Chefinfo Magazin 02-22

2/2022 | CHEFINFO | 93 92 | CHEFINFO | 2/2022 KOMMUNIKATION. Ein Klappern beim Aufschlagen, ein Ping am Zeilenende – die Schreibmaschine veränderte im 19. Jahrhundert die Welt der Kommunikation. Heute zollen ihr Geheimagenten, Musiker und Autoren stets ihren Tribut. FOTO: SOLIDCOLOURS / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS LIFESTYLE LIFESTYLE E r hieß Henry Mill. Der Amerikaner erhielt 1714 ein erstes Patent darauf, „Buchsta­ ben fortschreitend klar und genau einen nach dem anderen zu drucken, dass man dies vom Buchstabendruck nicht unterscheiden kann“. Ob nach seinen Plänen auch tatsächlich eine Maschine gebaut wurde, ist nicht überliefert. Den Sieges­ zug trat die Schreibmaschine im 19. Jahrhundert an: 1808 soll eine funktionierende Schreibmaschi­ ne vom Italiener Pellegrino Turri hergestellt wor­ den sein, die er für eine erblindete Gräfin baute. Karl Drais, ein deutscher Erfinder, fertigte 1821 ein Schreibclavier für seinen erblindeten Vater. Mit der Maschine konnten auch blinde Menschen schrift­ lich kommunizieren. Schreibmaschinen made in Austria Fünf Schreibmaschinenmodelle mit Ausführun­ gen wie Stechschriftbuchstaben, Mehrschrittschal­ tung oder eingebauter Schreibwalze konzipierte der Tiroler Peter Mitterhofer zwischen 1864 und 1869. Seine Pläne setzte er auch in hölzerne Taten um. Für seine Modelle warb er gar bei Kaiser Franz Joseph I. um Unterstützung und dieser sicherte den Mitterhofer-Modellen Subventionen von 350 Gul­ den zu und behielt sich ein Modell für die Samm­ lung des Polytechnischen Instituts. Aus Theorie wird Praxis Die Erfinder Charles Glidden und Christopher Latham Sholes erhielten am 23. Juni 1868 das Patent auf eine tatsächlich brauchbare Schreibmaschine in den USA. Anfang der 1870er-Jahre übernahm die damals bedeutende Rüstungsfirma Reming­ ton & Sons die Serienherstellung der Typewriter. „The Sholes and Glidden Typewriter“ – oder auch „Remington No. 1“ genannt – wurde in der Fab­ rik in tausendfacher Ausführung hergestellt. Die Konstruktionen wurden über die Jahre weiterent­ wickelt. Im 20. Jahrhundert ersetzte die elektrische Maschine die mechanischen Vorgänger. Die Model­ le wurden stets innovativer mit Korrekturtasten, Displays bis hin zu Textspeicher und Disketten­ laufwerken. Kommt einem bekannt vor? Abgelöst wurden diese Apparate, die bereits einem Laptop- Computer ähnelten, gänzlich im 21. Jahrhundert. Modelle von namhaften Herstellern können heute gar bis zu 50.000 Euro wert sein. Darf’s ein bisschen Nostalgie sein? Heute finden Schreibmaschinen keinen Einsatz mehr? Weit gefehlt. Gerüchten zufolge nutzen Geheimdienste die gute alte Schreibmaschine, um Protokolle vor Hackern zu schützen. Aber nicht nur Agenten setzen auf Old School, auch Musi­ ker tun dies: 1950 Komponist Leroy Anderson mit „The Typewriter“, 2006 der Berliner Rapper Prinz Pi mit „Schreibmaschine“ und 2018 die schwedische Komponistin Malin Bång mit „Splinters Of Ebul­ lient Rebellion“. Autoren wissen selbstverständ­ lich seit ihrer Erfindung um die positive Aura der Maschine Bescheid. Ernest Hemingway oder Astrid Lindgren, Hermann Hesse oder Agatha Christie – sie alle waren ihr verfallen. Schreibwunder TEXT: Verena Schwarzinger Ô Die Schreibmaschine veränderte ab dem 18. Jahrhundert die Welt der Kommunikation und beeinflusst diese auch heute noch. Nostalgie pur!

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