Chefinfo Magazin 3-23

50 | CHEFINFO | 3/2023 FOTO: JANA MACK PARTIZIPATION. Laut Elisabeth Sechser sollten sich Unternehmen fragen, inwieweit ihre Organisation demokratiestärkend ist und wertschöpfende Teamarbeit zulässt. INTERVIEW: Klaus Schobesberger CHEFINFO: Warum ist Demokratie in Unternehmen ein Thema? Elisabeth Sechser: Der Sora-Demokratie Monitor zeigt, dass die Demokratie unter Druck ist – auch in Österreich. Unternehmen sind gefordert, sich zu fragen: Wie ist dieser Arbeitsort, der einen Großteil des Lebens ausmacht? Inwieweit ist er so gestaltet, dass er in eine Demokratiestärkung einzahlt? Passiert vielleicht auch eine Demokratieschwächung, die den Beteiligten nicht bewusst ist? Demokratie ist nicht „nice to have“, sondern ein ernsthafter, gemeinsamer Prozess, der nicht vor den Unternehmenspforten aufhören darf. Es geht um die Frage, wie Zusammenarbeit in der Organisation gestaltet wird und wie Konflikte gelöst werden, um den sozialen Fortschritt zu fördern. Passiert das nicht ohnehin? Sechser: Viele Unternehmen wollen mehr unternehmerischen Geist und mehr Selbstverantwortung in ihrer Belegschaft. Wenn die wichtigsten Entscheidungen nur wenige treffen, schwächt dies jedoch die kollektive Verantwortung. Die Frage ist: Welche Voraussetzungen braucht es in Organisationen, damit sich Menschen einbringen können, wollen und müssen – denn Verantwortung ist zumutbar. Verantwortung ist demokratiestärkend, kollektive Verantwortung ist eine Grundsäule der Demokratie in der Gesellschaft und Basis für echten Unternehmenserfolg. Wer trifft Entscheidungen, wenn nicht die Führungskraft? Sechser: Das Wort Letztverantwortung würde ich aus Organisationen streichen. Es geht nicht darum, Führungskräfte abzuschaffen, sondern wie Entscheidungsprozesse gestaltet werden. Wenn die Besten entscheiden sollen, ist es ein anderer Ansatz. Das sind dann jeweils Menschen, die den besten Beitrag für die Problemlösung bringen können – und das muss nicht gekoppelt sein an eine formelle Führungskraft. Das ist ein Muster, das aus dem tayloristischen Denken kommt. Wenn man Unternehmen nach dem Aufbau ihrer Organisation fragt, bekommt man in den meisten Fällen ein Organigrammmit einemTop-down-Schaubild vorgelegt, in dem Mitarbeiter nicht abgebildet sind, Kunden schon gar nicht. Organisation muss heute von außen nach innen gedacht werden, statt von oben nach unten. Wie kann eine demokratische Unternehmensführung in der Praxis aussehen? Sechser: Ich würde demokratischmarktwirtschaftliche Unternehmensführung sagen. Unternehmen suchen nicht Beratung, um demokratischer zuwerden. Noch ist die Koppelung von unternehmerischem Erfolg und demokratischen Prinzipien nicht allerorts bekannt. Es sind oft die Folgen dysfunktionaler Managementtheorien, die Organisationen schwächen und die Fluktuation erhöhen. Unternehmen wollen agiler und selbstbestimmter arbeiten. Sie suchen Konzepte, um die unternehmerische Kraft zu stärken oder fragen sich, wie verantwortungsvolle Teamarbeit gelingen kann und welche Rolle Führungskräfte dabei heute spielen können. Die kleinste Leitung ist das unternehmerische Team. Das teamgesteuerte Unternehmen ist das Gegenmodell zum tayloristischen, zentral gesteuerten Unternehmen. Beim Team geht es um Teilhabe und nicht um Belohnung. Alle sind quasi am Unternehmenserfolg interessiert. Unser Denken ist immer noch: Einzelne entwickeln, Leistungsträger bewerten und belohnen: Das ist ein Auseinanderdividieren kollektiver Verantwortung. n „Verantwortung ist zumutbar“ Das Wort Letztverantwortung würde ich aus Organisationen streichen. Elisabeth Sechser Organisationsexpertin, Wien ANZEIGE FOTOS: OÖG „Es muss mir als Führungskraft gut gehen, nur so