Chefinfo Magazin 03-22

3/2022 | CHEFINFO | 73 GESUNDHEIT GESUNDHEIT 25 Millionen Schönheitsoperationen werden jährlich weltweit durchgeführt. achtete im Rahmen der Studie, dass unattraktive Mitarbeiter tatsächlich für denselben Lohn mehr Leistung brin- gen mussten als ihre „schönen“ Kolle- gen. Überraschenderweise fällt laut der Studie die Bevorzugung bei schönen Männern stärker aus (sie bekamen fünf bis sieben Prozent mehr Einkommen) als bei ihren schönen Kolleginnen (sie bekamen nur zwei bis vier Prozent mehr Einkommen als unattraktivere Frauen). Gute Investition Dass Schönheit bei Frauen auch einen gegenteiligen Effekt haben kann, zu dem Ergebnis kam das Luxemburger Insti- tut für Arbeitsökono- mie: Frauen, die schön sind, wird oft weni- ger zugetraut. Schö- ne Frauen haben es besonders in typischen Männerdomä- nen schwer. Die alten Klischees wirken laut Ökonom Bradley Ruffle immer noch stark: „In den Köpfen tragen Maschinen- bauer keine Pumps und Ingenieure kei- ne knalligen Lippenstifte.“ Auch das Gal- lup Institut hat Unternehmer gefragt, ob sie bei gleicher Qualifikation besser Aussehende lieber einstellen. Die Ant- wort: Drei Viertel würden den besser aussehenden Mann nehmen, zwei Drit- tel die besser aussehende Frau. Roswi- tha Hasslinger vom Gallup Institut weiß: „Speziell Leute, die ihre Karriere pla- nen, sagen, die Investition in ihre Schön- heit sei eine in ihre Karriere.“ Auch in einer Umfrage der Deutschen Gesell- schaft für Ästhetisch-Plastische Chi- rurgie gaben drei Viertel der männli- chen Befragten an, sie erwarteten durch einen Eingriff ein besseres Lebensge- fühl – und 9,2 Prozent eine Verbesse- rung ihrer beruflichen Chancen. „Karri- erechancen sind dann gesteigert, wenn innere und äußere Schönheit kongru- ent sind“, so ÖGPÄRC-Präsident Lars- Peter Kamolz. Das hängt laut dem Lin- zer Schönheitschirurgen Martin Koller unmittelbar zusammen: „Leute mit guter Ausstrahlung haben sicher mehr Chan- cen im Job und generell im Leben. Die ästhetische Medizin kann helfen, dass man sich in seinem Körper wohlfühlt. Das wiederum kann ein Grundstein sein für die Ausstrahlung.“ Und damit für den Erfolg. 100.000 Eingriffe pro Jahr Weltweit ist die Schönheitschirur- gie ein Milliardenmarkt. Rund 25 Mil- lionen kosmetische Eingriffe werden jährlich weltweit vorgenommen – mit einer durchschnittlichen Steigerungs- rate von etwa 7 Prozent. „Der Gesamt- markt wächst weltweit: In den nächs- ten sechs Jahren wird eine Steigerung von knapp 40 Prozent prognostiziert“, rechnet ÖGPÄRC-Präsident Kamolz vor. Rund 100.000 werden pro Jahr in Öster- SCHON DIE ALTEN INDER FORMTEN NEUE NASEN Elfenbein als Knochenersatz, Nasen aus dem Katalog: Vor mehr als hundert Jahren erfand der Deutsche Jacques Joseph die moderne Schönheitschirurgie. Nachdem ihn eine Segelohren- Operation bei einem Jungen seinen Job an einer Universitätspoliklinik gekostet hatte, gründete er eine Privatpraxis und entwickelte 1904 ein Verfahren, ohne äußere Nar- ben durch die Nasenlöcher zu ope- rieren. Dafür entwarf er spezielle Instrumente, kleine Skalpelle und Sägen, die teils bis heute noch ver- wendet werden. Nach dem Ersten Weltkrieg richtete er ganze Gesich- ter von Soldaten wieder her, die auf dem Schlachtfeld bis zur Unkennt- lichkeit verstümmelt worden waren. Später ließ er seine Patienten ihre