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IT & MORE FOTO: SCCH INTERVIEW. Robert Wille ist einer der führenden Wissenschaftler, wenn es um Software für Quantencomputing geht. Wille über die Rolle Österreichs, Pros und Cons bzw. wie man Quanten überhaupt beherrschen kann. INTERVIEW: Jürgen Philipp CHEFINFO: Seit gefühlt 50 Jahren heißt es, der Quantencomputer kommt. Wann kommt er nun wirklich? Robert Wille: Das stimmt – es wird seit mehreren Jahrzehnten an ihm gearbeitet. Die ersten Ideen dazu stammen noch aus dem letzten Jahrhundert und erste physikalische Realisierungen gab es schon in den 2000er-Jahren. Die große Frage war aber immer, wann ist er für praktisch relevante Probleme nutzbar? Vor etwa fünf bis sechs Jahren hat sich hier enorm viel verändert. Es gab die erste physikalische Implementierung von sehr kleinen Rechnern, die erstmals eine breitere Zielgruppe erreichten. Dadurch ergab sich ein enormes Momentum. IBM, Google, Microsoft, Intel und weitere entwickeln mittlerweile Maschinen und man könnte schon nahe dran sein. Es ist in der Computerwelt nichts Neues, dass eine Entwicklung lange dauert. Auch die KI benötigte mehrere Anläufe, bis sie sich etabliert hat. Welche Rolle hat Österreich bei der Entwicklung des Quantencomputers? Mit Anton Zeilinger haben wir ja ein echtes Role Model … Wille: Österreich ist tatsächlich weltweit führend; Innsbruck und Wien sind Hotspots auf diesemGebiet. Darüber hinaus wird es aber auch immer wichtiger, entsprechende Software für Quantencomputer zu entwickeln. In Österreich muss man sich hier insbesondere im Raum Linz, sprich Hagenberg, nicht verstecken. Das SCCH ist da ein gutes Beispiel. Laienhaft ausgedrückt, tun Quanten, was sie wollen. Wie kann man sie dann beherrschen? Wille: Quantenmechanische Konzepte sind für uns Menschen oft nicht fassbar, aber es gibt mathematische Beschreibungen. Das ist ähnlich zur klassischen Physik, wo wir z. B. mit den Newtonschen Gesetzen viel von unserer Welt erklären können. In der Quantenwelt gelten aber andere Gesetze und viele davon sind völlig unintuitiv. Die Physik und die Mathematik haben sich daher Modelle überlegt, mit denen man diese Phänomene trotzdem erklären kann. Modelle, wie man einen Quantencomputer beschreiben, und auf dieser Basis Software entwickeln kann. Während man für einen klassischen Computer noch die Gesetze der Elektrotechnik anwendet, muss man für Quantencomputer probabilistisch arbeiten, also nach Wahrscheinlichkeiten. QuantenAlgorithmen liegt zugrunde, dass man mehrere mögliche Lösungen gleichzeitig betrachtet, Informationen miteinander verschränkt und schließlich Wahrscheinlichkeiten von Zuständen so anpasst, dass das gewünschte Ergebnis mit einer hohen Wahrscheinlichkeit resultiert. Technologie ist zwar per se neutral, doch gibt es immer bei allem Fortschritt Schattenseiten. Was wären die Gefahren des Quantencomputings? Wille: Wir sollten sensibel damit umgehen. Quantencomputer könnten zum Beispiel traditionelle Verschlüsselungen knacken. Das hätte auch enorme Auswirkungen auf unser Bankensystem – nahezu alle Finanztransaktionen laufen derzeit ja online und müssen daher gut verschlüsselt werden. Auch darüber hinaus haben wir sicher ein Interesse, dass unsere eigenen verschlüsselten Daten nicht in ein paar Jahren oder wenigen Jahrzehnten für alle zugänglich sind. Aktuell sind die Maschinen zwar längst noch nicht so weit, aber theoretisch besteht die Möglichkeit, dass ein hocheffizienter Quantencomputer in Zukunft ein Risiko dafür darstellt. Derzeit interessanter ist aber die mögliche Nutzung von Quantencomputern zum Beispiel für Simulationsaufgaben. Wie bei jeder Technologie sollte man aber genau hinschauen: Sozialwissenschaftler und Philosophen machen sich bereits Gedanken ethischer Art. Schon bei der KI tut man das, auch sie wirft viele ethische Fragen auf. Bei uns am SCCH muss jede Technologie auf Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Auswirkungen abgeklopft werden – eine gewisse Sensibilität ist uns schon wichtig. n „Quanten sind völlig unintuitiv“ Robert Wille Professor am SSCH und an der TU München Während man für einen klassischen Computer noch die Gesetze der Elektrotechnik anwendet, muss man für Quantencomputer probabilistisch arbeiten, also nach Wahrscheinlichkeiten. Das 5G-Netz exklusiv auf Ihrem Firmenstandort Um Klassen komfortabler. Um Wellenlängen stabiler. Die 5G-Technologie ist heute schon der Kommunikationsstandard der Zukunft. Ob Industrie 4.0, IoT oder Augmented Reality – in der Robotik, in Fahrzeugen, in der Smart City oder in der Medizin. Das 5G-Campus-Netz kann flexibel an verschiedenste Anforderungen angepasst werden und ist dabei absolut störungssicher. Wir sind bereit für die digitale Zukunft in Oberösterreich. Sie auch? Tel. 0732/3400-9455, www.linzag-telekom.at ANZEIGE FOTO: SCCH TECHNOLOGIE. Jetzt ist es so weit: Das Software Competence Center Hagenberg nimmt High Performance Cluster in Betrieb. Im Software Competence Center Hagenberg (SCCH) wurde ein weiterer wichtiger Meilenstein in puncto Innovations- und Technologieausbau getätigt. Der High Performance Cluster (HPC) wurde in Betrieb genommen und dieser gehört zu den Ersten in Europa, die ein hpe apollo 6500 gen10 plus System integriert haben. Der Cluster ist auf Basis von Kubernetes voll orchestriert und bietet einen einfachen und sicheren Zugang zur Infrastruktur. Computer mit Superkraft Immer weiter steigende Datenmengen in Projekten und komplexe KI-Anwendungen können mit HPC effizienter und rascher gemanagt werden. Für Unternehmen ist der Einsatz von HPC jedoch oft schwer zu realisieren. Hier schließt das SCCH die Lücke zwischen Wissenstransfer und Infrastruktur, indem es einen hochmodernen On-Prem-Cloud-Service für Wissenschaft und SCCH-Partner aufbaut. Das erlaubt eine kosten- und zeiteffiziente Entwicklung vom ersten KI-Modell bis hin zum Prototypen. Digitaler Superheld Bei vielen Projekten am SCCH liegt der Fokus auf Transferlearning, Simulationen im Industriebereich, Bilddatenverarbeitung, Machine Learning, Big Data, Datenqualität und KI. ImCOMET-Modul S3AI (www.s3ai.at) werden die Grundlagen für den Aufbau sicherer kollaborativer künstlicher Intelligenzsysteme entwickelt. Das sind Methoden zur Wahrung der Privatsphäre, Schutz vor Hackerangriffen und Garantien für das beabsichtigte Verhalten des Systems. Die verwendeten Ansätze kommen dabei aus dem Bereich des Transfer Learnings. Supercomputer in Hagenberg in Betrieb genommen Christian Rachle (links), HPC-Spezialist am SCCH, und Volkmar Wieser, Area Manager Data Science and Senior Research Project Manager 76 | CHEFINFO | 9/2022

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