WIRTSCHAFT 10/2023 | CHEFINFO | 43 42 | CHEFINFO | 10/2023 FOTOS: LAND OÖ / GRUBER INTERVIEW. Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner über wichtige Innovationen, höheres Tempo und mehr Geld aus dem Landesbudget für die Transformation von Industrie und Wirtschaft. INTERVIEW: Klaus Schobesberger Bis 2040 will Österreich klimaneutral sein. Dafür müssen viele große und noch mehr kleine Räder gedreht werden. Zu Letzteren zählen Unternehmen, deren Entwicklungen einen wichtigen Beitrag für die Dekarbonisierung leisten können. Eine davon ist die mehrfach ausgezeichnete Erfindung von ecop Technologies mit Sitz in Neuhofen an der Krems. Deren Gründer und Geschäftsführer Bernhard Adler hat eine spezielle Wärmepumpe gebaut, die Abwärme nutzt und damit bis zu 200 Grad Celsius heißen Dampf für industrielle Prozesse erzeugt. Die mit 68 Patenten abgesicherte Technologie ist eines von sieben Forschungsprojekten, die auf Empfehlung einer internationalen Jury nun mit rund drei Millionen Euro Landesförderung aus dem Wirtschafts- und Forschungsressort gefördert werden. CHEFINFO sprach im Zuge eines Besuchs bei ecop Technologies mit Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner. CHEFINFO: Wie wichtig sind Forschungsprojekte wie die Rotationswärmepumpe, damit die Energiewende gelingt? Markus Achleitner: Die Energiewende ist für einen Industriestandort eine Herkulesaufgabe. Dafür braucht es Forschung und Entwicklung. Der LandesforschungsCall „Future Energy Technologies“ bildet genau das ab. Die sieben Projekte beschäftigen sich mit Schlüsseltechnologien wie Wasserstofferzeugung, Energiespeicherung oder eben mit einem Wärmepumpensystem, das Restwärme zu Dampf aufheizt. Es braucht die richtige Energie für die richtige Anwendung. Das ist der Grund, warum das Land OberDampf für die Energiewende 437,5 Millionen Euro beträgt das Standortbudget Oberösterreichs für 2024. österreich auch in Zukunft viel Geld für Forschung bereitstellt. 437,5 Millionen Euro beträgt das Standortbudget des Landes für 2024, davon fließen 103 Millionen Euro in Wissenschaft und Forschung. Was soll das bewirken? Achleitner: Es ist ein Signal der Verlässlichkeit in stürmischen Zeiten. Oberösterreich verzeichnet ein Rekordniveau bei Beschäftigung sowie Exporten und ist erstmals unter den Top 20 der EUIndustrieregionen. Hier gilt es, den eingeschlagenen Kurs in Richtung Zukunft zu halten. Kein anderer Bereich ist so entscheidend für die Zukunftsfähigkeit des Standorts wie Innovation. Das gilt auch für die Energiewende. Es ist standortpolitische Grundsatzstrategie, schneller als andere diese Transformation zu erreichen. Das stärkt unsere Wettbewerbsfähigkeit. Deshalb fließen 2024 erstmals mehr als 100 Millionen Euro in Wissenschaft und Forschung. Wie wichtig staatliche Förderungen für Private und Unternehmen bei der Energiewende sind, wird deutlich, wenn sie abhandenkommen. In Deutschland fehlen nach dem Verfassungsgerichtsurteil plötzlich 60 Milliarden Euro für den Klimaschutz. Was bedeutet die deutsche Haushaltskrise für uns? Achleitner: Wir blicken mit Sorge zu unseren Nachbarn, weil hier die Gefahr besteht, dass der Transformationsschwung von 60 Milliarden Euro verspätet oder gar nicht kommt. Das hätte nicht nur negative wirtschaftliche Auswirkungen für Österreich, sondern für ganz Europa. Ich hoffe, dass die Verantwortungsträger der Politik schnell für klare Verhältnisse sorgen, damit dieses wichtige Transformationskapital schnell seine Wirkung entfalten kann. Deutschland und Italien haben kürzlich vereinbart, die Produktion erneuerbarer Energie, von Erdgas und Wasserstoff in Nordafrika zu steigern und per Pipeline über die Alpen zu transportieren. Wo bleiben wir? Achleitner: Alle Länder machen jetzt ihre nationalen Infrastrukturpläne, die auf EU-Ebene abgestimmt werden. Es ist eine europäische Gesamtaufgabe. Beim Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur erleben wir eine Henne-Ei-Diskussion. Die Pipelinebetreiber sagen, sie bräuchten erst die Abnehmer in der Industrie, bevor gebaut werden könne. Die Industrie sagt, sie brauche erst Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen. Daher müssen Staaten bei der Infrastruktur mit Startinvestitionen in Vorleistung gehen. Das gilt auch für Österreich. Wir sind auf Bundesebene in Verhandlungen, damit mit dem Bau von Wasserstoffübertragungsnetzen begonnen werden kann. Für die Wärmewende, die den größten Teil der Energiewende ausmacht, wird Wasserstoff im industriellen Bereich die Schlüsseltechnologie sein. Stichwort Tempo bei der Energiewende: Der Bau der 220-kV-Leitung, die die voestalpine für die grüne Stahl- produktion benötigt, liegt wegen der Beschwerde einer Bürgerinitiative auf Eis. Was sagen Sie dazu? Achleitner: Das ist wirklich eine ärgerliche Geschichte, weil der Anspruch des Bundes mit der Wirklichkeit nicht zusammenpasst. Es wurde vom Klima- und Energieministerium verabsäumt, eine Beweisführungspflicht der Beschwerdeführer in die UVP-Novelle aufzunehmen. Derzeit hat jede Beschwerde automatisch aufschiebende Wirkung. Die Rechnung dieser Fehlentscheidung haben wir nun präsentiert bekommen. Gerade bei der Energiewende geht es um Tempo. Sind Sie optimistisch, dass wir die Energiewende schaffen? Achleitner: Ich bin zuversichtlich, weil die technischen Lösungen de facto am Tisch liegen. Jetzt geht es darum, diese Zeit der Transformation so zu gestalten, dass die Wettbewerbsfähigkeit der produzierenden Industrie und Wirtschaft in Europa erhalten bleibt. Denn sonst wandern sie ab. Erste Tendenzen gibt es bereits. Die EU muss auch die rund 20 Produktionsstätten für grünen Wasserstoff im nordafrikanischen Raum und im Nahen Osten bestimmen. Es geht um Diversifizierung und darum, die Abhängigkeit von einem Lieferanten zu vermeiden. Wir werden die Importquote bei Energie von rund 80 Prozent in Europa mit einem gemeinsamen Kraftakt auf rund 50 Prozent drücken können. Für diese 50 Prozent brauchen wir Lieferanten, Pipelines und die Skalierbarkeit, dass Wasserstoff vergleichbar und kompetitiv ist mit anderen Regionen dieser Welt. n Markus Achleitner Wirtschaftslandesrat Kein anderer Bereich ist so entscheidend für die Zukunftsfähigkeit des Standorts wie Innovation. Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner und ecop-Technologies-Gründer Bernhard Adler vor einem Bauteil der Rotationswärmepumpe. Die Erfindung aus Oberösterreich soll die Industrie bei der Dekarbonisierung unterstützen. „Energiewende ist Herkulesaufgabe“: Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner im Gespräch mit Chefredakteur Klaus Schobesberger in der Montagehalle bei ecop Technologies.
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