Chefinfo Magazin 8-22

48 | CHEFINFO | 8/2022 FINANZEN FOTO: MAGNUS HJALMARSON NEIDEMAN / TT NEWS AGENCY / PICTUREDESK.COM Neukundenwachstum behördlich begrenzt Warum es derzeit einen so großen Einbruch am Fintech-Markt gibt, ist neben dem Vertrauensverlust auf eine Blasenbildung zurückzuführen. Investoren überhäuften Fintechs, weil sie an einen Gamechanger glaubten. Blender wie Wirecard verkauften sich als moderne Art des Zahlungsverkehrs. Die Akzeptanz von reinen Onlinebanken wie Holvi oder die von zwei Wienern gegründete N26 ist begrenzt. Im Fall von N26 auch seitens der deutschen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, kurz BaFin. Die BaFin will offiziell das Risiko begrenzen und reduziert das Neukundenwachstum von N26 auf 50.000 pro Monat. Das gilt für alle Märkte, in denen N26 aktiv ist. Außerdem legte die BaFin fest, dass der Forderungswert an durch Immobilien besicherten Risikopositionen maximal 500 Millionen Euro betragen darf. Nicht die einzige schlechte Nachricht für das Berliner Startup: Mitbewerber wie das britische Fintech Revolut, aber auch Direktbanken wie bunq, Openbank oder Fidor machen ihnen das Leben schwer. Allesamt Direktbanken, die über eine Banklizenz verfügen, während die meisten Fintechs nur als Finanzdienstleister agieren. Finanzielle Super-App? So wie jüngst die Berliner Smartphone-­ Bank Vivid Money eine niederländische Investmentlizenz erhielt. Vivid sieht sich laut eigener Angabe auf dem Weg zur „finanziellen Super-App“. Es verbindet Anlagemöglichkeiten mit Sparangeboten, Investments in Kryptowährungen und Ratenzahlungsservice. Im Gegensatz zu vielen anderen Fintechs konnten die Berliner frisches Kapital an Land ziehen. Über 100 Millionen Euro allein in diesem Jahr. Es fließt also nach wie vor Geld in die Fintech-Szene, wenngleich deutlich verhaltener. Zahlreiche Services, die Fintechs einst groß machten, wurden von den klassischen Banken adaptiert, weshalb der Kundenvorteil der jungen Unternehmen zu schmelzen droht. Werden Fintechs zum neuen Dotcom? Dennoch sind Fintechs schneller als eher konservative Bankenapparate. Aus dieser Geschwindigkeit werden sie ihre künftige Berechtigung ziehen. Die Blockchain-Technologie als Basis von Bitcoin und Co. hat noch lange nicht ihr volles Potenzial ausgeschöpft. Gleichzeitig wurde die Innovationskraft überschätzt. Das Platzen der Fintech-Blase wird von vielen mit der einstigen Dotcom-Blase verglichen. Zu optimistische Einschätzungen wie der berühmte Satz, den Bill Gates 1994 vom Stapel ließ: „Banking ist necessary, banks are not“, haben sich überlebt. Die Blockchain, auch gerne „Vertrauensmaschine“ genannt, könnte die verlorene Reputation von Fintechs und Kryptowährungen wieder wettmachen. Dazu braucht es Regulatorien, etwas, was Pioniere der Szene stets vermeiden wollten. Regulatorien, die klassischen Banken zur Genüge kennen. Es könnte also zu einer noch engeren Zusammenarbeit dieser beiden Bereiche kommen. Verlieren Fintechs damit ihre Disruptionskraft? Man wird sehen, und vor allem die Kunden werden ganz genau hinsehen, etwa wenn es Anfang 2023 zum Wirecard-Prozess kommt. n 1 Mrd. US-Dollar verlor die größte US-Kryptobörse allein im zweiten Quartal 2022. Sebastian Siemiatkowski CEO Klarna Klarna ist das einzige FintechUnternehmen der Welt, das in den ersten 14 Jahren seines Bestehens profitabel war. Das einst wertvollste europäische Startup Klarna (im Bild: CEO Sebastian Siemiatkowski) sank im Unternehmenswert von 45,6 auf 6,7 Milliarden Euro.

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