Startup Chefinfo Magazin 3-23

CHEFINFO SPEZIAL | 25 24 | CHEFINFO SPEZIAL STARTUP FOTOS: KRAJETE, BERNHARD KÖNIG, GREEN SOUL TECHNOLOGIES STARTUP LD-VERFAHREN: LINZ DEKARBONISIERT Das weiß auch der Linzer Startup- Gründer Alexander Krajete. Er beschäftigt sich mit seinem Unternehmen ebenfalls mit DAC, geht aber andere Wege. Gemeinsam mit der AUDI AG betreibt das GreenTech-Unternehmen eine Versuchsanlage in Linz. Krajete setzt auf anorganisches Filtermaterial, das sehr hoch mit Molekülen beladen werden kann und unempfindlich gegen Feuchtigkeit ist. Die zu filternde Umgebungsluft muss nicht mehr vorgetrocknet werden. Das steigert die Effizienz und senkt die Kosten. Die Beladungs- und Entladungszyklen des Adsorbers werden wesentlich verkürzt. Das heißt: In kürzerer Zeit lässt sich mehr CO2 aus der Umgebungsluft entfernen. Das gewonnene CO2 steht anschließend in hochkonzentrierter Form als Rohstoff für die dauerhafte Speicherung oder für unterschiedlichste industrielle Anwendungen zur Verfügung. Der Stromverbrauch wird über eine PVAnlage gewonnen. „Zunächst haben wir uns aus Effizienzgründen die Prämisse gesetzt, den Prozess bei Umgebungsdruck ablaufen zu lassen. Anschließend haben wir die eingesetzten Adsorbermaterialien und die physikalischen Bedingungen in der Anlage so lange variiert, bis wir den optimalen Durchlauf gefunden haben, das heißt die maximale Menge CO2 pro Zeiteinheit gefiltert haben“, schildert Krajete, Gründer seines gleichnamigen Startups. Hagen Seifert, Leiter Nachhaltige Produktkonzepte der AUDI AG, sieht großes Potenzial in dem Linzer Verfahren: „Die Technologie ermöglicht es, standortunabhängig und unmittelbar CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen, und ist damit eine bedeutende Maßnahme zur Dekarbonisierung.“ Noch kann die Anlage 500 Tonnen CO2 pro Jahr verarbeiten, bis Ende des Jahres 1.000 Tonnen. Doch Hagen Seifert hat große Pläne. Mit Krajetes Verfahren sollen bis zu 25.000 Tonnen Abscheidekapazität erreicht werden, um den AUDI-Standort in Györ klimaneutral betreiben zu können. WÄRME OHNE ENDE (UND EMISSIONEN) Während man mit DAC bestehende Schäden reparieren will, möchte Bernhard König sie gleich ganz vermeiden, und das bei einem „heißen“ Thema – der Heizenergie. Königs Startup Clean Soul Technologies aus Pabneukirchen will den Energieverbrauch für Heizung und Warmwasser in Haushalten – in Österreich rund 84 Prozent (!), von denen rund ein Drittel nach wie vor mit fossilen Energieträgern produziert wird – in Richtung null gehen lassen. Bernhard König kannte diesen „Pain“ aus erster Hand. Er heizte mit Öl und das machte ihn unzufrieden, also ging er auf die Suche nach Alternativen, bis der Zufall seine Finger im Spiel hatte. „Auf einer Messe im Jahr 2019 weckte ein thermochemisches Speicherelement für automobile Anwendungen mein Interesse.“ Es ließ ihn nicht mehr los, so sehr, dass er seinen Beruf als Arealleiter im Forschungszentrum K1-MET niederlegte, um sich voll und ganz dieser vielversprechenden Idee zu widmen. Eine Idee, die auf den Namen SoulHeat hört und schon längst dem ideellen Status entwachsen ist. Der Proof of Concept im Labormaßstab war erfolgreich, ein Patent ist bereits eingereicht (Status: pending), aktuell wird der Prototyp in Systemgröße aufgebaut, eine Förderung des Landes OÖ macht das möglich. SONNENENERGIE ÜBER MONATE GESPEICHERT „SoulHeat repräsentiert einen thermochemischen Speicher. Wir speichern Energie mithilfe einer reversiblen Hydrierungsreaktion.“ Einfacher ausgedrückt: „Um unsere Wärmebatterie zu entladen, wird einfach Wasser zu einem Hauptreaktanten zugegeben. Diese Zugabe verursacht eine exotherme Reaktion, es entsteht also Wärme, welche wir dann zum Heizen nutzen können.