chefinfo 9-22

FOTO: CHRISTOPH BURGSTEDT / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS wurde diese Investition von den Staaten und ihren nationalen Telekom-Unternehmen geschultert. Inzwischen sind Microsoft, Alphabet, Meta (Facebook) und Amazon auf bestem Wege, die bestimmenden Financiers zu werden. Riesiger Datenhunger Die vier Tech-Giganten nutzten vor 2012 weniger als 10 Prozent der HochseeGlasfaserkapazitäten, heute sind es fast 70 Prozent, schätzt das Analyseunternehmen TeleGeography. Bis zum Jahr 2024 werden die vier voraussichtlich gemeinsam an mehr als 30 Langstrecken-Unterseekabeln beteiligt sein, die jeweils bis zu Tausende von Meilen lang sind und alle Kontinente mit Ausnahme der Antarktis miteinander verbinden. Nationale Telekommunikationsunternehmen sehen diese dominierende Rolle der TechGiganten kritisch. Andererseits senkte die Beteiligung von Google, Facebook & Co die Kosten der Datenübertragung für alle. Und sie nutzen es nicht allein, sondern es ist eine Kooperation zwischen Konkurrenten. Als Beispiel dient dafür das 6.600 Kilometer lange Transatlantikkabel Marea zwischen Virginia Beach (USA) und der spanischen Küstenstadt Bilbao. Das Seekabel wurde von Meta und Microsoft finanziert und verlegt, um die Unabhängigkeit zu erhöhen und die Cloud-Dienste immer verfügbar zu halten. Miteigentümerin des seit 2018 aktiven Seekabels ist auch Telexius, eine Tochtergesellschaft der spanischen Telekommunikationsgesellschaft Telefónica. Sie nutzt eines der acht Glasfaserpaare der Marea-Verbindung. Dieses eine Glasfaserpaar kann mehr Signale übermitteln als 4.000 Satelliten in Elon Musks Starlinksystem, haben Forscher am Massachussetts Institute of Technology errechnet. Google & Co bauen Vorsprung aus Die Teilhabe anderer Unternehmen hat auch einen anderen Grund: Man will bei der US-Wettbewerbsbehörde keine schlafenden Hunde wecken. Nur Google ist als einziges der großen Technologieunternehmen bereits alleiniger Eigentümer von drei verschiedenen Unterseekabeln. TeleGeography geht davon aus, dass diese Zahl bis 2023 auf sechs ansteigen wird. Der Suchmaschinengigant, der gerade bekanntgegeben hat, in Kronstorf ein Rechenzentrum mit 100 neuen Jobs zu schaffen, braucht Kapazitäten für seine Cloud-Dienste, reaktionsschnelles Suchen und YouTube-Streamen. Die Internetplattformen dominieren nicht nur das Internet mit ihren Diensten, sondern auch bald die Infrastruktur. n 1 Glasfaserpaar kann mehr Signale übermitteln als 4.000 Starlink-Satelliten. Die Cloud am Meeresboden DATENVERKEHR. Die Nervenbahnen des World Wide Web laufen über 1,3 Millionen Kilometer Tiefseekabel. Diese transkontinentalen Verbindungen werden zunehmend von den US-Techgiganten dominiert. TEXT: Klaus Schobesberger IT & MORE IT & MORE Firmendaten kommen aus der Cloud, Streaming-Inhalte über das WLAN und schon bald sollen dank Satellitentechnik lästige Funklöcher der Vergangenheit angehören. Das Internet ist wie die Luft zum Atmen einfach da. Die gesamte Wirtschaft – vom Zahlungsverkehr über die Industrie bis zum Handel – fußt auf schnellem und sicherem Datenaustausch. Doch um diesen zu gewährleisten, ist ein gigantisches, schnell wachsendes Netz aus physischen Verbindungen nötig. 95 Prozent der internationalen Datenströme laufen über Glasfaserkabel, die alle Rechenzentren der Welt verbinden. Die Nervenbahnen des Internets bilden die 426 interkontinentalen Unterwasserkabeln mit einer Länge von 1,3 Millionen Kilometern. Sie machen das eigentliche globale Internet, wie wir es kennen, überhaupt möglich. Der Weg eines Instagram-Eintrags von einer Studentin in New York City auf das Handydisplay eines Cafébesuchers in Wien dauert dabei kaum länger, als das Auge diese Information über die Nervenbahnen in unser Gehirn überträgt. Vorsicht Sabotage Was passiert, wenn diese Lebensadern des World Wide Web nicht mehr funktionieren, wurde auf den Shetlandinseln Mitte Oktober deutlich sichtbar: Internet aus, kein Zahlungsverkehr, alle Banken zu. Ob ein Sabotageakt für das beschädigte Seekabel verantwortlich war, ist nicht klar, doch seit der Explosion in der Nordstream-Gaspipeline steigt die Nervosität westlicher Regierungen über die Verwundbarkeit ihrer kritischen Dateninfrastruktur. Das gemeinnützige International Cable Protection Committee registriert etwa 200 Beschädigungen von Seekabeln jährlich, verursacht meist durch Fischernetze. Die Reparatur eines beschädigten Kabels ist teuer und aufwendig. Weltweit stehen Einsatzschiffe mit Tauchern und Unterwasserrobotern in den Häfen bereit. Eine Reparatur kann Wochen dauern. Auch die Verlegung in Tiefen bis zu sechs Kilometern ist schwierig und benötigt Spezialschiffe und Experten. Die Kosten für ein neues Hochseekabel gehen in die Hunderten Millionen. In der Vergangenheit Verkabelte Welt: Die 426 interkontinentalen Unterwasserkabeln machen das eigentliche globale Internet, wie wir es kennen, überhaupt erst möglich. 9/2022 | CHEFINFO | 83 82 | CHEFINFO | 9/2022

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