neue Nase in einem Album mit Hunderten Vorher-Nachher-Fotos aussuchen und operierte nach der Machtergreifung der Nazis Juden stigmatisierende Höcker- und Hakennasen weg. Von Deutschland aus breitete sich die Schönheits- chirurgie in die ganze Welt aus. Brustimplantate wurden Anfang der 1960er-Jahre in den USA erfun- den: Der Chirurg Frank Gerow aus Texas kam beim Anblick eines Beu- tels mit Blut für eine Transplanta- tion auf die Idee. Ihn erinnerte die Form des Beutels an eine weibli- che Brust. Erst experimentierte er mit Beuteln gefüllt mit Kochsalz- lösung, dann mit Silikongel. Doch die Anfänge der Rekonstruktion gehen zurück bis ins 7. Jahrhun- dert: Der indische Heiler Sushruta formte aus Stirnhaut neue Nasen für Diebe und Ehebrecher, denen zur Strafe der Riecher abgeschnit- ten worden war. Im 16. Jahrhun- dert rekonstruierte Gaspare Taglia- cozzi in Italien Nasen, die nach der Syphilis eingefallen waren, mit Haut aus dem Oberarm. DER GRUNDSTEIN der modernen Schönheitschi- rurgie wurde Anfang des letzten Jahrhunderts in Deutschland gelegt. VOLLERES HAAR – dieser Wunsch treibt hauptsächlich Männer in die Praxen von Schönheitschirurgen. Lars-Peter Kamolz Präsident ÖGPÄRC Der Markt wächst weltweit: In den nächsten sechs Jahren ist eine Steigerung von 40 Prozent prognostiziert. Ô FOTOS: ÖGPARC, GOODLUZ / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS FOTO: YAKOBCHUKOLENA / GETTY IMAGES PLUS reich gemacht und damit etwa 250 Mil- lionen Euro umgesetzt. Etwa die Hälfte davon sind nicht operative Eingriffe wie etwa Botox-Behandlungen. Die Länder- rangliste wird mit vier Millionen Eingrif- fen von den USA angeführt, gefolgt von Brasilien (2,6 Mio.), Japan (1,4 Mio.) und Mexiko (1,2 Mio.). Deutschland liegt mit knapp einer Million Eingriffen auf Platz sechs. Andere Länder andere Sitten. Gratis-OPs in Brasilien Während man sich in Österreich nach einem Eingriff eher versteckt, bis alles verheilt ist, und meist lieber gar nicht darauf angesprochen werden will, dass „man etwas hat machen lassen“, gehört in den USA ein Schönheitschirurg bei den Schönen und Reichen quasi genau- so zum guten Ton wie ein Psychothera- peut. Auch in anderen Ländern werden aufgespritzte Lippen oder volle Brüste als Statussymbol gesehen. Für Martin Koller liegt das daran, dass „etwa in Südamerika und den Ostblockländern eher ein unnatürliches Schönheitsideal vorherrscht. Dort will man sehen, dass eine Schönheits-OP stattgefunden hat. Das ist bei uns komplett anders: Hier stellt man das nicht zur Schau.“ Hier strebe man eher natürliche Ergebnis- se an. In Brasilien wird seit vielen Jah- ren dafür gesorgt, dass die nicht billi- gen Operationen nicht nur der reichen Oberschicht vorbehalten sind, sondern alle ein Recht auf Schönheit haben: Immer mehr Kliniken bieten mittello- sen Menschen Eingriffe zum Nulltarif an. Allein die Klinik der brasilianischen Gesellschaft für ästhetische Medizin in Rio de Janeiro hat seit ihrer Gründung 1997 mehr als 15.000 Patienten kos- tenlos behandelt. Denn hier weiß man um die Wirkung guten Aussehens auf die Psyche: Der brasilianische, mitt- lerweile verstorbene Schönheitschi- rurg Ivo Pitanguy wurde mit seinem Ansatz, dass Schönheitsbehandlungen eine ähnliche Wirkung wie Psychoana- lyse hätten, zur Ikone.

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