kann ich das Team gut führen“, sagt Pflegedirektorin Renate Nobis. WEITERENTWICKLUNG. Mit unterschiedlichen Angeboten speziell für Frauen unterstützt die OÖG die Karriere ihrer Mitarbeiterinnen. „Cross-Mentoring“ begleitet weibliche Führungskräfte zum Erfolg. CHEFINFO: Warum haben Sie sich entschieden, eine Führungsrolle zu übernehmen? Renate Nobis: Auf der Suche nach einer neuen Herausforderung habe ich mich 2010 als Stationsleiterin der Neurologie und Stroke Unit beworben. Was sind für Sie die größten Herausforderungen? Nobis: Ich habe sehr rasch erkannt, dass diese vielseitige Aufgabe nur gelingt, wenn sie mit einer laufenden fachlichen und persönlichen Weiterentwicklung einhergeht. Eigenreflexion, Resilienz und persönliche Abgrenzung spielen eine große Rolle, nach dem Motto „Es muss mir als Führungskraft gut gehen, nur so kann ich das Team gut führen“. Welche drei Tipps Ihres Mentors/ Ihrer Mentorin im Cross-MentoringProgramm konnten Sie umsetzen? Nobis: Ich konnte von meinem Mentor sehr viel lernen, z. B. wie es gelingt, Emotionen bei schwierigen Themen auf die Sachebene zu bringen, sowie den Umgang mit komplexen Führungsthemen. Das Thema Verhandlungsgeschick und wie man Argumentationen aufbaut, kann ich heute noch gut anwenden. Es freut mich besonders, in diesem Jahr als Mentorin am Programm teilnehmen zu dürfen und meine Erfahrungen weitergeben zu können. Mit dem Wissen, dass man auch als Mentor über den Tellerrand sieht und sich das eine oder andere für die eigene Führungsarbeit mitnimmt. Was brauchen Sie, um Ihre Rolle gut zu erfüllen? Nobis: Tools wie Führungscoaching und Mentoring konnte ich von Anfang an in Anspruch nehmen, dafür bin ich heute meinem Arbeitgeber noch sehr dankbar. Die Möglichkeiten zur laufenden Weiterentwicklung sind essenziell für das Gelingen als Führungskraft, dabei soll die Authentizität nicht verloren gehen. Karriereförderung für Frauen in der OÖG Die Oberösterreichische Gesundheitsholding GmbH (OÖG) ist der größte Krankenhausträger in Oberösterreich mit einem Marktanteil von insgesamt 53,2 Prozent. Neben dem Kepler Universitätsklinikum in Linz managt die OÖG die Regionalkliniken Freistadt, Rohrbach, Schärding, das Salzkammergut-Klinikum und das PyhrnEisenwurzen Klinikum. „Bereits seit der Geburtsstunde nimmt die OÖ Gesundheitsholding am Cross-Mentoring-Programm teil und fördert damit gezielt Frauen, die am Sprung zum nächsten Karriereschritt bzw. neu in einer Führungsrolle sind. Besondere Vorteile ergeben sich aus meiner Sicht durch das unternehmensübergreifende Matching zwischen Mentee und Mentor. Dieses Matching ermöglicht es, von anderen Sichtweisen zu profitieren und Netzwerke zu bilden“, sagt Franz Harnoncourt, Geschäftsführer der OÖG. Durch die hohe Frauenquote von knapp 79 Prozent im Unternehmen ergibt sich ein überdurchschnittlich hoher Anteil an Frauen in Führungspositionen. Auch der Trend zu einem hohen Anteil an Teilzeitbeschäftigung (aktuell knapp 54 Prozent) hält an, weshalb das Modell „Führen in Teilzeit“ in vielen Bereichen verwirklicht wurde. Um Frauen auf ihrem Karriereweg zu begleiten, werden Themen wie Lebensphasenorientierung, Resilienz und spezifische Gesundheitsprogramme sowie das Interne Managementprogramm (IMP) für Potenzialträger angeboten. Unterstützende Kinderbetreuungsangebote, wie z. B. Ganzjahresbetreuung, Sommerkinderbetreuung oder Betriebstagesmütter, machen die OÖG zu einer attraktiven Arbeitgeberin in allen Versorgungsregionen Oberösterreichs. EIN UNTERNEHMEN – VIELE MÖGLICHKEITEN C H E F I N F O J A H R E S T H E M A T E I L 1 Frau UND KARRIERE Renate Nobis Pflegedirektorin des Salzkammergut Klinikums

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