Chefinfo Magazin 03-22

E in Mensch liegt auf dem Ope- rationstisch, die Narkose wirkt. Doch statt eines Chirurgen beugt sich ein Roboter über ihn. Hightech- Arme wirbeln surrend durch die Luft. Sie stecken Operationswerkzeuge in den Körper, schneiden und nähen. Was wie eine Szene aus einem Science-Fiction- Film wirkt, ist längst Wirklichkeit: Der Chirurg steht nicht direkt am OP-Tisch, sondern sitzt vor einem Bildschirm und steuert den Roboter ähnlich wie an einer Spielkonsole mit einem Joystick. Roboter und Computer sind unverzichtbare Assis- tenten der Ärzte geworden – denn sie können Dinge leisten, die selbst die erfah- rensten Chirurgen nicht vermögen. Wie bei vollständig autonom fahrenden Autos stellt sich auch hier die Frage: Werden bald von Künstlicher Intelligenz gesteu- erte Roboter völlig automatisiert Ope- rationen durchführen – ohne dass ein menschlicher Arzt im Raum ist? Zäher Siegeszug „Ich glaube nicht, dass es in den nächs- ten 20 Jahren dazu kommen wird“, sagt Primar Andreas Shamiyeh, Vorstand der Klinik für Allgemeinchirurgie und Visze- ralchirurgie am Linzer Kepler Universi- tätsklinikum. Hier sind seit vergange- nem Jahr zwei Robo-Docs im Einsatz: der Mako-Operationsassistent kann bei Knie- und Hüftgelenksimplantationen hochpräzise Knochenschnitte durch- führen. Der DaVinci-Roboter wird bei minimal invasiven Operationen in den Fachbereichen Chirurgie, Gynäkologie und Urologie eingesetzt. Es ist das welt- weit derzeit am häufigsten genutzte OP- Robotiksystem. Es wurde vom kaliforni- schen Unternehmen Intuitive Surgical in den 1980er ursprünglich für das US- Militär entwickelt, um verwundete Sol- daten ferngesteuert operieren zu kön- nen. Mittlerweile wird weltweit alle 25,4 Sekunden ein Eingriff mit einem DaVin- ci vorgenommen. Der Chirurg kann die Arme des Robo- ters millimeterge- nau steuern, unwill- kürliches Zittern der Hände wird ausge- glichen. Die Kame- ra liefert ein bis zu zehnfach vergrößer- tes Bild. Obwohl das System schon mehr als 20 Jahre auf dem Markt ist, erobert es die Operationssä- le erst in den letzten Jahren flächende- ckend, auch die Konkurrenz hat den Mil- liardenmarkt entdeckt. Remote-OPs sind die Zukunft Man kann den DaVinci auch remote bedienen: Schon 2013 wurde in Strass- burg eine Gallenblasenoperation an einem Patienten in New York durch- geführt. Und genau das wird auch die Zukunft der Robotik in der Chi­ rurgie sein, glaubt Primar Shamiyeh: „Man kann eine Operation von einem Highend-Zentrum aus machen und der Patient liegt in einer Klinik, wo es einen entsprechenden Spezialisten nicht gibt, aber wo man das Robotersystem andocken kann.“ Diagnose via Algorithmen Auch das Linzer Ordensklinikum hat sich kürzlich einen solchen DaVinci für die Thoraxchirurgie angeschafft. Seit einem Jahr werden hier auch Unter- suchungen an der Lunge via navigier- ter Bronchoskopie mit Illumisite-Tech- nologie durchgeführt. Diese Technik, mit der sich Lungenkrebs in einem frühen Stadium besser diagnostizieren lässt, ist im deutschsprachigen Raum einmalig, das Ordensklinikum hat sich als internationales Referenzzent- 3/2022 | CHEFINFO | 79 78 | CHEFINFO | 3/2022 DAVINCI-ROBOTER wurden bereits in den 1980ern entwickelt – erst in den letzten Jahren haben sie ihren Siegeszug in die Operationssäle welt- weit angetreten. Dr. Roboter, bitte in den OP MEDTECH. Würden Sie sich von einem komplett selbstständig arbeitenden Roboter operieren lassen? Als Assistenten sind OP-Robotik-Systeme seit vielen Jahren im Einsatz – auch in Oberösterreich wird im Bereich MedTech kräftig geforscht. TEXT: Jessica Hirthe GESUNDHEIT GESUNDHEIT FOTOS: KUK Ô Wir haben ein System entwickelt, das die Aufmerksamkeit des Chi- rurgen während einer OP misst - und gegebenenfalls Alarm schreit. Prim. Univ.-Doz. Dr. ANDREAS SHAMIYEH, FACS, FEBS Klinikvorstand, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Kepler Universitätsklinikum

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