“ SoulHeat ist also eine Wärmebatterie, welche imstande ist, große Energiemengen aufzunehmen und über lange Zeit verlustlos zu speichern. Um die „Batterie“ zu laden, wird das Wasser im Sommer einfach wieder aufgeheizt und der Hauptreaktant vollständig zurückgewonnen. „Der Clou ist, so lange dieser Hauptreaktant nicht mit Wasser in Berührung kommt, verliert er keine Energie. So ist es möglich, Wärmeenergie über die lange Zeit von Sommer bis Winter, und auch weit darüber hinaus, verlustlos zu speichern, was bisher mit sensiblen Wärmespeichern wie Warmwasserspeicher etc. nicht möglich war.“ König suchte einen Reaktanten, der weltweit leicht verfügbar ist und keine problematischen Stoffe beinhaltet. „Auch ist unser System zur Wärmeerzeugung vollständig frei von Treibhausgasemissionen, es entsteht lediglich Wasser beim Laden.“ Herkömmliche Batteriespeicher können die Energie des Sommers nicht in den Winter transferieren. „Ein neues Haus hat schnell einen Heizbedarf von 10.000 kWh, die 20 kWh elektrischer Batteriespeicher helfen da wenig.“ SoulHeat will da Abhilfe schaffen. „Genau hier setzen wir an.“ LOKAL ERZEUGT, LOKAL VERBRAUCHT Mit einer SoulHeat-Wärmebatterie lässt sich die lokal erzeugte Energie lokal wieder verbrauchen. Es gibt also keine Leitungsverluste oder Einspeisesteuern. „Andererseits erhöht sich für den Kunden auch noch der Autarkiegrad erheblich.“ Mit der Einmalinvestition in SoulHeat benötigt man für die Heizung nur noch Wasser und minimalen Strom für die Umwälzpumpen. „Es entstehen somit kaum laufende Kosten für viele Jahre, man ist nicht mehr auf Energieversorger angewiesen und erzeugt seine Wärme ohne jegliche CO2-Emission.“ ACHTMAL LEISTUNGSFÄHIGERE WÄRMEPUMPEN Bis Ende 2023 will Bernhard König SoulHeat zur Serienreife bringen. „Derzeit sind wir hauptsächlich dabei, die Produktion diverser Komponenten so einfach wie möglich zu gestalten.“ Die neuen Komponenten werden in den Prototyp eingebaut und getestet. Auch diverse Einflussfaktoren wie die Auslegungen der Wärmetauscher oder Materialpaarungen werden gerade ausgetestet. „Damit wir SoulHeat aber dann auch an den Endkunden bringen, müssen wir bis dahin auch strategische Partner bezüglich des Vertriebs und der Installation mit ins Boot holen.“ König will den Markt in zwei Bereichen bearbeiten. „Einerseits die Unterstützung von im Winter ineffizienter werdenden Luftwärmpumpen, andererseits als zusätzlicher Leistungsträger für saisonale Energiespeicherung.“ Die Leistungsfähigkeit von Wärmepumpen (gemessen in COP = „Coefficient of Performance“) im Winter soll mit SoulHeat um den Faktor 2,3 bis 8 steigen. Die Ziele sind ambitioniert. Kein Wunder, bei dem Potenzial, das SoulHeat verspricht. „Wir wollen auf den internationalen Markt. Nach der EU wollen wir in die USA und nach Kanada expandieren, und wir wollen größere Projekte starten, etwa als Leistungsträger für Fernwärmenetze oder Flughäfen.“ Königs Innovation sowie das Krajete-Verfahren sind kräftige Ausrufezeichen der Energie- und Klimawende „made in Upper Austria“, und vielleicht rücken auch sie bald in den Fokus großer Investoren, denn wo viel Sonne ist, ist auch Energie. Bernhard König Gründer Green Soul Technologies ES ENTSTEHEN SOMIT KAUM LAUFENDE KOSTEN FÜR VIELE JAHRE, MAN IST NICHT MEHR AUF ENERGIEVERSORGER ANGEWIESEN, UND ERZEUGT SEINE WÄRME OHNE JEGLICHE CO2-EMISSION. Der Prototyp des SoulHeat hat den Proof of Concept gemeistert, die Technologie ist zum Patent angemeldet und soll uns schon bald klimaneutral einheizen. Alexander Krajete „zaubert“ aus schädlichem CO2 einen Rohstoff zur vielseitigen Verwendung. AUDI will mit seiner Technologie Produktionsstandorte CO2-neutral machen. Bernhard König will von Pabneukirchen die Welt erobern. Seine Wärmespeicherbatterie SoulHeat nutzt den Sonnenenergieüberschuss des Sommers zum Heizen im Winter.

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