit im Vergleich zu anderen Städten ab und wie unterstützt die Stadt junge Gründer? Luger: Mit Ausnahme der Wiener Bezirke liegt Linz bei Gründungen im oberen Spitzenfeld. Neben Wels und Steyr weist Linz mit 727 Neugründungen im Jahr 2022 den höchsten Anteil in Oberösterreich auf. Mir ist es ein großes Anliegen, vor allem junge Menschen in der Gründungsphase ihrer Unternehmen zu unterstützen. So fördert und begleitet die Stadt Linz mittels einzelner Projekte, wie etwa dem Gründerstipendium, junge Unternehmer und deren Ideen. Zudem stellt die Gründer- und Jungunternehmerförderung ein besonders effizientes Instrument der Wirtschaftsförderung dar. Sie sind viel in Kontakt mit Startups und Gründern. Wo drückt der Schuh und was soll verbessert werden? Luger: Auch wenn es zu Beginn natürlich um Startkapital geht, um das Abdecken von Fixkosten und die individuelle soziale Absicherung – am wichtigsten ist unseren Jungunternehmen das Eingebettetsein in ein Öko-Umfeld, das wir etwa in der Tabakfabrik bieten. Und es geht auch um ein innovatives Klima, um eine neue Kultur des Unternehmertums und um eine offene Gesellschaft. In verzopften Strukturen will niemand Gründen und Aufbauen! Es fehlen Arbeitskräfte und Studierende. Wie macht Linz auf Talente aufmerksam? Luger: In Linz sorge ich mich tatsächlich am meisten um fehlende Arbeitskräfte, wenngleich wir aktuell mit rund 209.000 Arbeitsplätzen von einer Rekordbeschäftigung sprechen. Wir werden am Wirtschaftsstandort Linz rund 20.000 zusätzliche Arbeitskräfte bis 2040 benötigen. Aus meiner Sicht ist dies nur durch Zuwanderung von Arbeitskräften in allen Berufen und allen Qualifikationsniveaus bewältigbar. Neue Modelle der Beschäftigung – etwa Kombimodelle, bei denen das AMS 50 Prozent der Kosten für Sprachausbildung und Integration zahlt, 50 Prozent die Unternehmen für eine Halbtagsbeschäftigung ab Beginn des Arbeitsverhältnisses – werden nötig sein. Als Stadt haben wir in diesem Zusammenhang die Aufgabe, Linz stärker als offene Stadt der Entwicklungschancen, hoher Lebensqualität und als Ort umfassender Lebenschancen in einem guten sozialen Umfeld zu positionieren. ¢ Der Linzer Bürgermeister Klaus Luger über Stahlstadt-Image, fehlenden Weitblick bei der Gründung der Digital-Uni und warum ein innovatives Klima sowie eine offene Gesellschaft für Startups wichtig sind. ANZEIGE FOTOS: ROBERT MAYBACH, MMUENZL / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS DIGITAL-STADT MIT AUSNAHME DER WIENER BEZIRKE LIEGT LINZ BEI GRÜNDUNGEN IM OBEREN SPITZENFELD. Klaus Luger Bürgermeister von Linz

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